„Die Menschen wollen leben, nicht überleben” – Ludwigsburger Stadträtin Shoaleh über den Krieg und seine Folgen

Der militärische Konflikt zwischen Israel und dem Iran stellt die iranische Gemeinschaft in der Region Ludwigsburg vor eine Zerreißprobe. In einem exklusiven Gespräch mit unserer Zeitung gewährt die Grünen-Stadträtin Arezoo Shoaleh, selbst mit iranischen Wurzeln, einen tiefen Einblick in die Ängste und Sorgen der Menschen, die zwischen der vermeintlichen Sicherheit in Deutschland und der dramatischen Lage ihrer Heimat zerrieben werden. Die emotionale Dauerbelastung, die der Krieg mit sich bringt, prägt den Alltag vieler Iraner in Ludwigsburg – und doch bleibt auch die Hoffnung. 

Interviewfragen von Ayhan Güneş

LB24: Frau Shoaleh, wie nehmen Sie die aktuelle Situation im Iran aus der Ferne wahr? Waren Sie von dem Angriff überrascht?

Arezoo Shoaleh: Die Lage im Iran ist äußerst besorgniserregend. Stromausfälle, Versorgungsengpässe und wachsende Unsicherheit prägen das Leben der Menschen. Es herrscht eine Atmosphäre der Angst, gepaart mit der Hoffnung, dass sich etwas ändern wird.

Der Angriff selbst war einerseits nicht völlig überraschend – die Spannungen zwischen den Ländern waren spürbar. Doch als es dann tatsächlich passierte, fühlte es sich irgendwie surreal an. Man erwartet es, aber ist emotional nicht darauf vorbereitet.

LB24: Haben Sie Familie im Iran?

Arezoo Shoaleh: Ja, der Großteil meiner Familie lebt im Iran, und ich habe einen sehr engen Bezug dorthin. Ich mache mir täglich Sorgen um ihre Sicherheit und ihr Wohlergehen. Aber es geht mir nicht nur um meine Familie. Millionen Menschen sind betroffen – auf beiden Seiten. Im Krieg leidet immer die Zivilbevölkerung am meisten, die keine politische Macht hat, aber den höchsten Preis zahlt. Das macht die Situation umso schwerer.

LB24: Haben Sie in Erwägung gezogen, in den Iran zu reisen, um nach Ihrer Familie zu sehen?

Arezoo Shoaleh: Ja, daran gedacht habe ich jeden Tag, jede Minute. Aber es ist derzeit keine realistische Option. Die Lage ist zu gefährlich und unübersichtlich, und ein Besuch würde niemandem wirklich helfen, so sehr mein Herz auch dort ist.

LB24: Wie kommunizieren Sie aktuell mit Ihrer Familie im Iran, wenn das Internet landesweit immer wieder ausfällt?

Arezoo Shoaleh: Ja, das stimmt – das Internet ist oft stark eingeschränkt oder komplett unterbrochen. Es macht es extrem schwer, mit meiner Familie in Kontakt zu bleiben. Jede kleine Nachricht, auch durch andere, ist eine Erleichterung. Diese Ausfälle verschlechtern jedoch auch die allgemeine Informationslage. Viele Menschen erfahren nicht, was passiert, und können Warnungen vor Gefahren nicht rechtzeitig erhalten. Das Internet ist nicht nur ein Kommunikationsmittel, sondern ein Überlebensinstrument. Wenn es ausfällt, steigt die Unsicherheit und Angst.

LB24: Israel hat kürzlich die Menschen in Teheran aufgefordert, die Stadt zu verlassen. Was denken Sie über diesen Aufruf? Wie reagieren die Menschen darauf?

Arezoo Shoaleh: Das ist in Wahrheit ein Ding der Unmöglichkeit. Man muss sich das einmal vor Augen führen: Teheran hat etwa 15 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner – das ist mehr als Belgien, mehr als Portugal. Wie soll eine ganze Millionenstadt innerhalb kurzer Zeit evakuiert werden? Wohin sollen die Menschen überhaupt fliehen?

Die Realität sieht so aus: Die Straßen sind überfüllt, die Autobahnen sind verstopft, an den Tankstellen bilden sich kilometerlange Schlangen. Bei fast 40 Grad Hitze stehen die Menschen stundenlang an, um gerade mal 20 Liter Benzin zu bekommen Das reicht kaum, um die Stadt zu verlassen, geschweige denn in Sicherheit zu kommen.

Viele Menschen können sich das Verlassen der Stadt weder leisten noch organisieren. Familien mit kleinen Kindern, ältere Menschen – sie haben schlicht keine Möglichkeit, irgendwohin zu fliehen. Es herrscht Panik, aber auch Resignation. Menschen fühlen sich allein gelassen mit dieser Bedrohung, in einer Situation, für die es keinen Ausweg gibt.

Dazu kommt, dass es auch keine sicheren Orte gibt. Wohin soll man gehen, wenn das ganze Land unter Spannung steht? Der Aufruf, die Stadt zu verlassen, klingt vielleicht sinnvoll – aber in der Realität ist er für die meisten schlicht nicht umsetzbar. Es ist ein Aufruf, der mehr Angst auslöst als tatsächliche Hilfe.

LB24: In dieser schwierigen Zeit, wie geht es Ihnen persönlich mit der Situation im Iran um?

Arezoo Shoaleh: Es tut gut, wenn inmitten all der politischen Analysen und Diskussionen auch Raum bleibt für das Persönliche. Genau das sollten wir viel öfter tun: in solchen Momenten einander fragen, wie es uns wirklich geht. Denn wir sind nicht alle Politiker:innen – aber wir sind alle Menschen.

Und menschlich gesehen ist diese Situation kaum auszuhalten. Es ist ein ständiges Auf und Ab von Gefühlen – zwischen Angst, Wut, tiefer Ohnmacht, manchmal auch Schuldgefühlen, weil ich hier in Sicherheit lebe, während die Familie und so viele andere dort unmittelbar betroffen sind.

Aber trotz allem bleibt auch Hoffnung – und das immer wieder. Hoffnung, dass es nicht weiter eskaliert. Hoffnung, dass die Menschen überleben. Es ist eine emotionale Dauerbelastung, mit der ich und viele andere, die wie ich, irgendwie klarkommen muss – und gleichzeitig bin ich innerlich zerrissen. Und diese Mischung aus Nähe und Entfernung, aus Hilflosigkeit und Verantwortung, ist sehr schwer zu tragen.

LB24: Wie erleben Sie als Stadträtin die Sorgen und Ängste der iranischen Gemeinde in Ludwigsburg?

Arezoo Shoaleh: Die Wut und Verzweiflung vieler Menschen aus der iranischen Gemeinschaft richtet sich ganz klar gegen das Terrorregime im Iran, gegen das System, das seit Jahrzehnten Unterdrückung, Gewalt und Angst über die Bevölkerung bringt. Es ist dieses Regime, das den Iran in eine Lage geführt hat, in der sich das Land nun in einem Krieg befindet.

Die Menschen im Iran – und auch hier in Ludwigsburg – wollen kein Leid, keinen Krieg. Sie wollen Freiheit, Sicherheit und Würde. Und ich hoffe sehr, dass sich die iranische Gemeinschaft hier in Ludwigsburg weiterhin ihrer Verantwortung bewusst ist.

