Kreis Ludwigsburg: Bevölkerung wächst durch Zuwanderung – Deutsche verlassen die Region – Was steckt dahinter?

Von Ayhan Güneş

Ludwigsburg Der Landkreis Ludwigsburg hat im Jahr 2023 ein bemerkenswertes Bevölkerungswachstum verzeichnet. Mit einem positiven Wanderungssaldo von 2.958 Personen scheint die Region auf den ersten Blick ein Magnet für Zuwanderung zu sein. Doch ein genauerer Blick auf die Zahlen des Statistischen Landesamts Baden-Württemberg offenbart eine interessante Dynamik: Während die ausländische Bevölkerung zunimmt, kehren viele deutsche Staatsangehörige der Region den Rücken.

Internationale Zuwanderung treibt Wachstum

Im gesamten Baden-Württemberg zogen 2023 laut dem Statistischen Landesamt rund 83.600 Menschen zu – und zwar ausschließlich aus dem Ausland. Das rekordverdächtige Jahr 2022 mit einem Zuwachs von 178.200 Personen bleibt unübertroffen, dennoch übertrifft der aktuelle Zuwachs die Zahlen der Jahre 2016 bis 2021. Der Landkreis Ludwigsburg spiegelt diesen landesweiten Trend wider. Der Zuwachs von knapp 3.000 Personen verdankt sich maßgeblich der internationalen Migration. Gleichzeitig verzeichnete die deutsche Bevölkerung im Landkreis einen Rückgang von 1.651 Personen.

Ursache für Abwanderung

Diese Entwicklung wirft ein Schlaglicht auf einen größeren Trend, der in ganz Baden-Württemberg und besonders in städtischen Regionen zu beobachten ist. Der sogenannte Suburbanisierungstrend – die Abwanderung aus den Städten in die umliegenden, oft ländlicheren Gebiete – setzt sich fort. Besonders in den Großstädten des Landes, darunter Karlsruhe, Ulm und Freiburg im Breisgau, ist dieser Trend ausgeprägt. Auch Ludwigsburg, Teil der dynamischen Region Stuttgart, steht vor ähnlichen Herausforderungen.

Hohe Mieten und Wohnraummangel als Abwanderungsgründe

Doch was treibt die deutschen Staatsangehörigen aus Ludwigsburg weg? Experten verweisen auf die angespannte Wohnungssituation in den städtischen Zentren. Hohe Mieten und ein begrenztes Wohnraumangebot lassen viele Menschen nach Alternativen suchen – oft im Umland oder in weniger dicht besiedelten Regionen.

Herausforderungen durch internationale Migration

Auf der anderen Seite bleibt Ludwigsburg ein Anziehungspunkt für Menschen aus dem Ausland. Ein erheblicher Teil des Zuzugs resultiert aus der Aufnahme von Geflüchteten, die im Rahmen gesetzlicher Vorgaben in der Region untergebracht werden. Diese Zuwanderung trägt zur Bevölkerungsdynamik bei und stellt die Region vor neue Herausforderungen, insbesondere in den Bereichen Integration, Infrastruktur und Wohnraumplanung.

Auch das Thema Sicherheit wird für viele Menschen im Landkreis immer wichtiger. Für Teile der Bevölkerung ist der Zustrom von Geflüchteten ein Faktor, der in ihren Überlegungen zur Abwanderung eine Rolle spielt.

Fazit

Während der Landkreis Ludwigsburg also auf den ersten Blick von Zuwachs und Dynamik geprägt ist, verbirgt sich hinter den Zahlen eine komplexe Realität. Die Herausforderung besteht darin, diesen Wandel ausgewogen zu gestalten und sowohl den Bedürfnissen der bestehenden als auch der neuen Bevölkerung gerecht zu werden.

Ludwigsburg muss Einwohnerzahl korrigieren: Das sind die Gründe

Ludwigsburg – Ein Blick auf die neuen Zensusdaten bringt Überraschendes zutage: Die Bevölkerung von Ludwigsburg ist geringer als bisher angenommen. Mit exakt 91.810 Einwohnern zum Stichtag 15. Mai 2022 liegt die Stadt um 1,8 Prozent oder 1.699 Menschen unter der bisherigen amtlichen Marke. Im Vergleich dazu liegt der Landesdurchschnitt der Städte und Gemeinden bei minus 1,5 Prozent. Im gesamten Landkreis Ludwigsburg betrug die Abweichung minus 3,6 Prozent, während Stuttgart einen Rückgang von 3,4 Prozent verzeichnete.

