
Im ersten Jahr als Oberbürgermeister von Kornwestheim hat Nico Lauxmann (CDU) nicht nur die Verwaltung übernommen, sondern auch eine Vielzahl an Herausforderungen. Der Wechsel nach 16 Jahren Amtszeit von Ursula Keck war für ihn nicht nur ein beruflicher Meilenstein, sondern auch ein emotionaler Schritt. Vom ruhigen Schwieberdingen in die größere, dynamische Stadt Kornwestheim: Diese Entscheidung brachte nicht nur politische Anforderungen mit sich, sondern stellte auch die Familie vor neue, überraschende Fragen. In einem persönlichen Gespräch öffnet sich Lauxmann und gewährt Einblicke in die Höhen und Tiefen seines ersten Jahres als OB – von den Rückschlägen seiner frühen Karriere als Bürgermeisterkandidat in Metzingen bis hin zu seinen großen, visionären Projekten für Kornwestheim, die er mit Herz und Seele vorantreibt. Besonders bewegt hat ihn die Frage, was er seinem jüngeren Ich raten würde, wenn er die Chance hätte, ihm einen Rat mitzugeben. Es wird deutlich: Für Lauxmann ist Kornwestheim mehr als nur eine Stadt – es ist eine Herzensangelegenheit.
Von Ayhan Güneş
LB24: Seit einem Jahr sind Sie Oberbürgermeister von Kornwestheim. Was war in dieser Zeit das prägendste Erlebnis?
OB Lauxmann: Der Empfang war überwältigend – alle sind mir mit viel Neugier und Offenheit begegnet. Nach 16 Jahren unter meiner Vorgängerin war der Wechsel natürlich ein besonderer Moment für die Stadt. Das erste Jahr war voller Herausforderungen, aber auch voller Chancen. Wir haben die Vereinsförderung verdreifacht und uns intensiv mit der Weiterentwicklung der Kitagebühren und der Infrastruktur beschäftigt. Es war ein Jahr, das mich inhaltlich gefordert, aber auch unglaublich motiviert hat.
LB24: Wie würden Sie den aktuellen Zustand von Kornwestheim beschreiben
OB Lauxmann: Insgesamt ist Kornwestheim gut aufgestellt. Wir haben in den letzten Jahren viel in die Infrastruktur investiert – man sieht das in der gesamten Stadt. Natürlich gibt es immer wieder Projekte, die große Investitionen erfordern, wie etwa die Pflugfelder Brücke, die für 40 Millionen Euro neu gebaut wird. Aber das ist Teil einer langfristigen Strategie, um Kornwestheim zukunftsfähig zu halten. Ein Beispiel dafür ist der geplante Schulcampus Ost, das größte Projekt in der Geschichte der Stadt. Das wird ein echter Meilenstein.
LB24: Sie haben den Stab nach 16 Jahren von Ursula Keck übernommen. In welchem Zustand haben Sie das Rathaus vorgefunden?
OB Lauxmann: Die Stadtverwaltung Kornwestheim ist hervorragend aufgestellt. Ich war nach kurzer Zeit wirklich beeindruckt – besonders von den engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in allen Bereichen, auch in den Außenstellen und Kitas. Was mich besonders freut, ist die Offenheit und der Wunsch der Kolleginnen und Kollegen, sich aktiv einzubringen. Das ist der ideale Zustand, um gemeinsam an Lösungen zu arbeiten. Wir setzen in diesem Jahr einen klaren Fokus auf eine noch stärkere interne Kommunikation, damit jede Idee Gehör findet und wir als Team noch effektiver werden.
LB24: Sie waren zuvor Bürgermeister in Schwieberdingen, einer rund 11.000-Einwohner-Gemeinde. Was hat sich für Sie als Bürgermeister in der größeren Stadt geändert
OB Lauxmann: Die Themen, die uns beschäftigen, sind in beiden Kommunen ähnlich – Fachkräftemangel, Haushaltsstabilität, Investitionen. Aber der Unterschied liegt in der Größe. In einer größeren Kreisstadt wie Kornwestheim, mit 35.000 Einwohnern, ist der Verwaltungsapparat natürlich deutlich umfangreicher. Als Bürgermeister in Schwieberdingen war man noch sehr operativ tätig, während ich hier als Oberbürgermeister vermehrt strategisch arbeite.
