Neue Studie enthüllt: Fast die Hälfte der Lehrer meldet Gewalt an Schulen

Berlin – Fast jeder zweite Lehrer in Deutschland wird Zeuge von Gewalt unter Schülern. Das geht aus dem am Mittwoch veröffentlichten “Schulbarometer” der Robert-Bosch-Stifung hervor.

Demnach beobachten 47 Prozent der Lehrer psychische oder physische Gewalt unter den Schülern. 57 Prozent der Lehrer schätzen die aktuelle psychosoziale Unterstützung an der eigenen Schule als ausreichend ein.

Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) sieht die Ergebnisse als Alarmsignal. Es mache deutlich, wie groß mittlerweile der “Handlungsdruck” in der Bildung sei, sagte sie den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Mittwochausgaben). Dass “fast jede zweite Lehrkraft” Gewalt beobachte, müsse “alle Beteiligten alarmieren.” Schulen müssten für Schüler und Lehrer sichere Orte sein.

Der Deutsche Lehrerverband fordert als Reaktion auf die Ergebnisse des “Schulbarometers” mehr Personal und Mittel zur Gewaltprävention an Schulen. “Das Verhalten von Kindern und Jugendlichen wird mit als größte Herausforderung des Berufsalltags beschrieben”, sagte der Präsident des Lehrerverbands, Stefan Düll, den Funke-Zeitungen.

Das seien Probleme, die die Schulen und Lehrkräfte nicht alleine lösen könnten. “Der Deutsche Lehrerverband fordert seit Langem mehr flankierendes Personal für die sozial-emotionale Förderung an den Schulen, also Personal für Sozialarbeit, Jugendarbeit, Schulassistenz und Schulpsychologie”, so Düll.

Wenn Lehrkräfte einen großen Teil der eigentlichen Unterrichtszeit aufwenden müssten, um sich mit problematischem Verhalten der Schüler und mit der Schlichtung von Konflikten auseinanderzusetzen, bleibe weniger Zeit für guten Unterricht, sagte der Präsident des Deutschen Lehrerverbands. “Das geht zulasten der Lernenden und zermürbt das Lehrpersonal”, sagte Düll.

“Schulen können nicht die gesamte Erziehungsarbeit leisten, sondern sind dabei auf die Unterstützung von Politik, Gesellschaft und insbesondere von Elternhäusern angewiesen.” Genau deswegen brauche es für die Schulen Mittel und Personal für langfristige Präventionsprogramme gegen Mobbing und Gewalt.

Auch der Philologenverband zeigt sich angesichts der Studie der Robert-Bosch-Stiftung zu Gewalt an Schulen alarmiert. “Es ist erschütternd, dass so viele Lehrkräfte im Alltag verschiedene Formen von Gewalt erleben müssen”, sagte die Vorsitzende des Verbands, Susanne Lin-Klitzing, dem “Tagesspiegel”.

Das sei allerdings ein gesamtgesellschaftliches Problem, nicht nur eines in den Schulen. Lin-Klitzing fügte hinzu: “Das wachsende Ausmaß von Gewalt in Schulen, der Lehrkräftemangel und der marode Zustand vieler Schulen führen zu zusätzlichem Stress für alle. Es muss in die Schulen investiert werden.”

Die Vorsitzende des Philologenverbandes forderte zudem Fortbildungen, für die Lehrer freigestellt werden müssten. “Die aktuelle Studie ermahnt die Politik, ihrer Verantwortung für einen guten Unterricht endlich gerecht zu werden. Hier ist das deutsche Bildungssystem im internationalen Vergleich, und übrigens auch im Vergleich mit der einheimischen Wirtschaft, schlicht abgeschlagen. Das ist ein für den Bildungsstandort Deutschland untragbarer Zustand.”

