Mindestlohn 2024: Linke verlangt Anhebung auf 14 Euro

Berlin  – Unmittelbar bevor die unabhängige Kommission der Tarifpartner am Montag ihren Beschluss zur Anpassung des Mindestlohns für 2024 bekannt geben wird, hat die Linke eine deutliche Erhöhung angemahnt. “Wir fordern, den gesetzlichen Mindestlohn auf 14 Euro anzuheben”, sagte der Fraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag, Dietmar Bartsch, den Zeitungen des “Redaktionsnetzwerks Deutschland” (Sonntagsausgaben). Statt zwölf Euro derzeit müsste der Mindestlohn “laut EU-Vorgaben schon längst bei 13,53 Euro liegen”, sagte der Linken-Politiker und fügte hinzu: “Das wären aktuell 60 Prozent des mittleren Bruttolohnes in Deutschland.”

Der gesetzliche Mindestlohn dürfe nicht länger von der gesamtgesellschaftlichen Lohnentwicklung abgekoppelt sein. Die Mindestlohnkommission, die aus Vertretern von Gewerkschaften und Arbeitgebern sowie unabhängigen Wissenschaftlern besteht, will am Montagvormittag in Berlin ihren Vorschlag zur Anpassung des Mindestlohns ab 1. Januar 2024 verkünden, der dann in der Regel im Rahmen einer Verordnung von der Bundesregierung abgesegnet wird. Bislang ist nichts darüber bekannt, wie hoch die Anpassung ausfallen wird.

Die Linke hält eine Erhöhung auf 14 Euro auch aufgrund der Rekordinflation in den Jahren 2022 und 2023 für “mehr als gerechtfertigt”. “Wir brauchen einen deutlichen Sprung nach vorn beim gesetzlichen Mindestlohn, auch um einen Beitrag gegen die steigende Altersarmut zu leisten”, sagte Bartsch und setzte fort: “Der aktuelle Mindestlohn führt geradewegs in eine Armutsrente.”

red

Zahl der Teilzeitjobs sinkt um 600.000 – Armutsrisiko in der Pandemie gestiegen

Wegen des massenhaften Wegfalls von Teilzeitjobs im Zuge der Coronakrise ist das Armutsrisiko in Deutschland gestiegen. Zu dieser Schlussfolgerung gelangt der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) in einer Erhebung, über die die “Welt am Sonntag” berichtet. So sank allein 2020, im ersten Jahr der Pandemie, die Zahl der Teilzeitjobs um 600.000. “Beschäftigte in diesen Jobs sind weder sozial abgesichert, noch erhalten sie Arbeitslosen- oder Kurzarbeitergeld. Vielen von ihnen droht Altersarmut”, sagte DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel. Besonders betroffen seien Frauen. Die Pandemie habe zudem eine Trendwende bei der Erwerbslosenquote eingeleitet.

2020 ist die Quote in Deutschland im Vergleich zum Vorjahr um 0,7 Prozentpunkte angestiegen und damit stärker als im EU-Durchschnitt (0,4 Prozentpunkte). Ausgewertet wurden Daten von Eurostat, des Mikrozensus des Statistischen Bundesamts sowie Daten der Bundesagentur für Arbeit (BA). Auch die Schere bei den Einkommen sei hierzulande größer als im EU-Durchschnitt.

“Bei der Überlastung der Haushalte durch Wohnkosten belegt Deutschland sogar den unrühmlichen zweiten Platz. Der Grund: Viel zu viele arbeiten in schlecht bezahlten und unsicheren Jobs”, so Piel. Länder wie Tschechien, Ungarn, Dänemark, Österreich, Portugal und Belgien zeigten: “Der Arbeitsmarkt funktioniert auch ohne großen Niedriglohnsektor und hohes Armutsrisiko, sogar mit unterdurchschnittlicher Erwerbslosenquote.”

Die geplante Ausweitung bei den Minijobs kritisiert die Gewerkschaft als “Riesenfehler”. Die Bundesregierung hatte beschlossen, die Minijob-Grenze zum Oktober von 450 auf 520 Euro anzuheben. “Minijobs taugen schlecht als Brücke in sozialversicherte Beschäftigung”, meint Piel.

Mit weniger Minijobs und mehr Sozialversicherter Beschäftigung könne der Arbeitsmarkt ihrer Ansicht nach an Stabilität gewinnen.

red / dts

Mindestlöhne steigen europaweit

22 EU-Staaten haben wie Deutschland eine Lohnuntergrenze eingerichtet. Der Blick auf Westeuropa zeigt: Hierzulande ist der Mindestlohn niedriger als in anderen Ländern der Staatengemeinschaft.

20 EU-Staaten haben ihre Mindestlöhne zum 1. Januar, zum 1. Februar 2019 oder in der zweiten Hälfte 2018 erhöht, Noch-EU-Mitglied Großbritannien hat eine Anhebung für April beschlossen. Laut Mindestlohnbericht des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung ist der Mindestlohn inflationsbereinigt im Schnitt 2,7 Prozent höher als im Vorjahr.

Der deutsche Mindestlohn sei mit 9,19 Euro pro Stunde weiterhin spürbar niedriger als die Lohnuntergrenzen in den westeuropäischen Euro-Staaten, die alle 9,66 Euro und mehr Stundenlohn vorsehen, in Frankreich erstmals über zehn und in Luxemburg sogar 11,97 Euro, schreiben die Tarifexperten des WSI.

Auch außerhalb der EU sind Mindestlöhne gesetzlich vorgesehen, die Höhe variiert hier deutlich. Während die Lohnuntergrenze in Moldawien beispielsweise umgerechnet 78 Cent beträgt, liegt sie in Australien bei 11,98 Euro. wid/Mst

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