Doch die Geschichte endet nicht mit dieser Korrektur. Seit dem Zensus-Stichtag hat sich die Bevölkerungszahl bis Ende 2023 um 1.319 Personen erhöht. Verantwortlich dafür sind die dynamischen Wohngebiete in Grünbühl, Schauinsland, dem Jägerhofquartier und der Lauffenstraße sowie die anhaltende Zuwanderung, insbesondere aus der Ukraine. Die neue amtliche Einwohnerzahl liegt nun bei 93.129 Menschen.

Oberbürgermeister Dr. Matthias Knecht betont die Bedeutung dieser präzisen Zahlen: „Nur wenn wir wissen, wie viele Menschen in der Stadt wohnen, können wir auch für Kindertageseinrichtungen, Schulen, Sportanlagen, Kläranlagen, Bauplätze und vieles andere mehr in der richtigen Größe sorgen.“ Er hebt zudem hervor, dass die Einwohnerzahl entscheidend für die finanziellen Zuweisungen von Bund und Land ist, die Ludwigsburg zur Erfüllung seiner Aufgaben erhält.

„Nach unserer ersten Einschätzung werden sich aufgrund der neuen amtlichen Einwohnerzahl für Ludwigsburg keine Nachteile im Finanzausgleich mit dem Land ergeben“, so OB Knecht. Die Stadtverwaltung plant nun eine gründliche Analyse der Zensusdaten. „Die Stadtverwaltung wird ihre Erkenntnisse und Schlussfolgerungen zur Einwohnerzahl sowie zum Gebäude- und Wohnungsbestand dann Gemeinderat und Öffentlichkeit noch im Sommer mitteilen.“

red

Warum die Geburtenrate in Deutschland dramatisch sinkt

Wiesbaden – Die Geburtenrate in Deutschland ist innerhalb der vergangenen beiden Jahre deutlich zurückgegangen. Sie fiel von 1,57 Kindern pro Frau in 2021 auf rund 1,36 im Herbst 2023 – damit ist das Fertilitätsniveau so niedrig wie seit über zehn Jahren nicht mehr, wie das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BIB) am Mittwoch mitteilte.

Der beobachtete starke Rückgang der Fertilität innerhalb von zwei Jahren sei deshalb ungewöhnlich, da sich Phasen sinkender Geburtenraten in der Vergangenheit eher langsamer vollzogen haben, so das Institut. Die Zahlen basieren auf einer Veröffentlichung des BIB und der Universität Stockholm.

Die Autoren der Studie führen das rapide Absinken der Geburtenrate auf verschiedene mögliche Ursachen zurück: Sie sehen den abrupten Einbruch im Januar 2022 auf 1,4 zunächst als Reaktion auf die beginnende Impfkampagne gegen das Coronavirus neun Monate zuvor. Demnach könnte es sein, dass viele Frauen angesichts der damals für Schwangere nicht zugelassenen Impfstoffe den Kinderwunsch aufgeschoben haben, um sich erst impfen zu lassen. Den verstärkten Geburtenrückgang ab Herbst 2022 führen die Forscher dann auf weitere andere Krisen zurück, die sich in der Endphase der Pandemie entwickelt haben und die sich negativ auf den Kinderwunsch ausgewirkt haben könnten.

“Der Krieg in der Ukraine, die gestiegene Inflation oder auch der fortschreitende Klimawandel haben die Menschen zusätzlich zur Pandemie verunsichert”, sagte Martin Bujard vom BIB, Mitverfasser der Studie. “In einer solchen Zeit multipler Krisen setzen viele ihren Kinderwunsch nicht um.”

Inwiefern die neuen Zahlen einen generellen Trend zu sinkenden Geburtenzahlen in Deutschland einleiten oder nur einen temporären Effekt abbilden, ist dem Bundesinstitut zufolge derzeit noch nicht absehbar. Dauerhaft niedrige Geburtenraten tragen demnach zu einer alternden Gesellschaft bei. Im Zusammenspiel mit zahlreichen anderen Faktoren ergäben sich daraus Herausforderungen unter anderem durch den Rückgang potenzieller Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt und für die Sozialsysteme.

Dennoch zeigt auch die langfristige Betrachtung einen Rückgang der Fertilität nach einem zwischenzeitlichen Hoch: Die Geburtenrate in der Bundesrepublik pendelte nach 1975 für vier Jahrzehnte im Bereich zwischen 1,2 bis 1,4 Kindern pro Frau und gehörte lange Zeit zu den niedrigsten in Europa. Von 2015 bis 2021 lag sie dann deutlich höher mit Werten von 1,5 bis 1,6. Dieser Anstieg wird mit familienpolitischen Reformen wie dem Elterngeld und dem Ausbau der Kindertagesbetreuung in Verbindung gebracht.

