Berichte: Ukrainische Kampfhubschrauber setzen wohl Öl-Depot in Russland in Brand

Dem ukrainischen Militär soll es gelungen sein, ein Öl-Depot auf russischem Gebiet anzugreifen. Laut Medienberichten sollen zwei ukrainische Helikopter eine Anlage bei der Stadt Belgorod beschossen haben. Belgorod liegt knapp 50 Kilometer von der Grenze zur Ukraine entfernt gegenüber der ukrainischen Stadt Charkow.

Der Regionalgouverneur von Belgorod soll den Angriff bestätigt und von zwei Verletzten gesprochen haben. Die Ukraine übernahm zunächst keine Verantwortung für den Angriff. Sollte sich der Vorfall bewahrheiten, wäre dies ein weiterer Schlag gegen Russlands Streitkräfte, die zu Beginn des Krieges als klar überlegen galten.

red / dts

 

Notfallplan Gas ausgerufen: Bundesregierung erwartet erhebliche Verschlechterung der Gasversorgung

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat die Frühwarnstufe des Nationalen Notfallplans Gas ausgerufen. Man bereite sich vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges auf eine erhebliche Verschlechterung der Gasversorgung vor, sagte der Minister am Mittwochmorgen in Berlin. Die Versorgungssicherheit sei aber gewährleistet, fügte er hinzu.

Der Grünen-Politiker kündigte an, einen Krisenstab einzuberufen, der täglich tagen werde. Ziel der Vorwarnstufe ist es, die Versorgung mit Erdgas auch nach einem möglichen Lieferstopp zu gewährleisten. Russland hatte zuletzt angekündigt, Gaszahlungen künftig nur noch in Rubel akzeptieren zu wollen, Deutschland lehnt dies aber ab.

Ob Russland tatsächlich das Gas abdrehen werde, sei unklar, so Habeck. Der Notfallplan Gas erlaubt es im Extremfall unter anderem, bestimmte Verbraucher vom Netz nehmen – allerdings erst in der dritten Stufe. Dies würde dann aber nicht die privaten Haushalte, sondern einzelne Großkunden aus der Industrie treffen.

red / dts

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Stadt Ludwigsburg pflastert Wegmarkierungen für Kriegsflüchtlinge mit den Farben der Freiheit

Immer mehr Menschen fliehen aus der Ukraine: Der russische Angriff auf die Ukraine vertreibt immer mehr Menschen, die meisten flüchten nach Polen. Mit Blick auf Moskaus Kriegsführung rechnen Experten mit bis zu zehn Millionen Kriegsflüchtlingen.

Etwa 300 Personen aus dem Kriegsgebiet haben sich in den vergangenen Tagen in Ludwigsburg offiziell angemeldet. Über 700 haben im städtischen Bürgerbüro in der Wilhelmstraße 9 gemeldet. Mehr als 120 sind an private Unterkünfte vermittelt worden. (Stand: 26. März). 40 Prozent der Angekommenen sind im Kindesalter, die sich meistens mit ihren Müttern auf die Flucht machten und deren Väter zurückbleiben mussten, um das Land zu verteidigen.

Die Flüchtlingshilfe der Stadt Ludwigsburg ist seit Beginn der russischen Invasion auf die Ukraine im Dauereinsatz. Und im Rathaus arbeitet man ebenfalls unter Hochdruck daran, die Aufnahme und Versorgung der Schutzsuchenden zu organisieren. Um den ankommenden Menschen soweit wie möglich Unterstützung zu geben sind seit Dienstag in Ludwigsburg die Gehwegmarkierungen für ankommende Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine angebracht. Diese Markierungen bestehen aus den Farben der ukrainischen Nationalflagge. Seitdem die Ukrainer 1991 ihre Souveränität erkämpften, gelten Blau und Gelb als Symbol der Freiheit.

Die Markierungen dienen dazu Flüchtlinge den Weg zum Service-Center der Stadt Ludwigsburg zu zeigen, in welcher sich die Menschen registrieren und gleichzeitig weitere wichtige Informationen zum Aufenthalt in der Barockstadt erhalten.

Weitere Infos für ankommende Kriegsflüchtlinge:

https://www.ludwigsburg.de/sc

red

 

Ukraine-Krieg: Neue Friedensverhandlungen in Istanbul

In Istanbul sollen am Dienstagvormittag neue Friedensverhandlungen zwischen der Ukraine und Russland beginnen. Delegationen beider Länder trafen am späten Montagabend ein. Es sind die ersten persönlichen Gespräche seit mehr als zwei Wochen.

