Zehn Jahre Klimapartnerschaft: Ludwigsburg feiert Jubiläum mit Burkina Faso

Ludwigsburg – Parallel zu den Afrika-Tagen wurde am Dienstag, dem 22. Oktober 2024, im Scala das zehnjährige Jubiläum der Klimapartnerschaft zwischen Kongoussi und Ludwigsburg gefeiert. Eine Delegation aus dem westafrikanischen Burkina Faso ist zu diesem Anlass in die Stadt gereist.

Oberbürgermeister Dr. Matthias Knecht und der Botschafter Burkina Fasos, Dr. Toro Justin Ouoro, hießen zahlreiche Gäste willkommen, darunter Abel Dayamba, Präfekt der Kommune Kongoussi, sowie Mitglieder der Partnerorganisation Association Zood Nooma und Absolventen des Ausbildungszweigs Solartechnik an der Berufsschule von Kongoussi.

In ihren Ansprachen bedankten sich OB Knecht und der Botschafter für die erfolgreiche Zusammenarbeit der letzten zehn Jahre. Neben musikalischen Darbietungen und einer Podiumsdiskussion wurde auch eine Fotoausstellung zur Partnerschaft präsentiert. Besonders hervorzuheben war die Vorstellung der Ausbildung zur Solartechnik, die Berufsschüler aus Kongoussi präsentierten. Diese Woche finden zudem zwei Workshops mit Auszubildenden aus Ludwigsburg und Burkina Faso statt.

Professor Horst Köhler, Bundespräsident a.D. und Initiator der Entwicklungszusammenarbeit, meldete sich in einer Videobotschaft zu Wort. Er betonte: „Die Sicherheitslage in Burkina Faso macht die Zusammenarbeit schwieriger. Doch die engagierten Trägervereine und Verantwortlichen vor Ort eint der Wille, sich nicht von bürgerschaftlicher Zusammenarbeit abhalten zu lassen. Dieser Wille trägt weiter als ideologische Verkrampfung, das macht Mut.“

Hintergrund zur Klimapartnerschaft

Die Klimapartnerschaft zwischen Kongoussi und Ludwigsburg wurde 2014 ins Leben gerufen. In den vergangenen zehn Jahren wurden zahlreiche Projekte in den Bereichen Solarenergie, Wassermanagement und Verbesserung der sanitären Situation erfolgreich umgesetzt. Diese Initiativen werden zu 90 Prozent vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung gefördert, während der Ludwigsburger Förderkreis Burkina Faso e.V. die restlichen 10 Prozent übernimmt.

Die beiden Absolventen der Berufsschule Kongoussi sind Teil eines neuen Ausbildungszweigs in Solartechnik, der seit dem letzten Jahr im Rahmen der Klimapartnerschaft finanziert wird. Gemeinsam mit Auszubildenden in Elektrotechnik der Stadtwerke Ludwigsburg-Kornwestheim nehmen sie an einem mehrtägigen Workshop der Ludwigsburger Energieagentur teil, bei dem sie neuartige Solarmodule entwickeln.

Die Berufsschule „Centre de Formation Professionnelle de Kongoussi“ war 2012 das erste große Projekt des Förderkreises Burkina Faso in Kongoussi und wird bis heute aus Ludwigsburg finanziert.

red

Mit Biokohle gegen den Klimawandel

Die Herstellung und der Einsatz von Biokohle sind zu einem zentralen Bestandteil der Klimapartnerschaft zwischen Ludwigsburg und Kongoussi in Burkina Faso geworden.

Die Verwendung von Biokohle gilt als einfache und doch vielversprechende Technologie zur Verbesserung der Bodenqualität, zur Steigerung der Erträge in der landwirtschaftlichen Produktion und als Beitrag zur Verringerung der Treibhausgasemissionen.

Die Biokohle wird in einfachen Brennöfen, den sogenannten „Kon-Tikis“ aus Bioabfällen hergestellt. Eine aktuelle Studie von Dr. Desiré Jean-Pascal Lompo von der Uni Dedougou, dem Experten für Biokohle in Burkina Faso, hat jetzt nachgewiesen, dass landwirtschaftliche Erträge durch den Einsatz von Biokohle um zirka 30 Prozent gesteigert werden können.