Als Stadträtin haben mich bisher keine konkreten Ängste oder Bedrohungsszenarien erreicht. Aber ich erlebe viel Mitgefühl, ehrliches Interesse, aufmerksames Nachfragen und auch Verständnis – von Menschen hier in Ludwigsburg und in meinem Umfeld.

LB24: Was wünschen Sie sich von der internationalen Gemeinschaft und der Politik, um den Menschen im Iran zu helfen?

Arezoo Shoaleh: Ich wünsche mir Ehrlichkeit und Konsequenz. Die internationale Gemeinschaft hat viel zu lange zugesehen, wie das iranische Regime Menschenrechte verletzt und brutal unterdrückt – ohne klare Haltung, solange es geopolitisch nicht störte. Es braucht endlich einen entschlossenen Einsatz für die Menschenrechte, politischen Druck und Sanktionen gegen die Verantwortlichen. Die Menschen im Iran brauchen keine Mitleid, sondern Verbündete und Unterstützung für ihren Kampf um Freiheit und Gerechtigkeit.

LB24: Befürworten Sie einen Regimewechsel im Iran?

Arezoo Shoaleh: Ich bin keine Politologin, aber ich weiß, dass jeder militärische Angriff immer Leid, Tod und Zerstörung mit sich bringt. Kriege dürfen niemals als Lösung angesehen werden, denn letztlich sind es immer die Menschen, die die Konsequenzen tragen müssen. Dieses Regime hat in den letzten 47 Jahren unermessliches Leid über die Bevölkerung im Iran gebracht – es hat Generationen zerstört, die Rechte der Frauen unterdrückt, Freiheitskämpfer gefoltert und das Land in Angst und Isolation geführt. Die Forderung nach einem Regimewechsel ist nicht einfach ein politischer Wunsch, sondern die Hoffnung und der Hilfeschrei von Millionen Iranern, die sich nach Freiheit, Würde und Frieden sehnen. Ich befürworte die Hoffnung der Menschen – sie wollen befreit werden, sie wollen leben, nicht überleben. Sie haben jedes Recht darauf

Frau Shoaleh, wir danken Ihnen für das Gespräch!

Wie gelingt die Brücke zwischen Tradition und Zukunft im Blühenden Barock – Ein Gespräch mit Direktorin Petra Herrling

Ein Interview von  Ayhan Güneş

Ludwigsburg – Das Blühende Barock ist nicht nur ein herausragendes Gartendenkmal, sondern auch ein kulturelles Zentrum, das im Einklang mit Natur, Kunst und der stetigen Weiterentwicklung lebt. In unserem exklusiven Gespräch mit Petra Herrling, der Direktorin des Blühenden Barocks, werfen wir einen Blick auf die Herausforderungen des Klimawandels, die Bedeutung der Artenvielfalt und die Vision für die Zukunft dieses einzigartigen Gartens.

LB24: Frau Herrling, der Klimawandel betrifft viele Bereiche – wie spüren Sie ihn konkret im Blühenden Barock?

Petra Herrling: Der Klimawandel hat auch uns vor große Herausforderungen gestellt. Besonders die extremen Trockenphasen, die wir in den letzten Jahren erlebt haben, haben Spuren hinterlassen. Wir beobachten, wie sich unsere Pflanzen an die veränderten Bedingungen teilweise anpassen. Ein Beispiel ist, dass viele Bäume ihre feinen Wurzeln in Trockenphasen zurückziehen, der Baum dann nicht mehr genügend verankert ist und wir solche Prozesse frühzeitig beobachten und erkennen müssen. Auch in den Gebäuden haben wir teils Veränderungen durch die Trockenheit bemerkt, die zu Setzungen geführt haben. Doch trotz allem sehen wir uns als eine Art „Klimainsel” für die wunderbare Stadt Ludwigsburg, die mit jedem Baum, der Schatten spendet und Staub filtert, einen Beitrag zum Klima leistet.

LB24: Der Klimawandel geht Hand in Hand mit der Biodiversität. Wie adressiert das Blühende Barock das Thema Artenvielfalt in diesem Jahr?

Petra Herrling: Artenvielfalt ist in der Tat ein Thema, das uns am Herzen liegt. Unsere Gartenanlage ist von Natur aus ein Lebensraum für eine Vielzahl von Pflanzen, Tieren und Insekten. Besonders spannend ist unser diesjähriges Projekt, das die Besucher nicht nur für die Flora, sondern auch für die Fauna sensibilisieren soll. Im Blühenden Barock gibt es verschiedene Gartenräume – vom Südgarten mit trockenen, sonnigen Flächen bis hin zu Waldgebieten und Gewässern – die eine große Vielfalt an Lebensräumen bieten. Wir haben das Thema auch in Ausstellungen integriert, um es den Besuchern näherzubringen, etwa mit unserer Blumenwiesen-Ausstellung oder der aktuellen Sand-Natur-Kunst-Ausstellung, die mit Sandkunst die bedrohten Arten ins Rampenlicht stellt.

LB24: Welche Rolle spielt die Sand-Natur-Kunst-Ausstellung für das Bewusstsein um die Themen Klimawandel und Artenvielfalt?

Petra Herrling: Die Sand-Natur-Kunst-Ausstellung ist ein echtes Highlight. Sie vereint Kunst und Natur auf einzigartige Weise. Internationale Künstler, die mit Sand arbeiten, haben uns dabei unterstützt, das Thema Artenvielfalt auf eine ganz neue Art und Weise zu präsentieren. Die Kunstwerke machen nicht nur die Schönheit dieser Tiere sichtbar, sondern auch das Bedrohte und Verletzliche. Die Ausstellung fordert uns auf, über den Verlust dieser Arten nachzudenken und welche Rolle der Mensch dabei spielt. Es geht darum, den Besuchern das Bewusstsein für die Gefährdung von Flora und Fauna zu schärfen und zum Handeln anzuregen.

LB24: Nachhaltigkeit ist ein weiterer wichtiger Punkt. Wie wird dieses Thema im täglichen Betrieb des Blühenden Barocks umgesetzt?

Petra Herrling: Nachhaltigkeit ist kein kurzfristiges Projekt, sondern ein kontinuierlicher Prozess. Bei uns geht es nicht nur um das Bewusstsein für Artenvielfalt, sondern auch um Ressourcenschonung. Ein Beispiel ist die Umstellung auf wassersparende Maßnahmen. In Zusammenarbeit mit den Stadtwerken haben wir Trockenheitssensoren installiert, die uns helfen, gezielt zu bewässern, ohne zu viel Wasser zu verbrauchen. Außerdem setzen wir immer mehr auf E-Autos und Photovoltaikanlagen, um den Betrieb des Blühenden Barocks nachhaltig zu gestalten. Natürlich stehen wir immer noch vor Herausforderungen, aber wir versuchen, in allen Bereichen dazuzulernen und unser Handeln konsequent an ökologischen Prinzipien auszurichten.

LB24: Das Blühende Barock ist ein historisches Gartendenkmal. Wie gelingt es Ihnen, Tradition und moderne Anforderungen in Einklang zu bringen?