LB24: Was hat Sie dazu bewegt, den Schritt nach Kornwestheim zu wagen?
OB Lauxmann: Es war eine sehr persönliche Entscheidung. In Schwieberdingen fühlte ich mich sehr zuhause, und die Wiederwahl mit über 90% war für mich ein klares Zeichen, dass ich gut in meiner Rolle war. Aber dann kam der überraschende Moment: Meine Vorgängerin gab bekannt, dass sie nicht mehr kandidieren würde. Da habe ich mich gefragt: Will ich in Schwieberdingen weitermachen, oder wage ich den Schritt in eine größere Stadt? Der Gedanke, Kornwestheim – eine Stadt mit viel Potenzial und vielen Herausforderungen – zu führen, hat mich dann wirklich gepackt.
LB24: Kornwestheim oder Schwieberdingen – Welches haben Sie mehr ins Herz geschlossen?
OB Lauxmann: (lacht) Das ist eine schwierige Frage. In Schwieberdingen habe ich 10 Jahre mit Herzblut gearbeitet, und vieles dort bleibt mir auch nach dem Wechsel nach Kornwestheim sehr wichtig. Aber auch hier in Kornwestheim habe ich die Stadt schnell schätzen gelernt. Sie hat eine besondere, enge Gemeinschaft, in der sich die Menschen wirklich kennen. Das ist für eine Stadt dieser Größe nicht selbstverständlich. Beide Städte sind einzigartig, aber die Arbeit in Kornwestheim erfüllt mich ebenso mit Leidenschaft.
LB24: Was ist für Sie das größte Projekt, das Sie in Kornwestheim angehen?
OB Lauxmann: Der Schulcampus Ost: Der Neubau und die Erweiterung von drei Schulen sowie eine neue Sporthalle stehen im Mittelpunkt dieses Projekts, das mit über 100 Millionen Euro die größte Investition in der Stadtgeschichte darstellt. Die finanzielle Belastung ist erheblich, aber es ist entscheidend, in die Zukunft der jungen Generation zu investieren. Trotz der Herausforderungen bin ich zuversichtlich, dass wir dieses Vorhaben erfolgreich realisieren werden.
LB24: Kornwestheim ist schuldenfrei?
OB Lauxmann: Ja, wir sind eine der wenigen Kommunen, die vollständig ohne Schulden dasteht. Aber wenn es um sinnvolle Projekte geht, bei denen wir voll hinter der Idee stehen, sind wir auch bereit, Investitionen zu tätigen, selbst wenn das bedeutet, dafür Kredite aufnehmen zu müssen.
LB24: War Oberbürgermeister schon immer Ihr Traumjob?
OB Lauxmann: Ja, im Grunde schon immer. Schon als Schüler im Wirtschaftsgymnasium hatte ich diesen Gedanken, auch wenn es damals noch ein Traum war, der in einem Bildungssystem stattfand, in dem jeder eine Zukunft als „Bürgermeister“ oder „Bundeskanzler“ als nette Fantasie abtat. Aber der Wunsch, mit Menschen zu arbeiten und eine aktive Rolle in der Öffentlichkeit zu übernehmen, war schon früh in mir. Dies hat sich in meinen Ehrenämtern, wie meiner langjährigen Tätigkeit als Schatzmeister beim Deutschen Roten Kreuz, bestätigt. Als jüngstes Mitglied im Gemeinderat meiner Heimatstadt Holzgerlingen mit 20 Jahren begann ich, den Bürgermeister in meiner Stadt zu beobachten und dachte: „Das könnte meine Zukunft sein.“ Rückschläge gab es immer auf dem Weg, aber das Ziel, Bürgermeister zu werden, war schon damals klar. Heute ist es mir eine Ehre, Oberbürgermeister sein zu dürfen.
LB24: Sie sind verheiratet und haben zwei Söhne.
