Führt Ludwigsburg die Verpackungssteuer ein? Wirtschaft zweifelt am Nutzen

Von Ayhan Güneş

Weniger Müll, mehr Nachhaltigkeit – und gleichzeitig mehr Bürokratie und höhere Kosten? Die Stadt Ludwigsburg denkt über eine Verpackungssteuer nach, wie sie Tübingen seit Jahren kennt. Doch eine aktuelle Umfrage der IHK-Ludwigsburg zeigt: Die regionale Wirtschaft hat erhebliche Bedenken. Eine Entscheidung soll im Sommer fallen.

Ludwigsburg – Mehrweg statt Müllflut?

In der Debatte um Nachhaltigkeit und saubere Innenstädte geht die Stadt Ludwigsburg neue Wege – zumindest prüft sie es. Eine Verpackungssteuer nach dem Vorbild Tübingen könnte kommen. Die Verwaltung plant, noch vor den Sommerferien eine Entscheidung zu treffen. Doch eine aktuelle Umfrage der IHK zeigt: Die regionale Wirtschaft sieht die Pläne mit Sorge.

Klarer Auftrag an die Kommunalpolitik

„77 Prozent der Betriebe lehnen die Verpackungssteuer ab“, sagt Sigrid Zimmerling, Geschäftsführerin der IHK-Bezirkskammer Ludwigsburg. Die Gründe: zusätzliche Bürokratie, hohe Schulungsaufwände, steigende Kosten. Besonders Filialbetriebe mit mehreren Standorten befürchten ein Regelungs-Chaos, sollten 39 Kommunen im Landkreis jeweils eigene Regeln beschließen. „Ein solches Flickwerk stellt Unternehmen vor große Herausforderungen“, warnt Zimmerling.

Ungewöhnliches Hearing im Gemeinderat

Die Stadt Ludwigsburg will nun im Rahmen eines Hearings im Wirtschaftsausschuss am Dienstag, 8. April, unterschiedliche Stimmen hören: Vertreter von Gastronomie, Einzelhandel und Umweltverbänden sollen dem Wirtschaftsausschuss ihre Positionen zur geplanten Abgabe schildern.

Vorbild Tübingen – oder Mahnmal?

In Tübingen zahlen Gastronomen bis zu 50 Cent pro Einwegverpackung. Die Kunden tragen die Mehrkosten – und sollen so zum Umdenken bewegt werden. Doch laut IHK glauben weniger als die Hälfte der Betriebe, dass eine solche Steuer wirklich zu weniger Müll führt. Besonders kleinere Läden befürchten Umsatzverluste. Manche denken sogar darüber nach, ihr To-go-Geschäft ganz aufzugeben.

Einheitliche Regelung gefordert

Neben der Kritik an der Umsetzbarkeit fordern viele Unternehmen vor allem eines: Klarheit. „Unternehmen brauchen einheitliche Regeln – keine Insellösungen“, sagt Zimmerling. Die IHK fordert deshalb eine stärkere Einbindung der Unternehmen – und eine gründliche Abwägung zwischen Umweltnutzen und wirtschaftlicher Belastung.

Entscheidung vertagt – mit offenem Ausgang

Fest steht: Der Ludwigsburger Gemeinderat will sich Zeit lassen. Nach dem Hearing im April ist eine breite Diskussion geplant, erst im Sommer soll eine endgültige Entscheidung fallen. Bis dahin bleibt die Frage offen: Bringt die Verpackungssteuer wirklich mehr Sauberkeit – oder vor allem mehr Aufwand?

 

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Illegale Müllentsorgung in Kornwestheim: Stadt appelliert an Bürgerinnen und Bürger

Kornwestheim – Die zunehmende illegale Müllentsorgung stellt Städte und Landkreise in Baden-Württemberg vor große Herausforderungen. Auch in Kornwestheim häufen sich Meldungen über unerlaubt abgelagerten Müll auf öffentlich zugänglichen Flächen. Jüngst wurde eine größere Menge Mobiliar, darunter Stühle und Tische, auf einem Feldweg entdeckt. Doch nicht nur Sperrmüll sorgt für Ärger: Auch Zigarettenstummel, Plastikverpackungen und Bauschutt werden immer unsachgemäß entsorgt.

Rechtliche Konsequenzen bei illegaler Müllentsorgung
Das unerlaubte Ablagern von Müll ist nicht nur unschön, sondern auch strafbar. Gemäß der Polizeiverordnung der Stadt Kornwestheim ist das Wegwerfen oder Ablegen von Abfällen außerhalb der dafür vorgesehenen Behälter verboten. Darüber hinaus kann eine solche Handlung gegen das Kreislaufwirtschaftsgesetz oder die Abfallwirtschaftssatzung des Landkreises verstoßen. Die möglichen Folgen: Bußgelder von bis zu 1.000 Euro.

Gefahr für Umwelt und Gesundheit
Die Entsorgung von Müll in Wäldern, an Waldrändern oder in Grünflächen hat weitreichende Folgen. Schadstoffe aus dem Abfall können in den Boden eindringen und das Grundwasser verunreinigen, was die Tier- und Pflanzenwelt sowie letztlich auch die menschliche Gesundheit gefährdet. Die Stadt Kornwestheim warnt daher eindringlich vor den ökologischen Konsequenzen dieses Verhaltens.