Petra Herrling: Das ist eine der spannendsten Aufgaben und gleichzeitig eine der größten Herausforderungen. Die historische Bedeutung des Blühenden Barocks ist unbestritten, und wir möchten diese Tradition bewahren. Doch gleichzeitig sind wir auch gefordert, den Garten in die Zukunft zu führen. Das bedeutet, dass wir sehr behutsam mit den historischen Elementen umgehen müssen, etwa bei der Restaurierung von Gartenbereichen, die in ihrem ursprünglichen Zustand erhalten bleiben sollen. Doch in Bereichen, in denen wir modernisieren können, wie bei der Gestaltung von Beeten oder bei nachhaltigen Infrastrukturprojekten, gehen wir voran. Wir sind stets auf der Suche nach einem Gleichgewicht zwischen dem Erhalt der Geschichte und der Schaffung einer zukunftsfähigen Umgebung.

LB24: Was sind die langfristigen Visionen für das Blühende Barock?

Petra Herrling: Unsere Vision ist es, das Blühende Barock als einen lebendigen Ort der Begegnung und des Wissens zu erhalten. In den nächsten Jahren möchten wir noch stärker als Plattform für Bildung und Nachhaltigkeit fungieren. Der Garten soll nicht nur ein Ort der Erholung sein, sondern auch ein Ort, an dem wir die Besucher für wichtige Themen wie den Klimawandel und die Artenvielfalt sensibilisieren. Langfristig möchten wir den Blühenden Barock als ein Modell für nachhaltige Gartengestaltung und eine Plattform für Kunst und Kultur etablieren, das sowohl Tradition bewahrt als auch zukunftsweisende Konzepte integriert.

LB24: Das Blühende Barock ist für viele ein Symbol für Kunst und Natur in Ludwigsburg. Was bedeutet dieser Ort für Sie persönlich und welche Verantwortung tragen Sie als Direktorin?

Petra Herrling: Für mich ist das Blühende Barock nicht nur ein Garten, sondern ein lebendiges Kulturerbe, das mit seiner Geschichte und seiner Vielfalt eine einzigartige Rolle in Ludwigsburg spielt. Als Direktorin fühle ich mich verantwortlich dafür, dieses Erbe zu bewahren und gleichzeitig innovative Konzepte zu entwickeln, die es auch zukünftigen Generationen zugänglich und spannend machen. Es ist meine Aufgabe, Tradition und Moderne miteinander zu vereinen und den Garten als lebendigen Ort der Begegnung zu fördern.

Frau Herrling, wir danken Ihnen für das Gespräch!

Vom Interimspräsidenten zum künftigen Architekten einer neuen VfB-Ära – Im Gespräch mit Dietmar Allgaier

Von Ayhan Güneş

Dietmar Allgaier hat die Richtung vorgegeben – für sich und für den VfB Stuttgart. Am 22. März 2025 fällt die Entscheidung, wer den Traditionsclub aus Bad Cannstatt dauerhaft führen wird. Der Interimspräsident, der den Verein durch stürmische Gewässer navigiert hat, setzt nun alles auf eine Karte: Er will den VfB Stuttgart nicht nur stabilisieren, sondern in eine neue erfolgreiche Ära führen. Doch was hat den Landrat des Landkreises Ludwigsburg dazu bewegt, seinen ursprünglichen Plan zu revidieren und für das Präsidentenamt zu kandidieren? In einem exklusiven Gespräch spricht Allgaier über die Balance zwischen Tradition und Fortschritt, die Chancen und Herausforderungen, die vor dem VfB liegen, und das Vertrauen der Fans, das ihm den Rücken stärkt. Und, natürlich, die alles entscheidende Frage: Gewinn des DFB-Pokals oder die Teilnahme an der Champions League – was hat für Allgaier höhere Priorität?

LB24: Wie würden Sie den aktuellen sportlichen Stand des VfB beurteilen?

Allgaier: Die Profis erreichen hoffentlich bald die magischen 40 Punkte, und die internationalen Plätze sind in Reichweite. Mit dem Einzug ins Halbfinale des DFB-Pokals ist ein echtes Highlight im Bereich des Möglichen. Die Frauen sind klar auf Aufstiegskurs Richtung 2. Bundesliga, und auch die U21 kann durchaus noch die 3. Liga halten. Wir liegen also absolut im Plan. Unsere Mannschaften spielen dabei oftmals einen  begeisternden Fußball und auch unsere Sportlerinnen und Sportler in den Vereinsabteilungen überzeugen in ihren Sportarten.

Auf einer Skala von 1 bis 10 – wie würden Sie die aktuelle Entwicklung des VfB bewerten und warum?

Allgaier: Die Entwicklungsfelder sind zu divers, um das an einer Zahl festzumachen. Teilweise gibt es noch Luft nach oben, aber auf jeden Fall stimmt der Trend: nach oben, Richtung Spitze.

Zu Beginn Ihrer Amtszeit sagten Sie, dass Sie nur als Interimspräsident zur Verfügung stehen würden. Was hat Ihre Meinung letztlich verändert und Sie dazu bewogen, sich nun dauerhaft für das Präsidentenamt zu bewerben?

Allgaier: Mit der Ankündigung meiner Kandidatur habe ich das den Mitgliedern, Gremien, weiteren Gruppen und auch der Öffentlichkeit ausführlich erläutert. Es ist ein Vierklang. Erstens: Ich bekomme es zeitlich organisiert, ohne dass an einer Stelle ein Nachteil entsteht; zweitens: Die Aufgabe erfüllt mich, und wir haben schon viel bewirkt; drittens: ich halte mich für mit meiner Eignung für die richtige Person für den VfB und viertens, das wichtigste: Ich bin beseelt davon, noch viel mehr mit und für den VfB zu erreichen. Ich will für die Mitglieder eintreten, die Positiventwicklung der AG weiter mitgestalten und den Verein professionalisieren und inhaltlich wie vom Angebotsspektrum her voranbringen. 

In Ihrer Zeit als Interimspräsident haben Sie gemeinsam mit Andreas Grupp Stabilität in den Verein gebracht. Welche konkreten Maßnahmen haben Sie ergriffen, um den VfB in dieser turbulenten Phase zu stabilisieren?

Allgaier: Das waren nach der vereinspolitisch aufgeregten Zeit vor allem kommunikative und moderative Maßnahmen in den Gremien und gegenüber allen Anspruchsgruppen. Ganz viel Präsenz, verstehen, diskutieren, aber auch konkrete organisatorische Dinge wie die Terminierung und Vorbereitung der Mitgliederversammlung. Zudem bin ich als Präsident wieder der Vorsitzende des Aufsichtsrats geworden.

Sie haben die Leidenschaft und den Zusammenhalt der VfB-Familie betont, die Sie sehr berührt haben. Welche spezifischen Gespräche oder Rückmeldungen der Fans haben Ihre Entscheidung beeinflusst, sich für das Präsidentenamt zu bewerben?

Allgaier: Das waren ganz viele Rückmeldungen aus allen Ebenen und Gruppierungen. Ich habe ja ständig Kontakt zu VfBlern. Und es gab ausschließlich Stimmen, die mich darin bestärkt und motiviert haben, dieses ehrenvolle Amt für sie und den Verein weiter zu bekleiden. Ich verspüre einen unglaublichen Rückhalt. Besonders wichtig war mir das aus dem Munde vieler engagierten Mitglieder sowie organisierten Fans zu vernehmen.