Die bildungspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Ria Schröder, sieht mit Blick auf die Studie auch eine Mitverantwortung bei den Eltern. Schröder sagte dem “Tagesspiegel”: “Lehrkräfte kommen häufig nicht allein gegen Gewalt an. Dafür sind sie weder ausgebildet, noch ist es ihre Aufgabe.” Man brauche multiprofessionelle Teams, eine gute psychologische Betreuung und Schüler, aber auch Lehrkräfte, und nicht zuletzt dürften die Eltern nicht aus ihrer Verantwortung entlassen werden, um die Ursachen für Gewalttätigkeit zu bekämpfen. “Ein gewaltfreier Schulalltag ist die Voraussetzung für viele weitere Prozesse.”

Die FDP-Bundestagsabgeordnete fügte hinzu: “Wenn sich Gewalt häuft, müssen weitere Kräfte, wie die Polizei, Sozialhilfe und Jugendamt, mit Schulleitung und Eltern zusammenarbeiten. Wichtig ist, die Gewaltprävention zu stärken, aber auch, dass Jugendliche, die Gewalt ausüben, schnelle Konsequenzen erfahren.”

red

Frauenhaus im Landkreis Ludwigsburg: Suche nach geeigneter Immobilie geht weiter

Ludwigsburg – Die Bemühungen zur Findung einer geeigneten Immobilie für ein zweites Frauenhaus im Landkreis Ludwigsburg werden intensiviert. In einer gemeinsamen Initiative des Landratsamts Ludwigsburg, des Vereins Frauen für Frauen e.V. und der Kreissparkasse (KSK) Ludwigsburg soll der Immobilienmarkt erneut durchforstet werden, um die Suche auszuweiten.

Nach einem Treffen zwischen Landrat Dietmar Allgaier, der Vereinsleitung von Frauen für Frauen und Vertretern der KSK wurde betont, dass der Ausbau von Frauenhausplätzen eine dringliche Angelegenheit sei. “Hier ist dringend Handlungsbedarf geboten, aber wir müssen eine bezahlbare Lösung finden – gerade vor dem Hintergrund der fehlenden Finanzierung des Bundes und der knappen Fördermittel des Landes Baden-Württemberg”, erklärte Landrat Allgaier.

Die Istanbul-Konvention verpflichtet Deutschland zur Bereitstellung ausreichender und leicht zugänglicher Schutzunterkünfte für von Gewalt betroffene Frauen und Kinder. Trotz des erhöhten Bedarfs stehen die Beteiligten vor Herausforderungen aufgrund der mangelnden finanziellen Unterstützung seitens des Bundes und der begrenzten Fördermittel des Landes.

Die Zusammenarbeit mit der KSK zielt darauf ab, den Immobilienmarkt systematisch zu durchforsten und bezahlbare Alternativen zum derzeitigen Angebot zu finden. Arezoo Shoaleh, Vertreterin des Vereins Frauen für Frauen, äußerte sich zuversichtlich: “Das Thema ausreichender Schutzplätze im Landkreis ist von höchster Wichtigkeit, und der Bedarf ist enorm. Ich bin zuversichtlich, dass wir gemeinsam eine Lösung finden können.”

Landrat Allgaier und der Verein fordern auf Landes- und Bundesebene eine verstärkte finanzielle Unterstützung für den Ausbau von Frauenhausplätzen. “Gewalt gegen Frauen und Kinder muss entschiedener entgegengewirkt werden, auch bei angespannter Haushaltslage. Wir benötigen eine verlässliche Finanzierung und Absicherung auf allen Ebenen. Ein neues Leistungsgesetz, das den Schutz vor Gewalt zum Inhalt hätte, ist dringend erforderlich.”

red

Ludwigsburg setzt Zeichen gegen Gewalt an Frauen: Einzigartige Aktion in der Gastronomie

Ludwigsburg – Anlässlich des Internationalen Tages gegen Gewalt an Frauen haben die Wirtschaftsförderung und die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Ludwigsburg eine einzigartige Aktion ins Leben gerufen. Über 6000 Bierdeckel, versehen mit der Nummer des bundesweiten Hilfetelefons und den Kontaktdaten örtlicher Beratungsstellen, wurden in Ludwigsburgs Gastronomie verteilt. Das Ziel dieser kreativen Initiative ist es, die Aufmerksamkeit auf die vorhandenen Hilfsmöglichkeiten zu lenken und betroffene Frauen zu ermutigen, Unterstützung in Anspruch zu nehmen.