Ein Appell an die Gemeinschaft
Die Stadt ruft alle Bürgerinnen und Bürger dazu auf, aufmerksam zu sein und sich an geltende Vorschriften zu halten. Wer illegale Müllablagerungen beobachtet, wird gebeten, dies der Polizei zu melden. „Eine saubere Umwelt ist unser gemeinsames Ziel.“ „Jeder Einzelne kann dazu beitragen, unsere Stadt und Natur zu schützen“, heißt es seitens der Stadtverwaltung.

Illegale Müllentsorgung ist kein Kavaliersdelikt – Kornwestheim setzt auf die Hilfe und das Verantwortungsbewusstsein seiner Bewohnerinnen und Bewohner, um die Situation nachhaltig zu verbessern.

red

Europäische Woche der Abfallvermeidung: Spray-Aktion gegen Littering in Ludwigsburg

Ludwigsburg – „Reduce. Reuse. Recycle“ – unter diesem Motto setzt die Europäische Woche der Abfallvermeidung (EWAV) vom 16. bis 24. November in Ludwigsburg und Umgebung ein Zeichen gegen die Wegwerfgesellschaft. Mit der Aktion „Sprayen gegen Littering“ beteiligt sich die AVL Ludwigsburg an der europaweiten Kampagne. Ziel ist es, an bekannten Müll-Hotspots in Ludwigsburg, Kornwestheim, Vaihingen an der Enz und Bönnigheim eindringlich auf die Folgen von achtlos entsorgtem Müll hinzuweisen. Mithilfe umweltfreundlicher Sprühkreide bringt die AVL die Botschaft „Dein Müll stört mich!“ direkt an die Orte, an denen häufig Abfälle liegen bleiben. Die Kreide verblasst mit der Zeit und erinnert Passanten an die negativen Auswirkungen von Littering auf Mensch und Natur.

„Wild entsorgter Müll ist nicht nur eine Belastung für das Stadtbild, sondern verschärft auch den Umweltnotstand,“ erklärt die AVL. Die Aktion unterstreicht außerdem den Zusammenhang zwischen Umweltverschmutzung und dem diesjährigen EWAV-Motto „Bis zum letzten Krümel: Lebensmittel sorgsam verwenden“. Abfälle wie Essensreste ziehen Wildtiere an, die die Reste oft nicht vertragen, und unterstreichen, dass Müllvermeidung und verantwortungsbewusster Umgang mit Lebensmitteln Hand in Hand gehen.

Durch diese Aktion hofft die AVL Ludwigsburg, das Bewusstsein für Müllvermeidung und die richtige Entsorgung zu stärken – und das ohne den mahnenden Zeigefinger, sondern mit einem Appell an Eigenverantwortung.

red

Ludwigsburg bereitet sich auf den Winter vor: Biotonnen werden ab 14. Oktober seltener geleert

Ludwigsburg – Der Sommer ist endgültig vorbei, und der Landkreis Ludwigsburg stellt sich auf die kühleren Monate ein. Die Abfallverwertungsgesellschaft (AVL) passt den Rhythmus der Biotonnenleerung an: Ab dem 14. Oktober 2024 wird die Biotonne wieder alle zwei Wochen geleert. Diese Umstellung gilt bis zum 13. April 2025, teilte die AVL mit.

Mit dem Wechsel zum zweiwöchigen Turnus sorgt die AVL dafür, dass sich die Abholung an die frostigeren Temperaturen anpasst. Um sicherzugehen, dass kein Termin verpasst wird, bietet die AVL eine digitale Unterstützung: Die kostenlose AVL Service+-App erinnert zuverlässig an alle Abfuhrtermine und ist im App-Store erhältlich.

Für Fragen und weitere Informationen steht das ServiceCenter der AVL unter der Telefonnummer 07141 144-2828 oder per E-Mail an servicecenter@avl-lb.de zur Verfügung.

red

Landrat bittet um Geduld: Müllchaos löst sich nur langsam auf – Allgaier droht Entsorgern mit juristischen Schritten

Von Uwe Roth

Im Landkreis Ludwigsburg herrscht pures Müllchaos. Völlig überfüllte Restmüllbehälter stehen an den Straßenrändern. Die Bewohner warten auf die Müllabfuhr. Aber sie kommt nicht. Und das schon seit Tagen. Aufgeplatzte Müllsäcke, für die in der Tonne kein Platz mehr war, verschmutzen die Gehwege. Die neuen Tonnen mit den gelben Deckeln sind eigentlich für den Verpackungsmüll bestimmt. Doch darin landen in diesem Chaos auch volle Babywindeln, Zigarettenkippen und alles, was sich seit den Feiertagen zum Wegwerfen angesammelt hat. Bei der Abfallverwertungsgesellschaft Ludwigsburg (AVL) stehen die Servicetelefone nicht still. Die einen Anrufer beschweren sich lautstark wegen der überfälligen Abholtermine. Andere fordern mit Nachdruck einen größeren Behälter fürs Altglas ein. Die Entsorger haben ihnen einen blauen Korb vor die Haustüre gestellt. Doch dieser ist vielen schlicht zu klein. Das Behältnis hat ein Volumen von 36 Liter und ist damit kaum größer als eine Getränkekiste. Nur einmal im Montag kommt die Leerung. Viele Anrufer verlangen den Umtausch in einen 120 Liter-Eimer. Die AVL-Mitarbeitenden zeigen Verständnis, können aber nicht liefern, weil die Entsorger den Umtausch bislang verweigern.