Sie sprachen von der Einführung einer hauptamtlichen Stelle im e.V., um den Verein zu professionalisieren. Was ist Ihre Vision für den VfB Stuttgart? Welche wesentlichen Ziele möchten Sie in den kommenden Jahren erreichen?

Allgaier: Wir haben schon jetzt eine fantastische Vereinskultur und tolle Abteilungen. Noch dazu fungieren das Präsidium und der Vereinsbeirat unter anderem als starke Interessensvertretung der Mitglieder. Diese Mandate werden natürlich vollständig bei den gewählten Personen bleiben. Allerdings haben wir auf der Geschäftsstelle gerade einmal drei Mitarbeiter für über 120.000 Mitglieder und ganz viele Aufgaben. Abseits des Fußballs ist noch so viel operativer Gestaltungsspielraum, der konzeptionell in Verantwortung des Präsidiums angegangen werden muss. Seien es gesellschaftliche Angebote, Sportarten, Infrastruktur, Mitgliederformate, Events und so weiter. Dazu braucht es dringend einer Aufstockung und Strukturerneuerung – und zwar unabhängig von mir.

Wie möchten Sie als Präsident sicherstellen, dass die traditionellen Werte des VfB Stuttgart gewahrt bleiben, während gleichzeitig moderne Führungskonzepte und Strukturen eingeführt werden?

Allgaier: Tradition und Moderne schließen sich nicht aus – sie ergänzen sich. Die Werte, die den VfB stark gemacht haben – Gemeinschaft, Leidenschaft und Verantwortung – bleiben unser Fundament. Gleichzeitig braucht ein Verein in der heutigen Zeit professionelle Strukturen, klare Prozesse und moderne Führung, um erfolgreich zu sein. Ich werde beides verbinden: die Wurzeln achten und den Blick nach vorne richten.

Es gibt Stimmen, die sich fragen, ob die Doppelbelastung als VfB-Präsident und gleichzeitig Landrat langfristig tragbar ist. Wie gehen Sie mit solchen Bedenken um?

Allgaier: Diese Bedenken nehme ich ernst, schließlich war das ja auch der wesentlichste Punkt meiner Überlegungen, bevor ich mich entschied zu kandidieren. Nach den gemachten Erfahrungen der letzten Monate wird das Zeitmanagement beides ermöglichen, ohne dass es zu irgendwelchen Effekten kommt. Ich weiß zu priorisieren und zu strukturieren. Beim VfB wird das Präsidium ja wieder aus drei Personen bestehen und wir wollen die Organisation weiter entwickeln. Meine Rolle als Landrat werde ich weiter mit voller Kraft, Aufmerksamkeit und Energie ausüben.

Ihre Amtszeit begann nach Jahren der Unruhe und Führungsprobleme im Verein. Wie gehen Sie mit dem Erbe Ihrer Vorgänger um? Was möchten Sie aus der Vergangenheit des VfB in Ihre Arbeit einfließen lassen?

Allgaier: Wir wollen unbedingt nach vorne schauen und dafür in aller Offenheit aus dem Vergangenen lernen.

Wenn Sie im März 2025 zum Präsidenten des VfB Stuttgart gewählt werden sollten, unter welchem Motto soll Ihre Amtszeit stehen?

Allgaier: Ganz unter dem Motto des VfB und seiner Mitglieder.: „Für den VfB, für die Region, für uns alle“

Das Lebensmotto Ihrer Großmutter, ‚Tue recht und scheue niemand‘, hat Sie inspiriert. Wie setzen Sie dieses Prinzip konkret in Ihrer Arbeit als Präsident um, besonders in schwierigen Vereinsfragen und der Kommunikation mit kritischen Mitgliedern?

Allgaier: Indem ich klare Entscheidungen treffe, offen kommuniziere und Verantwortung übernehme, auch wenn es einmal unbequem wird. Kritik nehme ich ernst, denn nur im offenen Dialog können wir den Verein gemeinsam voranbringen.

Was glauben Sie, was den VfB Stuttgart langfristig erfolgreicher machen wird: die tief verwurzelte Tradition oder eine stärkere Ausrichtung auf Innovation, Modernisierung und. Kommerz?

Allgaier: Wie schon gesagt, es ist die Kombination aus beiden, befeuert mit der Liebe der Dunkelroten.

Auf welchem Bundesligaplatz landet der VfB am Ende der Saison?

Allgaier: Das ist noch zu früh zu prognostizieren. Ich vertraue den sportlich Verantwortlichen, dass sie das Beste für den VfB herausholen und uns so weit oben platzieren, wie es eben erreichbar ist.

Wenn Sie sich etwas wünschen dürften, wäre das entweder: der Gewinn des DFB-Pokals oder das erneute Erreichen der Champions League?

Allgaier: Um eines oder bestenfalls beide äußerst ambitionierten Ziele zu erreichen, werden meine Wünsche nicht reichen. Aber wenn ich träumen darf; so magisch und lukrativ die Champions League auch ist; ein DFB-Pokalsieg wäre unbezahlbar und bliebe für immer. Noch ist er jedoch weit weg, und es bedarf noch viel realer Arbeit, vor allem eines Siegs im Halbfinale. Das wäre mein erster Wunsch.

Herr Allgaier, wir danken Ihnen für das Gespräch!

Herr Lauxmann, welchen Rat würden Sie Ihrem jüngeren ‘Ich’ mit auf den Weg geben? – Das große Persönlich-Interview

Im ersten Jahr als Oberbürgermeister von Kornwestheim hat Nico Lauxmann (CDU) nicht nur die Verwaltung übernommen, sondern auch eine Vielzahl an Herausforderungen. Der Wechsel nach 16 Jahren Amtszeit von Ursula Keck war für ihn nicht nur ein beruflicher Meilenstein, sondern auch ein emotionaler Schritt. Vom ruhigen Schwieberdingen in die größere, dynamische Stadt Kornwestheim: Diese Entscheidung brachte nicht nur politische Anforderungen mit sich, sondern stellte auch die Familie vor neue, überraschende Fragen. In einem persönlichen Gespräch öffnet sich Lauxmann und gewährt Einblicke in die Höhen und Tiefen seines ersten Jahres als OB – von den Rückschlägen seiner frühen Karriere als Bürgermeisterkandidat in Metzingen bis hin zu seinen großen, visionären Projekten für Kornwestheim, die er mit Herz und Seele vorantreibt. Besonders bewegt hat ihn die Frage, was er seinem jüngeren Ich raten würde, wenn er die Chance hätte, ihm einen Rat mitzugeben. Es wird deutlich: Für Lauxmann ist Kornwestheim mehr als nur eine Stadt – es ist eine Herzensangelegenheit.

Von Ayhan Güneş

LB24: Seit einem Jahr sind Sie Oberbürgermeister von Kornwestheim. Was war in dieser Zeit das prägendste Erlebnis?

OB Lauxmann: Der Empfang war überwältigend – alle sind mir mit viel Neugier und Offenheit begegnet. Nach 16 Jahren unter meiner Vorgängerin war der Wechsel natürlich ein besonderer Moment für die Stadt. Das erste Jahr war voller Herausforderungen, aber auch voller Chancen. Wir haben die Vereinsförderung verdreifacht und uns intensiv mit der Weiterentwicklung der Kitagebühren und der Infrastruktur beschäftigt. Es war ein Jahr, das mich inhaltlich gefordert, aber auch unglaublich motiviert hat.