In sechs Dörfern des Klimaschutzprojektes in Kongoussi wurden die Verantwortlichen vor Ort sowie die Landwirtinnen und Landwirte über die Biokohle-Technologie informiert und für die Bedeutung sensibilisiert. Das Training war in eine theoretische und eine praktische Phase unterteilt.

Frauengruppen wurden in Produktion und Verkauf von Bissap (Hibiscus sabdariffa), einer Malvenart sowie der Verwendung von Ernterückständen zur Herstellung von Biokohle geschult. Danach wurde auf Probe-Parzellen Bissap gepflanzt. Die Pflanze wird zur Herstellung des gleichnamigen, in Westafrika sehr verbreiteten Getränkes verwendet und dient der exemplarischen Überprüfung der Effizienz des eingesetzten Düngers aus Biokohle. Mit der Produktion und dem Verkauf von Bissap konnten 360 Frauen aus den sechs Dörfern der Kongoussi-Gemeinde ihr Einkommen verbessern.

Des Weiteren wurden Handwerker und Landwirte in der Herstellung der „Kon-Tikis“ geschult. Insgesamt wurden über 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, unter ihnen fast 45 Frauen, von den Schulungsmaßnahmen erreicht. Sie sind sehr interessiert und motiviert, das neue Wissen in die Praxis umzusetzen. Die Aktivitäten im Bereich Biokohle werden mit besonderem Augenmerk auf die Schulung von freiwilligen Bäuerinnen und Bauern in Produktion und Verwendung von Biokohle und auf die Begleitung der Frauen bei der Produktion und Vermarktung von Bissap jetzt weiter fortgesetzt.

Terror erreicht Ludwigsburgs Partnerstadt Kongoussi in Burkina Faso

Erstmals erreicht der dschihadistische Terror im Sahel, der vor allem im benachbarten Mali und Niger viele Todesopfer fordert, auch die mit Ludwigsburg verbundene Stadt Kongoussi. Zwei Menschen, eine schwangere Frau und ihr Begleiter, sind in der Nacht von 6. auf 7. Februar 2019 bei einem Angriff auf eine Polizeistation in Kongoussi, im Norden Burkina Fasos getötet worden.

Ziel des Anschlags war die Gendarmerie Territorial Brigade in Kongoussi. Eine unbekannte Zahl von Angreifern versuchte erfolglos einen gefangenen Terroristen zu befreien. Die inhaftierte Person, die befreit werden sollte, hatte – laut Regierungsinformationen – am 6. November 2017 an einem Anschlag in Bourzanga, ebenfalls im Norden von Burkina Faso teilgenommen. „Trotz starker Polizeipräsenz in der Stadt Kongoussi, gibt es große Ängste in der Bevölkerung“, erklärt Barthélémy Sawadogo, lokaler Koordinator der Klimapartnerschaft zwischen Kongoussi und Ludwigsburg.

Oberbürgermeister Werner Spec und Förderkreisvorsitzender Konrad Seigfried übermittelten für Stadt und Förderkreis Kongoussis Bürgermeister Daouda Zoromé, der im November 2018 Ludwigsburg besuchte, ihr aufrichtiges Bedauern und Mitgefühl für die beim Terroranschlag getöteten Zivilisten. „Unsere Gedanken sind bei den Opfern dieses schrecklichen Anschlags. Dieses Ereignis wird nichts an unseren Anstrengungen ändern die Lebensbedingungen in Kongoussi zu verbessern, in der Klimapartnerschaft weitere Schritte zu unternehmen und durch den Förderkreis die berufliche Bildung und das Los der Frauen zu verbessern.“