Beginnen sollen sie um 10 Uhr Ortszeit (9 Uhr deutscher Zeit). Die Hoffnungen auf große Fortschritte sind aber gering. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte zuletzt zwar erklärt, Neutralität in Betracht zu ziehen, die Forderungen Russlands gehen aber deutlich weiter.

Auch mehrere Politikwissenschaftler meldeten Zweifel gegenüber dem Format und an den Absichten des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan an. “Ganz bestimmt ist Erdogan kein Friedensengel”, sagte der ehemalige Direktor der Akademie für Politische Bildung (APB) in Tutzing, Heinrich Oberreuter, der “Bild”. Er mache das “mit Sicherheit nicht nur aus humanitären Gründen”.

Erdogan ziele mit der erneuten Einladung zu Friedensgesprächen auf innenpolitische und internationale Prestige-Gewinne ab. Auch die Politologin Ursula Münch sieht die Gespräche mit Skepsis. “Ich traue den Friedensgesprächen nicht und halte sie für eine Verzögerungstaktik”, sagte sie der Zeitung.

“Insgesamt bin ich skeptisch, ob wir mit den Gesprächen nicht nur in einer falschen Sicherheit gewogen werden.” Münch fügte hinzu, dass sie befürchte, “dass solche Gespräche im Grunde von russischer Seite aus betrieben werden, um Zeit zu gewinnen”.

red / dts

 

Offenbar mehr als eine halbe Million Ukrainer in ihr Heimatland zurückgekehrt

Ukrainer kehren in großem Umfang in ihr Heimatland zurück. “Seit Kriegsbeginn am 24. Februar sind 510.000 Ukrainer aus dem Ausland wieder zurückgekehrt, darunter mehr als 110.000 in der letzten Woche”, sagte der Sprecher der ukrainischen Grenzpolizei Andrij Demtschenko der “Welt”. Laut Demtschenko sind bis zu 80 Prozent der einreisenden Ukrainer Männer.

Die Grenzpolizisten fragten zwar nicht jeden Rückkehrer nach seinen Gründen, doch man könne sagen, dass die meisten militärisch oder nicht-militärisch zur Landesverteidigung beitragen wollten, hatte Demtschenko vor einer Woche im Medienzentrum Lemberg gesagt. Die meisten Rückkehrer kommen aus dem nordwestlichen Nachbarland Polen. 352.000 Ukrainer sind laut polnischem Grenzschutz seit Kriegsbeginn in ihr Heimatland ausgereist, wie die Behörde am Montag mitteilte.

Laut der Union der ukrainischen Jugend in Lemberg kehrten auch aus Nachbarländern wie Ungarn und Estland Ukrainer zurück. Ein Sprecher sagte der “Welt”, überwiegend seien dies Männer, die sich den Verteidigungskräften anaschließen wollten. Über Rückkehrbewegungen aus Deutschland in die Ukraine hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) bisher keine Erkenntnisse, wie das Amt mitteilte.

Laut “Welt”-Informationen aus Sicherheitskreisen wären solche kleineren Rückkehrbewegungen schwer feststellbar, weil bei der Ausreise aus Deutschland die Wahrscheinlichkeit, grenzpolizeilich aufzufallen, noch geringer sei als bei der Einreise per Pkw. Die häufig verspätete Registrierung sorgt für Kritik der kommunalen Spitzenverbände. Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, sagte der “Welt”: “Natürlich wäre es das Beste, die schutzbedürftigen Menschen bereits bei der Einreise an den Grenzen oder in den Erstaufnahmeeinrichtungen zu registrieren. Dann wäre von Beginn an eine faire Verteilung möglich.” Wenn dies nicht gelinge, müssen die Länder die Erfassung und Registrierung für alle ukrainischen Flüchtlinge sicherstellen. Dedy plädiert für ein vereinfachtes Registrierungsverfahren, es sei fraglich, “ob immer eine Registrierung mit aufwendiger erkennungsdienstlicher Behandlung nötig” ist.

“Das dauert ziemlich lange und passt nicht in die dynamische Situation, die wir derzeit haben. Viele geflüchtete Menschen haben biometrische Pässe, so dass an ihrer Identität kein Zweifel besteht.” Der Präsident des Landkreistages, Reinhard Sager (CDU), hält eine bessere Registrierung für unerlässlich.

