50 Millionen Euro Defizit: Die RKH Kliniken Ludwigsburg ringen um ihre Zukunft

Die finanzielle Lage der RKH Kliniken Ludwigsburg-Bietigheim ist besorgniserregend: Mit einem Defizit von 50 Millionen Euro sieht sich die Klinikleitung zu drastischen Maßnahmen gezwungen. Gleichzeitig werden auf Bundesebene durch die Krankenhausreform massive Einschnitte angekündigt. Droht der Region ein Versorgungsnotstand?

Von Ayhan Güneş

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Ein Defizit, das Alarm schlägt

Die RKH Kliniken Ludwigsburg-Bietigheim stehen vor einer massiven finanziellen Herausforderung: Statt eines geplanten Defizits von 14 Millionen Euro wird das Jahr 2024 mit einem Fehlbetrag von 50 Millionen Euro enden. Dies teilte die Klinikgruppe nach einer Aufsichtsratssitzung mit. Die Geschäftsführung spricht von „dringendem Handlungsbedarf“ und plant ein umfangreiches Sparprogramm, um die Wirtschaftlichkeit der Kliniken zu sichern.

Die Gründe für das Defizit sind laut der Klinikenholding vielfältig: Ein Rückgang stationärer Leistungen, hohe Kosten für Leiharbeitskräfte, Tariflohnsteigerungen und die Inflation haben die finanzielle Lage verschärft. Doch diese Probleme sind nicht nur hausgemacht. Sie spiegeln die strukturelle Krise des deutschen Gesundheitssystems wider, die durch die Krankenhausreform von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach zusätzlich verschärft werden könnte.

Krankenhausreform und ihre Folgen

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat klargemacht, dass die Krankenhauslandschaft in Deutschland vor einem drastischen Umbau steht. „Ein paar Hundert Häuser werden sterben,“ erklärte er jüngst und kündigte an, dass vor allem in westdeutschen Großstädten viele Kliniken schließen werden.

Das Ziel der Reform: Zentralisierung und Spezialisierung. Lauterbach argumentiert, dass dadurch die Qualität der Versorgung steigen könne, da komplizierte Eingriffe in spezialisierten Zentren konzentriert werden. Kritiker wie der Deutsche Landkreistag warnen jedoch, dass diese Reform die flächendeckende Gesundheitsversorgung gefährden könnte. „Wir laufen sehenden Auges in eine dramatischere Versorgungssituation hinein,“ so Achim Brötel, Präsident des Landkreistages.

Die Strategie der RKH Kliniken

Der Aufsichtsrat hat die Geschäftsführung beauftragt, ein strategisches Konsolidierungsprogramm zu entwickeln. Dieses Programm soll nicht nur kurzfristige Einsparungen ermöglichen, sondern auch langfristig die wirtschaftliche Stabilität der Klinikgruppe sichern.

Dr. Marc Nickel, seit Oktober medizinischer Geschäftsführer, betont: „Wir müssen uns genau anschauen, was wir anders und besser machen können.“ Geplant ist eine Überprüfung aller laufenden Projekte und die Anpassung an die aktuellen Entwicklungen. Zudem sollen die hohen Kosten für Leiharbeitskräfte reduziert und Investitionen in Patientenbereiche priorisiert werden.

Neben kurzfristigen Einsparungen liegt ein weiterer Schwerpunkt des Konsolidierungsprogramms auf der Überprüfung laufender Klinikprojekte. „Wir werden die bisher angestoßenen Projekte an den Klinikstandorten überprüfen und neue, an die aktuelle Entwicklung angepasste Maßnahmen erarbeiten,“ erklärte Nickel. Ziel ist es, Investitionen gezielt in Patientenbereiche und zukunftsorientierte Projekte zu lenken, die langfristig eine nachhaltige medizinische Versorgung sicherstellen.

Axel Hechenberger, kaufmännischer Geschäftsführer, ergänzte: „Vorbehaltlich der Zustimmung der Gremien werden wir weiterhin in unsere Kliniken investieren.“ Diese strategische Ausrichtung soll helfen, die medizinischen Leistungen nicht nur zu erhalten, sondern an die Anforderungen der kommenden Jahre anzupassen.

Was bedeutet das für die Region?

Die RKH Kliniken sind unverzichtbar für die Gesundheitsversorgung im Landkreis Ludwigsburg. Dennoch stehen sie vor der Herausforderung, ihre Strukturen effizienter zu gestalten, ohne die Qualität der Versorgung zu gefährden. Anne Matros, Regionaldirektorin der RKH Kliniken, betont: „An den Standorten der Kliniken Ludwigsburg-Bietigheim gGmbH müssen wir in erster Linie die Kosten für die Leiharbeitskräfte reduzieren und die Menschen im Landkreis stärker von unseren medizinischen Angeboten überzeugen.“

Die geplanten Maßnahmen könnten dennoch Veränderungen in der Krankenhausstruktur mit sich bringen, die sich auch auf Patienten auswirken könnten. Matros betont jedoch, dass die Maßnahmen so gestaltet werden sollen, dass sie keine negativen Auswirkungen auf die Patientenversorgung haben. Unser Ziel ist es, die Qualität der medizinischen Leistungen zu sichern und weiter auszubauen,“ erklärte sie.

Ein Symptom einer größeren Krise

Die Herausforderungen der RKH Kliniken sind kein Einzelfall. Laut der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft (BWKG) belaufen sich die Defizite der Kliniken im Bundesland auf insgesamt 900 Millionen Euro. Der Deutsche Landkreistag fordert daher, die Krankenhausreform im Bundesrat zu überarbeiten, um die flächendeckende Versorgung zu sichern und die Kliniken finanziell zu entlasten.

Landrat und gleichzeitig Aufsichtsratsvorsitzender der RKH Kliniken, Dietmar Allgaier sieht ebenfalls Handlungsbedarf: „Wir dürfen nicht nur die äußeren Umstände verantwortlich machen, sondern müssen auch bei uns ansetzen, um die RKH Kliniken wieder leistungsfähig zu machen.“

Fazit und Ausblick

Die finanzielle Krise der RKH Kliniken steht stellvertretend für die systemischen Probleme im deutschen Gesundheitswesen. Während auf lokaler Ebene Einsparungen und Anpassungen vorgenommen werden, entscheidet die Krankenhausreform auf Bundesebene über die Zukunft der Kliniklandschaft. Für Ludwigsburg und die Region geht es nicht nur um wirtschaftliche Stabilität, sondern um die Sicherung der medizinischen Versorgung. Die kommenden Monate werden zeigen, ob die Maßnahmen der RKH Kliniken greifen – oder ob die Reform den Druck auf die Einrichtungen weiter erhöht.