Ludwigsburg ist seit 2006 im Rahmen der trilateralen Partnerschaft, in die auch Montbéliard einbezogen ist, in der Entwicklungszusammenarbeit aktiv. Seit 2008 trägt der Förderkreis, unterstützt von vielen Bürgerinnen und Bürgern sowie Schulen und Unternehmen die Kooperation. Unter anderem wurde eine Berufsschule errichtet und seither gefördert. Im Rahmen einer Klimapartnerschaft werden Folgen des Klimawandels bekämpft und die Lebensbedingungen in den Dörfern, etwa durch Brunnenbau und verträgliche Methoden der Landwirtschaft nachhaltig verbessert. Der Förderkreis unterstützt Frauenkooperationen mit seinem Mühlenprojekt in insgesamt neun Dörfern rund um Kongoussi. Die burkinische Hütte neben dem Kulturzentrum zeigt Menschen und die Lebensbedingungen im Sahel. Ein Pendant soll jetzt auch in Kongoussi in Form einer „Ludwigsburger Hütte“ entstehen.

red

Ludwigsburger Förderkreis Burkina Faso unterstützt die Frauen von Kongoussi

Unter dem Titel: „Frauen stärken, Einkommen schaffen – Getreidemühlen für Kongoussi“ startet der Förderkreis ein neues Programm der Entwicklungszusammenarbeit. Ende Dezember traf der vom Bund bewilligte Zuschuss ein. „Wir freuen uns, dass nach unseren nur durch Spenden finanzierten und erfolgreich laufenden beiden Pilotprojekten in den Dörfern Sankondé und Kiella jetzt weit mehr als 500 Frauen von unserem Engagement profitieren können“ meint der Vorsitzende des Förderkreises, Erster Bürgermeister Konrad Seigfried. Große Freude herrschte in den sieben Dörfern Kouka, Kora, Woussé, Bam Village, Kourpelle, Tangaye und Bogonam Mossi als Barthélémy Sawadogo, der Vertreter der lokalen Partnerorganisation AZND (Association Zood Nooma pour le Developement), im Auftrag des Förderkreises Burkina Faso e.V die Botschaft überbrachte, dass es jetzt losgehen kann. Seit Anfang Januar werden nun in den sieben Dörfern der Kommune Kongoussi, Burkina Faso, Frauenkooperativen aufgebaut, Mühlenhäuser erstellt und Geschäftsmodelle entwickelt. Bereits im März sollen dann die neu errichteten Mühlhäuser mit robusten Getreidemühlen und den nötigen Antriebsaggregaten ausgestattet werden.

Rund 11.000 Menschen leben in diesen sieben Dörfern in der Sahelzone, die sich in erster Line von der Landwirtschaft ernähren, die meist reine Subsistenzwirtschaft ist. Gerade für die Frauen eine sehr schwere Arbeit. Besonders schwer ist das Mahlen des Getreides, das noch ganz archaisch mit großen Steinen erfolgt. Bei der Vorbereitung der Brunnenbohrungen in den Dörfern im Oktober 2016 hatten die Frauen ganz bescheiden gefragt, ob ihnen der Förderkreis mit Getreidemühlen helfen könnte. Daraufhin beschloss der Vorstand des Förderkreises eine Spendenaktion zu starten. Diese war überaus erfolgreich. So konnten nicht nur die beiden ersten Dörfer bereits ohne Bundesförderung als Pilotprojekte starten, auch die Eigenmittel für den Förderantrag konnten damit aufgebracht werden.

Nachdem diese Dörfer im letzten Jahr Brunnen mit sauberem Trinkwasser erhalten haben und durch Biokohle die land-wirtschaftlichen Erträge sowie mit Latrinen die Hygiene im Rahmen der Klimapartnerschaft zwischen Ludwigsburg und Kongoussi verbessert wurde, erhalten jetzt die Frauen der Dörfer eine weitere Unterstützung durch den Ludwigsburger Förderkreis Burkina Faso e.V. Aktuell werden in den sieben Dörfern die Frauenkomitees aus in der Regel acht Frauen gebildet, denen die Mühle auch gehört. Sie werden geschult, entwickeln ein Geschäftsmodell, erhalten bei Bedarf ein Startdarlehen. Durch die Mühlen werden alle Frauen im Dorf von einer schweren Arbeit befreit.

red