Pufferküsser, 12 Quadratmeter Kultur, Open Data – um was geht’s denn da? Gastbeitrag von Armin Haller

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Pufferküsser, 12 Quadratmeter Kultur, Open Data – um was geht’s denn da? Ein Gastbeitrag von Armin Haller

Stell Dir vor, Du steigst morgens auf dem Weg zur Arbeit in einen elektrischen Zug ein, wohl temperiert, mit gemütlichen Sitzen, der pünktlich abfährt. Während der Fahrt liest Du ein Buch oder die Zeitung oder schaust verträumt auf die vorbeiziehende Landschaft. Kurz vor dem Zielbahnhof leihst Du Dir mit einer All-in-One Mobility-App schon im Voraus ein E-Fahrrad, mit dem Du dann ohne Stau und Abgase an den Arbeitsplatz fährst. 
Nach Feierabend gehst du dann noch in die autofreie Innenstadt, erlebst eine lebenswerte Umgebung und genießt ein Eis in einem 12qm großen Pop-Up Eiscafé, dessen Bereich früher als Autoparkplatz diente. 

So weit sind wir leider noch nicht, aber: Mit Engagement kannst Du, können wir, in der Mobilitätswende viel erreichen! Zukunft gestalten, nicht bruddeln! Der Verkehrssektor verursacht in Baden-Württemberg  31% alle Treibhausgas-Emissionen. Es wird Zeit, das zu ändern! 

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Wir müssen darüber reden, wie Mobilität attraktiv, gerecht, inklusiv, bezahlbar und nicht zuletzt nachhaltig organisiert werden kann. 

Was kannst du beitragen? Hier sind einige Themen, welches davon ist dein Favorit? 

Elektromobilität reduziert Emissionen im Ballungsraum und löst daher einige Probleme. Zudem bringt sie unserer Automobilindustrie den benötigten Innovationsschub, damit wir in der Region Stuttgart auch in 15 Jahren noch viele gute Arbeitsplätze haben. Aber hoppla, Elektromobilität reduziert nicht den Verkehr, sondern nur die Emissionen! Ein neuzugelassenes Auto hat im Schnitt rund 160 PS und befördert nur 1,4 Personen, belegt zudem meist 23 Stunden pro Tag auf einem 12qm großen Parkplatz. Geht das nicht auch anders? Carsharing ist die Antwort. 

Bei Bedarf buchst Du Dir ein Fahrzeug bei Stadtmobil und nachdem Du das Auto verwendet hast, kann jemand anderes damit fahren. Vor allem die junge Generation möchte ein Auto nicht mehr als Statussymbol besitzen, sondern nur das zum Anlass passende Fahrzeug dann nutzen, wenn es nötig ist. 

Die Digitalisierung vernetzt Angebote besser. Wichtig ist, eine einzige App zu haben, in der alle Mobilitätsformen zusammengefasst sind, in der Du nicht nur die Abfahrtszeiten der S-Bahnen siehst, sondern auch Leihfahrräder freischalten oder den On-Demand-Bus bestellen kannst. Immer mehr Menschen wollen bedarfsgerechte Verkehrsmittel nutzen und diese auch miteinander kombinieren. Leihrad, Auto, E-Roller, Fußweg, Bus und Bahn, kombinieren wie es am besten passt. Die Kombination von Verkehrsmitteln bedarf natürlich der Infrastruktur. Komfortabel wird sie aber erst durch digitale Dienste. Apps die mir, individuell auf mich zugeschnitten, alle sinnvollen Kombinationsmöglichkeiten anzeigen. Zum Beispiel wird berücksichtig, dass ich nur bei schönem Wetter mit dem Fahrrad fahren möchte. Wenn Google-Werbung personalisiert werden kann, dann lieber dort wo es Sinn macht und mit geschützten Daten. Open Data ist hier ein Stichwort, Verkehrsdaten offen zugänglich machen.  

Noch nie war Radfahren so modern wie heute. Nicht erst durch Corona haben viele Menschen das Fahrrad für sich (wieder-)entdeckt.  Sicherheit der Radwege wird immer wichtiger. Was kannst Du dafür tun? Miss die schmalsten Radwege und melde diese, damit sich etwas verbessert. Der ökologische Verkehrsclub VCD führt, zusammen mit dem SWR, eine Aktion durch, bei der Du die Breite von Radwegen misst und diese unter bw.vcd.org/besserradfahren einträgst. Das ist Dein Beitrag für mehr Verkehrssicherheit. Also einfach mal, wenn die Sonne scheint, eine Runde mit dem Fahrrad drehen – und ein Maßband mitnehmen. Gestalten wir gemeinsam den Südwesten fahrradfreundlich! 

Viele Eltern sind – zurecht – beunruhigt, wenn sie ihre Kinder unbeaufsichtigt auf den Schulweg schicken. Oftmals fahren sie ihre Kinder dann mit dem Auto zur Schule und sorgen für mehr, eigentlich vermeidbaren Verkehr auf den Straßen. Um dem eine Alternative zu geben, hat der VCD die Aktion “Laufbus” ins Leben gerufen, in der er Eltern unterstützt, damit diese sich gemeinsam organisieren können. Die Kinder sowie Eltern, die sich in der Aufsicht flexibel abwechseln, treffen sich an den “Laufbus-Haltestellen”. Von dort aus gehen die Kinder gemeinsam, beaufsichtigt und sicher zur Schule.  

Den Lebensraum in der Stadt neu verteilen, die Straße zurückerobern, lebenswerte Innenstädte gestalten. In der Aktion “12qm Kultur” werden symbolhaft Parkplätze (12qm) in eine Fläche für Kultur umgewandelt. Eine lebenswerte Innenstadt mit Aufenthaltsqualität fördert zudem unseren Einzelhandel sowie die Gastronomie und das brauchen die nach Corona mehr denn je! 

Wie Du siehst, gibt es viele Bereiche, in denen Du Dich für die Mobilitätswende engagieren kannst. Es ist für alle etwas dabei: Eltern, Verkehrsaktivisten, Critical Mass Radelnde, Computer-Nerds, Influencer, Infrastrukturexperten, Pufferküsser. Pufferküsser? So nennen wir die Bahnliebhaber und Experten, die jede Weiche im Ländle persönlich kennen. Auch sie sind Teil der Mobilitätswende. Also: Einfach mitmachen!