Viele Ärzte würden ihr Krankenhaus nicht empfehlen

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Von wem würde man sich am ehesten eine Empfehlung für ein Krankenhaus einholen? Genau, von den Ärzten, die in den jeweiligen Klinken arbeiten. Das Problem: Viele Ärzte würden ihr Krankenhaus gar nicht erst weiterempfehlen. Zudem sind sie ausgesprochen unzufrieden mit den Arbeitsbedingungen und mit der Qualität der Behandlung. Alarmierende Erkenntnisse und Ergebnisse der Studie “Front Line of Healthcare 2018” der internationalen Managementberatung Bain & Company. Insgesamt wurden mehr als 1.100 Ärzte aus zehn Fachgebieten in 150 Krankenhäusern in Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Italien befragt.

Mit Ausnahme von Frankreich hat in Europa die Unzufriedenheit der Klinikärzte seit 2016 – der letzten Bain-Studie zum europäischen Gesundheitswesen – massiv zugenommen. So sagen 35 Prozent der deutschen sowie 20 Prozent der britischen und italienischen Mediziner, dass sie ihre Klinik Freunden und Verwandten nicht als Behandlungsort empfehlen würden. “Die gegenwärtigen Budgetrestriktionen gefährden unsere Fähigkeit, gute Arbeit zu leisten”, beschreibt ein Arzt die allgemeine Stimmung hierzulande.

Die aktuelle Studie zeige, dass Krankenhäuser, Pharmaunternehmen und Medizintechnikhersteller nach wie vor in einem überholten System arbeiten würden, das immer mehr geprägt sei von zu wenig Personal, Budgetkürzungen und veralteten Geräten, heißt es zu den Ergebnissen. “Der Stimmungsumschwung der Klinikärzte von schlecht zu miserabel ist frappierend”, stellt Michael Kunst, Bain-Partner und Leiter der Praxisgruppe Gesundheitswesen in Europa, Mittlerer Osten und Afrika (EMEA), fest. “Zwar waren sie auch schon vor zwei Jahren unzufrieden mit dem Status quo, aber immerhin noch optimistisch, mit neuen Strukturen, Systemen und digitalen Hilfsmitteln eine bessere Krankenbetreuung zu geringeren Kosten zu erreichen. 2018 scheinen sie von diesem Ziel weiter entfernt zu sein denn je.”

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Noch vor zwei Jahren hatten die Klinikärzte mit Arbeitserleichterung und höherer Versorgungsqualität durch neue Methoden wie der Digitalisierung der Patientendaten gerechnet. Doch getan hat sich laut Bain-Studie in dieser Hinsicht wenig. Die Nutzung von Datenanalyse als klinisches Hilfsmittel für die Ärzte stagniert bei 45 Prozent, der Einsatz risikobasierter Vergütungssysteme in Krankenhäusern hat sogar abgenommen. Dennoch sind 75 Prozent der Klinikärzte immer noch überzeugt davon, dass die Digitalisierung der Krankendaten in den kommenden drei bis fünf Jahren die Betreuung der Patienten verbessern wird – vorausgesetzt, die IT-Systeme sind sicher und gut gegen Cyberangriffe geschützt.

Neben unzureichenden Ressourcen sorgen sich die Krankenhausärzte um die Qualität der Informationen, die sie für medizinische Entscheidungen zur Verfügung haben. Mehr als 70 Prozent halten die Informationen der Pharmaunternehmen und Medizintechnikhersteller für unzureichend. Zugleich kritisieren sie deren Schwächen in der Betreuung ihrer Klientel. Noch unzufriedener mit den Medtech-Lieferanten als die Ärzte sind die Einkäufer in den Kliniken. “Das ist von großer Relevanz, weil sich die Zahl der zentral gesteuerten Kaufentscheidungen durch professionelle Einkaufsexperten in den vergangenen zwei Jahren verdoppelt hat”, so Kunst, der Alarm schlägt: “Für Krankenhausbetreiber sollten unsere Studienergebnisse ein Weckruf sein. Es gilt schnell zu handeln und neue Ansätze in der Patientenversorgung zu finden.” Gleichzeitig macht er aber auch Mut: “Unternehmen mit loyalen und motivierten Mitarbeitern sind bekanntlich deutlich produktiver. Kliniken, die ihre Organisationsstruktur entlang ihrer Unternehmensmission ausrichten, bekommen wesentlich bessere Noten von ihren Ärzten.” mp/arei

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