Drastischer Anstieg von Fehlanrufen auf die 112 belastet Rettungsdienste

Stuttgart – Die Anzahl der Fehlanrufe über die 112 ist in Deutschland in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen, teilt die DRF Luftrettung mit. Dadurch würden Notfallfahrzeuge oder Rettungshubschrauber blockiert und stünden für dringende medizinische Notfälle nicht zur Verfügung.

Patienten müssen durch gezielte Information zu den Wahlmöglichkeiten zwischen den Rufnummern 116117 (Patientenservice, der bei Bedarf den ärztlichen Bereitschaftsdienst einbindet) und 112 (Rettungsdienst für akute und lebensbedrohliche Notfälle) befähigt werden, die für sie passende Rufnummer zu wählen. Einsatzkräfte können auf diese Weise präziser eingesetzt werden.

Der Europäische Tag des Notrufs 112 soll das Bewusstsein für die EU-weit verfügbare Notfall-Rufnummer 112 erhöhen und ist gleichzeitig der Anerkennung der Arbeit aller, die zu den Rettungsdiensten beitragen, gewidmet. Der Europäischen Tag des Notrufs 112 findet jedes Jahr am 11. Februar statt, da die Notrufnummer im Datum enthalten ist (11.2.). Er wurde im Jahr 2009 vom Europäischen Parlament, vom Rat der Europäischen Union und von der EU-Kommission eingeführt, um die europaweite Gültigkeit des Euronotrufs 112 in der europäischen Bevölkerung zu verankern und die Vorteile der europaweiten Notrufnummer bekannter zu machen.

Die DRF Luftrettung mit Sitz in Filderstadt ist eine der größten Luftrettungsorganisationen Europas. Von 32 Stationen an 30 Standorten in Deutschland aus starten die Hubschrauber und Ambulanzflugzeuge der gemeinnützigen Organisation zu ihren Einsätzen. Hierzu gehören Einsätze in der Notfallrettung, Verlegungsflüge von kritisch kranken oder verletzten Personen zwischen Kliniken und Rückholungen aus dem Ausland.

mp/wal

Schneller Selbsttest: So erkennen Sie einen Schlaganfall in nur drei Fragen

Seit Jahren kämpfen Fachleute in der Schlaganfall-Behandlung um jede Minute. Das ist wichtig, sagt die Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe. Doch die Entscheidung über das weitere Leben der Betroffenen fällt oft vor der Klinik, wie aktuelle Auswertungen der Stiftung zeigen.

Rund 270.000 Menschen pro Jahr erleiden in Deutschland einen Schlaganfall. Er ist die häufigste Ursache für Behinderungen im Erwachsenenalter. Ein Jahr nach dem Schlaganfall sind 60 Prozent der Betroffenen weiterhin auf Unterstützung, Therapie, Hilfsmittel oder Pflege angewiesen.

In den meisten Fällen kommt es zum Verschluss eines Hirngefäßes. Das betroffene Gewebe wird nicht mehr mit Blut versorgt, Hirnzellen sterben ab. Entscheidend für den Erfolg der Akutbehandlung ist deshalb die Zeit: Je schneller die Diagnose gestellt und die Behandlung eingeleitet wird, desto weniger Funktionen gehen verloren. Durch die so genannte Thrombolyse lösen Neurologen den Verschluss medikamentös auf.

Vor der Behandlung brauchen Fachleute jedoch eine gründliche Diagnose. Klinikteams arbeiten seit Jahren daran, diese Zeit zu verkürzen. Mit Erfolg, wie eine neue Studie aus den USA zeigt. Jedes Jahr gewinnen sie wenige Minuten. Und Zahlen deutscher Schlaganfall-Stationen belegen: Bei 96 Prozent der Schlaganfall-Betroffenen gelingt es den Klinik-Teams, die Behandlung innerhalb der ersten zwei Stunden in der Klinik einzuleiten.

Doch während Fachleute um Minuten kämpfen, gehen vor der Klinik oft Stunden verloren: Nur 25 Prozent der Patienten erreichen eine Klinik innerhalb der ersten zwei Stunden nach Symptombeginn. Darunter befinden sich auch Menschen, die hilflos und allein sind. Doch oft nehmen Betroffene die Symptome nicht ernst und warten zu lange ab, wie die Erfahrungen vieler Kliniker zeigen. Wenn es darum geht, Menschenleben zu retten und schwere Behinderungen zu vermeiden, liegt das größte Potenzial in der Aufklärung.

Die US-Studie hat errechnet: Jede Stunde, die Patienten später in die Klinik kommen, verringert sich die Wahrscheinlichkeit eines guten Behandlungsergebnisses um 14 Prozent. Die Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe setzt den diesjährigen Welt-Schlaganfalltag am 29. Oktober deshalb unter das Motto “Jeder Schlaganfall ist ein Notfall – 112!”

