Steno zur Flüchtlingskrise: Politische Meinungen im Überblick

ANZEIGE

Dürr drängt Bundesländer zu Umstieg auf Bezahlkarten für Flüchtlinge

Berlin – Im Streit um zusätzliche Finanzhilfen zur Finanzierung höherer Flüchtlingskosten setzt die FDP-Spitze um Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) den Bundesländern nun ein einmonatiges Ultimatum. “Ich erwarte von den Ländern, dass sie bis zur nächsten Ministerpräsidentenkonferenz am 6. November den Weg für Prepaid-Bezahlkarten freimachen”, sagte Christian Dürr, Vorsitzender der FDP-Fraktion im Bundestag, der “Bild” (Donnerstagausgabe). “Die irreguläre Migration muss runter – dafür müssen Bargeldauszahlungen zügig gestoppt werden.”

Wenn sich bis zum 6. November nichts tue, “müssen wir über Steuergelder vom Bund gar nicht erst sprechen”, sagte der FDP-Politiker. Unionspolitiker wie Markus Söder (CSU) hätten eine Umstellung auf Sachleistungen und Chipkarten immer wieder angekündigt. “Aber wenn es drauf ankam, hieß es `Weiter so`. Das können wir uns nicht mehr leisten”, so Dürr.

ANZEIGE

+++

Merz will Leistungen für geduldete Asylsuchende kürzen

Berlin – CDU-Chef Friedrich Merz die Unterstützung von Asylsuchenden in den ersten drei Jahren weiter einschränken. Es sei eine “grundsätzliche Begrenzung der Transferleistungen für abgelehnte Asylbewerber” notwendig, sagte der Oppositionsführer dem “Redaktionsnetzwerk Deutschland” (Donnerstagausgabe). “Der Spielraum des Bundesverfassungsgerichts sollte genutzt werden: Aktuell wird die Unterstützung für Asylbewerber im Asylbewerberleistungsgesetz nach 18 Monaten stark ausgeweitet. Dieser Zeitraum sollte auf mindestens drei Jahre verlängert werden”, sagte Merz mit Blick auf die Gesundheitsversorgung von abgelehnten Asylbewerbern. “Wir dürfen keine Anreize zur Bleibe geben, wenn kein Bleiberecht in Deutschland besteht”, so der CDU-Chef. “Die Botschaft an die 300.000 abgelehnten Asylbewerber lautet aktuell: Ihr müsst nur lange genug bleiben, dann geht es euch in Deutschland immer besser. Das müssen wir korrigieren.” Abgelehnte Asylbewerber können häufig als “geduldet” vorübergehend in Deutschland bleiben. Grund hierfür kann beispielsweise eine Krankheit sein, die im Herkunftsland nicht behandelt werden kann, oder ein minderjähriges Familienmitglied, das im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis ist.

Merz kritisierte zudem die vorgesehene Kürzung der Bundesmittel an die Länder. “2016 haben die Länder und Kommunen 9 Milliarden Euro vom Bund für die Flüchtlingsversorgung erhalten. Im laufenden Jahr waren es 3,75 Milliarden und für das nächste Jahr sind nur 1,7 Milliarden Euro vorgesehen – bei steigenden Flüchtlingszahlen”, so Merz.

“Das geht nicht: Wenn der Bund nicht für eine Verringerung des Zuzugs sorgt, muss er zumindest die Versorgungskosten finanzieren.”

+++

Gauck plädiert für gezielte Einwanderungspolitik

Berlin – Altbundespräsident Joachim Gauck hält eine mehrheitliche Zustimmung zur Migrationspolitik unabdingbar für die Zukunft Deutschlands als liberale Gesellschaft. Wer in der Politik gestalten wolle, brauche Mehrheiten, sagte Gauck am Mittwoch auf einer Veranstaltung des “Tagesspiegels”. “Wenn für eine Ein- und Zuwanderungspolitik keine Mehrheit vorhanden ist, dann kann man keine liberale und offene Gesellschaft gestalten”, so Gauck.

Wenn Politiker nun über das Steuern und Eingreifen in der Migrationspolitik nachdächten, dürften sie nicht gescholten oder ins politische Abseits gestellt werden. Das frühere Staatsoberhaupt plädierte für eine gezielte Einwanderungspolitik. “Diese Nation ist nicht überlebensfähig, wenn wir auf Zuwanderung verzichten würden. Wir sind ein Einwanderungsland und wir werden es bleiben”, sagte Gauck. Deutschland müsse aber auch die hochkomplexe Frage beantworten, wie man ein Einwanderungsland mit der Zustimmung der Mehrheiten für eine demokratische Politik bleiben könne. Mit Blick auf das Erstarken des Rechtspopulismus und Rechtsradikalismus sagte Gauck, in Zeiten von Krisen und Wandel gebe es ein Angstklima in der Gesellschaft.

