Auf dem Weg zur nachhaltigen Wärmeversorgung: Stadtwerke Ludwigsburg suchen Alternativen für Öl und Gas

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Ludwigsburg – Fernwärme statt Erdgas, Erdwärme statt Heizöl – bis in etwa 15 Jahren sollen im Versorgungsbereich der Stadtwerke Ludwigsburg-Kornwestheim (SWLB) die Haushalte mit erneuerbaren Energien versorgt werden. „Die Wärmewende ist ein gewaltiger Brocken“, betont Ludwigsburgs Baubürgermeisterin Andrea Schwarz am Dienstag in einem Pressegespräch. Die Wärmewende sei eine „der größten Hebel zur Klimaneutralität“. SWLB-Geschäftsführer Christian Schneider wirft die Investitionssumme von etwa einer Milliarde Euro in den Raum, die die Abkehr von den fossilen Energieträgern kosten könnte. „Eine Schätzung“, wie er betont. Eine aufwendige und mit Unterstützung einer externen Energieberatung erstellte To-do-Liste zu einer klimaneutralen Wärmegewinnung steht und soll am Mittwoch unter dem Titel „Kommunale Wärmeplanung“ dem Gemeinderat vorgestellt werden. Bis Jahresende soll sie abgeschlossen sein.

Die Kommunale Wärmeplanung ist für die Stadt eine Pflichtaufgabe, die das Land und der Bund allen Kommunen in Deutschland auferlegt haben. Die Bundesregierung hat im vergangenen Jahr die Vorgaben zum Klimaschutz verschärft. Bereits bis zum Ende des Jahrzehnts soll der CO2-Ausstoß um 65 Prozent gegenüber 1990 sinken. In der Vergangenheit standen der Verkehr und die Verbrenner-Motoren als Klimaschädlinge im Fokus. Inzwischen ist für die Expertinnen und Experten klar, dass das Klimaziel ohne Austausch der unzähligen Öl- und Gas-Heizungen unerreicht bleibt.

Sie sollen zeitnah durch Anlagen ersetzt werden, die im Gegensatz zu fossilen Energieträgern kein CO2 freisetzen. Wie das passieren soll, steht im Entwurf zum Gebäude-Energiegesetz (GEG), das als Heizungsgesetz negativ in die Schlagzeilen geraten ist. Kritiker und Regierungsgegner lasen aus dem Gesetzesentwurf heraus, dass ab dem kommenden Jahr Öl- und Gas-Heizungen nicht mehr betrieben werden dürfen und durch teure Neuanlagen ausgetauscht werden müssten. Was so aber nicht stimmt. Solange die Anlage ordnungsgemäß funktioniert, darf sie in Betrieb bleiben. Doch die Verunsicherung ist geblieben.

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Der eigentliche Fehler der Politik war, dass das Heizungsgesetz in seinem ersten Entwurf schneller fertig war als die Kommunale Wärmeplanung. Denn erst wenn die Kommune weiß, welche erneuerbare Energieträger sie auf ihrer Gemarkung überhaupt anbieten kann, können sich die Eigentümer einer Immobilie für eine Nachfolge-Heizungsanlage entscheiden. Die Bundesregierung hat den Entwurf zum Heizungsgesetz überarbeitet. Nun soll dieses mit dem Wärmeplanungsgesetz besser verzahnt sein.

Zur Kommunalen Wärmeplanung gehört herauszufinden, in welchem energetischen Zustand die Gebäude sind und mit welchen Energieträgern die Räume geheizt und das Warmwasser aufbereitet werden. Allein in Ludwigsburg sind das 18.500 Gebäude, deren Daten erfasst werden. Dazu greift die Stadt auf Daten der Schornsteinfeger zurück. So wird der Bedarf CO2-frei erzeugter Wärme-Menge ermittelt, die die Stadtwerke spätestens 2035 den Haushalt zur Verfügung stellen müssen. Die Stadtwerke versorgen heute einen kleinen Teil der Haushalte mit Fernwärme, die vom Solarthermie-Feld am alten Wasserturm sowie dem Holzheizkraftwerk aus der Nachbarschaft stammt. Einige Immobilien sind mit einer Wärmepumpe ausgestattet. Doch das ist nur ein Bruchteil dessen, was tatsächlich gebraucht wird. 90 Prozent der Wärme wird noch mit fossilen Energieträgern produziert. Das Ziel heißt 100 Prozent erneuerbare Energien bis 2035. Aktuell blasen die Anlagen zur Wärmeerzeugung in der Stadt noch 215.000 Tonnen CO2 jährlich in die Luft. Das entspricht 2,3 Tonnen pro Einwohner.

Bis 2035 sollen laut den SWLB-Geschäftsführern Christian Schneider und Johannes Rager knapp 80 Prozent der Haushalte am Fernwärmenetz angeschlossen sein. Viele Straßen müssen dafür aufgegraben werden. Die Baustellen werden Ärger bereiten, wissen die Geschäftsführer. Gleichzeitig müssen neben den vorhandenen neue klimaneutrale Energieträge gefunden werden. In Frage kommen Wärme aus dem Neckar, Abwärme aus den Kläranlagen, Tiefenwärme und auch der Hoffnungsträger Wasserstoff. Derzeit wird eine Pipeline gelegt, aus der Ludwigsburg irgendwann Wasserstoff beziehen könnte. Das wird viel Geld kosten. Baubürgermeisterin Schwarz gibt zu bedenken, dass die Schäden durch den Klimawandel weitaus drastischer sein würden, sollte man dem Klimawandel nichts entgegnen.

red