Als ob das für AVL-Geschäftsführer Tilman Hepperle und seinen Aufsichtschef Landrat Dietmar Allgaier (CDU) nicht genug Ärger wäre, wurde in dieser Woche bekannt, dass eine Bürgerinitiative eine Klage gegen die Müllgebühren-Satzung des Landkreises eingereicht hat. Der nagelneue Mülllaster, der am Donnerstag bei Sachsenheim von der Straße abgekommen war und spektakulär wie ein gestrandeter Wal auf der Seite liegengeblieben ist, gab ein Symbolbild für die aktuelle Lage der Entsorgungswirtschaft im Landkreis ab.

Am Freitag tagte der Kreistag. Landrat Allgaier hatte eine Erklärung angekündigt. Viel Neues konnte er den Kreistagsmitgliedern allerdings nicht mitteilen. Die Lage sei „äußerst unbefriedigend“, sagte er verärgert und nannte drei privatwirtschaftlich arbeitenden Entsorgungsfirmen als die eigentlichen Verursacher des Chaos. Im Gegensatz zur Landeshauptstadt Stuttgart hat der Landkreis Ludwigsburg keine eigene Müllabfuhr. Die AVL ist zwar ein kreiseigenes Unternehmen, hat aber keine Müllfahrzeuge. Vielmehr koordiniert er die Entsorgung und treibt die Gebühren für die Entsorgung des Rest-, Bio- und Sperrmülls ein. Zudem betreibt die AVL die Wertstoffhöfe, Häckselplätze und die Mülldeponien.

Seit Januar ist mit der Entsorgung des Gebühren finanzierten Abfalls im Landkreis Ludwigsburg die ALBA Süd beauftragt. Der Entsorger mit Sitz in Waiblingen (Rems-Murr-Kreis) gehört zu einem internationalen Konzern. Die ALBA Group ist über eine EU-weite Ausschreibung der AVL an den lukrativen Auftrag gekommen. Sie begründet die nicht geleerten Restmüll-Behälter mit Anlaufschwierigkeiten: Die Teams der Müllfahrzeuge seien neu zusammengestellt und hätten Probleme sich im Landkreis zurechtzufinden. Die Ortskenntnisse müssten erst wachsen. Außerdem sei der Krankenstand hoch – nicht zuletzt wegen Corona. AVL-Geschäftsführer Hepperle und der Landrat zeigten sich im Kreistag zwar verwundert, dass ein so erfahrenes Unternehmen ein solches Chaos anrichten kann. Sie gaben sich aber optimistisch, dass sich in den nächsten Tagen die Lage nach und nach normalisiert. Mülltonnen und -container sollten vorerst am Straßenrand stehenbleiben, weil niemand sagen könne, wann der nächste Mülllaster um die Ecke biegt. ALBA habe versprochen, aus Landkreisen, in denen sie ebenfalls für die Entsorgung zuständig ist, Müllfahrzeuge zur Unterstützung in den Landkreis Ludwigsburg zu holen.

Verpackungsmüll, Altglas und Altpapier werden seit Jahresbeginn von den Firmen PreZero (Asperg) und Kurz (Ludwigsburg) abgeholt. Sie erhalten das Geld für ihre Dienstleistung nicht von der AVL, sondern über das Duale System. Finanziert wird es von den Verbraucherinnen und Verbraucher, die mit dem Kauf der Produkte auch gleich die Entsorgung des Verpackungsmaterials bezahlen. Wer Verpackungen statt in die gelbe Tonne in die Restmülltonne wirft, bezahlt die Entsorgung somit doppelt. PreZero gehört übrigens zur Handelsgruppe Schwarz, zu der Lidl und Kaufland gehören.

Der Streitpunkt ist nun, dass sich laut Landrat und AVL-Geschäftsführer PreZero hartnäckig weigert, die Altglasbehälter auszutauschen, obwohl es eine entsprechende Vereinbarung gäbe. Diese laute, dass „auf Wunsch der Nutzer ein kostenloser Größentausch vorzunehmen beziehungsweise ein zusätzlicher Behälter zu stellen ist“. Allgaier schließt daraus, es sei „klar ersichtlich, dass die Menschen im Landkreis Ludwigsburg einen Anspruch darauf haben, einen angemessenen Abfallbehälter zu erhalten.“ Und weiter: „Wir sind nicht bereit, dies auf Kosten unserer Bürgerinnen und Bürger hinzunehmen.“ Sollte sich keine einvernehmliche Lösung finden, dann schrecke der Landkreis vor einer rechtlichen Auseinandersetzung nicht zurück.