Tomtom: Ende einer Ära – Klassische Navigationsgeräte vor dem Aus

Amsterdam (dts Nachrichtenagentur) – Der Navigations- und Kartenanbieter Tomtom erwartet, dass das klassische Navigationsgerät mittelfristig aus dem Sortiment fällt. “Das ist eine Aktivität, die seit Jahren am Schrumpfen ist, und wir erwarten auch nicht, dass wir das noch einmal drehen können”, sagte Mitgründer, Vorstandsvorsitzender und Großaktionär Harold Goddijn der “Frankfurter Allgemeinen Zeitung”.

“Also kommt ein natürlicher Moment, zu dem es kein gewinnbringendes Geschäft mehr ist.” Wenn es keinen positiven Beitrag mehr beisteuere, “werden wir schon unsere Schlussfolgerungen ziehen”. In wie vielen Jahren lässt er offen. Doch werde sich Tomtom dann auf Navigationssoftware für Autos und andere Anwendungen beschränken: auf das, was es “Location Technology” nennt. “Mittelfristig werden wir uns vollständig auf Location Technology konzentrieren”, sagte Goddijn. Darüber, wie sich der Rückzug aus dem Markt gestalten werde, will Goddijn “nicht spekulieren”.

Tomtom ist einer der Pioniere für die tragbaren Wegweiser, die an der Windschutzscheibe und anderswo angebracht werden. Wesentlicher Konkurrent ist Garmin. Die Sparte “Consumer”, welche die mobilen Geräte umfasst, schrumpfte im vergangenen Jahr im Umsatz um sechs Prozent. Die klassischen Navis steuern noch ein Zehntel zu den Konzernerlösen bei.

Solange treue Liebhaber mit ihrer Nachfrage noch auskömmliches Geschäft erzeugen, will Tomtom die Geräte weiter liefern – und bringt noch neue Modelle heraus, jüngst zum Beispiel eines für Wohnmobile. Sobald die tragbaren Navigationsgeräte aber Geschichte sind, wird Tomtom zum reinen Software- und Datenanbieter.

Die verbleibende Sparte “Location Technology” besteht aus zwei Untersegmenten: Das größere ist das Geschäft mit Autokonzernen, die eine Lizenz für die Tomtom-Karten erwerben. Tomtom steht hier in Konkurrenz mit dem Kartendienstleister Here, der mehrheitlich den drei deutschen Autoherstellern Mercedes-Benz, BMW und Audi gehört, sowie mit Google.

Das zweite Untersegment sind Geschäfte mit anderen Kunden wie etwa Uber, Apple, Microsoft und behördlichen Mautbetreibern. In diesem Teil namens “Enterprise” nennt Goddijn Google als dominanten Konkurrenten. Tragbare Navis sind durch das Smartphone in Bedrängnis gekommen, über das sich Verbraucher mit Gratisnavigationsdiensten von A nach B lotsen lassen.

In Deutschland sinkt seit 2016 der Anteil der Haushalte, die ein portables Navigationsgerät besitzen, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) ermittelte. 2022 besaßen aber immerhin noch etwa vier von zehn privaten Haushalten ein solches Gerät.

red

“Stadtnavi” von Ludwigsburg geht an den Start

Ohne Navi geht es heutzutage kaum noch: Die Stadt Ludwigsburg ist nun (nach Herrenberg) die zweite Kommune in Baden-Württemberg, in der „stadtnavi“ zur Verfügung steht – eine Open-Source-Lösung, die schnelles und umweltfreundliches Navigieren zum Ziel hat. Die Anwendung kombiniert verschiedene Verkehrsmittel und zeigt den schnellsten und umweltfreundlichsten Weg an, um von A nach B zu kommen. Das „stadtnavi“ in Ludwigsburg ist ein gemeinsames Projekt von Stadtverwaltung und Stadtwerke Ludwigsburg-Kornwestheim (SWLB), wie Ludwigsburgs OB Matthias Knecht und SWLB-Geschäftsführer Johannes Rager am 5. Juli bei einem Pressegespräch im Rathaus erklärten.

Die Stadtwerke stellen dabei die benötigte Infrastruktur, also den Server, zur Verfügung. Das „stadtnavi“ steht kostenlos als Webversion unter https://stadtnavi.swlb.de sowie als Betaversion-App in den Stores von Google und später auch Apple (ab Juli für IOS-Geräte nur mittels QR-Codes beziehungsweise Einladungslink) zur Verfügung. Ziel ist es, die Plattform in den kommenden Monaten weiter auszubauen und natürlich auch zu optimieren.

