Bericht: Bundeskanzler Scholz lehnt Taurus-Lieferung an Ukraine ab

Berlin – Die Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat sich derzeit gegen die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine entschieden, wie die “Bild” in ihrer Donnerstagsausgabe unter Berufung auf deutsche und ukrainische Regierungskreise berichtet. Gleichzeitig wird zwischen Berlin und Kiew über die Verstärkung der Luftabwehr und die mögliche weitere Lieferung von Patriot-Abwehrraketen aus Deutschland verhandelt.

Zuvor hatten Äußerungen mehrerer Minister Hoffnungen in der Ukraine geweckt, dass eine schnelle Entscheidung bezüglich der Taurus-Raketen getroffen werden könnte. Scholz hatte in einer internen Sitzung des Auswärtigen Ausschusses in der vergangenen Woche erklärt, dass die Lieferungen von Taurus-Raketen nicht mit den britisch-französischen Marschflugkörpern “Storm Shadow” (SCALP) vergleichbar seien.

Der Unterschied liegt darin, dass Großbritannien und Frankreich die Geodaten für die Raketenziele direkt selbst liefern und auch eigenes Personal in den Prozess einbringen. Zusätzlich zu diesen Fragen äußerten deutsche Regierungsvertreter Bedenken darüber, dass Taurus-Marschflugkörper die Kertsch-Brücke in der Krim treffen könnten, berichtet “Bild” weiter. Es soll Gespräche zwischen britischen und deutschen Regierungsvertretern gegeben haben, bei denen die britische Seite versuchte, Deutschland von der Lieferung zu überzeugen.

Die deutsche Seite äußerte Bedenken, dass die Brücke auf der Krim mit deutschen Waffen zerstört werden könnte. Das Kanzleramt hielt sich auf Anfrage der “Bild” bedeckt und erklärte, es gebe keinen neuen Sachstand bezüglich der Taurus-Marschflugkörper. Über “vertrauliche Gespräche der Bundesregierung mit Vertretern anderer Staaten unterrichten wir grundsätzlich nicht”, so eine Sprecherin.

Die CDU äußerte massive Kritik an der Entscheidung, weiterhin keine Taurus-Raketen zu liefern. Der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter bezeichnete die Absage der Taurus-Lieferung als einen “Totalausfall Deutschlands als selbsternannte Führungsnation für europäische Sicherheit”. Er hält die Lieferung von Taurus-Raketen für äußerst wichtig und betont, dass sie die Chance für die Ukraine bieten würde, die russischen Versorgungslinien zur Krim abzuschneiden und die Krim zu befreien, um den Krieg schneller zu beenden. Kiesewetter fügte hinzu, dass das Schicksal von Putin an der Krim hänge, und dass Scholz sich dessen bewusst sei.

red

Bundestag stimmt mit großer Mehrheit für Lieferung schwerer Waffen an Ukraine

Der Bundestag hat sich für die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine ausgesprochen. Ein gemeinsamer Antrag von SPD, Grünen, FDP und Union mit dem Titel “Frieden und Freiheit in Europa verteidigen – Umfassende Unterstützung für die Ukraine” wurde am Donnerstag mit großer Mehrheit beschlossen. In namentlicher Abstimmung stimmten 586 Abgeordnete dafür und 100 dagegen.

Zudem gab es sieben Enthaltungen. In dem Antrag wird sich unter anderem für die “Intensivierung und Beschleunigung der Lieferung wirksamer, auch schwerer, Waffen und komplexer Systeme” durch Deutschland in enger Abstimmung mit den Partnern in NATO, EU und der Welt ausgesprochen. Neben der umfassenden ökonomischen Isolierung und Abkoppelung Russlands von den internationalen Märkten sei dies “das wichtigste und wirksamste Mittel”, um den russischen Vormarsch zu stoppen.

Der Bundestag forderte die Bundesregierung zudem auf, “alle Bemühungen der ukrainischen Regierung, in direkten Verhandlungen mit der russischen Führung einen Waffenstillstand zu erzielen, zu unterstützten”. Dabei müsse klar sein, dass es keine Verhandlungen über die Köpfe der Ukrainer hinweg geben dürfe. “Falls es zum Abschluss eines Abkommens kommt, muss Deutschland gemeinsam mit den USA, Kanada und anderen NATO- und EU-Partnern bereit sein, aktiv dazu beitragen, seine Einhaltung zu gewährleisten”, heißt es in dem Papier weiter.

Zudem müsse die Regierung die Lieferung benötigter Ausrüstung an die Ukraine fortsetzen und wo möglich beschleunigen. Dabei müsse man auch die Lieferung auf schwere Waffen und komplexe Systeme etwa im Rahmen des Ringtausches erweitern, “ohne die Fähigkeiten Deutschlands zur Bündnisverteidigung zu gefährden”. Ausrüstungslücken bei der Bundeswehr, die durch die Abgabe an die Ukraine entstanden sind, müssten schnellstmöglich geschlossen werden, heißt es in dem Antrag.

Trotz der gemeinsamen Initiative der Ampel-Fraktionen und der Union verlief die Debatte zu dem Tagesordnungspunkt hitzig. CDU-Chef Friedrich Merz nutze seine Rede vor allem für Kritik an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Er warf ihm unter anderem eine “miserable Kommunikation” vor.

Der Kanzler zeige “Schwäche und Unsicherheit”. Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil unterstellte dem CDU-Chef unterdessen, nur Parteipolitik zu betreiben. Dafür sei in der aktuellen Lage kein Platz.

Er frage sich, was aus der Union von Angela Merkel geworden sei, so Klingbeil.

red / dts