“Es könnten noch viele Hunderttausend Ukrainer zu uns fliehen und möglicherweise dauerhaft bleiben. In einer solchen Situation ist die lückenlose Erfassung grundlegend”, sagte der CDU-Politiker. Die Erfassung sei wichtig für eine sinnvolle Verteilung und damit auch für die strukturierte Eingliederung in Schulen, die Unterbringung in Wohnungen und die Aufnahme einer Arbeit.

Allerdings laufe die Verteilung derzeit noch nicht rund. “Aus kommunaler Sicht wäre es zu begrüßen, wenn angekündigte Vertriebene dann auch tatsächlich in dem betreffenden Landkreis ankämen. Das klappt noch nicht zufriedenstellend, sodass vor Ort teilweise Betten, Verpflegung, Kleidung und Hygieneartikel vorbereitet sind, dann aber weniger Menschen kommen als angekündigt.”

Man könne das “verbessern, indem nicht die geplanten Ankünfte mitgeteilt, sondern quasi in Echtzeit übermittelt würde, wie viele Personen tatsächlich die betreffenden Busse bestiegen haben”.

red / dts

Innenministerin lehnt Registrierung aller Ukraine-Flüchtlinge ab

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) lehnt eine Registrierung aller vor dem Krieg in der Ukraine geflüchteten Menschen in Deutschland ab. “Wir reden vor allem von Kindern und Frauen, tagelang auf der Flucht sind, die in der Kälte an der polnischen Grenze ausharren mussten”, sagte sie dem “Tagesspiegel”. Man wolle nicht, dass sie an der deutschen Grenze aufgehalten werden, weil man stationäre Grenzkontrollen einführe.

“Nur zur Klarstellung: Die Menschen haben das Recht, sich hier frei zu bewegen. Und Drittstaatsangehörige werden natürlich registriert.” Zudem würden Ukrainer registriert, falls sie in eine Erstaufnahmeeinrichtung kommen oder sobald sie staatliche Hilfe brauchen.

Die SPD-Politikerin wies Vorwürfe von CDU-Chef Friedrich Merz zurück, dass man kaum wisse, er da eigentlich ins Land komme und wo die Menschen blieben. “Die Bundespolizei geht in die Züge, wenn sie über die Grenze kommen, und kontrolliert alle Pässe. Wer keinen Pass hat oder aus einem Drittstaat kommt, wird erfasst und registriert.”

Beim Busverkehr sei das schwieriger, weil der oft privat organisiert ist. “95 Prozent der Menschen, die aus der Ukraine zu uns flüchten, sind auch ukrainische Staatsangehörige.” Bisher gebe es keine Hinweise, dass etwa Weißrussland gezielt Menschen auf den Weg nach Europa schicke, auch nicht auf mögliche Terroristen, die versuchen über die Fluchtbewegung nach Europa zu kommen.

Faeser lehnt zudem die von der Gewerkschaft der Polizei (GdP) geforderten Schutzzonen an deutschen Bahnhöfen für ankommende Flüchtlinge aus der Ukraine ab – die GdP begründet die Forderung damit, dass Männer versuchen, Frauen an Bahnhöfen von einer Privatunterbringung zu überzeugen und sie diese dann zur Prostitution zwingen könnten. “Bei der Frage der Schutzzonen müssen wir auch sehen: Viele Ehrenamtliche nehmen Geflüchtete in Empfang, sehr solidarisch und sehr menschlich”, so Faeser. “Das ist ein herzliches Willkommen für die Menschen, die aus diesem schrecklichen Krieg kommen.”

Wenn sich Helfer um die Menschen bei der Ankunft kümmern, sei es etwas anderes, als wenn nur Polizisten da seien.

red / dts

Stadt Ludwigsburg sucht dringend Unterkünfte für Ukraine-Geflüchtete – Sporthallen als letzte Option

Von Uwe Roth

Ein Oberbürgermeister ist auf Wohnungssuche: Matthias Knecht persönlich mietet derzeit alles an, was in Ludwigsburg der Unterbringung von aus der Ukraine geflüchteten Menschen dienen könnte. Dafür nutzt der Rathauschef seine Befugnis der „kurzfristigen Eilentscheidung“. Der Gemeinderat wird in seiner Sitzung im April darüber nachträglich informiert und gegebenenfalls um Zustimmung gebeten. Die Rathausspitze setzt aber auf „Akzeptanz“ in den politischen Gremien, wenn sich nun Prioritäten verändern, und „die Stadtverwaltung einige Dienstgeschäfte nicht mehr in dem gewohnten Maß erfüllen kann“. Was genau damit gemeint ist, wird sich noch zeigen. Städtische Sporthallen zu beschlagnahmen, um dort ein Bettenlager einzurichten, betrachtet das Stadtoberhaupt jedenfalls als die letzte Option zur Unterbringung von Geflüchteten. Knecht ist nach eigener Aussage guter Hoffnung, dass genügend reguläre Schlafplätze für eine menschenwürdige Unterbringung gefunden werden.

