S-Bahn Stuttgart: Verband schafft 58 neue Züge an – Fahrgäste profitieren von besserem Komfort

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Von Uwe Roth

Der S-Bahn-Verkehr in der Region Stuttgart leidet. Wegen Corona sind die Fahrgastzahlen massiv eingebrochen. Im Jahr 2020 soll es rund 50 Millionen Euro Verluste gegeben haben. Trotz geringerer Einnahmen aus den Ticketverkäufen investieren die Verantwortlichen weiter kräftig in den Ausbau des Nahverkehrsangebots. Betreiber der S-Bahn in der Landeshauptstadt und in den umliegenden Landkreisen, zu denen der Landkreis Ludwigsburg gehört, ist der Verband Region Stuttgart (VRS). Er hat nun die Mittel zusammen, 58 neue S-Bahn-Züge zu bezahlen. Sie machen aneinandergehängt eine Länge von rund vier Kilometer aus. Eine entsprechende Vereinbarung haben in dieser Woche der Minister für Verkehr des Landes Baden-Württemberg Winfried Hermann (Grüne) und der Regionaldirektorin Nicola Schelling unterzeichnet. Das Land fördert demnach die Anschaffung mit 106 Millionen Euro. Die Bundesregierung hat den Zuschuss für Investitionen in den ÖPNV angehoben. Statt 9,1 Prozent erhält der VRS künftig 9,9 Prozent der vom Bund auf Baden-Württemberg entfallenden Regionalisierungsmittel.

Die neuen S-Bahnen sollen dazu beitragen, das große Gedränge unter den Pendlern morgens und abends zu entzerren. In der Hauptverkehrszeit werden nur noch 210 Meter lange Züge fahren, heißt es in einer Ankündigung von Donnerstag (08.04.). Zwischen Schwabstraße und Vaihingen und teilweise weiter bis Böblingen wird der Takt verdichtet. Und zwischen Feuerbach und Weil der Stadt wird eine Expresslinie eingeführt. Der Beschluss der Regionalbahn, zusätzliche S-Bahn-Züge auf die Schiene zu stellen, fiel in der Regionalversammlung bereits im Winter 2018/2019, also noch vor der Corona-Pandemie. Nun hoffen sämtliche Entscheidungsträger, dass die S-Bahn und überhaupt der ÖPNV zur Stärke vor den Lockdown-Regelungen zurückkehrt. Niemand kann vorhersagen, in welchem Umfang sich Home-Office oder Hybrid-Arbeitsplätze dauerhaft etablieren werden. Hybrid bedeutet, die Menschen arbeiten teils zuhause und ansonsten in der Firma.

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Insgesamt sind nach Angaben des VRS im Jahr 2019 rund 133 Millionen Menschen mit den S-Bahnen gefahren. Das waren zwei Millionen Fahrgäste mehr als im Jahr zuvor. Gestiegen ist nach der VRS-Statistik unter anderem die Nachfrage an Wochenenden – in den vergangenen vier Jahren an Samstagen und Sonntagen um rund 18 Prozent. Am wenigsten werde die S-Bahn in der Nacht von Montag auf Dienstag genutzt.

Die Landes-Grünen diskutieren aktuell in den Koalitionsverhandlungen mit den Christdemokraten eine Nahverkehrsabgabe, um den ÖPNV finanziell besser auszustatten. Verkehrsminister Hermann betonte in dieser Woche bei der Unterzeichnung der Vereinbarung: „Die S-Bahn ist das Rückgrat des öffentlichen Verkehrs in der Region Stuttgart. Und wir wollen sie gemeinsam weiter stärken. Zahlen zeigen, die Bürgerinnen und Bürger wollen die S-Bahn verstärkt nutzen und wir brauchen sie für eine erfolgreiche Verkehrswende.“

Schelling betonte bei gleicher Gelegenheit: „Diese Erhöhung ist ein wichtiges Signal in den aktuell schwierigen Zeiten. Wir haben über Jahrzehnte Jahr für Jahr unsere Fahrgastzahlen verbessert und wollen dies auch in den nächsten Jahren fortführen.“ Dafür brauche es Innovationen, wie die Digitalisierung der Schiene mit ETCS und zugleich eine S-Bahn mit Strahlkraft durch ein wachsendes Angebot mit Komfort, so Schelling weiter. „Der Verband ist mit seiner Entscheidung Pilotprojekt für die digitale Schiene zu werden, mit dem Erwerb der neuen Züge und seinen Planungen für umfangreiche Angebotserweiterungen in Vorleistung gegangen und wir freuen uns, dass wir nun auf die finanzielle Unterstützung des Landes zählen können“, sagte die Regionaldirektorin.

ETCS bedeutet European Train Control System. Die Europäische Union fördert den Ausbau des Schienenknotens Stuttgart mit dieser digitalen Technik. Wie das baden-württembergische Verkehrsministerium im Januar mitgeteilt hatte, erhält das Land aus einem EU-Fördertopf fast 17 Millionen Euro für die Ausrüstung von 119 Regionalfahrzeugen mit dem ETCS. So funktioniert ETCS: Signalanlagen haben ausgedient. Stattdessen optimiert digitale Technik den Zugverkehr. Sie beschleunigt Abläufe Sicherheit.

Der Stuttgarter Knoten ist der erste in Deutschland, den die Deutsche Bahn ausrüstet. Sie hat im Fernverkehr mit der Digitalisierung begonnen. Im Knoten Stuttgart setzt sie die Automatisierung zusätzlich für den Nah- und Regionalverkehr ein. Zum Stuttgarter Knoten gehört nicht nur der Tiefbahnhof. Er umfasst sämtliche Bahnhöfe und Gleise im Umkreis. Sie bilden zusammen einen der wichtigsten Eisenbahnkreuze in Deutschland.