OB Lauxmann: Ja, meine Frau ist ebenfalls beruflich tätig. Unsere beiden Söhne besuchen die Realschule – der eine in Markgröningen, der andere in Korntal-Münchingen. Das war übrigens auch einer der Gründe, warum ich im Wahlkampf offen gesagt habe, dass ich einen Umzug nur dann in Erwägung ziehe, wenn es für die Familie passt. Ich wollte meine Söhne, damals 13 und 10, nicht aus ihren Schulen reißen, vor allem nicht, weil der Ältere gerade kurz vor seinem Abschluss steht. Ich habe das im Wahlkampf offen kommuniziert und möchte, dass sie ihre schulische Laufbahn fortsetzen können, ohne wegen meiner beruflichen Entscheidungen ihre Freunde oder gewohnten Umfelder aufgeben zu müssen. Und auch wenn mein Amt als Oberbürgermeister viel Zeit in Anspruch nimmt, ist es mir wichtig, private Zeit zu verbringen und meinen Hobbys nachzugehen.
LB24: Wie hat die Familie reagiert, als sie von der Möglichkeit hörten, nach Kornwestheim zu wechseln
OB Lauxmann: (lacht) Die Reaktion meiner beiden Söhne war sehr praktisch. Als ich ihnen sagte, dass ich überlege, nach Kornwestheim zu gehen, war ihre erste Antwort: „Papa, wenn du nicht mehr in Schwieberdingen arbeitest, kannst du ja das Schapfenfest nicht mehr eröffnen!“ Das ist das größte Fest in Schwieberdingen, und für sie war es quasi das Highlight des Jahres. Ich habe dann erklärt, dass es auch in Kornwestheim andere Feste gibt, an denen wir ebenfalls gemeinsam teilnehmen können. Das hat sie beruhigt, und am Ende waren sie ganz zufrieden mit der Vorstellung.
LB24: Sie sind ein leidenschaftlicher VfB-Fan?
OB Lauxmann: Ja, definitiv. Ich war schon immer ein VfB-Fan. Ich kann mich noch daran erinnern, wie mein Vater mich als Kind zum ersten Mal ins Stadion mitgenommen hat – das war der Moment, an dem meine Begeisterung für den Verein entfacht wurde. Ein besonders schönes Erlebnis war, als ich beim Training des VfB Stuttgart war und auf meinem Trikot die Unterschrift von Karl Allgöwer bekam. Diese Erinnerung hat die Leidenschaft für den VfB in mir geweckt, die bis heute anhält. Das Lustige daran ist, dass ich Herrn Allgöwer später beim Fußballverein in Geislingen wieder getroffen habe und ihm erzählt habe, dass ich als Kind seine Unterschrift auf meinem Trikot hatte. Er hat herzlich gelacht. Heute gebe ich meine Leidenschaft für den VfB an meinen Sohn weiter. Wir gehen zusammen zu den Heimspielen – eine wertvolle Zeit, die ich sehr schätze. Wir haben Dauerkarten und wenn es beruflich möglich ist, sind wir immer im Stadion.
LB24: Treiben Sie selber auch Sport?
OB Lauxmann: (lacht) Ja, auch wenn man es mir vielleicht nicht auf den ersten Blick ansieht. Ich treibe regelmäßig Sport, spiele Badminton, gehe gerne wandern und steige ab und zu aufs Fahrrad. Aber ich gebe zu, es könnte sicherlich noch mehr sein. Es fällt manchmal schwer, die Zeit dafür zu finden, aber es tut mir gut und gibt mir die nötige Auszeit.
LB24: Was bedeutet Glück für Sie?
OB Lauxmann: Glück ist für mich innere Gelassenheit und Zufriedenheit mit dem, was man tut. Besonders in einem öffentlichen Amt ist es wichtig, die Balance zwischen Beruf und Privatleben zu wahren. Nur wenn man selbst ausgeglichen ist, kann man die Herausforderungen erfolgreich meistern.
LB24: Woher holen Sie sich die Energie für Ihre vielen Aufgaben
OB Lauxmann: Die Energie ziehe ich aus meiner Motivation, jeden Tag etwas zu verbessern und Probleme zu lösen – zum Wohle der 34.000 Menschen in Kornwestheim. Der Vertrauensvorschuss, den mir die Bürgerinnen und Bürger entgegengebracht haben, spornt mich an, durch Leistung und Ergebnisse zu überzeugen. Privat finde ich meine Balance in einem unterstützenden Umfeld, das die Auswirkungen meines Berufs auf das Privatleben versteht. Ohne diese Rückendeckung wäre es schwierig, den Herausforderungen gerecht zu werden.
