Kreiskliniken Ludwigsburg: Corona-Lage spitzt sich zu – Opfer sind vor allem Ungeimpfte

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Von Uwe Roth

Auf den Intensivstationen wird es eng. Wie überall spitzt sich auch im Landkreis Ludwigsburg die Lage in den Krankenhäusern erneut zu. Am Freitag teilte ein Sprecher der Kreiskliniken dem Newsportal Ludwigsburg24 mit: Im Klinikum Ludwigsburg sind 43 der 45 Intensiv- und Überwachungsbetten belegt. Zwei Betten sind aber kein großer Puffer, um den zu erwartenden Neuerkrankungen gerecht zu werden. Im Krankenhaus Bietigheim sind die Reserven bereits vor dem langen Wochenende erschöpft. „Alle zwölf Intensiv- und Überwachungsbetten sind belegt“, lautet die Meldung aus dem Klinikum. Diese Zahlen beziehen sich auf sämtliche Intensivpatienten. Gemeint sind auch solche, die nach einem schweren Unfall oder Schlaganfall eingeliefert werden.

Bezogen auf Corona stellt sich die Situation am Freitag nach Angaben des Kliniksprechers so dar: Im Klinikum Ludwigsburg liegen 16 Covid-Patienten. Davon befinden sich elf auf der Normal- und fünf auf der Intensivstation. Im Krankenhaus Bietigheim sind neun der zehn Covid-Patienten auf der Normalstation. Ein Patient wird intensiv behandelt. Um den Normalbetrieb nicht zu gefährden, dürften keine Menschen mit einer lebensbedrohenden Infektion hinzukommen.

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Durchschnittsalter der Covidpatienten liegt bei 35 bis 55 Jahren

Doch nach einer Beruhigung der Situation sieht es nicht aus. Baden-Württemberg wird aller Voraussicht nach am Freitag oder Samstag die Warnstufe mit 250 Intensivbetten knacken. „Die Lage spitzt sich allmählich zu“, warnt der Kliniksprecher. Im Landkreis sind rund 1500 als infiziert registriert. Bis auf Freudental ist keine Kreiskommune ohne Covid-Fall. Ludwigsburg liegt als größte Stadt im Landkreis mit 315 Fällen an der Spitze. Die Sieben-Tage-Inzidenz, die als Richtwert allerdings keine Rolle mehr spielt, liegt bei fast 160.

Inzwischen müssen sich vor allem jüngere Menschen unter den Nichtgeimpften Sorgen machen. Die Covid-Patienten, die auf den Intensiv- und Überwachungsstationen liegen, sind laut Klinikum bis auf Einzelfälle, bei denen schwere Vorerkrankungen vorliegen, ungeimpfte Patienten. Das Durchschnittsalter liegt im Schwerpunkt bei 35 bis 55 Jahren. Jüngere Patienten haben eine größere Überlebenschance, wenn sie ansonsten gesund sind. Dafür belegen sie „deutlich länger“ die Krankenhausbetten, wie es vom Klinikum heißt. Das erklärt die schnell steigende Auslastung.

Bisher mindestens 532 Covid-Todesfälle im Landkreis Ludwigsburg

In den ersten Corona-Wellen sind die eher älteren Patienten nach rund zwei Wochen meistens verstorben. Die jüngeren Patienten liegen dagegen bis zu sechs Wochen. Sie befinden sich dann entweder auf dem Weg der Besserung oder sterben. Nach der Statistik macht es keinen Unterschied, ob ein Patient weiblich oder männlich ist. Die Sterberate ist bei beiden Geschlechtern gleich. Im Oktober vergangenen Jahres ist die Sterbekurve steil angestiegen. Lag sie lange unter 100 Todesfälle im Landkreis, sind daraus aktuell knapp 530 geworden.

Bereits jetzt ist der Klinikgeschäftsleitung klar: „Diesen Herbst/Winter werden wir vor einer sehr schwierigen Situation stehen.“ Die Auswirkungen vergangener Pandemiewellen hätten dazu geführt, dass wegen Krankheitsausfälle, Kündigungen und Reduzierung der Arbeitszeit 20 bis 30 Prozent der Pflegekräfte insbesondere im Intensivbereich und somit in diesem Maße die Intensiv-Betten fehlten. Schon jetzt seien nahezu alle Intensivbetten in ganz Baden-Württemberg belegt. Die wenigen freien Intensivbetten reichten als Verschiebemasse oder Puffer nicht aus. „Da ganz Baden-Württemberg betroffen ist, bedeutet dies, dass auch eine Verlegung von Patienten an seine Grenzen stößt.“

Geplante Operationen könnten wieder verschoben werden

Die Stimmung sei entsprechend „nicht so gut“. Erschwerend komme neben bereits zu pflegenden Covid-Patienten im Herbst und Winter eine steigende Zahl der Grippe-Fälle und anderer schwerer Infektionen hinzu. In der kalten Jahreszeit würden zudem mehr Unfallpatienten eingeliefert. „Wir rechnen damit, Behandlungen und Operationen von elektiven, also geplanten Patienten, bald wieder verschieben müssen“, so eine weitere Warnung aus dem Klinikum. Es könne zu einem Engpass bei der Versorgung kommen. Einzig allein helfe, „ist eine möglichst hohe Impfquote zu erreichen.“ Die Klinikleitung richten einen „dringenden Appell an alle Ungeimpften, sich solidarisch zu zeigen und zur Impfung zu gehen.“

Warnstufe könnte kommenden Mittwoch in Kraft treten

In Baden-Württemberg tritt die landesweite Warnstufe in Kraft, wenn an zwei aufeinanderfolgenden Werktagen mehr als 250 Covid-19-Erkrankte auf den Intensivstationen des Landes liegen. Das Landesgesundheitsamt hat (Stand Donnerstag: 16 Uhr) einen Wert von 246 gemeldet. Damit liegt das Land unter der Schwelle, ab der schärfere Corona-Maßnahmen in Kraft treten.

Wie der SWR mitteilt, werde es laut Sozialministerium vor Mittwoch kommender Woche keine strengeren Regeln geben. Auch dann nicht, sollte die Intensivbettenbelegung mit Covid-19-Patientinnen erstmals an diesem Wochenende über 250 steigen. Aufgrund des Wochenendes und darauffolgenden Feiertags könne der Schwellenwert frühestens am Dienstag ein zweites Mal an einem Werktag überschritten werden.