Sie will aufklären über die Symptome eines Schlaganfalls und das richtige Verhalten im Notfall. Die Schlaganfall-Hilfe hat die kostenlose App “Fast-Test” entwickelt. Mit drei einfachen Fragen lässt sich ein Schlaganfall-Verdacht überprüfen und der Notruf auslösen: www.schlaganfall-hilfe.de/app

mp/asg

Erfinder des Notrufs ist gestorben

Der Erfinder der 110: Siegfried Steiger engagierte sich über vier Jahrzehnte für die Modernisierung des Rettungsnotdienstes, nachdem sein 8-Jähriger Sohn nach einem Verkehrsunfall gestorben war, weil der Krankenwagen mehr als eine Stunde brauchte.

Die Björn Steiger Stiftung trauert um ihren Stiftungsgründer, Dr. h.c. Siegfried Steiger, Pionier der Notfallhilfe und Architekt des modernen Rettungswesens in Deutschland, der am 17. März 2022 im Alter von 92 Jahren friedlich zu Hause im Kreise seiner Familie in Winnenden für immer eingeschlafen ist, heißt es in der Mitteilung der Stiftung.

„Mit Siegfried Steiger verliert die Stiftung eine außergewöhnliche und geschätzte Persönlichkeit, die sich mit enormer Tatkraft und Gestaltungswillen für die Ziele der Stiftung eingesetzt hat. Mehr als vier Jahrzehnte hat Siegfried Steiger erfolgreich die Geschicke seiner Stiftung geleitet und maßgeblich geprägt. Es war ihm und seiner vor wenigen Tagen verstorbenen Ehefrau stets ein Herzensanliegen, sich mit der Stiftung für das Gemeinwohl einzusetzen“, sagt Prof. Dr. Jürgen Gramke, Vorsitzender des Präsidialrates der Björn Steiger Stiftung. „Er war ein Visionär, der immer vorausschauend handelte. Vieles, was heute im Rettungswesen selbstverständlich erscheint, ist durch sein Engagement und die Stiftung angestoßen und vorangetrieben geworden. Mit Hochachtung nehmen wir nun Abschied von Siegfried Steiger. Wir werden ihm sowie seiner Ehefrau Ute stets ein ehrendes Andenken bewahren.“, heißt es in der Mitteilung weiter.

Siegfried Steiger wurde am 15. Dezember 1929 im heutigen Bad Brambach in Sachsen geboren. Nach Kriegsende begann er Ende der 1940er Jahre zunächst eine handwerkliche Ausbildung beim Bau und legte nach einer Lehrzeit drei Gesellenprüfungen ab – als Zimmermann, Gipser sowie als Maurer. Danach folgte ein Studium an der „Ingenieurschule für Bauwesen Chemnitz“ bei Hermann Heuss, dem Bruder des späteren Bundespräsidenten Theodor Heuss, das er als Diplom-Ingenieur abschloss. 1950 lernte er seine spätere Frau Ute kennen. 1952 flohen erst er, dann später auch seine Frau aus der DDR in die Bundesrepublik. 1953 heirateten Siegfried und Ute Steiger in Stuttgart. Aus der Ehe gingen drei Kinder hervor. Ab 1955 baute das Ehepaar Steiger ein Architekturbüro in Winnenden auf, das große Bauprojekte umsetzte. Siegfried Steiger realisierte als Diplom-Ingenieur den Bau von über 10.000 Häusern und Wohnungen sowie Einkaufszentren und Fabrikgebäude in ganz Deutschland. 1969 kam die Arbeit für die Stiftung parallel hinzu.

1969 änderte sich das Leben der Steigers schlagartig: Am 3. Mai 1969 verstarb ihr achtjähriger Sohn Björn nach einem Verkehrsunfall. Eine funktionierende Notfallhilfe gab es noch nicht, der Krankenwagen kam erst nach einer Stunde. Björn starb auf dem Weg ins Krankenhaus an einem Schock. Kurz darauf, am 7. Juli 1969, gründete das Ehepaar Steiger die Björn Steiger Stiftung mit dem Ziel, das damals unzulängliche Rettungswesen in Deutschland zu verbessern. Die Ersparnisse des Architekten reichten nicht für die Aufgaben der Stiftung zur Verbesserung der Notfallhilfe. Gemeinsam mit Freunden organisierte das Ehepaar deshalb eine bundesweite Altpapiersammlung. Gleich im ersten Jahr erbrachte diese Aktion Erlöse von 750.000 Mark. Dies war das Startkapital für die ersten Initiativen der „Björn Steiger Stiftung. „Das Leben ihres Sohnes konnte man nicht retten. Meine Eltern setzten daher alles daran, möglichst viele andere Leben zu retten“, sagt Pierre-Enric Steiger, der heutige Präsident der Björn Steiger Stiftung.