Die dringend benötigte Aktion kommt nicht von ungefähr, denn die Kriminalitätsstatistik für den Landkreis Ludwigsburg im Jahr 2022 offenbart, dass 767 Menschen Opfer von häuslicher Gewalt wurden – 79,4 Prozent davon waren Frauen. In den meisten Fällen waren die Täter Partner oder Ex-Partner. Diese besorgniserregenden Zahlen verdeutlichen, dass das eigene Zuhause für Frauen oft zum gefährlichsten Ort wird, unabhängig von Alter, Herkunft, Bildung, Beruf oder Glauben.

Gastronomiebetriebe, die sich aktiv an dieser wichtigen Aktion beteiligen möchten, haben weiterhin die Möglichkeit, sich unter gleichstellung@ludwigsburg.de zu melden. Es ist ein gemeinsamer Schritt, um Solidarität zu zeigen und das Bewusstsein für häusliche Gewalt zu schärfen.

red

Tag gegen Gewalt an Frauen: Ludwigsburger Projekt für Soforthilfe nach Vergewaltigung im Fokus

Ludwigsburg – Das Projekt “Soforthilfe nach Vergewaltigung” am Ludwigsburger Klinikum feiert sein zweites Jubiläum. Das Projekt bietet Personen, die von sexueller Gewalt betroffen sind, eine unkomplizierte und diskrete medizinische Versorgung, einschließlich professioneller und gerichtlich anerkannter Spurensicherung, ohne dass eine Anzeige bei der Polizei erfolgen muss.

Die Initiative richtet sich an Betroffene ab 14 Jahren und ermöglicht nicht nur medizinische Hilfe, sondern auch vertrauliche Beratung und rasche Vermittlung ins psychosoziale Hilfesystem. Das Projekt wurde im Landkreis Ludwigsburg im November 2021 gestartet. Im ersten Jahr haben acht Frauen die Soforthilfe nach einer Vergewaltigung in Anspruch genommen, und im laufenden Jahr waren es bislang drei Betroffene.

Dr. Uschi Traub, Leiterin der Gesundheitsförderung, betont die Bedeutung des Projekts als medizinischer Notfall für jede Vergewaltigung. Sie appelliert an Betroffene, das Klinikum aufzusuchen, da die Nutzung des Angebots der Befundsicherung in der Rechtsmedizin ihre Erfolgschancen bei einer späteren Anzeige verbessert.

Die Soforthilfe nach Vergewaltigung ist Teil einer bundesweiten Initiative und hat sich in den letzten zehn Jahren zu einem Netzwerk von 36 Krankenhäusern in 27 Regionen entwickelt. Die regelmäßige Präsenz in den Medien und der Öffentlichkeit ist entscheidend, um sicherzustellen, dass das Angebot bekannt ist und Opfer Hilfe erhalten können.

Hintergrund zum Projekt

Die „Medizinische Soforthilfe nach Vergewaltigung“ im Landkreis Ludwigsburg ist eine Initiative der Gleichstellungsbeauftragten und des Gesundheitsdezernats des Landratsamts Ludwigsburg, des RKH Klinikums Ludwigsburg, der Fachberatungsstellen Silberdistel e. V. und Frauen für Frauen e. V. sowie des Referats Prävention des Polizeipräsidiums Ludwigsburg. Betroffene finden unter www.soforthilfe-nach-vergewaltigung.de einen Handlungsleitfaden sowie die Adressen und Telefonnummern der Kliniken. Weitere Auskünfte erteilen gerne auch Dr. Uschi Traub und Mandy Bronner vom Gesundheitsamt unter der Telefonnummer 07141 / 144 2520 bzw. per E-Mail an gesundheitsfoerderung@landkreis-ludwigsburg.de.

red

Über 179.000 Opfer – Häusliche Gewalt nimmt in vielen Bundesländern deutlich zu

Die Zahl der Opfer häuslicher Gewalt hat in Deutschland im vergangenen Jahr deutlich zugenommen. Bundesweit wurden 179.179 Opfer polizeilich registriert, was einem Anstieg von 9,3 Prozent gegenüber dem letzten Pandemie-Jahr 2021 entspricht, berichtet die “Welt am Sonntag”. Als Täter werden Partner, Ex-Partner und Familienangehörige erfasst.