LB24: Wie würden Sie den aktuellen Zustand von Kornwestheim beschreiben

OB Lauxmann: Insgesamt ist Kornwestheim gut aufgestellt. Wir haben in den letzten Jahren viel in die Infrastruktur investiert – man sieht das in der gesamten Stadt. Natürlich gibt es immer wieder Projekte, die große Investitionen erfordern, wie etwa die Pflugfelder Brücke, die für 40 Millionen Euro neu gebaut wird. Aber das ist Teil einer langfristigen Strategie, um Kornwestheim zukunftsfähig zu halten. Ein Beispiel dafür ist der geplante Schulcampus Ost, das größte Projekt in der Geschichte der Stadt. Das wird ein echter Meilenstein.

LB24: Sie haben den Stab nach 16 Jahren von Ursula Keck übernommen. In welchem Zustand haben Sie das Rathaus vorgefunden?

OB Lauxmann: Die Stadtverwaltung Kornwestheim ist hervorragend aufgestellt. Ich war nach kurzer Zeit wirklich beeindruckt – besonders von den engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in allen Bereichen, auch in den Außenstellen und Kitas. Was mich besonders freut, ist die Offenheit und der Wunsch der Kolleginnen und Kollegen, sich aktiv einzubringen. Das ist der ideale Zustand, um gemeinsam an Lösungen zu arbeiten. Wir setzen in diesem Jahr einen klaren Fokus auf eine noch stärkere interne Kommunikation, damit jede Idee Gehör findet und wir als Team noch effektiver werden.

LB24: Sie waren zuvor Bürgermeister in Schwieberdingen, einer rund 11.000-Einwohner-Gemeinde. Was hat sich für Sie als Bürgermeister in der größeren Stadt geändert

OB Lauxmann: Die Themen, die uns beschäftigen, sind in beiden Kommunen ähnlich – Fachkräftemangel, Haushaltsstabilität, Investitionen. Aber der Unterschied liegt in der Größe. In einer größeren Kreisstadt wie Kornwestheim, mit 35.000 Einwohnern, ist der Verwaltungsapparat natürlich deutlich umfangreicher. Als Bürgermeister in Schwieberdingen war man noch sehr operativ tätig, während ich hier als Oberbürgermeister vermehrt strategisch arbeite.

LB24: Was hat Sie dazu bewegt, den Schritt nach Kornwestheim zu wagen?

OB Lauxmann: Es war eine sehr persönliche Entscheidung. In Schwieberdingen fühlte ich mich sehr zuhause, und die Wiederwahl mit über 90% war für mich ein klares Zeichen, dass ich gut in meiner Rolle war. Aber dann kam der überraschende Moment: Meine Vorgängerin gab bekannt, dass sie nicht mehr kandidieren würde. Da habe ich mich gefragt: Will ich in Schwieberdingen weitermachen, oder wage ich den Schritt in eine größere Stadt? Der Gedanke, Kornwestheim – eine Stadt mit viel Potenzial und vielen Herausforderungen – zu führen, hat mich dann wirklich gepackt.

LB24: Kornwestheim oder Schwieberdingen – Welches haben Sie mehr ins Herz geschlossen?

OB Lauxmann: (lacht) Das ist eine schwierige Frage. In Schwieberdingen habe ich 10 Jahre mit Herzblut gearbeitet, und vieles dort bleibt mir auch nach dem Wechsel nach Kornwestheim sehr wichtig. Aber auch hier in Kornwestheim habe ich die Stadt schnell schätzen gelernt. Sie hat eine besondere, enge Gemeinschaft, in der sich die Menschen wirklich kennen. Das ist für eine Stadt dieser Größe nicht selbstverständlich. Beide Städte sind einzigartig, aber die Arbeit in Kornwestheim erfüllt mich ebenso mit Leidenschaft.

LB24: Was ist für Sie das größte Projekt, das Sie in Kornwestheim angehen?

OB Lauxmann: Der Schulcampus Ost: Der Neubau und die Erweiterung von drei Schulen sowie eine neue Sporthalle stehen im Mittelpunkt dieses Projekts, das mit über 100 Millionen Euro die größte Investition in der Stadtgeschichte darstellt. Die finanzielle Belastung ist erheblich, aber es ist entscheidend, in die Zukunft der jungen Generation zu investieren. Trotz der Herausforderungen bin ich zuversichtlich, dass wir dieses Vorhaben erfolgreich realisieren werden.

LB24: Kornwestheim ist schuldenfrei?

OB Lauxmann: Ja, wir sind eine der wenigen Kommunen, die vollständig ohne Schulden dasteht. Aber wenn es um sinnvolle Projekte geht, bei denen wir voll hinter der Idee stehen, sind wir auch bereit, Investitionen zu tätigen, selbst wenn das bedeutet, dafür Kredite aufnehmen zu müssen.

LB24: War Oberbürgermeister schon immer Ihr Traumjob?

OB Lauxmann: Ja, im Grunde schon immer. Schon als Schüler im Wirtschaftsgymnasium hatte ich diesen Gedanken, auch wenn es damals noch ein Traum war, der in einem Bildungssystem stattfand, in dem jeder eine Zukunft als „Bürgermeister“ oder „Bundeskanzler“ als nette Fantasie abtat. Aber der Wunsch, mit Menschen zu arbeiten und eine aktive Rolle in der Öffentlichkeit zu übernehmen, war schon früh in mir. Dies hat sich in meinen Ehrenämtern, wie meiner langjährigen Tätigkeit als Schatzmeister beim Deutschen Roten Kreuz, bestätigt. Als jüngstes Mitglied im Gemeinderat meiner Heimatstadt Holzgerlingen mit 20 Jahren begann ich, den Bürgermeister in meiner Stadt zu beobachten und dachte: „Das könnte meine Zukunft sein.“ Rückschläge gab es immer auf dem Weg, aber das Ziel, Bürgermeister zu werden, war schon damals klar. Heute ist es mir eine Ehre, Oberbürgermeister sein zu dürfen.

LB24: Sie sind verheiratet und haben zwei Söhne.

OB Lauxmann: Ja, meine Frau ist ebenfalls beruflich tätig. Unsere beiden Söhne besuchen die Realschule – der eine in Markgröningen, der andere in Korntal-Münchingen. Das war übrigens auch einer der Gründe, warum ich im Wahlkampf offen gesagt habe, dass ich einen Umzug nur dann in Erwägung ziehe, wenn es für die Familie passt. Ich wollte meine Söhne, damals 13 und 10, nicht aus ihren Schulen reißen, vor allem nicht, weil der Ältere gerade kurz vor seinem Abschluss steht. Ich habe das im Wahlkampf offen kommuniziert und möchte, dass sie ihre schulische Laufbahn fortsetzen können, ohne wegen meiner beruflichen Entscheidungen ihre Freunde oder gewohnten Umfelder aufgeben zu müssen. Und auch wenn mein Amt als Oberbürgermeister viel Zeit in Anspruch nimmt, ist es mir wichtig, private Zeit zu verbringen und meinen Hobbys nachzugehen.