Im Gegensatz zu anderen, internationalen Navigations-Anwendungen können im „stadtnavi“ lokale Daten eingebunden und an die spezifischen örtlichen Gegebenheiten angepasst werden. So werden Fahrradstellplätze, Radservice-Stationen sowie CarSharing-Angebote angezeigt, genauso wie verfügbare Regio-Räder und E-Scooter. Außerdem wird die Verfügbarkeit von Parkplätzen in den Parkhäusern in Echtzeit dargestellt sowie die Standorte und der Belegungsgrad von Elektroladesäulen. Auch Baustellen werden verortet und Informationen zu Art und Dauer der Sperrung angezeigt.

„Durch die umweltfreundliche Routenplanung werden Schadstoffe reduziert und die Luftqualität in Ludwigsburg optimiert“, betont Oberbürgermeister Knecht. „Die Anwendung sorgt jedoch auch für eine bessere Orientierung in unserer Stadt: So werden wichtige Akteure wie Einzelhandel und Dienstleister, aber auch Sport- und Kultureinrichtungen zielgenauer erreichbar. Davon profitieren alle.“

„Die SWLB entwickeln sich durch ihre Glasfaserprodukte, LoRaWAN und nun auch mit dem ‚stadtnavi‘ erfolgreich weiter im Bereich der Digitalisierung. Dabei war uns wichtig, dass die lokalen Informationen auch hier in Ludwigsburg auf unseren Servern liegen. Als SWLB schaffen wir damit eine weitere Voraussetzung für die Entwicklung zur SmartCity und freuen uns, diesen Mehrwert allen Einwohnern und Besuchern zur Verfügung stellen zu können.“

Das Projekt wird vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) gefördert. „stadtnavi“ basiert auf der Digitransit-Plattform und dem Backend-Dienst OpenTripPlanner (OTP). Digitransit ist eine Open-Source-Reiseplanungs-Anwendung, die mehrere Bereiche wie zum Beispiel öffentliche Verkehrsmittel, Fußwege, Radverkehr und PKW-Routing zu einem modernen Routenplanung-Service kombiniert.

red

Ärger auf der Daten-Autobahn

Vernetzte Autos erobern die Straßen. Damit diese Kommunikation im Verkehrsalltag auch funktioniert, also Navigeräte immer auf der Höhe der Zeit sind oder Assistenzsysteme niemals den Geist aufgeben, braucht es Daten. Fahrzeuge werden damit gespeist, sie speichern und senden alles.

Bisher wissen allerdings nur die Fahrzeughersteller, welche Daten das sind und wofür sie verwendet werden. Der ADAC fordert jetzt, dass die Kontrolle über diese Daten beim Autofahrer liegen und der Datentransfer transparent sein muss. Untersuchungen hätten gezeigt, dass die von den Herstellern generierten Daten unter anderem Rückschlüsse auf den technischen Zustand des Pkw und das Nutzungsprofil des Fahrers zulassen, teilt der Automobilclub mit. Dem Verbraucher müsse ermöglicht werden, allen Anbietern seiner Wahl freien Zugang zu den Daten im Auto zu erteilen. Die Sicherheit der Daten müsse dabei ebenfalls gewährleistet sein.

“Beim vernetzten Fahrzeug ist ein freier, standardisierter und sicherer Zugang zu den im Auto generierten Daten essenziell: für die Wahlfreiheit der Verbraucher und für den Marktzugang unabhängiger Dritter. Damit ein fairer Wettbewerb möglich ist, muss eine technische Lösung für den Datenzugang auf EU-Ebene gesetzlich verankert werden”, so Thomas Burkhardt, ADAC Vizepräsident für Technik.

Der Zugang zu Fahrzeugdaten muss laut ADAC mehrere Grundprinzipien erfüllen: Es muss sichergestellt sein, dass Autohersteller weder den Fahrzeughalter beziehungsweise Fahrer noch die vom Fahrzeughalter ausgewählten Dienstleister überwachen können. Weiter muss die neutrale Entwicklung neuer Dienste durch unabhängige Dritte gewährleistet werden und schließlich müssen unabhängige Dienstleister den Kunden auf den gleichen Kanälen erreichen wie der Hersteller selbst.

Der freie, vom Hersteller unabhängige Fernzugang zu den Fahrzeugdaten bildet für marktbeteiligte Dritte (Automobilclubs, andere Pannendienste, freie Werkstätten, Versicherer u.a.) die Voraussetzung, um innovative Telematikangebote und Dienste entwickeln oder – mit Blick auf die zunehmende Vernetzung von Fahrzeugen – bestehende Geschäftsmodelle weiterhin anbieten zu können, heißt es weiter. mid/rlo