Bundesrat gibt grünes Licht: Krankenhausreform von Lauterbach beschlossen

Mit neuen Finanzierungskonzepten und Strukturreformen sollen Kliniken spezialisierter und effizienter arbeiten. Kritiker warnen vor Nachteilen für ländliche Regionen.

Berlin – Der Bundesrat hat den Weg für die Krankenhausreform von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) frei gemacht. Die Länderkammer stimmte am Freitag gegen die Anrufung des Vermittlungsausschusses.

Ziel der Krankenhausreform ist es, Leistungen in spezialisierten Kliniken zu konzentrieren, was nach Angaben der Bundesregierung die Qualität der Behandlungen steigern soll. Zudem sollen ambulante und stationäre Sektoren enger verzahnt werden. Kritiker befürchten eine Verschlechterung der Versorgungslage, gerade im ländlichen Raum, sowie zu starke Einschränkungen in der Krankenhausplanung der Bundesländer.

Die Krankenhausabrechnung soll zukünftig weniger durch Fallpauschalen, sondern zu einem großen Teil über eine Vorhaltevergütung erfolgen. Anders als bisher richtet sich die Finanzierung der Kliniken somit nicht ausschließlich nach der Anzahl der Behandlungen, sondern nach den Leistungen, die sie grundsätzlich vorhalten. Hierzu sind 65 Leistungsgruppen vorgesehen, die mit Qualitätskriterien und Mindestvorhaltezahlen verknüpft werden.

Um die Behandlungsqualität zu verbessern, sollen Kliniken Fachbehandlungen in jedem Stadium nur noch dann vornehmen, wenn sie über das dafür notwendige Personal und die entsprechende Ausstattung verfügen. Für Stroke Units, Traumatologie, Pädiatrie, Geburtshilfe, Intensivmedizin, Koordinierungsaufgaben, Unikliniken und Notfallversorgung werden zusätzliche Mittel gewährt.

Das Gesetz sieht eine Annäherung von ambulanter und stationärer Behandlung vor. Besonders in ländlichen Gebieten stünden Patienten oft vor dem Problem, keinen Facharzt zu finden und für Spezialuntersuchungen weite Wege fahren zu müssen, so die Bundesregierung. In Regionen mit Fachärztemangel sollen daher bestimmte Kliniken (sogenannte Level 1i-Krankenhäuser) auch fachärztliche Leistungen anbieten, sodass sich Patienten statt beim niedergelassenen Facharzt auch ambulant im Krankenhaus untersuchen und behandeln lassen können. Bei Hausärztemangel können Kliniken, die als sektorenübergreifende Versorgungseinrichtungen gelten, auch allgemeinmedizinische Behandlungen anbieten. Zudem wird die ambulante Versorgung schwerkranker Kinder und Jugendlicher erleichtert.

Das Gesetz führt eine ärztliche Personalbemessung ein. Damit möchte die Bundesregierung die Attraktivität des Krankenhauses als Arbeitsplatz für Ärzte steigern und die Behandlungsqualität fördern. Hierzu soll in Abstimmung mit der Bundesärztekammer zunächst ein Personalbemessungsinstrument wissenschaftlich erprobt werden. Zudem soll geprüft werden, ob dies auch für weitere Berufsgruppen wie Hebammen oder Physiotherapeuten erforderlich ist. Das Gesetz sieht zudem Maßnahmen zur Entbürokratisierung vor.

Die Strukturreform soll über einen Zeitraum von zehn Jahren durch einen Transformationsfonds in Höhe von 50 Milliarden Euro finanziert werden, dessen Kosten zur Hälfte vom Bund und zur Hälfte von den Ländern getragen werden.

red

Lauterbach verspricht Rettung von Kliniken durch Krankenhausreform

Berlin – Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) verteidigt die umstrittene Krankenhausreform.

“Wir machen ja die Reform, um die Häuser, die gebraucht werden, zu retten”, sagte der Minister am Donnerstag dem ZDF bei einer Interviewaufzeichnung, die am Abend im “Heute-Journal” gezeigt wird. “Wenn wir die Reform jetzt nicht machen würden, dann würde es in den nächsten Jahren ein Krankenhaussterben geben von einem ungeahnten Ausmaß.”