Auch die gestiegene Anzahl von Frauen mit Migrationshintergrund in Deutschland spielt wohl eine Rolle, die, sofern sie noch nicht lange in Deutschland leben, im Mittel mehr Kinder bekommen. “Während die Geburtenrate in Deutschland in den 2010er-Jahren anstieg, haben einige europäische Länder einen Rückgang der Geburtenraten erlebt. Seit 2015 lag die Geburtenrate in Deutschland im europäischen Mittelfeld”, so Bujard.

Dass der starke Rückgang der Fertilität seit 2022 kein rein deutsches Phänomen darstellt, zeigt der Blick nach Skandinavien: In Schweden ist die Geburtenrate in den vergangenen beiden Jahren ebenfalls deutlich zurückgegangen. Hier fiel sie von rund 1,67 in 2021 auf nunmehr 1,45 Kindern pro Frau in 2023 ab – und damit auf den niedrigsten Wert seit Beginn der statistischen Erhebung.

Obwohl die politischen Rahmenbedingungen in dem skandinavischen Land als besonders familienfreundlich gelten, ist die Geburtenrate hier bereits seit 2011 im Rückgang begriffen. Damals hatten Frauen durchschnittlich knapp zwei Kinder bekommen. Mit der aktuellen Entwicklung hat sich in Schweden der langfristige Rückgang der Fertilität nochmals beschleunigt.

Auch in anderen europäischen Ländern macht sich der Geburtenrückgang bemerkbar: Im EU-Durchschnitt lag die Geburtenrate im Jahr 2022 nach Angaben der europäischen Statistikbehörde Eurostat bei 1,46 – und ist damit identisch mit dem deutschen Wert.

“Wir sehen nicht nur in Deutschland, sondern in vielen europäischen Ländern sowohl eine große Verunsicherung durch die zahlreichen internationalen Krisen als auch einen Geburtenrückgang”, sagte Bujard. In den wenigen Ländern, in denen die statistischen Ämter bereits Daten für das Jahr 2023 berechnet haben, sind die Werte weiter gesunken. Die Forscher gehen davon aus, dass sich das Muster des fallenden Fertilitätsniveaus auch in weiteren europäischen Ländern zeigen wird.

Der plötzliche und unerwartet starke Rückgang der Geburtenrate in Deutschland könnte unterdessen zu einer heftigen Diskussion über die Familienpolitik der Ampel-Regierung führen: Der rapide Absturz der Geburtenrate zeige einmal mehr die Verunsicherungen bei Familien, ausgelöst durch internationale Krisen und Inflation, sagte die familienpolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Silvia Breher (CDU), der “Welt”.

“Der Absturz verdeutlicht aber auch, dass das Vertrauen der Familien in die Politik massiv verloren gegangen ist. Die Ampel schafft es mit ihrer undurchdachten und ideologisch geprägten Gesellschaftspolitik nicht, den Familien Vertrauen zurückzugeben.” So würden wichtige familienpolitische Maßnahmen wie die Investitionshilfen für den Ausbau von Kita-Plätzen “einfach aufkündigt”, große Reformprojekte wie die Ganztagsbetreuung im Grundschulalter dauerten ewig, beklagte Breher. “Was wir brauchen, ist eine pragmatische und bedarfsgerechte Familienpolitik. Nur mit einer verlässlichen Familienpolitik schaffen wir es, die Geburtenrate wieder zu steigern.”

Im Familienministerium werden die neuen Zahlen noch mit Vorsicht aufgenommen: “Festzuhalten ist: Menschen setzen ihren Kinderwunsch aktuell seltener um”, sagte eine Sprecherin. “Die Post-Corona-Zeit sowie die aktuellen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Krisen verlangen den Menschen viel ab. In unsicheren und wirtschaftlich angespannten Zeiten verschieben die Menschen ihre Familienplanung lieber. Das sehen wir gerade.”

Umso wichtiger sei es, Familien bedarfsgerecht zu unterstützen: finanziell, durch eine qualitativ hochwertige und flächendeckende Kinderbetreuung und die Unterstützung partnerschaftlicher Vereinbarkeit von Familie und Beruf, so die Sprecherin. “Hier müssen wir gerade jetzt in eine fortschrittliche Familienpolitik investieren, um Familien und künftigen Eltern Sicherheit zu geben und den Menschen Mut für Familiengründung zu geben.”

red