Die bisherige Bilanz stimmt ihn optimistisch: Etwa 300 Personen aus dem Kriegsgebiet haben sich in den vergangenen Tagen in Ludwigsburg offiziell angemeldet. Über 700 haben im städtischen Bürgerbüro in der Wilhelmstraße 9 gemeldet. Mehr als 120 sind an private Unterkünfte vermittelt worden. 40 Prozent der Angekommenen sind im Kindesalter, die sich meisten mit ihren Müttern auf die Flucht machten und deren Väter zurückbleiben mussten, um das Land gegen Putins Soldaten zu verteidigen. Der Oberbürgermeister und die Sozialbürgermeisterin Renate Schmetz sprachen dieser Tage vor Medienvertretern von einer „unglaublichen Hilfsbereitschaft und Solidarität“ in der Ludwigsburger Bevölkerung. Diese beschränke sich nicht allein auf das Spenden von Geld, Klamotten oder Möbeln. Einige Bürger seien darüber hinaus bereit, ihr privates Umfeld zu öffnen, um in der eigenen Wohnung oder dem eigenen Haus beispielsweise in den ehemaligen Zimmern der Kinder Fremde aufzunehmen. Und diese Bereitschaft könne unter Umständen auf eine harte Probe gestellt werden. Knecht befürchtet, es könne bis zu zwei Jahren oder länger dauern, bis der Weg für die Menschen zurück in ihre Heimat möglich werde. Da sei von allen Seiten Durchhaltevermögen gefragt.

Auf mehr private Unterkunftsangebote ist die Stadt angewiesen: Der OB rechnet mit 1000 weiteren Geflüchteten, die in den nächsten Wochen von der Landeserstaufnahmestelle und der Kreisverwaltung an die Stadt verwiesen werden. „Für 500 Personen sind städtisch angemietete Unterkunftsplätze verfügbar“, teilte er als Ergebnis einer ersten Suche mit. Darunter seien Privatwohnungen, Hotelzimmer, von Bauträgern angebotene Unterkünfte sowie gewerblich genutzte Gebäude. Das seit September vergangenen Jahres geschlossene Hotel „Krauthof“ im Stadtteil Hoheneck wird erst einmal nicht abgerissen, sondern reaktiviert. Dafür müssen die Zimmer neu eingerichtet werden. Vor Jahrzehnten war dort während einer Weltmeisterschaft die ukrainische Handballnationalmannschaft untergebracht. Nun ziehen in den „Krauthof“ Landsleute aus einem sehr tragischen Grund und nicht selten traumatisiert, wie Betreuende beobachten.

Die Stadt hat einen Ukraine-Krisenstab eingerichtet, in dem sich Vertreter der städtischen Ämter mehrmals die Woche treffen. Erfahrungen aus den Jahren der Unterbringung von Flüchtenden aus Syrien und der Corona-Pandemie sollen helfen, die Bürokratie gering zu halten. Das Bürgerbüro sucht zusätzliche Räume außerhalb des Rathauses als zentrale Anlaufstelle für Geflüchtete, um „alles aus einer Hand“ regeln zu können. Knecht und Schmetz hoffen auf die Bereitschaft von Eigentümern, in deren Immobilien in der Innenstadt Ladenflächen leer stehen. In den Fußgängerzonen gibt es aktuell einige Geschäfte, die schon viele Monate keinen Mieter mehr haben. Sie könnten eine ideale Lösung sein, um den neu Angekommenen unnötige Behördengänge zu ersparen.

Neben der Unterbringen haben die städtischen Ämter viel zu organisieren: Zu allererst Sprachkurse und die Betreuung der Kinder. Ältere mit einer Berufsausbildung sollen eine Arbeit finden. Auch wer in der Stadt nicht direkt helfe, werde die Auswirkungen des Krieges zu spüren bekommen, stellte Knecht klar. Der Oberbürgermeister zeigte sich im Pressegespräch hoch motiviert, die Hilfsbereitschaft in der Stadt auf hohem Niveau zu halten. Er spüre angesichts des Kriegstreibers Putin eine Mischung aus Wut und Ohnmacht. Alles sei zu unternehmen, was eine Ausweitung des verheerenden Kriegs verhindere.