Seiner Ansicht nach machen die neuen Finanzierungsregeln Sinn: “Die Krankenhäuser kriegen 60 Prozent als Vorhaltepauschale und die restlichen 40 Prozent nur über die Fälle. Das heißt, die kleinen Häuser auf dem Land werden zuerst durch die Reform gerettet und hätten ohne die Reform keine Perspektive”, sagte Lauterbach.

red

Unsicherheit um Krankenhausreform: Planungen Bietigheim-Vaihingen-Klinik vorerst gestoppt

Kreis Ludwigsburg – In einer jüngsten Sitzung des Aufsichtsrats der RKH Kliniken Ludwigsburg-Bietigheim wurde beschlossen, die bestehenden Planungen für den Anbau und Neubau am RKH Krankenhaus Bietigheim-Vaihingen vorerst zu unterbrechen. Der Baustopp betrifft verschiedene anstehende Projekte, darunter den geplanten Anbau für Bettenstationen, den Umbau der Zentralen Notaufnahme und Radiologie auf einer Ebene sowie den Bau eines Hubschrauberlandeplatzes auf dem Dach des Neubaus.

Der Entschluss des Aufsichtsrats gründet sich auf die bestehende Unsicherheit hinsichtlich der Auswirkungen der jüngst von Gesundheitsminister Lauterbach angekündigten Krankenhausreform, teilt die RKH mit. Obwohl Bund und Länder bereits im Juli Eckpunkte für die Gesundheitsreform vereinbart haben, sind viele Einzelheiten der Reform noch nicht abschließend geklärt und befinden sich derzeit in der Ausarbeitung. Dazu gehört unter anderem die Entwicklung eines bundeseinheitlichen Katalogs mit Qualitäts- und Strukturdaten sowie die Zusammenführung einzelner Krankenhausleistungen zu Leistungsgruppen.

Die genaue Verteilung dieser Leistungsgruppen auf die verschiedenen Krankenhäuser und die Zuordnung der Kliniken zu den jeweiligen Levels obliegt den Ländern. Das weitere Vorgehen in Bezug auf die Bauprojekte wird erst dann festgelegt, wenn alle Einzelheiten der Krankenhausreform und ihre Auswirkungen auf die Krankenhäuser bekannt sind.

Dennoch werden notwendige Renovierungs- und Sanierungsarbeiten, unabhängig von dieser Entscheidung, weiterhin vorangetrieben. “Da wir das zukünftige Bietigheimer Krankenhaus nicht auf Sand bauen, sondern auf einem festen Fundament errichten wollen, haben wir die Planung zunächst gestoppt. Sobald die Details der Krankenhausreform vorliegen, werden die Landkreise und Aufsichtsräte der RKH Gesundheit alle wichtigen Projekte neu bewerten und anpassen”, erklärte Landrat Dietmar Allgaier, Vorsitzender des Kliniken-Aufsichtsrats.

Prof. Dr. Jörg Martin, Geschäftsführer der RKH Gesundheit, betonte, dass das Unternehmen bereits auf die geplante Krankenhausreform der Bundesregierung gut vorbereitet ist und verschiedene Maßnahmen ergriffen hat, um diese zu berücksichtigen. In den letzten Jahren wurden unter anderem kleinere Krankenhäuser in Vaihingen und Marbach geschlossen, ein medizinisches Konzept mit Schwerpunktbildung über die drei Landkreise hinweg entwickelt und Telemedizin eingesetzt. Dennoch müssen weitreichende Planungen wie der An- und Neubau des RKH Krankenhauses Bietigheim-Vaihingen die Vorgaben der Krankenhausreform berücksichtigen.

red

Deutscher Städte- und Gemeindebund fordert mehr Geld für Krankenhausreform

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund hat Bund und Länder aufgefordert, für die Krankenhausreform mehr finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen. “Eine echte Krankenhaus- und Gesundheitsreform, die die Patienten im Blick hat, braucht Zeit und natürlich auch Geld”, sagte der Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg dem “Redaktionsnetzwerk Deutschland” (Freitagausgaben). “Ohne zusätzliche Mittel von Bund und Ländern wird die Transformation nicht umsetzbar sein.”

Landsberg verlangte ein Ende der Unterfinanzierung der Kliniken. “Aus Sicht der Kommunen ist es entscheidend, dass Bund und Länder mit einer nachhaltigen Krankenhausreform die Unterfinanzierung beseitigen und gleichzeitig qualitativ gute medizinische Versorgung in der Fläche sicherstellen”, mahnte der Verbandschef, der weiter auf eine bessere Vernetzung der stationären und ambulanten Einrichtungen pochte. “Dazu gilt es die stationäre und ambulante Gesundheitsversorgung stärker als bisher zu verzahnen. Hier greift die angedachte Reform viel zu kurz.”

red