Immer mehr Banken kassieren Negativzinsen

Zum Ende des dritten Quartals 2021 verlangen insgesamt 392 Kreditinstitute Negativzinsen von ihrer Privatkundschaft. Davon haben über 200 Banken und Sparkassen die Minuszinsen im laufenden Jahr eingeführt. Außerdem verschärfen immer mehr Geldhäuser ihre bestehenden Negativzins-Regelungen, indem sie Freibeträge reduzieren oder den Zins noch tiefer ins Minus drücken, so das Ergebnis einer Verivox-Auswertung.

Von den ausgewerteten Geldhäusern berechnen aktuell 392 Institute Negativzinsen für Guthaben auf privaten Tagesgeld-, Giro- oder Verrechnungskonten. Das sind 214 mehr als zu Jahresbeginn. In den letzten drei Monaten stieg die Zahl um 43; Ende Juni verlangten 349 Geldhäuser Negativzinsen.

“Wir sehen nach wie vor eine große Dynamik bei Negativzinsen, doch während im ersten Halbjahr nahezu täglich neue Banken Verwahrentgelte einführten, hat sich diese Entwicklung momentan etwas verlangsamt”, sagt Oliver Maier, Geschäftsführer der Verivox Finanzvergleich GmbH. “Ein Ende des Negativzins-Trends ist aber nicht in Sicht.”

Im Gegenteil: Immer mehr Banken verschärfen ihre bereits bestehenden Konditionen. Entweder sie senken den Zins noch tiefer ins Minus oder sie reduzieren die Freibeträge, so dass Negativzinsen schon bei geringeren Guthaben fällig werden. Allein im dritten Quartal haben das 30 Banken gemacht – im gesamten Jahresverlauf waren es bislang 68 Institute.

Für seine Analyse wertet Verivox fortlaufend die auf den Internetseiten ausgewiesenen Konditionen von rund 1.300 Banken und Sparkassen aus. “Doch nicht alle Banken veröffentlichen Negativzinsen transparent und frei zugänglich auf ihrer Website”, erklärt Oliver Maier. “Es gibt also eine Dunkelziffer und tatsächlich dürften sogar deutlich mehr als 392 Banken Negativzinsen berechnen.”

Lange Zeit mussten allenfalls sehr vermögende Sparende Minuszinsen zahlen. Wenn Banken überhaupt ein Verwahrentgelt verlangten, gewährten sie fast immer hohe Freibeträge von 100.000 Euro und mehr. Doch diese Grenze ist gefallen. Inzwischen berechnen mindestens 135 Banken schon ab einem Gesamtguthaben von 50.000 Euro oder weniger Negativzinsen. In einigen Fällen werden schon ab 5.000 oder 10.000 Euro auf dem Konto Negativzinsen fällig.

Rudolf Huber / glp

Trotz Niedrigzins verlangt manche Bank mehr als 13 Prozent

Für Sparer sind die Zinsen sehr niedrig. Doch bei Kreditnehmern langen die Banken kräftig zu. Das hat die Verbraucherzentrale NRW durch Stichproben bei zehn Geldinstituten festgestellt. Im Check wurden die Zinsen für einen festverzinslichen Musterkredit über 10.000 Euro mit vier Jahren Laufzeit sowie die Gebühren für Ratenstundung, Ratenreduzierung und vorzeitige Rückzahlung bei zehn Instituten abgefragt.

Nur zwei der zehn Banken boten mit Comdirect (3,65 Prozent effektiv) und ING (3,79 Prozent effektiv) einen Einheitszins für alle Kunden. Alle anderen machten die Höhe des Zinses von der Bonitätseinstufung der Kunden abhängig – und das teils mit sehr weiten Spannen: Bei der Targobank reichte die Bandbreite von 2,45 bis 13,7 Prozent Effektivzins. Beim Musterkredit bedeutete das: Kunden mit Top-Bonität zahlten insgesamt 502 Euro Zinsen, für Kunden mit geringer Bonität stiegen die Kosten auf mehr als das Fünffache: satte 2.855 Euro.

Auch Deutsche Bank, S-Kreditpartner und TeamBank (“EasyCredit”) als Kreditabwickler der Genossenschaftsbanken langten mit einem Maximalzins von 10,99 Prozent ordentlich zu. Dass es auch günstiger geht, zeigte die Norisbank: Hier lag die Zinsspanne zwischen effektiven 2,9 und 7,8 Prozent.

Gut zu wissen: Wer einen Ratenkredit vorzeitig zurückzahlt, muss mit einer Vorfälligkeitsentschädigung rechnen. Die Höhe hat der Gesetzgeber begrenzt. Bis zu ein Prozent der außerplanmäßigen Rückzahlungssumme dürfen Banken verlangen, bei maximal zwölf Monaten Restlaufzeit die Hälfte. Ausgesprochen positiv deshalb: Postbank, Deutsche Bank und ING verzichteten auf diesen Gebührenposten.

Als verwirrend erschienen der Verbraucherzentrale NRW hingegen die Regelungen bei anderen Geldinstituten. Comdirect beispielsweise wollte auf die Vorfälligkeitsentschädigung nur verzichten, falls nach der Sondertilgung mindestens ein Kredit in Höhe von “mehr als 1 Euro” übrig blieb.

Norisbank-Kunden wiederum durften kostenlos höchstens 50 Prozent des aktuellen Saldos extra tilgen. Die Targobank akzeptierte 80 Prozent gebührenfreie Sondertilgung – außer beim Basis-Kredit, wo stets eine Entschädigung kassiert wurde.

Unterdessen zeigten sich alle befragten Banken gesprächsbereit, wenn es eng wird mit der Rückzahlung. Sie gewährten im Notfall eine Ratenstundung oder -reduzierung. Dadurch verlängert sich die Laufzeit des Kredits, was natürlich zu insgesamt höheren Zinskosten führt. Ganz ohne weitere Extrakosten war diese Hilfe nur bei Commerzbank, ING, Postbank und TeamBank zu haben. Im Preisverzeichnis von S-Kreditpartner war immerhin eine gebührenfreie Ratenaussetzung zu finden.

Für undurchsichtig hält die Verbraucherzentrale NRW die Lage bei Santander. Laut Preisverzeichnis kostete eine Ratenstundung 40 Euro. Allerdings werde beim Abschluss in der Filiale vertraglich geregelt, dass dafür keine Kosten anfallen, teilte das Institut mit. Für online abgeschlossene Santander-Kredite sollten jedoch weiterhin die 40 Euro gelten. wid/lw