Behörden decken umfangreichen Sozialhilfe-Betrug auf: Fast 166.000 Fälle

In den vergangenen vier Jahren haben Jobcenter 165.971 mögliche Fälle von Leistungsbetrug bei Hartz-IV-Empfängern aufgedeckt und an die Ermittlungsbehörden weitergeleitet. Dies geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken im Bundestag hervor, wie die “Bild” (Samstagausgabe) berichtet. Den Betroffenen wird vorgeworfen, Einkünfte oder Vermögen verschwiegen zu haben, um höhere Grundsicherungsleistungen zu erhalten. Die sogenannten “Überzahlungsfälle” wurden durch den intensiveren Datenabgleich zwischen Jobcentern und der Rentenversicherung aufgedeckt.

Zwischen 2018 und 2022 wurden insgesamt 9,1 Millionen Datenpakete zwischen den Behörden ausgetauscht, um möglichen verschwiegenen Einkünften auf die Spur zu kommen. Die Rentenversicherung gleicht die Angaben mit anderen Behörden und ihren eigenen Daten ab. Allein im letzten Jahr wurden 1,3 Millionen Daten abgeglichen.

Im Ergebnis wurden 82.269 Fälle von Überzahlungen identifiziert. Davon wurden 39.622 Fälle an Staatsanwaltschaften und Zollfahnder zur Untersuchung übergeben. Bei 17.892 Hartz-IV-Empfängern wurden die Leistungen aufgrund verschwiegener Einkünfte vollständig gestrichen. Zusätzlich wurden 4.192 Geldstrafen verhängt, und 93 Leistungsempfänger erhielten Haftstrafen. Die Prozesse zur Aufdeckung von möglichen Hartz-IV-Betrugsfällen wurden in den letzten Jahren weitgehend automatisiert.

Die Jobcenter leiten ihre Daten an die Rentenversicherung weiter, die überprüft, ob Grundsicherungsbezieher oder deren Haushaltsmitglieder zusätzliche Einkommen, Zinseinkünfte oder Renten erhalten. Bei konkretem Verdacht dürfen die Daten der Jobcenter auch mit dem zentralen Fahrzeugregister, dem Ausländerzentralregister oder den Wohngeldstellen abgeglichen werden.

red

Deutlicher Anstieg: 10 Prozent mehr Rentner beziehen Grundsicherung innerhalb eines Jahres

In Deutschland nehmen immer mehr Rentner zusätzlich zur Rente Grundsicherungsleistungen in Anspruch. Die Information stammt aus einer Auswertung des Statistischen Bundesamtes, die auf Anfrage der Linksfraktion im Bundestag erfolgte und von den Zeitungen des ‘Redaktionsnetzwerks Deutschland’ in ihren Freitagausgaben veröffentlicht wurde. Im Juni 2023 bezogen bundesweit 691.820 Menschen im Rentenalter Grundsicherung.

Das bedeutet einen Anstieg um 63.250 Personen im Vergleich zum Juni 2022, was einem Zuwachs von 10 Prozent innerhalb eines Jahres entspricht. Auch in den vorherigen Jahren war eine kontinuierliche Zunahme der Grundsicherungsbezieher im Rentenalter zu verzeichnen. Diese Zunahme variiert jedoch stark je nach Bundesland.

Besonders stark war der Anstieg laut den Daten des Statistischen Bundesamtes in den fünf ostdeutschen Flächenländern. In Sachsen stieg die Zahl um 22,8 Prozent an. Den höchsten Zuwachs in Westdeutschland verzeichneten Niedersachsen und das Saarland mit 11,3 Prozent.

Dagegen war der Anstieg in Hamburg mit 4,3 Prozent am geringsten. Dietmar Bartsch, Fraktionsvorsitzender der Linken, äußerte sich besorgt und kritisierte die Bundesregierung. “Die Altersarmut in unserem Land erreicht immer neue Höchststände”, sagte Bartsch gegenüber dem RND. Er bemängelte, dass die aktuelle Bundesregierung weniger gegen Altersarmut unternimmt als ihre Vorgängerregierung.

“Die Ampelkoalition fördert faktisch steigende Lebenshaltungskosten, was dazu führt, dass viele Menschen in die Armut abrutschen. Wir benötigen eine Mindestrente von 1.200 Euro, die vor Armut schützt, sowie ein Rentenniveau, das den Lebensstandard sichert”, fügte Bartsch hinzu.

red

Sorge um Kinder in Armut: Wohlfahrtsverbände fordern Kindergrundsicherung

Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege pocht in einem Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf die Einführung der Kindergrundsicherung. Das berichtet das “Redaktionsnetzwerk Deutschland” (Freitagausgaben). “Mit größter Sorge verfolgen die Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege die aktuellen Verhandlungen innerhalb der Koalition über die Kindergrundsicherung. Insbesondere besorgt uns das Szenario, dass die Politik in die Sommerpause geht, ohne dass eine Verständigung auf die Eckpunkte für diese Leistung stattgefunden hätte”, heißt es in dem Brief, der vom Präsidenten der Bundesarbeitsgemeinschaft, Michael Groß, unterzeichnet wurde. Weiter heißt es: “Aus Sicht der Freien Wohlfahrtspflege ist die Einführung einer armutsfesten Kindergrundsicherung in dieser Legislaturperiode unverzichtbar. Über 20 Prozent, rund 2,8 Millionen Kinder und Jugendliche in Deutschland, leben bereits in relativer Einkommensarmut. Die Tendenz ist seit Jahren steigend.” Die Wege, um an soziale Leistungen für Kinder zu kommen, seien “häufig verworren, zu bürokratisch und in der Antragsstellung zu aufwendig”. Die Mitgliedsverbände der Bundesarbeitsgemeinschaft hätten “die große Befürchtung”, dass das Projekt in dieser Legislaturperiode nicht mehr zum Abschluss gebracht werde, wenn sich die Koalition nicht schnell auf verbindliche Eckpunkte verständige, schreibt Groß.

“Armuts- und familienpolitisch wäre dies ein beispielloser Rückschlag.” Scholz solle deshalb dafür sorgen, dass die Bundesregierung sich noch vor der Sommerpause auf Eckpunkte und ein mittelfristiges Finanztableau verständige. Zur Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege gehören die Arbeiterwohlfahrt, die Caritas, der Paritätische Wohlfahrtsverband, das Deutsche Rote Kreuz, die Diakonie und die Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland.

red