Wirbel um Stihl-Werk in Ludwigsburg: Neubaupläne eingestellt, droht ein Umzug in die Schweiz?

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Von Ayhan Güneş

Ludwigsburg – Im Westen von Ludwigsburg gähnt eine riesige Industrie-Brache. Die Firma Stihl hat dort mit viel Lärm ein altes Werk 5 abgerissen. Ein modernes Industrie-Gebäude sollte ersatzweise entstehen. Zeitnah. Die Stadt Ludwigsburg freute, dass Gewerbesteuer-Einnahmen wohl erhalten blieben. Dann hieß es aus dem Waiblinger Motoren-Hersteller ohne Vorwarnung, der Neubau verzögere sich. Die nächste Nachricht aus dem Unternehmen vor einigen Wochen ließen im Rathaus die Alarmglocken schrillen. Sie lautete, ein Umzug in die Schweiz wäre möglich. Aus Kostengründen. Aufsichtsratsvorsitzender Nikolas Stihl hat das am Mittwoch in der Tagesschau bekräftigt. Obwohl Schweizer Arbeiter mehr verdienten, sei die Produktion dort billiger, sagte er in die Kamera. 

Im Onlineportal „BW24“ argumentierte das Traditionsunternehmen mit missliebigen Drohungen seitens der Gewerkschaft: „Mittelfristig steht die Forderung der IG Metall nach einer 32-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich im Raum“, sagte eine Firmensprecherin. „Diese Arbeitszeitverkürzung würde die Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Standorts insgesamt nochmals deutlich schwächen.“ 

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Ludwigsburgs Oberbürgermeister Matthias Knecht sagte demselben Magazin, dass sich die Entscheidung bereits angedeutet habe. „Am Ende war es dann aber doch etwas überraschend, dass das Projekt gänzlich auf Eis gelegt wurde“, so der parteilose Politiker. „Schließlich wäre es auch denkbar gewesen, dass das Projekt in etwas abgespeckter Form umgesetzt wird.“ 

Nikolas Stihl hatte noch im November 2022 in einem Bericht auf Ludwigsburg24 betont: „Wir stärken unseren deutschen Wirtschaftsstandort und bekennen uns zu unseren Ludwigsburger Werken. Ich freue mich, dass wir das Gelände mit einem innovativen Neubau im Stadtraum integriert entwickeln und so die Weichen für das nachhaltige Wachstum von STIHL stellen können.“ 

Konkrete Pläne scheinen vorgelegen zu haben. Stihls Produktionsvorstand Martin Schwarz sagte damals, der Neubau sehe mit einer Brutto-Geschossfläche von bis zu 35.000 Quadratmetern zwei wärme- und schallgedämmte Fertigungsebenen vor, die für einen energieeffizienten Betrieb mit Wärmerückgewinnung und Verdunstungskühlung ausgestattet seien. 

Stattdessen heißt es nun auf Anfrage von Ludwigsburg24 von der Firmenleitung: Es sei deutlich geworden, dass die Umsetzung der bestehenden Vorplanung eine unerwartet hohe Investitionssumme erfordern würde, unter anderem wegen stark gestiegener Baukosten. Hinzu kämen „erhebliche Energiekosten während des Betriebs“. Allerdings steht in der Stellungnahme nichts von konkreten Umzugsplänen. Die Schweiz als ein alternativer Standort werde erst noch geprüft. „Dort produzieren wir unsere Sägeketten für den Weltmarkt. Sollte die Entscheidung für diesen Standort getroffen werden, könnte zukünftig die gesamte Schneidgarnitur für unsere Motorsägen in der Schweiz hergestellt werden.“ 

Da der Weiterbetrieb der bestehenden Schienenfertigung im Werk 2 in Waiblingen-Neustadt bis mindestens 2030 gesichert ist, werde zu einem späteren Zeitpunkt „final über den künftigen Fertigungsstandort entschieden“. Das Areal des ehemaligen Werks 5 in der Ludwigsburger Weststadt bleibe in Besitz von Stihl und werde „zunächst stillgelegt“. Eine neue Nutzung für ein Wohngebiet ist seitens des Unternehmens somit ausgeschlossen. Zumindest vorerst.