Schritt für Schritt wurden Veränderungen auf den Weg gebracht – angefangen bei dem offenen 15-Punkte-Brandbrief, den die Steigers 1969 an alle deutschen Innenminister richteten, um einen funktionierenden und zeitgemäßen Rettungsdienst in der Bundesrepublik zu fordern. Bis 1970 gab es in Deutschland keine staatliche Zuständigkeit, Finanzierung oder Organisationsstruktur für den Rettungsdienst. All diese Grundlagen, die heute selbstverständlich sind, gehen auf Siegfried Steiger zurück, weshalb er auch oft als Architekt des deutschen Rettungswesen bezeichnet worden ist und mit vielen Ehrungen durch den Staat sowie Hilfsorganisationen ausgezeichnet wurde.

Die Liste der durch ihn initiierten Veränderungen, Initiativen und Errungenschaften ist lang: Initiierung der bundesweiten Notrufnummern 110/112, Aufbau von Notruftelefonen an deutschen Straßen, 24-Stunden-Notarztsystem, BOS-Sprechfunkstandard im Rettungsdienst, Schaffung der Rettungsleitstellenstruktur, Aufbau der Luftrettung unter anderem mit der Gründung der heutigen DRF Luftrettung, Handy-Ortung durch Rettungsleitstellen, die Entwicklung und Finanzierung des Babynotarztwagens sowie die Verbreitung von Laien-Defibrillatoren gegen den Herztod und vieles mehr setzte das Ehepaar Steiger durch und machte damit die Stiftung zum Motor und Schrittmacher der modernen Notfallhilfe.

Stets ging es Siegfried Steiger darum, Schwachstellen in der Notfallhilfe aufzudecken und durch Forderungen und eigene Initiativen Lösungen dafür zu finden. Diese trieb er durch Spenden und mit eigenen finanziellen Mitteln voran, etwa im Jahr 1972, als das Projekt Luftrettung in Deutschland vor dem Aus stand, nachdem die Bundesregierung die staatliche Finanzierung für den Rettungshubschrauber Christoph 2 in Frankfurt nicht erfüllen konnte und die Björn Steiger Stiftung anstelle des Bundesinnenministeriums als Käufer einsprang. Mit der Übergabe des Rettungshubschraubers Christoph 2 am 15. August 1972 an die Stadt Frankfurt durch das Ehepaar Steiger wurde der Fortbestand der staatlichen Luftrettung gesichert. Zur Absicherung der hohen Anschaffungskosten verpfändeten die Steigers sogar ihr eigenes Wohnhaus.

Um nicht mehr allein auf den Staat in der Luftrettung angewiesen zu sein, gründete das Ehepaar Steiger am 6. September 1972 die Deutsche Rettungsflugwacht e.V., die heutige DRF Luftrettung, als erste zivile Luftrettungsorganisation in Deutschland. Beinahe 30 Jahre wurde die DRF nicht nur von Siegfried Steiger als Präsident geführt, sondern wurde als Initiative der Björn Steiger Stiftung auch finanziell und inhaltlich mitgetragen und entwickelt. Siegfried Steigers Engagement im Bereich Luftrettung kannte keine Grenzen. So wurde er auch 1988 zum Mitgründer der Luxemburgischen Rettungsflugwacht (LAR) und gab 1990 die Starthilfe der Luftrettung in Ungarn und den Baltikstaaten.

Um die Ziele der Stiftung finanziell umzusetzen, setzte das Ehepaar Steiger nicht nur auf Spenden und Sponsoren. Zur Unterstützung suchten sie auch Partner in der Politik, bei Banken und in der Wirtschaft. Hilfe erhielten sie unter anderem von Hilda Heinemann, der Ehefrau des 1969 gewählten Bundespräsidenten. „Die Beschaffung von Mitteln zur Unterstützung und Förderung der Stiftungsprojekte war im Laufe der Stiftungsgeschichte ein Schwerpunkt des Handelns von Siegfried Steiger. Neben seinem finanziellen Engagement hat er sich immer auch persönlich um die Durchsetzung der verschiedenen Projekte gekümmert. Ein halbes Jahrhundert Einsatz für Verbesserungen in der Notfallrettung hat Wirkung gezeigt. Das Ehepaar Siegfried und Ute Steiger hat einen wesentlichen Anteil daran, dass die Weiterentwicklung des Rettungsdienstes in Deutschland ein Erfolgsmodell wurde. Die Familie hat Grund, stolz auf das Erreichte zu sein“, sagt der frühere Chef der Deutschen Bahn, Prof. Dr. Rüdiger Grube, derzeit stellvertretender Präsidialratsvorsitzender der Björn Steiger Stiftung.