Zum Protest gegen den Ukraine-Krieg – raus aus der Komfortzone

Ein Gedankensplitter von Uwe Roth

An diesem Donnerstag haben sich erneut ein paar Hundert Menschen auf dem Ludwigsburger Marktplatz versammelt. Sie zeigten – auch in Gebeten – Solidarität mit der Bevölkerung in der Ukraine. Solche friedlichen Aktionen gegen Russland sind wichtig. Auch wenn man davon ausgehen kann, dass dies die Verantwortlichen im Kreml in keiner Weise beeindruckt. Putin schonmal gar nicht. Den Menschen im Kriegsgebiet hilft es wenig, wenn Eltern und ihre Kinder mit Ökokreide Friedenszeichen auf öffentliche Flächen in Ludwigsburg malen und danach die Bilder in den sozialen Netzwerken verteilen. Ein solcher Aufruf war in Facebook zu lesen.

Die Lage hat sich in dieser Woche dramatisch zugespitzt, dass man diese provokante Frage stellen darf: Wer will mit seinem Handeln tatsächlich etwas ändern? Oder wem geht es nur darum, mit den eigenen Ängsten vor einem möglichen Krieg klarzukommen. Helfen, ohne die geliebte Komfortzone zu verlassen, bringt in diesem Stadium der Krise nur noch wenig. Dazu zählt beispielswiese das Spenden von Klamotten, die man sowieso nicht mehr tragen will. Ein Helfer an der polnisch-ukrainischen Grenze hat flehentlich in die Kamera gesagt, wir sollen keine Textilien mehr schicken… Wer helfen will, der soll Geld an Organisationen überweisen, die dafür kompetent sind. Wer Flüchtende ein Zuhause gibt, zeigt seine Bereitschaft, die Wohlfühlzone zu verlassen.

Es gibt drei Formen des Handelns: Aktionen, die symbolischer Natur sind und letztlich nichts verändern. Da sind zum anderen humanitäre Hilfen aller Art für die ukrainische Bevölkerung und zum dritten der persönliche Verzicht, der in der Summe Putin schwächen kann. Man darf gespannt sein, wer alles bereit ist, freiwillig seine Komfortzone zu verlassen, wenn die Verbraucherkosten weiter durch die Decke gehen. Es ist nicht nur fehlendes Erdgas, das unser Leben verteuert, sondern auch ausbleibendes Getreide aus Russland und der Ukraine.

Echter Verzicht darf ruhig wehtun. Muss wehtun. Am 25. November 1973 hat es wegen der damaligen Ölkrise den ersten autofreien Sonntag gegeben. Die Straßen waren vollkommen leer! Gut, es war eine staatliche Anordnung. Aber die Autofahrer*innen haben diese ohne Murren befolgt. Es wäre ein öffentlich wahrnehmbares Zeichen gegen Putin, wenn wir ihm Bilder von leeren Straßen senden könnten. Wir brauchen dein blutgetränktes Gas nicht! Wir finanzieren nicht deinen Krieg an unseren Tankstellen! Oder über horrende Gasrechnungen, weil immer noch zu vielen glauben, jeden Tag duschen zu müssen und kuschelig in der Wohnung beginnt bei weit über 20 Grad.

Wenn es darum geht, sich wesentlich einzuschränken (was immer noch ein Klacks im Vergleich zu dem wäre, was die ukrainische Bevölkerung aushalten muss), kommen weinerliche Mimimi-Ausreden. Das Fernsehen zeigt Autofahrer, für die das Vehikel aus beruflichen Gründen unverzichtbar ist. Es zeigt Politiker, die eine Senkung der Energiesteuer fordern. Medien berichten über den Autokorso, der durch Ludwigsburg fährt, um gegen Corona-Regeln zu protestieren. Das Auto ist für viele zur Droge geworden, von der sie nicht so leicht loskommen.

In Baden-Württemberg hat die Umweltministerin einen autofreien Sonntag ins Gespräch gebracht. Doch ein solcher wäre im März 2022 im Gegensatz zu dem vor 50 Jahren alles andere als autofrei. Schließlich will man auf die Sonntagsbrötchen nicht verzichten. Dabei wäre es so wichtig, aus eigenem Antrieb die eigene Komfortzone zu verlassen und nicht darauf zu warten, bis einen die äußeren Zwänge (zum Beispiel staatliche Anordnungen) aus dieser verdrängen. Das schafft nur weiteren Frust und bringt neue Querdenker hervor.

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