Niedrigwasser und Trockenheit – Landkreis verbietet Entnahme von Wasser aus Seen und Flüssen

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Von Uwe Roth

Flüsse und Bäche haben Niedrigstände und drohen auszutrocknen. Das Landratsamt Ludwigsburg hat sich daher entschlossen, die Entnahme von Wasser aus oberirdischen Gewässern (Bäche, Flüsse und Seen) bis auf weiteres zu verbieten, wie es am Freitag in einer Mitteilung heißt. Das bedeutet, niemand darf Wasser beispielsweise aus dem Neckar holen, um sein Gartengrundstück zu bewässern. Wer dagegen verstößt, wird mit Bußgeldern bestraft. Die Wassermenge in den oberirdischen Gewässern sei sehr gering, lautet die Begründung der Aufsichtsbehörde. Dies wirke sich „negativ auf die Wassertemperaturen, Sauerstoffversorgung und damit auf die Selbstreinigungskraft der Gewässer aus“. Für viele Tiere und Pflanzen sei diese Situation bedrohlich. „Die Entnahme von Wasser aus den Gewässern verstärkt und beschleunigt diesen Vorgang“, stellen die Experten in der Kreisverwaltung fest.

In einigen Regionen Deutschlands ist es wegen der katastrophalen Regenlage verboten, Rasen mit Trinkwasser aus der öffentlichen Wasserversorgung zu beregnen. In Ludwigsburg wird der private Wasserverbrauch in nächster Zeit wohl ohne Einschränkung erlaubt bleiben – sollte sich die Situation nicht verschärfen. Die Landwirte in der Region bangten und bangen zwar weiter um ihre Ernten. In den Haushalten ist von der Trockenheit dagegen nichts zu spüren. Die Wasserspeicher der Versorger – wie der Wasserturm am Salonwald – sind gut gefüllt. Aus den Hähnen, Klospülungen und Duschköpfen sprudelt Trinkwasser wie eh und je.

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Welcher Aufwand hinter der Wasserversorgung steckt, ist vielen Verbrauchern nicht klar. Die Wasserrechnung kommt von den Stadtwerken Ludwigsburg-Kornwestheim. Die sind aber lediglich Zwischenhändler. Im Monat Juni rauschten durch die Rohre der Stadtwerke 658 221 Kubikmeter Trinkwasser. Das sind 658221000 Liter, mit denen man etwa 4,4 Millionen Badewannen füllen kann. Das Wasser kommt zum einen aus der Landeswasserversorgung (Grundwasser von der Schwäbischen Alb) und der Bodenseewasserversorgung. Das Lebensmittel legt eine Strecke zwischen 130 und 200 Kilometer zurück, bis es in den Haushalten Ludwigsburgs ankommt.

Eine Sprecherin der Stadtwerke stellt fest: „Einen Versorgungsengpass in der Wasserversorgung sehen wir angesichts dieses – doch teilweise auch verregneten – Sommers derzeit nicht.“ Das liegt nicht nur am Niederschlag, sondern auch an den Verträgen, die das kommunale Unternehmen mit den Wasserlieferanten abgeschlossen hat. Sie garantieren die Liefermengen, und die sind aus heutiger Sicht der Stadtwerke ausreichend. Anders sieht es in Kommunen aus, die bislang auf Eigenversorgung und Unabhängigkeit von großen Lieferanten gesetzt haben. Sie holen ihr Wasser aus tiefen Brunnen auf der eigenen Gemarkung. Doch immer öfter kommt es vor, dass diese im Lauf des Hochsommers trocken liegen. In der Vergangenheit konnte die Bodenseewasserversorgung aushelfen.

Doch das ist nicht mehr der Fall: „Wir sind fast ausverkauft“, stellt eine Sprecherin des Zweckverbands fest. In Sipplingen wird das Wasser in 60 Meter Tiefe aus dem See geholt. Täglich sind das bis zu 670 000 Kubikmeter. Soviel steht dem Versorger laut Nutzungsrecht zu. Die Menge ist nach einem internationalen Vertrag zwischen Deutschland, Österreich und der Schweiz bis zum Jahr 2038 festgeschrieben. Wie viel der Bodensee hergeben kann, ohne selbst Schaden zu nehmen, darüber wird politisch entschieden. So lange müssen die Kunden der Bodenseewasserversorgung (183 Mitgliedsgemeinden und -verbände) mit den vereinbarten Liefermengen auskommen. Neue Mitglieder werden nicht aufgenommen.

Zwischen Januar und Juni haben die Stadtwerke knapp vier Prozent mehr Wasser abgegeben als im Vorjahr. Der Wasserverbrauch wäre um einiges höher, würde man alles gießen, was in der Natur derzeit am Vertrocknen ist. Braune Wiesen und Blätter wie im Oktober sind unübersehbar. Stadt und auch das Blühende Barock bewässern längst nicht mehr alle Grünflächen, obwohl es notwendig wäre. Wie prekär die Lage ist, zeigt ein Blick in die Regenstatistik: Laut Agrarmeteorologie Baden-Württemberg wurde in Ludwigsburg im Juli ein Niederschlag von 22,3 Millimeter gemessen. Das sind 2,2 Zentimeter in der Auffangröhre und umgerechnet 22 Liter auf den Quadratmeter. Die Messstation befindet sich in der Mathildenstraße beim Akademienhof. Um die dort erfasste Regenmenge einzuordnen, hilft ein Blick auf den langjährigen Juli-Vergleichswert, den der Deutsche Wetterdienst (DWD) für die Jahre 1981 bis 2010 liefert: Der liegt bei 74 Millimeter Niederschlag. Das ist mehr als das Dreifache. Noch viel schlimmer sieht die Statistik für April aus. Statt der durchschnittlichen 54 Millimeter regnete es in Ludwigsburg lediglich 3,2 Millimeter. Das hatte zur Folge, dass bereits zu Beginn des Sommers die Böden viel zu trocken waren. Der August wird das Minus voraussichtlich weiter vergrößern. Am Freitag lag die im Messbehälter registrierte Menge bei 18 Millimeter. Das Vierfache wäre der Durchschnitt.