Auch der erste gesamtdeutsche Luftrettungseinsatz zwischen DDR und Bundesrepublik, die Einführung der Luftrettung im damaligen Westberlin und der Aufbau der Luftrettung in Luxemburg und weiteren Staaten gehen auf das Engagement Siegfried Steigers zurück. „Die Verbesserung der Notfallhilfe war für meinen Vater Mission und Grundmotivation seines Handelns“, betont sein Sohn Pierre-Enric Steiger. „Das in den 70er-Jahren vom Ehepaar Steiger in Baden-Württemberg initiierte „Rettungsmodell Rems-Murr“ – eine erstmals eigenständig erhobene, vollständige und wissenschaftliche Personal- und Materialberechnung für einen finanzierbaren Rettungsdienst inklusive des ersten strukturellen Aufbaus eines Rettungsdienstbezirk mit einer koordinierenden Leitstelle, die mehrere Rettungswachen mit Rettungswagen, Notarztwagen und einen Rettungshubschrauber in einem größeren Flächengebiet zentral führen konnte – wurde zum Muster für die bundesweite moderne Struktur der Notfallhilfe.“

„Siegfried und Ute Steiger haben damals die Notfallrettung in Deutschland zu einem politischen Thema gemacht. Sie haben mit Erfolg die Einsicht vermittelt, dass die Notfallhilfe selbst ein Notfall war und Reformen dringend erforderlich waren. Die Politik war gezwungen zu handeln. Es wurden dann Verbesserungen umgesetzt, die zur damaligen Zeit visionär waren und uns heute selbstverständlich erscheinen. Die Arbeit der Stiftung hat viele Menschenleben gerettet“, betont der ehemalige EU-Kommissar und frühere Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg, Günther Oettinger, heute Mitglied des Präsidialrats der Björn Steiger Stiftung.

In Anerkennung seiner herausragenden Leistungen für die Gesellschaft erhielt Siegfried Steiger zahlreiche nationale und internationale Auszeichnungen. So erhielt er 1978 die Verdienstmedaille des Landes Baden-Württemberg, 1982 wurde er mit dem Bundesverdienstkreuz 1. Klasse ausgezeichnet und 1991 erhielt er den höchsten Verdienstorden des Großherzogtums Luxemburg für Ausländer, im Rang eines Offiziers. Im Jahre 2005 wurde ihm außerdem die Ehrendoktorwürde der Medizinischen Fakultät der Eberhard-Karls-Universität Tübingen für sein Lebenswerk zugesprochen. 2009 wurde das Ehepaar Steiger in Brüssel mit dem „EU-Outstanding Citizen Award“ für die erste flächendeckende Einführung der Notrufnummer 112 geehrt und 2018 zu Ehrenbürgern der Stadt Winnenden ernannt.

red

Mehr als 52.000 Notrufe 2018

Vier Anrufe je Autobahnkilometer – das ist nicht etwa die Bilanz von Mobilfunkbetreibern und deren Nutzerdaten. Hinter diesem Wert stecken die Anrufe, die von Notrufsäulen an den Bundesautobahnen abgesetzt werden. Ermittelt hat die Statistik die GDV Dienstleistungs-GmbH, die diese Notrufsäulen betreibt.

52.463 Meldungen von den Autobahnnotrufsäulen gingen 2018 in der Notrufzentrale in Hamburg ein, von wo aus die Meldungen an die zuständigen Rettungsleitstellen weitergegeben werden. 41.673 Anrufe betrafen Pannen und Notrufe. Weitere 10.790 Meldungen aufmerksamer Verkehrsteilnehmer enthielten Informationen zu Personen auf der Autobahn, Falschfahrern, Gegenständen auf der Fahrbahn oder Böschungsbränden.

Die Auslastung der Notrufsäulen lag 2018 bei 68 Prozent: Von den 16.961 Säulen wurden im vergangenen Jahr 11.524 genutzt. Am häufigsten griffen Autofahrer auf der A 281 bei Kilometer 10,64 zum Hörer. Die Säule Nr. 42801 in Fahrtrichtung Bremen-Flughafen wurde laut Statistik im vergangenen Jahr in 203 Fällen von Hilfesuchenden genutzt.

Im Vergleich der Autobahnen liegt die A 3 mit den meisten Meldungen erneut vorn. 4.220 Notrufe gingen von der 769 Kilometer langen Autobahn ein, gefolgt von der mit 962 Kilometern längsten Autobahn Deutschlands, der A 7, mit 3.124 Notrufen. mid/Mst