Zwei Drittel der Opfer sind Frauen. Die Dunkelziffer ist hoch, weil sich viele nicht trauen, Anzeige zu erstatten. Beim Vergleich der Bundesländer verzeichnet das Saarland mit 19,7 Prozent (3.178 Opfer) den stärksten Zuwachs.

Dahinter kommen Thüringen (plus 18,1 Prozent, 3.812 Opfer) und Baden-Württemberg (plus 13,1 Prozent, 14.969 Opfer). Insgesamt melden 15 Bundesländer deutlich mehr Opfer. Deren Zahl sank nur im Land Bremen (minus 13,6 Prozent, 2.615 Opfer).

Nordrhein-Westfalen weist 37.141 Opfer (plus 8,5 Prozent) aus. Auffällig ist, dass im bevölkerungsreichsten Bundesland die Zahl der Körperverletzungen bei häuslicher Gewalt im Fünf-Jahres-Vergleich um 26,2 Prozent gestiegen ist. NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) sagte dazu: “Die Zündschnur ist bei vielen Menschen kürzer geworden und der allgemeine Ton rauer. Das gesellschaftliche Klima hat sich verändert.” Dies mache auch an den Haustüren nicht Halt. “Zu Hause ist mehr Gewalt eingezogen.”

Die Daten der Länder fließen in ein Lagebild ein, das vom Bundeskriminalamt erstmals erstellt wird. Dessen Präsident Holger Münch, Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und Familienministerin Lisa Paus (Grüne) präsentieren es am 3. Juli in Berlin. Zudem lassen sie derzeit eine große “Dunkelfeldstudie” erstellen.

“Häusliche Gewalt geschieht oftmals im verdeckten, im privaten Bereich. Scham- und Schuldgefühle der Betroffenen führen häufig dazu, dass die Taten im Dunkeln bleiben und nur selten polizeilich angezeigt werden. Dieses Dunkelfeld ist ungleich größer als das Hellfeld”, so Paus.

Sie plant auch eine staatliche “Koordinierungsstelle”, die häusliche Gewalt ressortübergreifend bekämpfen soll. Faeser fordert mehr Kontrollen der Polizei, wenn diese Täter nach gewaltsamen Übergriffen aus der Wohnung verwiesen hat. “Das muss konsequent kontrolliert werden, damit Täter nicht schnell wieder zurückkehren”, sagte sie.

Denn häusliche Gewalt sei keine Privatsache, sondern ein gravierendes gesellschaftliches Problem. “Gewalt fängt nicht erst mit Schlägen oder Misshandlungen an: Es geht auch um Stalking und Psychoterror.” Die Präsidentin des Deutschen Caritasverbandes, Eva Maria Welskop-Deffaa, macht Nachwirkungen der Corona-Pandemie für den Anstieg der Gewalt verantwortlich.

“Offenkundig hat die angespannte Lebenssituation der Corona-Jahre sich in erhöhter familiärer Gewaltbereitschaft niedergeschlagen. Die finanziellen und gesundheitlichen Sorgen, die räumliche Enge, die Unsicherheit über die Zukunft haben als eine Art Brandbeschleuniger für Gewalt in Partnerschaft und Familie gewirkt”, sagte sie. Mit dem Ende der Pandemie lasse sich das nicht einfach zurückdrehen.

“Es sind Konfliktmuster entstanden, die schmerzlich fortwirken.” Maria Loheide, Vorständin Sozialpolitik bei der Diakonie, nannte die Zunahme bei den Gewaltopfern erschreckend. “Ein Grund für den Anstieg könnte sein, dass das Bewusstsein für häusliche Gewalt insgesamt gestiegen ist und nach den unsicheren Jahren der Pandemie Frauen jetzt eher Fälle von Gewalt anzeigen”, sagte sie der “Welt am Sonntag”.

red