LB24: Können Sie ein konkretes Beispiel nennen?
OB Lauxmann: Ein Beispiel ist die Weiterentwicklung der Vereinsförderung in Kornwestheim. Als wir mit den Vereinen und dem Gemeinderat eine einstimmige Entscheidung trafen, das Projekt umzusetzen, gab mir das viel Motivation. Diese Erfolge bestärken mich. Aber auch der Ausgleich ist wichtig. Wenn ich mit meinem Sohn im Stadion bin, Zeit mit der Familie verbringe, dann tanke ich auf. Das gibt mir die Energie, um motiviert ins Büro zurückzukehren.
LB24: Was für ein Chef sind Sie? Wie würden Ihre Mitarbeiter Sie beschreiben?
OB Lauxmann: Ich sehe mich als einen Chef, der wirklich für seine Kolleginnen und Kollegen da ist. Für mich ist es wichtig, ansprechbar zu sein und zuzuhören, egal auf welcher Ebene. Ich gehe aktiv auf die Menschen zu, um das Gespräch zu suchen – manchmal klopfe ich einfach an die Bürotür und frage nach. Das hilft mir nicht nur, meine Kollegen besser kennenzulernen, sondern auch zu zeigen, dass ich ein offenes Ohr für sie habe. In meiner Rolle versuche ich, gerecht zu sein – auch wenn das bedeutet, manchmal schwierige Entscheidungen zu treffen. Wenn ich Nein sagen muss, mache ich das nicht einfach so, sondern erkläre es, damit nachvollziehbar wird, warum. Ich möchte, dass meine Kollegen wissen, dass sie zu mir kommen können, wenn etwas nicht passt. Es geht mir darum, eine Atmosphäre zu schaffen, in der jede und jeder gehört wird – das ist für mich das Wichtigste.
LB24: Wie reagieren Sie, wenn mal etwas schief läuft? – Werden Sie laut?
OB Lauxmann: In den aktuell schwierigen Zeiten, in denen wir mit sinkenden Einnahmen und steigenden Kosten zu kämpfen haben, ist es wichtig, klare Ziele zu setzen. Wenn etwas schiefgeht, spreche ich das offen an – auch wenn es deutliche Worte braucht. Doch vor allem ist es mir wichtig, dass wir als Verwaltung nach außen geschlossen auftreten. Unterschiedliche Meinungen sind natürlich erlaubt, aber wir müssen uns auf eine gemeinsame Richtung einigen und diese dann auch zusammen verfolgen. Laut werde ich dabei nicht. Respekt und Vertrauen in mein Team sind für mich entscheidend. Nur wenn wir offen miteinander umgehen, können wir Fehler schnell erkennen und gemeinsam Lösungen finden. So kommen wir als Team auch durch Krisen.
LB24: Abschließend: Welchen Rat würden Sie Ihrem jüngeren „Ich“ mit auf den Weg geben, wenn Sie könnten?
OB Lauxmann: (hält inne) Rückblickend gibt es natürlich Punkte, die ich mit dem Wissen von heute anders machen würde. Aber auf der anderen Seite habe ich auch gelernt, dass jeder Rückschlag im Leben seinen Wert hatte. Ein Beispiel: 2008 trat ich als Kandidat für das Oberbürgermeisteramt in Metzingen an. Ich wurde gefragt, ob ich mich zur Verfügung stelle, und ich sagte ja. Doch ich verlor – mit 25 Prozent der Stimmen – und zog meine Kandidatur zurück. Ich war enttäuscht und niedergeschlagen, weil ich dachte, mein Weg als Bürgermeister sei vorbei. Aber dieser Rückschlag hat mir auch gezeigt, dass ich damals noch nicht die nötige Erfahrung und das nötige Selbstbewusstsein hatte. Heute weiß ich, dass es gut war, dass ich damals verloren habe. Ich war noch nicht inhaltlich so weit. Vier Jahre später, als ich in Schwieberdingen gewählt wurde, war ich viel besser vorbereitet. Wenn ich heute zurückblicke, sehe ich, dass mein Lebensweg viele Höhen und Tiefen hatte, aber er hat mich genau dorthin geführt, wo ich jetzt bin – und dafür bin ich dankbar.
Herr Lauxmann, wir danken Ihnen für das Gespräch!