LB24: Wie hat die Familie reagiert, als sie von der Möglichkeit hörten, nach Kornwestheim zu wechseln

OB Lauxmann: (lacht) Die Reaktion meiner beiden Söhne war sehr praktisch. Als ich ihnen sagte, dass ich überlege, nach Kornwestheim zu gehen, war ihre erste Antwort: „Papa, wenn du nicht mehr in Schwieberdingen arbeitest, kannst du ja das Schapfenfest nicht mehr eröffnen!“ Das ist das größte Fest in Schwieberdingen, und für sie war es quasi das Highlight des Jahres. Ich habe dann erklärt, dass es auch in Kornwestheim andere Feste gibt, an denen wir ebenfalls gemeinsam teilnehmen können. Das hat sie beruhigt, und am Ende waren sie ganz zufrieden mit der Vorstellung.

LB24: Sie sind ein leidenschaftlicher VfB-Fan?

OB Lauxmann: Ja, definitiv. Ich war schon immer ein VfB-Fan. Ich kann mich noch daran erinnern, wie mein Vater mich als Kind zum ersten Mal ins Stadion mitgenommen hat – das war der Moment, an dem meine Begeisterung für den Verein entfacht wurde. Ein besonders schönes Erlebnis war, als ich beim Training des VfB Stuttgart war und auf meinem Trikot die Unterschrift von Karl Allgöwer bekam. Diese Erinnerung hat die Leidenschaft für den VfB in mir geweckt, die bis heute anhält. Das Lustige daran ist, dass ich Herrn Allgöwer später beim Fußballverein in Geislingen wieder getroffen habe und ihm erzählt habe, dass ich als Kind seine Unterschrift auf meinem Trikot hatte. Er hat herzlich gelacht. Heute gebe ich meine Leidenschaft für den VfB an meinen Sohn weiter. Wir gehen zusammen zu den Heimspielen – eine wertvolle Zeit, die ich sehr schätze. Wir haben Dauerkarten und wenn es beruflich möglich ist, sind wir immer im Stadion.

LB24: Treiben Sie selber auch Sport?

OB Lauxmann: (lacht) Ja, auch wenn man es mir vielleicht nicht auf den ersten Blick ansieht. Ich treibe regelmäßig Sport, spiele Badminton, gehe gerne wandern und steige ab und zu aufs Fahrrad. Aber ich gebe zu, es könnte sicherlich noch mehr sein. Es fällt manchmal schwer, die Zeit dafür zu finden, aber es tut mir gut und gibt mir die nötige Auszeit.

LB24: Was bedeutet Glück für Sie?

OB Lauxmann: Glück ist für mich innere Gelassenheit und Zufriedenheit mit dem, was man tut. Besonders in einem öffentlichen Amt ist es wichtig, die Balance zwischen Beruf und Privatleben zu wahren. Nur wenn man selbst ausgeglichen ist, kann man die Herausforderungen erfolgreich meistern.

LB24: Woher holen Sie sich die Energie für Ihre vielen Aufgaben

OB Lauxmann: Die Energie ziehe ich aus meiner Motivation, jeden Tag etwas zu verbessern und Probleme zu lösen – zum Wohle der 34.000 Menschen in Kornwestheim. Der Vertrauensvorschuss, den mir die Bürgerinnen und Bürger entgegengebracht haben, spornt mich an, durch Leistung und Ergebnisse zu überzeugen. Privat finde ich meine Balance in einem unterstützenden Umfeld, das die Auswirkungen meines Berufs auf das Privatleben versteht. Ohne diese Rückendeckung wäre es schwierig, den Herausforderungen gerecht zu werden.

LB24: Können Sie ein konkretes Beispiel nennen?

OB Lauxmann: Ein Beispiel ist die Weiterentwicklung der Vereinsförderung in Kornwestheim. Als wir mit den Vereinen und dem Gemeinderat eine einstimmige Entscheidung trafen, das Projekt umzusetzen, gab mir das viel Motivation. Diese Erfolge bestärken mich. Aber auch der Ausgleich ist wichtig. Wenn ich mit meinem Sohn im Stadion bin, Zeit mit der Familie verbringe, dann tanke ich auf. Das gibt mir die Energie, um motiviert ins Büro zurückzukehren.

LB24: Was für ein Chef sind Sie? Wie würden Ihre Mitarbeiter Sie beschreiben?

OB Lauxmann: Ich sehe mich als einen Chef, der wirklich für seine Kolleginnen und Kollegen da ist. Für mich ist es wichtig, ansprechbar zu sein und zuzuhören, egal auf welcher Ebene. Ich gehe aktiv auf die Menschen zu, um das Gespräch zu suchen – manchmal klopfe ich einfach an die Bürotür und frage nach. Das hilft mir nicht nur, meine Kollegen besser kennenzulernen, sondern auch zu zeigen, dass ich ein offenes Ohr für sie habe. In meiner Rolle versuche ich, gerecht zu sein – auch wenn das bedeutet, manchmal schwierige Entscheidungen zu treffen. Wenn ich Nein sagen muss, mache ich das nicht einfach so, sondern erkläre es, damit nachvollziehbar wird, warum. Ich möchte, dass meine Kollegen wissen, dass sie zu mir kommen können, wenn etwas nicht passt. Es geht mir darum, eine Atmosphäre zu schaffen, in der jede und jeder gehört wird – das ist für mich das Wichtigste.

LB24: Wie reagieren Sie, wenn mal etwas schief läuft? – Werden Sie laut?

OB Lauxmann: In den aktuell schwierigen Zeiten, in denen wir mit sinkenden Einnahmen und steigenden Kosten zu kämpfen haben, ist es wichtig, klare Ziele zu setzen. Wenn etwas schiefgeht, spreche ich das offen an – auch wenn es deutliche Worte braucht. Doch vor allem ist es mir wichtig, dass wir als Verwaltung nach außen geschlossen auftreten. Unterschiedliche Meinungen sind natürlich erlaubt, aber wir müssen uns auf eine gemeinsame Richtung einigen und diese dann auch zusammen verfolgen. Laut werde ich dabei nicht. Respekt und Vertrauen in mein Team sind für mich entscheidend. Nur wenn wir offen miteinander umgehen, können wir Fehler schnell erkennen und gemeinsam Lösungen finden. So kommen wir als Team auch durch Krisen.

LB24: Abschließend: Welchen Rat würden Sie Ihrem jüngeren „Ich“ mit auf den Weg geben, wenn Sie könnten?

OB Lauxmann: (hält inne) Rückblickend gibt es natürlich Punkte, die ich mit dem Wissen von heute anders machen würde. Aber auf der anderen Seite habe ich auch gelernt, dass jeder Rückschlag im Leben seinen Wert hatte. Ein Beispiel: 2008 trat ich als Kandidat für das Oberbürgermeisteramt in Metzingen an. Ich wurde gefragt, ob ich mich zur Verfügung stelle, und ich sagte ja. Doch ich verlor – mit 25 Prozent der Stimmen – und zog meine Kandidatur zurück. Ich war enttäuscht und niedergeschlagen, weil ich dachte, mein Weg als Bürgermeister sei vorbei. Aber dieser Rückschlag hat mir auch gezeigt, dass ich damals noch nicht die nötige Erfahrung und das nötige Selbstbewusstsein hatte. Heute weiß ich, dass es gut war, dass ich damals verloren habe. Ich war noch nicht inhaltlich so weit. Vier Jahre später, als ich in Schwieberdingen gewählt wurde, war ich viel besser vorbereitet. Wenn ich heute zurückblicke, sehe ich, dass mein Lebensweg viele Höhen und Tiefen hatte, aber er hat mich genau dorthin geführt, wo ich jetzt bin – und dafür bin ich dankbar.