So sei es in ganz Europa. Die “Flucht nach Rechtsaußen” heile aber nicht, sagte der Ex-Bundespräsident. Die radikal Rechten hätten “kein Zukunftskonzept, das einigermaßen glaub- und vertrauenswürdig wäre”, so Gauck.

“Da gibt es Leute, die reden von einem Austritt aus der EU.”

+++

Dobrindt will Arbeitserlaubnis nur für anerkannte Asylbewerber

Berlin – CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hat Bedingungen für eine Arbeitserlaubnis für Migranten in Deutschland gefordert und will diese auf anerkannte Asylbewerber beschränken. “Für anerkannte Migranten sollte ein Angebot auf Arbeit ein Teil des Integrationsprozesses werden”, sagte Dobrindt der “Rheinischen Post” (Donnerstagausgabe). “Wer dieses Angebot auf Arbeit verweigert, muss mit Leistungskürzungen rechnen.”

In anderen europäischen Ländern finde das bereits statt, sagte der CSU-Politiker. In der Debatte werden auch Forderungen nach einer schnelleren Arbeitserlaubnis für Asylbewerber laut, falls sie Aussicht auf eine Anerkennung haben. Die Union hatte zudem vorgeschlagen, Asylbewerber während ihres Verfahrens zu gemeinnütziger Arbeit zu verpflichten.

+++

SPD-Innenminister für Maghreb-Staaten als sichere Herkunftsländer

Berlin – Die Innenminister der SPD-regierten Bundesländer sprechen sich dafür aus, die Maghreb-Staaten sowie Indien künftig als sichere Herkunftsländer einzustufen. Das berichtet die “Bild” (Donnerstagsausgabe) unter Berufung auf einen entsprechenden Beschluss der sogenannten A-Minister. Demnach sollen neben Georgien und Moldau künftig auch Staaten wie Algerien, Marokko, Westsahara zu den sicheren Herkunftsstaaten erklärt werden.

Wörtlich heißt es laut der “Bild” in dem Beschluss nach der Sitzung, die am Mittwoch stattfand und an der auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) teilnahm: “Die A-IMK spricht sich dafür aus, neben Georgien und Moldau auch Armenien, Indien und die Maghreb-Staaten als sichere Herkunftsstaaten in die Anlage II des Asylgesetzes mit aufzunehmen sowie zu prüfen, ob darüber hinaus weitere Herkunftsstaaten als sichere Herkunftsstaaten aufgenommen werden können.” Die SPD-Minister stellen sich damit auch gegen ihre Parteispitze. Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken hatte zuletzt immer wieder eine Einstufung der Maghreb-Staaten als sichere Herkunftsländer abgelehnt.

+++

Landkreistag für Umstellung auf Sachleistungen für Flüchtlinge

Berlin – Der Landkreistag spricht sich für eine rasche Umstellung von Geld- auf Sachleistungen für Flüchtlinge aus. “Wir müssen dringend die Attraktivität unserer Sozialleistungen im Vergleich zu anderen EU-Staaten in den Blick nehmen”, sagte der Präsident des Landkreistages, Reinhard Sager (CDU) der “Bild” (Donnerstagausgabe). “Wir sprechen uns für einen verstärkten Einsatz von Sachleistungen anstelle von Geldleistungen aus, auch wenn der Verwaltungsaufwand dafür höher ist.”

Sager reagierte damit auf jüngste Forderungen von CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann, der sich für die rasche Einführung einer eingeschränkten Prepaid-Karte statt Geldleistungen für Flüchtlinge ausgesprochen hatte.

+++

Audretsch kritisiert Merz-Vorstoß zu Versorgung von Asylbewerbern

Grünen-Fraktionsvize Andreas Audretsch lehnt die Forderung von CDU-Chef Friedrich Merz nach einer Verlängerung der eingeschränkten Gesundheitsversorgung für ausreisepflichtige Asylbewerber ab. “Friedrich Merz will seine unwürdige Zahnarztdebatte offensichtlich verlängern”, sagte Audretsch am Donnerstag den Sendern RTL und ntv. In der Realität bekämen Asylbewerber in den ersten Monaten nur dann Unterstützung, wenn sie akute Schmerzen haben.

Bei denen, die länger hier sind, gehe es um geduldete Menschen. “279.000 sind ausreisepflichtig, 80 Prozent davon haben eine rechtlich abgesicherte Duldung und die haben dann auch irgendwann Zugang zur Gesundheitsversorgung verdient. Das ist auch wichtig, weil Menschen, nur wenn sie gesund sind, sich hier in Deutschland integrieren können”, sagte der Grünen-Politiker.

red