Nachtreiher bringt Monrepos-Open-Air zu Fall: Regierungspräsidium verbietet Feuerwerk – OB Knecht übt scharfe Kritik

Von Ayhan Güneş

Es sollte ein festlicher Höhepunkt werden – doch im 30. Jubiläumsjahr steht das „Monrepos Open Air“ vor dem Aus. Wegen eines geschützten Brutvogels darf auf Weisung des Regierungspräsidiums Stuttgart das traditionelle Feuerwerk nicht stattfinden. Die Schlossfestspiele reagieren enttäuscht – und erklären das Format für beendet. Was bleibt, ist mehr als nur das abrupte Ende einer Kultveranstaltung: Es ist ein Symbol für einen tiefen Graben zwischen Vogelschutz, Kulturauftrag und politischer Entscheidungsfindung. Und für einen Machtkonflikt, der sich längst zwischen lokalen Verantwortungsträgern und landesweiten Behörden abspielt.

ANZEIGE

Ludwigsburg – Drei Jahrzehnte lang war das „Monrepos Open Air“ ein fester Höhepunkt im Kultursommer der Region. Musik unter freiem Himmel, ein prachtvolles Finale mit Feuerwerk – und ein Publikum, das Jahr für Jahr in Scharen kam. Doch 2025 wird vieles anders. Und möglicherweise endet eine Ära.

Ein kleiner Vogel, große Wirkung

Der Grund: Der Nachtreiher – ein streng geschützter Brutvogel – hat sich auf der Amorinsel im Monrepos-See angesiedelt. Und mit ihm eine Diskussion ausgelöst, die weit über Fragen des Vogelschutzes hinausgeht. Denn die Anweisung des Regierungspräsidiums Stuttgart, das geplante Höhenfeuerwerk zu untersagen, hat nicht nur ökologische, sondern auch politische Sprengkraft.

Feuerwerk verboten – Alternativen abgelehnt

Das Landratsamt Ludwigsburg folgte der Weisung und untersagte das Feuerwerk am 19. Juli. Selbst alternative Abschussorte, die gemeinsam mit der Stadt und der Festspielleitung geprüft wurden, fanden keine Zustimmung. Die Begründung: Eine Störung der empfindlichen Brutphase könne nicht ausgeschlossen werden – auch in größerer Entfernung.

Die Folge: Kein Feuerwerk. Kein festliches Finale. Und – nach aktuellem Stand – kein Fortbestehen des Formats.

„Nicht nachvollziehbar“: OB Knecht übt scharfe Kritik

Die Entscheidung sorgt bei den Schlossfestspielen für Unverständnis. Besonders deutlich wird Oberbürgermeister Matthias Knecht, zugleich Aufsichtsratsvorsitzender der Festspiele erklärt in einer Stellungnahme: „Dass jetzt trotz aller Bemühungen keine Lösung gefunden wurde, ist sehr enttäuschend.“ Er ergänzt: „Die Weisung des Regierungspräsidiums an das Landratsamt ist für mich absolut nicht nachvollziehbar.“

Knecht sieht nicht nur eine kulturelle, sondern auch eine juristische Dimension: „Als Jurist und Verfassungsrechtler habe ich erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Untersagung.“

Ein Ende mit Ankündigung

Festspielintendant Lucas Reuter äußert sich ebenfalls mit Bedauern – und zieht Konsequenzen: „Ich respektiere die Entscheidung des Regierungspräsidiums und bedauere sie sehr.“ Gleichzeitig betont er: „Das Feuerwerks-Verbot bedeutet auch das Ende des ›Monrepos Open Air‹, wie es seit 1995 bis heute äußerst erfolgreich ist und ein einzigartiges Open-Air-Konzertformat für Baden-Württemberg darstellt.“ Die diesjährige Ausgabe wird damit zur Abschiedsvorstellung. Ohne Pyrotechnik, dafür mit Lichtinstallationen, Wiener Klängen und einem Festprogramm rund um Johann Strauss.

Ein institutioneller Riss

Hinter dem Verbot offenbart sich ein tiefer Riss zwischen den beteiligten Ebenen. Während Stadt und Landratsamt kompromissbereit agierten, setzte das Regierungspräsidium auf maximale Vorsicht – und überstimmte letztlich die kommunalen Akteure. Der Ton ist rauer geworden: Von Unverhältnismäßigkeit ist die Rede, von mangelndem Augenmaß – und von Entscheidungen über die Köpfe der Beteiligten hinweg.

Artenschutz contra Kultur

Gleichzeitig bleibt das ökologische Dilemma bestehen. Der Nachtreiher ist bedroht, sein Brutplatz einzigartig in Baden-Württemberg. Die Frage, die bleibt: Muss deshalb ein ganzes Konzertformat verschwinden? Die Schlossfestspiele prüfen rechtliche Schritte – und bereiten sich gleichzeitig auf den letzten Abend auf Monrepos vor. Ohne Feuerwerk, aber mit musikalischer Grandezza.

Das stille Ende einer Ära

Was bleibt, ist ein schaler Nachgeschmack. Ein Sommerabend, der längst mehr ist als ein Konzert – er steht symbolisch für den schwelenden Konflikt zwischen Artenschutz und Öffentlichkeit, zwischen Landespolitik und kommunaler Verantwortung. Und für das stille Ende eines Formats, das 30 Jahre lang den Ton angegeben hat.

MEINUNG

Das „Monrepos Open Air“ steht vor dem Aus – offiziell wegen eines geschützten Brutvogels. Doch hinter dem Feuerwerksverbot verbirgt sich mehr als ein Naturschutzkonflikt: Es ist ein politisches Lehrstück über Machtverschiebungen, übergriffige Bürokratie und den wachsenden Graben zwischen Landesbehörden und kommunaler Verantwortung. Ein traditionsreiches Kulturformat wird zum Spielball einer größeren Auseinandersetzung.