Herr Lauxmann, wir danken Ihnen für das Gespräch!

„Der Sturm in mir”: Wie Sven Seeg seine Lebenskrise als Chance erkannte

Sven Seeg startete seine Karriere als talentierter Jugendfußballer beim VfB Stuttgart und VfR Heilbronn. Doch der Weg zum Erfolg war steinig, und der Druck, der auf ihm lastete, war schon im Jugendalter enorm. Nachdem er seine sportliche Karriere beendet hatte, startete er seinen beruflichen Laufbahn und leitete fünf Jahre lang als Niederlassungsleiter das Autohaus Rhein in Ludwigsburg. Doch der immense Leistungsanspruch, den er an sich selbst stellte, forderte einen hohen Preis: eine persönliche Krise, die ihn in eine Klinik führte.

Heute ist er Niederlassungsleiter in Heilbronn. Im Interview spricht der 47-jährige Familienvater aufrichtig und offen über den Weg aus der Schattenzeit, den Druck, den Leistung sowie äußere und vor allem eigene innere Erwartungen mit sich bringen, und den Mut, sich zu öffnen und seine Geschichte zu teilen. Es geht um Selbstfindung, die Suche nach innerer Ruhe und Zufriedenheit, die er nach Jahren des Kampfes wiedergefunden hat.

Ein Interview von Ayhan Güneş

LB24: Erst einmal – Herzlichen Glückwunsch zum 100-jährigen Jubiläum von Herrmann und Rhein! Wie lief die Jubiläumsveranstaltung?

Sven Seeg: „Es waren zwei sehr besondere Veranstaltungen – eine mit unseren 1200 Mitarbeitern und eine mit 680 Kunden. Der Aufwand war enorm, aber es hat sich wirklich gelohnt. Für mich persönlich war es ein Moment des Innehaltens. 100 Jahre sind eine lange Zeit, und während des Jubiläums habe ich das erste Mal wirklich reflektiert, wie viel hinter dem Erfolg der Firma in all den Jahren steckt. Ich habe mir früher weniger erlaubt, solche Momente aufmerksam zu genießen. Immer war der nächste Schritt, das nächste Ziel das Wichtigste. Heute weiß ich, dass es genau diese Momente sind, die zählen, und die man nicht immer einfach abhaken sollte.“

LB24: Gehst du mit einem so wichtigen Event anders um als in den Jahren zuvor?

Sven Seeg: „Absolut. Früher war ich oft getrieben von der Angst, etwas zu verpassen oder nicht genug zu leisten. Es gab immer diesen inneren Druck, mehr zu erreichen. Aber mit den letzten Jahren habe ich gelernt, mich selbst zu entlasten. Ich gehe heute viel bewusster mit solchen Momenten um, nehme mir die Zeit, sie zu genießen und wertzuschätzen. Der Erfolgsdruck ist zwar immer noch da, aber ich weiß nun, dass das Leben mehr ist als nur die nächsten Erfolge. Die wahre Herausforderung liegt darin, Erfüllung in den ruhigeren Momenten zu finden.“

LB24: Wie laufen aktuell die Geschäfte?

Sven Seeg: „Die Geschäfte laufen gut, aber wir stehen natürlich auch vor großen Herausforderungen, vor allem in der Automobilbranche. Mini steckt gerade noch in einer schwierigen Phase mit dem Agenturmodell, und noch nicht jedes Modell kommt bei allen gut an. Aber es gibt auch Lichtblicke, zum Beispiel das neue Mini Cabrio, das bei den Kunden sehr gut ankommt. Bei BMW sind wir im Jahresendspurt, aber was die Zukunft bringt, ist schwer vorherzusagen. Der Erwartungsdruck, der auf uns allen lastet – ob im Job oder im Privatleben – wird immer größer, und ich merke, wie diese Anspannung in Phasen auch an mir zerrt. Aber ich habe gelernt, diese Belastungen besser zu managen und nicht zuzulassen, dass er mich übermannt.“

LB24: Wann hast du wieder öfters Freude und Lebensfreude gespürt? Gab es einen Wendepunkt, an dem du das Gefühl hattest, endlich Licht am Ende des Tunnels zu sehen?

Sven Seeg: „Es war nicht dieser eine dramatische Moment, der plötzlich alles verändert hat. 2019 war der Wendepunkt, als ich auf eigenen Wunsch in die Klinik bin. Der wahre Wendepunkt kam, als ich lernte, mich vom permanenten und zwanghaften Denken zu lösen. Bis zu dem Zeitpunkt lebte ich immer wieder mit Höhen und Tiefen bis zur nächsten Auszeit, zum nächsten Urlaub, vom nächsten Erfolg. Doch Erholung fand ich nie wirklich, weil mein Geist nie zur Ruhe kam. Der Wendepunkt kam, als ich begann, Meditation zu praktizieren, als ich das erste Mal spürte, dass es wirklich einen kurzen Moment der inneren Ruhe und der Gedankenfreiheit geben kann – und diese Momente waren wie das Aufatmen nach einer langen, dunklen Zeit.“

LB24: Wie hast du es geschafft, wieder Vertrauen in dich selbst zu finden?

Sven Seeg: „Es war ein sehr langer Prozess, aber er begann mit einem klaren Bekenntnis zu mir selbst. Ich musste lernen, meine Ängste und Zweifel zu akzeptieren und anzunehmen, anstatt sie immer bekämpfen oder verdrängen zu wollen. Die Disziplin, die ich aus dem Sport mitbrachte, half mir, jeden Tag wieder aufzustehen, um zu üben, auch wenn es sich an manchen Tagen anfühlte, als würde ich wieder zwei Stufen zurückfallen. Was mir geholfen hat, war die Entscheidung, mir jeden Tag feste Zeiten für mich einzuplanen, um zu meditieren und zu entspannen. Ich hatte das Gefühl, dass ich oft gegen mich selbst ankämpfte. Heute verstehe ich, dass dieser Kampf nur im eigenen Kopf stattfindet. Mein Vertrauen wuchs, als ich erkannte, dass ich nicht immer perfekt sein muss und wahre Erfüllung nicht in der Vergangenheit und Zukunft zu finden ist.“

LB24: Wann hast du gemerkt, dass du für dich selbst leben musst und auf die Suche nach dem wahren Selbst gehen darfst?

Sven Seeg: „ Ich wusste schon früh, dass tief in mir etwas fehlte, aber ich konnte es nie wirklich mit Worten benennen. Im Sport war es der innere Leistungsdruck, der mir nie die Erfüllung brachte, die ich mir erhoffte. Später im Berufsleben übernahm ich diese Ansprüche an mich selbst und versuchte, diesem Gefühl mit Arbeit und Ergebnissen nachzugehen. Doch es wurde immer klarer, dass ich nie wirklich zufrieden war. Die Erkenntnis kam dann nach meinem Tiefpunkt: Wahre Erfüllung kann nur kommen, wenn man in sich ein Zuhause hat und dorthin jederzeit zurückkehren kann, was von all dem stetigem Wandel unberührt bleibt. Es war eine der größten Herausforderungen, sich von den eigenen Erwartungen an sich selbst zu lösen, um den eigenen Weg zu finden. Aber dieser Schritt hat mir mehr innere Ruhe und Zufriedenheit gebracht als jeder Erfolg.“

LB24: Das heißt, du hast sie gefunden?

