“Ich spiele auf Sieg” – Stephan Muck im Gespräch mit Ludwigsburg24

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Das Rathaus ist sein Ziel. Der anstehende OB-Wahlkampf in Bietigheim-Bissingen der Weg dorthin. Nur zu gerne möchte Winzer und Gastronom Stephan Muck -Spitzname Colombo – den amtierenden Oberbürgermeister Jürgen Kessing im Amt ablösen. Der 50-jährige gebürtige Bietigheimer ist politisch erfahren. Seit 20 Jahren sitzt er schon im Gemeinderat, die ersten fünf Jahre für die Grüne Alternative Liste, danach wechselte er zu den Freien Wählern. „Dort bin ich frei in meiner Entscheidung. Wir sind eine bunte Truppe und wahrscheinlich bin ich von allen der Bunteste“, lacht Muck, den es in seinem Leben schon mehrfach aus der Kurve geworfen hat. „Ich hatte auch schon beruflich wie privat Niederlagen zu verkraften und war dann entsprechend niedergeschlagen“, sagt der Ex-DJ über sich selbst. „Aber ich habe eine Kämpfernatur, stehe immer wieder auf, entwickele neue Ideen, für die ich mich dann leidenschaftlich engagiere.“ Von seinem letzten Tiefpunkt vor einem Jahr, einem Bandscheibenvorfall im Lendenwirbelbereich, hat er sich zum Glück erholt, denn jetzt braucht er volle Power für seinen Wahlkampfendspurt.

Ein Interview von Patricia Leßnerkraus und Ayhan Güneş

Herr Muck, Sie sind ein sehr direkter und vergleichsweise unkonventioneller Mensch. Glauben Sie, dass Sie mit Ihrer Art draußen bei den Menschen ankommen und eine Chance auf den Oberbürgermeisterposten haben?
Würde ich nicht an meine Chance glauben, würde ich nicht zur Wahl antreten. Ich spiele auf Sieg, mein Ziel sind 51 Prozent. Es ist eine Wechselstimmung spürbar. Ich bin durch meine politische sowie gastronomische Tätigkeit gut vernetzt. Außerdem bin ich der einzige Herausforderer, der gegen Herrn Kessing antritt. Nicht jeder findet ihn sympathisch, mich allerdings auch nicht. Manche mögen mir ankreiden, dass ich niemanden hofiere, sondern alle gleich behandele. Ich weiß, dass ich durch meine berufliche Historie nicht überall gleichermaßen geschätzt bin. Und ich weiß auch, dass ich nicht immer Mainstreampolitik vertrete. Aber, ich bin bei allem, was ich sage und tue, absolut authentisch, was mir sehr wichtig ist.

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Sehen Sie in Bietigheim Parallelen zum OB-Wahlkampf in Ludwigsburg?
Mit Nuancen gibt es da tatsächlich Ähnlichkeiten zu Ludwigsburg, zu Freiburg und ein paar anderen, etwas kleineren Kommunen. Jemand, der da nicht selbst drinsteckt, kann die Stimmung der jeweiligen Kommune jedoch nicht wirklich nachvollziehen.

Was befähigt Sie Ihrer Meinung nach für das Amt des Oberbürgermeisters?
Da ist zum einen meine langjährige politische Erfahrung. Dann weiß ich, dass ich ein extrem guter Organisator bin, was ich schon in meinen jungen Zwanzigern als Gastronom bewiesen habe. Ein weiteres Plus ist neben meiner großen Kommunikationsfreude meine Fähigkeit, auf Menschen zu- und einzugehen sowie mich schnell auf jede Situation einstellen zu können.

Ihnen fehlt aber für eine Behörde mit mehr als 800 Mitarbeitern jegliche Verwaltungserfahrung.
In kleinen Gemeinden ist für den Bürgermeisterposten ein Verwaltungsfachmann notwendig. Hier in Bietigheim gibt es eine gut funktionierende Verwaltung, die dem Oberbürgermeister auf Verwaltungsebene enorm viel zuarbeitet oder Arbeit abnimmt. Im Verwaltungsausschuss beispielsweise beantwortet nicht der OB die Fragen, sondern der Amtsleiter. Mag sein, dass sich Herr Kessing deshalb in Bietigheim wohl etwas unterfordert fühlt. Anders kann ich es mir nicht erklären, dass er sich nach seiner ersten Wiederwahl schon kurz darauf als VfB-Präsident ins Spiel gebracht und dann die DLV-Präsidentschaft übernommen hat. Er ist in dieser Funktion viel unterwegs. Keiner weiß genau, wie viel Zeit er für den DLV-Posten aufbringt. Dabei bringt der Stadt dieses zusätzliche Amt außer ein paar Veranstaltungen wenig. Ein weiteres Argument für meine Führungsbefähigung ist die Tatsache, dass ich als Oberbürgermeister für eine andere Gemütslage bei den Mitarbeitern sorgen würde. Momentan fühlt sich im Rathaus niemand für ernstgenommen, die Stimmung dort ist nicht gut.

