Ludwigsburg – Gewalt gegen Frauen bleibt ein erschreckend alltägliches Phänomen – häufig ignoriert, bagatellisiert oder verschwiegen. Zwischen dem 25. November, dem Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen, und dem 10. Dezember, dem Internationalen Tag der Menschenrechte, machen Stadt und Landkreis Ludwigsburg mit der Aktion „Wir brechen das Schweigen“ auf dieses drängende Problem aufmerksam. Zwei Brückenbanner in der Friedrichstraße und Marbacher Straße tragen die Botschaft kreisweit nach außen.
„Frauen wird oft die Schuld gegeben“
Cynthia Schönau, Gleichstellungsbeauftragte des Landkreises, sieht in Scham und Angst zentrale Gründe, warum viele Betroffene schweigen. „Frauen wird häufig die Schuld gegeben, wenn sie Gewalt erfahren. Das wollen wir ändern“, betont sie.
Die Zahlen des Polizeipräsidiums Ludwigsburg unterstreichen die Dringlichkeit: Im Jahr 2023 wurden 783 Fälle häuslicher Gewalt gemeldet – ein Anstieg gegenüber 767 Fällen im Vorjahr. Fast 77 Prozent der Opfer waren Frauen. Besonders alarmierend: Bei Vergewaltigungsopfern im Landkreis waren 97 Prozent weiblich, und in mehr als 85 Prozent der Fälle bestand eine Vorbeziehung zwischen Täter und Opfer.
Dunkelziffer und gesellschaftliche Dimension
Die Statistiken sind jedoch nur die Spitze des Eisbergs. Der WEISSE RING, eine Organisation für Opferhilfe, geht von einer erheblich höheren Dunkelziffer aus. Auf nationaler Ebene erlebt jede vierte Frau in Deutschland Gewalt in der Partnerschaft, und fast täglich wird ein Femizid begangen – die Tötung einer Frau aufgrund ihres Geschlechts.
Hilfe für Betroffene und Umfeld
Das bundesweite Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ bietet rund um die Uhr Unterstützung. Unter der kostenfreien Nummer 116 016 und auf www.hilfetelefon.de können Betroffene, Angehörige und Fachkräfte anonym Hilfe suchen. Barrieren gibt es dabei keine: Beratungen sind in 18 Sprachen verfügbar, und auch hörbeeinträchtigte Menschen können über Gebärdensprachdolmetscher Kontakt aufnehmen.
Die Aktion, so Gleichstellungsbeauftragte Dr. Kristina Wolff, sei ein wichtiger Schritt, „solidarisch und deutlich Stellung zu beziehen“. Das Ziel: Schweigen brechen, Betroffene stärken und die Gesellschaft für die Problematik sensibilisieren.
red