Polizeipräsidium Ludwigsburg legt Statistik 2021 vor: Rückgang an Straftaten – Schulhof-Pornografie nimmt zu

Das Polizeipräsidium (PP) Ludwigsburg hat im Jahr 2021 so wenige Straftaten registriert wie seit 30 Jahren nicht. Polizeichef Burkhard Metzger zeigte sich am Freitag in einer Videokonferenz mit Medienvertretern „mit dem Ergebnis insgesamt sehr zufrieden“, wie er sagte. Rund 34900 neue Fälle haben sich aus den Landkreisen Ludwigsburg und Böblingen, für den das PP Ludwigsburg ebenfalls zuständig ist, in einem Jahr angesammelt. Das waren 7,5 Prozent weniger als im vorangegangenen Jahr 2020. Nahezu zwei Drittel der Fälle hat die Polizei gelöst. Auch hier zeigt die Statistik eine Verbesserung gegenüber dem Vorjahr. Die Rückgänge bei den Straftaten in der Kriminalitätsstatistik sind nicht unbedingt darauf zurückzuführen, dass die Menschen generell rechtschaffender geworden sind. Der polizeiliche Jahresbericht ist immer der Spiegel seiner Zeit.

Wie Markus Geistler, der Leiter der Schutzpolizei, erläuterte, prägte die Auswirkung der Pandemie auch im zweiten Corona-Jahr das Verhalten potenzieller Straftäter. Die Kontrolle der 3 G-Regeln schreckte wohl auch Ladendiebe ab. Mit 1440 wurden elf Prozent weniger Fälle in die Akten aufgenommen. Homeschooling und –office erschwerte die Arbeit von Einbrechern oder machte diese gar unmöglich. Im vergangenen Jahr gab es 276 Fälle von Wohnungseinbruchsdiebstahl. 440 waren es im Jahr davor. Das entspricht einem Rückgang von rund 37 Prozent. Geistler sprach von einem historischen Tief und mit 42 Prozent von einer selten guten Aufklärungsquote. Einen wesentlichen Einfluss auf die Statistik hatte die Aufklärung von 100 Delikten in Bietigheim-Bissingen, die einem einzigen Täter zugeordnet werden konnten. Der Leiter der Schutzpolizei lobten aber ebenso die Besitzer von Eigenheimen, die mit einer immer besseren Einbruchssicherung das Leben von Dieben erschwerten. Er sieht darin auch einen Erfolg polizeilicher Aufklärungsarbeit.

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Die Überwachung der Corona-Regeln machte der Polizei viel Arbeit. Die Beamtinnen und Beamten mussten neben ihrer normalen Polizeiarbeit Demonstrierenden, aber auch Passanten in Fußgängerzonen oder nächtlichen Spaziergängern und Autofahrern während einer Ausgangssperre erklären, dass sie die Corona-Regeln nicht den jeweiligen Bedürfnissen der Kontrollierten anpassen können. Laut Geistler sind im vergangenen Jahr diesbezüglich 8000 Autos und 14000 Personen kontrolliert worden. Rund 1800 Verstöße seien zu einer Anzeige gebracht worden. Er zeigte sich aber mit dem Verhalten von Gegnern der Corona-Verordnungen während ihrer Protestaktionen im Bezirk des PP Ludwigsburg insgesamt zufrieden. In einigen anderen Städten im Land habe es heftigere Widerstände gegeben, mit denen die Polizei habe klarkommen müssen. Den höheren Aggressionslevel in der Bevölkerung bekommen die Polizeikräfte zu spüren. 338 Gewalttaten gegen Polizisten weist die Statistik aus. Seit Jahren ist dies ein erster leichter Rückgang. Alle zwei Tage im Schnitt, so Polizeipräsident Metzger, melde ein Beamter, dass er während eines Einsatzes verletzt worden sei. Einer sei sogar schwer verletzt worden. Der Rückgang um 43 Fälle sei zwar erfreulich, aber sicher keine Trendwende.

Eine deutliche Zunahme von 42 Prozent gab es laut der Statistik von Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung. Sie nahmen im Jahr 2021 von 624 Fälle auf 892 Fälle zu. Das ist erneut ein Höchstwert im Vergleich der vergangenen fünf Jahre. Ullrich Gruber, Leiter der Kriminalpolizei im Polizeipräsidium, nennt ursächlich den Anstieg um 113 Prozent im Teilbereich der „Verbreitung pornografischer Schriften“. Schwerpunkte sind das Verbreiten, Besitz oder Erwerb von Kinderpornografie.

Im Bereich der Kinder- und Jugendpornografie wurden 479 Verfahren eingeleitet. Hierzu werteten Kriminalbeamte im vergangenen Jahr eine Datenmenge von 809 Terrabyte auf 5161 Datenträgern aus. „Eine Aufgabe, die die Kolleginnen und Kollegen nicht selten an die Grenze ihrer Belastbarkeit führt“, stellte Metzger fest. „Wir müssen genau hinschauen, damit die Ermittelnden bei dieser sehr belastenden Arbeit nicht emotional überfordert werden.“ Zur Bewältigung der zahlreichen Fälle hat das Polizeipräsidium Ludwigsburg eine 13-köpfige, gemeinsame Ermittlungsgruppe aus Schutz- und Kriminalpolizei eingerichtet. Die „Schulhof-Pornografie“ stelle die Ermittelnden ebenfalls vor große Herausforderungen. Während erfahrene Täter Dienste wie Telegram bevorzugten, die sie anonym oder unter Angabe falscher Personalien nutzen könnten, verbreiteten Kinder und Jugendliche die Inhalte meist über ihre gewohnten Nachrichtenkanäle. Der strafrechtlichen Relevanz seien sie sich gar nicht bewusst.

Problematisch seien dabei Gruppen in Messengerdiensten, in denen belastende Inhalte empfangen und die von unzähligen Teilnehmenden genutzt werden. „Nach aktueller Rechtslage muss gegen alle Empfänger in der Chatgruppe ein Verfahren wegen Verdacht des Besitzes kinder- oder jugendpornografischer Schriften eingeleitet werden“, stellte der Kripochef klar. Auch wer sich kinderpornografisches Material ohne „Besitzwillen“ auf sein Smartphone lade, begehe eine Verbrechensstraftat. Strafmündig sind in Deutschland junge Menschen ab dem 14. Lebensjahr.

Die Polizeistatistik weist die Unfallzahlen wiederum als rückläufig aus. Aber es gibt mehr Verkehrstote. Nach einem Rückgang von 34 auf 15 im Jahr 2020 stieg die Zahl der getöteten Verkehrsteilnehmenden auf 24 an. Die Unfallursachen bei schweren Verkehrsunfällen werden angeführt von überhöhter oder nicht angepasster Geschwindigkeit, gefolgt von Fehlern beim Abbiegen, Wenden oder Rückwärtsfahren und auf Platz drei rangiert mangelnde Verkehrstüchtigkeit. Die Unfälle, bei denen Alkoholeinwirkung eine Rolle spielte, gingen um 6,2 Prozent von 273 auf 256 zurück. Während die Zahl der Verkehrsunfälle mit unter Drogeneinfluss stehenden Personen mit 53 auf dem Niveau des Vorjahres blieb.

Statistikbericht 2021 des Polizeipräsidiums Ludwigsburg