Warum haben Sie Ihre Kandidatur erst kurz vor Toresschluss eingereicht?
Meine Entscheidung für meine Kandidatur fiel bereits am 13. Januar, aber ich wollte zuerst abklären, ob es noch andere Kandidaten geben würde. Ich will unbedingt den Wechsel im Rathaus, das würde jedoch mit einem zweiten Herausforderer schwieriger werden. Aber vor meiner Bekanntgabe haben die Vorbereitungen für meine Kandidatur natürlich schon langsam Fahrt aufgenommen, da uns ja die Zeit weglief. Ich brauchte ein Team, das mich unterstützt bei Social Media, bei Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, bei der Website und allem, was so anfällt. Im Moment besteht das Team aus rund fünfzehn Personen, die das alle nahezu ehrenamtlich machen. Dennoch benötigt man auch entsprechende finanzielle Unterstützung, sei es, um Flyer zu drucken oder Anzeigen zu schalten. Aber auch das läuft inzwischen gut.

Sie wirken sehr leidenschaftlich und engagiert, man könnte auch sagen, Sie wirken geradezu euphorisch. Woher nehmen Sie Ihre ganze Energie?
Auch wenn ich derzeit nachts nur vier Stunden Schlaf bekomme, macht mir der Wahlkampf großen Spaß, weil ich viel positives Feedback aus der Bevölkerung erhalte, von jung bis alt. Vor ein paar Tagen erst kam ein Herr um die 80 auf mich zu und sagte: ‚Junge, wenn du jemanden brauchst, der deine Flyer verteilt, dann ruf mich an, ich mache das für dich‘. Es passieren gerade so viele großartige Dinge, die können keine Zufälle sein, eins fügt sich perfekt ins andere. Das beflügelt mich förmlich, zumal ich eh ein sehr begeisterungsfähiger Mensch bin.

Fahren Sie auch mal runter und wie kommen Sie dann zur Ruhe?
Natürlich schalte auch ich mal ein paar Gänge runter. Momentan helfen mir dabei die Beatles vor allem mit ihrem Song ‚The long and winding road‘. Wenn ich nachts wach werde, dann stehe ich auf und spaziere draußen ganz allein eine Runde und höre dabei diesen Song auf dem Handy. Während ich arbeite läuft dagegen klassische Musik im Hintergrund. Gelegentlich nehme ich mir kurze Auszeiten, trinke irgendwo einen Kaffee und schalte dabei das Handy aus.

Sie betreiben derzeit Ihren Weinbau und bewirtschaften Ihren „Besa em Städtle“. Was passiert damit, wenn Sie die Wahl tatsächlich gewinnen sollten?
Beide Aufgaben neben dem Amt des OBs noch auszuüben, sehe ich als unmöglich an. Im Weinbau sind die zeitlichen Anforderungen sehr hoch und reich wird man davon heutzutage auch nicht mehr. Dazu kommt meine ständige Anwesenheit im Besen, so dass mir ja jetzt schon nur noch höchstens der Sonntag fürs Privatleben bleibt. Da ist der OB-Posten durchaus ein erstrebenswertes Ziel. Deshalb werde ich die Weinberge verpachten und der Besen soll – so ist es wenigstens angedacht – innerhalb der Familie fortgeführt werden.

Brennt Ihre Frau Claudia genauso für Ihre Kandidatur wie Sie?
Nein, meine Frau ist ganz anders als ich. Sie unterstützt mich und hat mir für die Kandidatur grünes Licht gegeben.. Aber, sie bremst mich dennoch manchmal etwas ein, erdet mich. Sie selbst ist sehr zurückhaltend, scheut eher die Öffentlichkeit, geht aber trotzdem sehr gerne zu Veranstaltungen mit, wenn sie die Zeit dazu hat.

Unterstützen Sie Ihre Frau umgekehrt auch, zum Beispiel im Haushalt?
Den Haushalt haben wir zwischen uns gerecht aufgeteilt, da meine Frau auch voll berufstätig ist. Sie arbeitet in Stuttgart als Assistentin der Geschäftsführung in einem international tätigen Unternehmen, muss morgens früh raus und kommt abends spät heim. Wenn ich den Haushalt mache, beispielsweise staubsauge, kann ich dabei übrigens auch herrlich abschalten.

Haben Sie derzeit noch Zeit für Hobbys?
Nein, die hatte ich aber auch schon vorher als Gemeinderat nicht. Ich habe zwar jetzt wieder mit Joggen angefangen, aber dann sofort Probleme mit den Waden bekommen. War wohl gleich zu Beginn etwas zu viel. Zeit für Bücher habe ich leider auch nicht, ich schaue dann eher YouTube-Filme beispielsweise von Eckhart Tolle an. Er ist Autor spiritueller Bücher. Ich lese Tageszeitung, ganz intensiv natürlich den Lokalteil. Ein Muss ist der Kicker, denn Fußball ist eine Leidenschaft von mir.

