Abschied von einem Ehrenbürger und Sohn der Stadt Ludwigsburg – Altbundespräsident Horst Köhler

Ludwigsburg – Die Nachricht kam am frühen Samstagmorgen: Der ehemalige Bundespräsident Prof. Dr. Horst Köhler ist tot. Wie das Bundespräsidialamt mitteilte, starb der Ehrenbürger Ludwigsburgs nach kurzer schwerer Krankheit im Alter von 81 Jahren. Die Stadt Ludwigsburg ehrt Köhler mit einer Trauerbeflaggung am Rathaus und einem Kondolenzbuch, das ab Dienstag ausliegt.

OB Matthias Knecht würdigte Köhler als „wunderbaren Menschen, Ratgeber und Freund“, der Ludwigsburg stets tief verbunden war: „Er hat für die Welt, Europa, Deutschland und Ludwigsburg so viel bewegt! Er wird nie vergessen werden. Sein Kampf für Gerechtigkeit, Nachhaltigkeit und Völkerverständigung werden mir immer Ansporn sein.“ Besonders in Erinnerung bleibe ihm Köhlers feiner, zugewandter Humor: „Ich habe unsere Gespräche immer sehr geschätzt – ob in Berlin, Ludwigsburg oder in seiner Wahlheimat Bayern.“

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Vom Flüchtlingskind zum Bundespräsidenten – Ludwigsburg als prägender Ort

Horst Köhler war kein Ehrenbürger, der nur auf dem Papier mit Ludwigsburg verbunden war – die Stadt war für ihn Heimat im wahrsten Sinne des Wortes. 1953 kam der im polnischen Skierbieszów geborene als zehnjähriger mit seinen bessarabiendeutschen Eltern als Flüchtling nach Ludwigsburg. Es war die erste Stadt, in der seine Familie nach den Jahren der Flucht aus Polen, Leipzig und West-Berlin eine feste Bleibe fand.

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Hier besuchte er das Mörike-Gymnasium, machte 1963 sein Abitur und blieb seiner Schulzeit stets eng verbunden. Noch Jahrzehnte später pflegte er Kontakt zu seinen ehemaligen Mitschülern. Auch die Idee eines vereinten Europas wurde für ihn in Ludwigsburg greifbar – als er 1962 als Jugendlicher die berühmte Rede von Charles de Gaulle im Schlossgarten hörte.

Köhler war seit 1969 mit Eva Luise Köhler, einer gebürtigen Ludwigsburgerin, verheiratet. Gemeinsam hatten sie zwei Kinder und vier Enkelkinder. Seine Frau engagiert sich seit 2005 als Schirmherrin der Stiftung Karlshöhe Ludwigsburg.

Im Jahr 2011 hatte die Stadt Ludwigsburg Horst Köhler und dessen Ehefrau Eva Luise gemeinsam das Ehrenbürgerrecht verliehen. Beide haben es stets verstanden, auf ganz besondere Weise den Verstand und die Herzen der Menschen, insbesondere derer in Ludwigsburg, zu erreichen, hieß es damals in der Begründung.

Aufstieg in höchste Ämter – und ein überraschender Rücktritt

Nach dem Studium der Wirtschaftswissenschaften mit Doktorarbeit in Tübingen führte Köhlers Karriere ihn in höchste politische und wirtschaftliche Kreise: Er war Chefunterhändler des Maastricht-Vertrags, verhandelte den Abzug der sowjetischen Truppen aus Deutschland, leitete die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung in London und war von 2000 bis 2004 Direktor des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Washington.

2004 wurde er von der Bundesversammlung zum neunten Bundespräsidenten der Bundesrepublik gewählt. Seine Vision: Ein Deutschland, das innovativ und sozial gerecht ist. Er prägte das Leitbild vom „Land der Ideen“ und setzte sich für eine partnerschaftliche Zusammenarbeit mit Afrika ein. 2009 wurde er wiedergewählt – doch nur ein Jahr später folgte der überraschende Rücktritt. Nach Kritik an seinen Äußerungen zu Bundeswehreinsätzen im Ausland zog sich Köhler aus dem höchsten Staatsamt zurück.

Ein Leben für Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit

Bis zuletzt blieb Horst Köhler ein Mann mit Haltung. Er kämpfte für globale Gerechtigkeit, wirtschaftliche Nachhaltigkeit und ein faires Miteinander zwischen Europa und Afrika. In Ludwigsburg erinnerte er 2018 als Festredner der Stadtgründungsfeier an seine Wurzeln:

„Ludwigsburg ist die Stadt, die mir zum ersten Mal eine Ahnung von Heimat gab.“

Mit seinem Tod verliert Ludwigsburg nicht nur einen Ehrenbürger, sondern eine prägende Persönlichkeit, die die Stadt in der Welt repräsentierte.

Ab Dienstag haben Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit, sich in das Kondolenzbuch im Rathaus einzutragen.

red