Reifen-Ratgeber: Für wen taugen Ganzjahresreifen?

Diese Faustformel kennt fast jeder Autofahrer: Von “O” bis “O”, also Ostern bis Oktober, sollten Sommerreifen montiert sein, danach steht der Wechsel auf Winterreifen an. Oder man entscheidet sich gleich für den Allrounder unter den Pneus, den Ganzjahresreifen. Für welche Autofahrer der gut geeignet ist, weiß der TÜV Süd.
Reifen mit Bezeichnungen wie All Season, All Climate, Cross Climate oder All Weather sind demnach besonders für all jene geeignet, die mit einer geringeren Kilometerleistung unter gemäßigten Witterungsbedingungen im stadtnahen Bereich unterwegs sind. “Auch die Topografie spielt eine Rolle”, erläutert Thomas Salzinger, Reifenexperte von TÜV SÜD. “Städte mit vielen Steigungen wie beispielsweise Stuttgart verlangen bei matsch- oder schneebedeckter Fahrbahn eher nach reinen Winterreifen als die ebenen urbanen Zentren Norddeutschlands.”

Auch wenn die Spezialreifen für Sommer und Winter immer noch die beste Wahl seien – die Reifenhersteller hätten in den vergangenen Jahren viel Entwicklungsarbeit geleistet und mit ihren Ganzjahresreifen eine gute Alternative bereitgestellt, sofern das Nutzungsverhalten passt. Nur auf Schnee zeigen laut TÜV Süd Ganzjahresreifen Defizite, im Sommer seien sie dagegen die bessere Wahl als seine Winterreifen weiter zu nutzen.

Wichtig: Der deutsche Gesetzgeber hat die Vorschriften für Winterbereifung verschärft. Seit Januar dieses Jahres genügt die Kennzeichnung M+S bei Neureifen nicht mehr. Sie müssen dann zusätzlich auch das Schneeflockensymbol tragen. Es zeigt ein Bergpanorama mit drei Gipfeln. Für alte Reifen gilt: Reifen, die nur die Buchstaben M und S tragen, dürfen in einer Übergangszeit noch bis September 2024 gefahren werden. Erlaubt ist in Deutschland auch weiterhin, selbst Winterreifen bis 1,6 Millimeter abzufahren.

Besonders bedeutsam sei die Neuregelung für die Fahrer von SUV und ähnlichen Fahrzeugen, teilt der TÜV Süd mit. Deren Standardbereifung sei wegen nordamerikanischer Gepflogenheiten oftmals mit M+S markiert, sie habe aber nur sehr geringe Eignung für Winterbetrieb. In Zukunft dürfen solche Reifen nicht mehr bei winterlichen Straßenverhältnissen gefahren werden, sofern sie nicht auch mit dem “Alpine”-Symbol versehen sind.

mid/Mst

Unsere Nachbarn und die Winterreifen

Klar: In Deutschland gibt es die “situative Winterreifenpflicht” – bei entsprechender Witterung darf nur mit der passenden Bereifung gefahren werden. Aber wie schaut es in den Nachbarländern aus? Der Autoclub ACE hat Antworten.

So sind in Österreich bei winterlichen Fahrbahnverhältnissen von 1. November bis 15. April Winterreifen mit M+S-Symbol ebenso vorgeschrieben wie eine Profiltiefe von mehr als vier Millimetern. Alternativ können bei einer zusammenhängenden Schnee- oder Eisschicht auch Schneeketten verwendet werden.

Empfohlen werden Winterreifen bei entsprechenden Straßen- und Witterungsbedingungen in der Schweiz. “Eine grundsätzliche Pflicht besteht zwar nicht” so der ACE, “wer aber bei Eis und Schnee mit Sommerreifen unterwegs ist, haftet bei einem Unfall in erheblichem Umfang mit.” Bei Verkehrsbehinderung wegen unpassender Bereifung fällt ein hohes Bußgeld an.

In Südtirol wiederum gibt es eine Winterausrüstungspflicht: Fahrzeuge dürfen bei Schnee, Matsch oder Eis nur mit Winterreifen oder Schneeketten fahren. In Italien gilt die Winterreifenpflicht je nach Provinz unterschiedlich lang. Um ganz sicher zu sein, empfiehlt es sich, zwischen 15. Oktober und 15. April mit Winterreifen zu fahren und sich vor Reiseantritt über eventuelle Sonderregelungen in der Urlaubsregion zu informieren.

In Frankreich gilt keine generelle Winterreifenpflicht. Bei entsprechender Witterung können Winterreifen aber durch Verkehrsschilder kurzfristig angeordnet werden, speziell in den Bergen. Die Mindestprofiltiefe liegt bei 3,5 Millimeter, Schneeketten dürfen eingesetzt werden. mid/rhu

Fast alle auf Wintersocken unterwegs

Ab November steigen die meisten Autofahrer auf Winterreifen um. Laut Umfrage lässt nur jeder Hundertste im Winter die Sommerreifen drauf. Am Timing können aber insbesondere Frauen noch arbeiten: Sieben Prozent geben an, dass sie die Reifen erst wechseln, wenn bereits der erste Schnee fällt. Das geht aus einer aktuellen Umfrage von AutoScout24 hervor.

Für mehr als die Hälfte der Autohalter ist der Reifenwechsel ein Fall für den Fachmann: 54 Prozent der Befragten nehmen den Service einer Werkstatt in Anspruch. Nur jeder Vierte legt selbst Hand an. Darunter sind überdurchschnittlich viele Männer: 29 Prozent wechseln selbst, aber immerhin auch 21 Prozent der Frauen. Für acht Prozent der Frauen und ein Prozent der Männer wäre dies aber keine Option: Sie geben an, dass sie gar nicht wüssten, wie man einen Reifen selbst wechselt.

Jeder Hundertste gibt zu, auch im Winter mit Sommerreifen unterwegs zu sein. “Wer bei Schnee und Eis mit der falschen Bereifung unterwegs ist, riskiert nicht nur Unfälle, sondern auch ein Bußgeld zwischen 60 und 100 Euro sowie einen Punkt in Flensburg”, sagt Marit Meineke, Pressesprecherin bei AutoScout24. “Ist ein Unfall die Folge falscher Bereifung, ist das Bußgeld noch höher.” Außerdem könne zusätzlicher Ärger mit der Versicherung drohen und der Fahrer sogar in Mithaftung genommen werden. mid/wa