Können Sie Urlaub genießen und vom Alltag loslassen?
Ja, das kann ich durchaus. Entweder wandern meine Frau und ich oder wir liegen relaxed am Strand. Wir wechseln gerne jährlich zwischen Italien und Südfrankreich. Dieses Jahr möchte meine Frau mit mir gerne eine Alpenüberquerung machen, zu Fuß, aber ohne Gepäck. Meinetwegen müssen wir aber nicht unbedingt wegfahren, ich würde auch gerne Urlaub daheim machen. Das Hohenlohische gefällt mir sehr gut, weshalb wir zum Baden gerne an die Jagst fahren. Aber meine Frau möchte ihren Urlaub halt lieber woanders verbringen. Allerdings enden meine Vorschläge bei ihr nördlich vom Main. Egal, was ich ihr da vorschlage, sie ist wenig begeistert davon.

Was macht Ihre Beziehung aus?
Unsere Beziehung ist einfach wunderschön. Als ich vor siebzehn Jahren meine jetzige Frau traf, war plötzlich alles anders. Sie hat mich damals in einem Zustand der Niedergeschlagenheit kennengelernt. Sie hat sich von meinem Zustand aber zum Glück nicht abschrecken lassen. Drei Monate nach unserem Kennenlernen habe ich ihr schon einen Heiratsantrag gemacht und mich mit ihr verlobt. Seitdem sind wir glücklich, inzwischen verheiratet. Sie ist nicht mit allem einverstanden, was ich mache, aber sie hört mir zu und versteht mich.

Darf Ihre Frau Sie kritisieren?
(lacht) Nein, das darf sie nicht, aber sie macht es ständig, ohne Pietät. Mir ist ihre Meinung wichtig und ich bin in der Lage, ihre Meinung stehen zu lassen, ohne meine aufzugeben oder zu versuchen, sie unbedingt von meinem Standpunkt zu überzeugen. Ich habe gelernt, dass Männer und Frauen eine unterschiedliche Sprache sprechen und sich oftmals deshalb nicht verstehen. Damit kann ich umgehen, da ich gelernt habe, Meinungsverschiedenheiten auch mal mit Humor zu nehmen. Was meine Frau alles für mich macht und wie viel sie mir auf der persönlichen Ebene gibt, ist kaum in Worte zu fassen.

Sollten Sie am Sonntag gewählt werden, geht dann für Sie ein Traum in Erfüllung?
Ich sehe meine Kandidatur eher als Pflicht an, ebenso wie ich meine Besenwirtschaft oder die Renaturierung brachliegender Weinberge oder die Restaurierung der gastronomischen Szene als meine Pflicht angesehen habe. Das waren alles Dinge, bei denen ich von einer Notwendigkeit ausgegangen bin. Am Ende der aktuellen Notwendigkeit steht jetzt die Ablösung des amtierenden Oberbürgermeisters. Wäre Herr Kessing ein überzeugender OB, bräuchte man mich nicht.

Bricht für Sie eine Welt zusammen, sollten Sie den Sieg nicht erringen?
Daran denke ich überhaupt nicht, keine einzige Sekunde. Ich habe auch keinen Plan B., da ich vom Fußball gelernt habe: Wenn man erfolgreich sein will, gibt es keinen Plan B.

Wenn Sie sich am Fußball orientieren, haben Sie aus dem Bereich ein Vorbild?
Jürgen Klopp natürlich, mit dem werde ich sowieso ständig verglichen und verwechselt.

Was fasziniert Sie an ihm?
Seine Lache finde ich großartig. Aber auch sein Selbstverständnis. Er vermittelt immer sehr klar, dass er ein ganz normaler Mensch ist. Er hat null Ego, kommt sehr authentisch rüber. Seine Pressekonferenzen sind inzwischen legendär, die schaue ich mir gerne ausführlich an. Obwohl er mit Liverpool uneinholbar an der Spitze steht, sagt er immer: Die Tabelle interessiert mich überhaupt nicht, wir arbeiten heute fürs nächste Spiel. Und das lebt er. Er weiß genau, wann er runterdrosseln muss und wann er wieder Gas geben sollte oder wann es nötig ist, seiner Truppe mal in den Hintern zu treten.

Wie gut können Sie hinstehen und einfordern?
Das kommt immer auf die jeweilige Situation an. Man braucht für bestimmte Situationen ein gewisses Fingerspitzengefühl. Aber wenn es notwendig ist, kann ich sehr deutlich klare Kante zeigen.

Zum Abschluss würden wir gerne von Ihnen drei gute Gründe wissen, warum die Bürger Ihnen am Sonntag ihre Stimme geben sollen.
Ich bin einer aus dem Volk und fürs Volk. Ich verstehe die Menschen in Bietigheim-Bissingen und werde mich um ihre Anliegen kümmern. Das hört sich vielleicht banal an, ist aber genau das, was bislang fehlt: der Respekt vor den Bürgern und vor den Mitarbeitern. Das wird sich mit mir definitiv ändern. Mein Slogan lautet: Den Wandel wählen. Und genau den will ich als Oberbürgermeister gestalten.

Herr Muck, wir danken Ihnen für das Gespräch!