Nach Urteil zur Maskenpflicht – Stadt Ludwigsburg prüft 375 Bußgeldverfahren

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Von Uwe Roth

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart zur Corona-Maskenpflicht hat die Stadt Ludwigsburg kalt erwischt. Sie muss gegebenenfalls auf bereits verhängte Bußgelder verzichten. Auf Anfrage von Ludwigsburg24 teilt eine Rathaussprecherin mit, dass seit 19. Oktober insgesamt 731 Verfahren wegen einer Ordnungswidrigkeit eingeleitet worden seien. Die Passanten waren ohne eine Mund-Nase-Bedeckung in der städtischen Verdichtungszone erwischt worden. Etwa die Hälfte der Verfahren sind laut Stadt bereits abgeschlossen, weil die Angeschuldigten das Bußgeld anstandslos beglichen haben. Die Strafe beläuft sich auf 70 Euro. Das wären dann etwa 26.200 Euro für die Stadtkasse. Wer sein Bußgeld gezahlt hat, der wird es wohl nicht zurückbekommen: „Eine Rückzahlung kann hier nicht erfolgen“, stellt die Sprecherin dazu fest.

Diejenigen, die das Geld bislang nicht überwiesen haben, können zumindest hoffen, dass die Stadt ihr Verfahren einstellt. Sicher ist das jedoch nicht. Die 357 laufenden Verfahren würden nun dahingehend geprüft, „ob neben dem Verstoß gegen die Allgemeinverfügung auch ein Verstoß gegen die Corona-Verordnung des Landes vorliegt“, heißt es aus dem Rathaus. So hat die Landesregierung bestimmt, dass unter anderem in den Bussen und Bahnen in jedem Fall eine Maske getragen werden muss. Auch auf Märkten gilt die Bestimmung. Ebenso in Warte- und Zugangsbereichen von Einkaufszentren oder Ladengeschäften.
Nun hakt die Stadt nach, wo der Verstoß gegen die Corona-Verordnung festgestellt wurde. War es ein Ort, an dem die Abstandsregel von 1,50 Meter nicht eingehalten werden kann und deswegen eine Maske getragen werden muss, „wird das Verfahren weitergeführt.“ Denn die Anweisung des Landes ist den städtischen Regelungen übergeordnet. Das haben die Verwaltungsrichter klargemacht. So haben nur Betroffene eines Bußgeldverfahrens Glück, wenn sie allein gegen die Ludwigsburger Sonderbestimmung verstoßen haben und nicht gegen die Corona-Verordnung des Landes: Ihr Verfahren wird eingestellt.

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Im Rathaus und im Landratsamt ist man trotz des Urteils weiterhin überzeugt, dass eine grundlegende Maskenpflicht in der Öffentlichkeit neben des Abstandsgebots ein wichtiger Beitrag zum Infektionsschutz ist. Der Landkreis prüft gerade, ob er auf
Grundlage der Landesverordnung in enger Abstimmung mit der Stadt Ludwigsburg und den weiteren kreisangehörigen Kommunen eine neue Allgemeinverfügung erlassen wird. „Die Infektionslage ist unverändert ernst und unabhängig von der
Entscheidung des Gerichts sind wir alle gemeinsam aufgerufen, alles zu tun, um die weitere Ausbreitung des Virus zu stoppen, da sonst eine Überlastung der Kliniken und des Gesundheitssystems insgesamt droht“, sagt Landrat Dietmar Allgaier.

Auch Ludwigsburgs Oberbürgermeister Dr. Matthias Knecht appelliert an die Bürgerinnen und Bürger: „Trotz dieser veränderten rechtlichen Situation möchte ich Sie eindringlich bitten, nach wie vor in unserem gesamten Innenstadtbereich eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen. Die Infektionszahlen in unserer Stadt bewegen sich seit Wochen knapp unter, teilweise auch über 200 Neuinfektionen pro 100000 Einwohner. Damit sind wir ein Hotspot. Wären wir kreisfrei, müssten wir weitere und strengere Maßnahmen ergreifen. Deshalb besteht nach wie vor ein großer Handlungsbedarf, die Infektionsketten zu durchbrechen – und das Tragen einer Alltagsmaske schützt uns alle vor einer Ansteckung durch das Coronavirus.“

Das Verwaltungsgericht Stuttgart begründet seine Entscheidung so: „Die Kammer könne weder der Begründung der Allgemeinverfügung noch den Ausführungen der Stadt Ludwigsburg im vorliegenden Verfahren ausreichende Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass eine über die Vorgaben der Landes-Corona-Verordnung hinausgehende Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung unabhängig von der Sicherstellung des Mindestabstands erforderlich sei. Die Begründung der Stadt Ludwigsburg, es handle sich um – tags und nachts – besonders stark frequentierte Orte, an denen ein hohes Ansteckungsrisiko bestehe, vermöge in dieser Pauschalität nicht zu überzeugen.“