Sven Seeg: „Ja, ich habe sie gefunden. Diese Sehnsucht nach innerer Ruhe und Unabhängigkeit war immer da, nur habe ich sie lange überhört. Durch das ständige Streben nach mehr, nach Erfolg und Anerkennung, habe ich sie ignoriert. Heute weiß ich, dass wahre Erfüllung in der Stille und der Achtsamkeit liegt. Ich habe gelernt, meine Gedanken zu beruhigen, die permanente Unruhe zu stoppen und mich auf das Wesentliche zu konzentrieren – zu Sein.“

LB24: Glaubst du, dass es auch ohne Medikamente möglich ist, aus einer schwierigen Phase herauszukommen?

Sven Seeg: „Ich bin fest davon überzeugt. Der Weg zur Heilung ist nicht in einer Pille zu finden. Medikamente können sicherlich kurzfristig helfen, aber langfristige Heilung kommt von innen. Was wirklich zählt, ist der Wille zur Veränderung, die Bereitschaft, an sich selbst zu arbeiten. Aber das ist nicht immer einfach, besonders in einer Gesellschaft, die so schnelllebig ist, im ständigen Vergleich lebt und keine Zeit für Pausen lässt. Ich hatte das Glück und die Fügung, die richtige Unterstützung zu finden, aber für viele ist der Weg ohne diese Hilfe viel schwieriger.“

LB24: Wie gefährlich ist Leistungsdruck für Kinder und Jugendliche, sowohl im Sport als auch in der Schule?

Sven Seeg: „Der Druck war schon zu meiner Zeit hoch, aber heute beginnt er noch viel früher. Ich sehe es im Fußball, wie schon in der E-Jugend Leistungsgruppen gebildet werden. Kinder sind oft nicht in der Lage, mit diesem Druck umzugehen. Der Leistungsdruck im Sport ist brutal, und die psychische Belastung, die auf den jungen Athleten lastet, wird oft unterschätzt. Heute werden schon Kinder unter enormen Druck gesetzt, immer besser zu sein, und das kann langfristig große Schäden verursachen.“

LB24: Was würdest du Eltern raten, die ihre eigenen Träume auf ihre Kinder projizieren?

Sven Seeg: „Eltern müssen sich bewusst machen, dass ihre eigenen Wünsche und Erwartungen nicht die Wünsche ihrer Kinder sind. Das Problem entsteht oft unbewusst, wenn Eltern ihre unerfüllten Träume auf ihre Kinder übertragen. Diese Projektion führt dazu, dass die Kinder sich ständig unter Druck gesetzt fühlen, etwas zu erreichen, was sie gar nicht wollen und können. Es ist wichtig, den Kindern Raum zu geben, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen und ihren eigenen Weg zu gehen, ohne die Last der Erwartungen zu tragen.“

LB24: Nachwuchsleistungszentren wie der VfB Stuttgart setzen Mental-Coaches ein, um die Jugend speziell zu unterstützen. Ist das eine gute Idee, um den Leistungsdruck zu erkennen und besser damit umzugehen?

Sven Seeg: „Ja, absolut. Ich habe mich schon früh mit Mentaltraining beschäftigt, aber leider gab es damals niemanden, der mich wirklich angeleitet hat. Ich habe es selbst versucht, mit Meditation und Entspannungsübungen, als ich 15 oder 16 war. Heute ist es im Profisport normal, Mental-Coaches zu haben, wie zum Beispiel bei Dortmund oder Bayern. Diese Coaches helfen den Spielern, nicht nur zu meditieren, sondern auch Instrumente zu entwickeln, um mit stressigen du schwierigen Situationen besser umzugehen. So etwas hätte mir damals sehr geholfen. Es ist nicht nur wichtig, den Körper zu trainieren, sondern auch den Geist. Mental-Coaching sollte genauso selbstverständlich sein wie körperliches Training. Und je früher man damit beginnt, desto besser. Denn Kinder und Jugendliche, besonders im Leistungsbereich, brauchen Unterstützung dabei, mit Druck, Stress und Ängsten umzugehen, die sie oft gar nicht richtig einordnen können.“

LB24: Denkst du, dass soziale Medien wie Facebook, Instagram und TikTok – mit dem ständigen Vergleich der eigenen Leistungen und der Notwendigkeit, sich ständig zu präsentieren – zunehmend zu einem Stressfaktor für Menschen werden ?

Sven Seeg: „Ja, soziale Medien sind ein enormer Stressfaktor. Sie bieten eine ständige Vergleichsmöglichkeit und schaffen das Gefühl, dass man immer präsent sein muss, immer etwas Neues leisten muss. Die Sucht nach Bestätigung, durch Likes und Kommentare, verstärkt die Unsicherheit und den Druck. Was früher als private Angelegenheit galt, wird heute öffentlich gemacht. Besonders bei Jugendlichen ist das gefährlich, weil sie sich in dieser ständigen Sichtbarkeit verlieren können. Man sieht nur das, was andere zeigen, aber nie das, was hinter den Kulissen wirklich passiert. Das erzeugt eine Illusion von Perfektion, die für viele nicht erreichbar ist, was zu stressigen, negativen und dann oft zwanghaften Gedanken führt.“ So entsteht Abhängigkeit und das Gedankenkarusell beginnt.

LB24: Es gibt also noch Hoffnung?

Sven Seeg: „Ja, es gibt immer Hoffnung. Der Weg, den ich gegangen bin, war nicht einfach, und ich habe viele Rückschläge erlebt, aber es gibt immer einen Ausweg, wenn man bereit ist, was für sich zu tun. Der Schlüssel liegt in der Selbstreflexion sowie der Annahme und Akzeptanz von dem, was ist. Inneren Widerstand aufzugeben gegen etwas, was man sowieso nicht ändern kann, ist eine wahre Wohltat. Ich habe auf dem Weg viel lernen dürfen und möchte diese Erfahrungen an diejenigen gerne weitergeben, die sich dafür interessieren. Es ist wichtig, sich nicht von äußeren Erwartungen leiten zu lassen, sondern wieder mehr auf die eigene Intuition, das Bauchgefühl zu hören. Wir können uns selbst helfen, aber dazu müssen wir lernen, die richtigen Fragen an uns selbst zustellen. Das ist ein Weg, der uns langfristig wirklich zu einem erfüllteren Leben führen kann.“

Lieber Sven, ich danke Dir für das Gespräch!


Für mehr Einblicke in Svens Reise und persönliche Erfahrungen, hören Sie sich auch den Podcast auf “Spotify”an

Hier geht es zum Podcast auf Spotify (Link)

Transparenz-Hinweis: Der Podcast wurde von  “Originalteile – Der Leute-Podcast aus Heilbronn & Region” – Robert Mucha geführt.

Was bewegt Silke Gericke? Die Landtagsabgeordnete ganz persönlich im Ludwigsburg24-Fragebogen

Wer sind die entscheidenden Akteure im Kreis Ludwigsburg? Inspiriert vom Magazin der Frankfurter Allgemeinen Zeitung hat Ludwigsburg24 zentrale Persönlichkeiten der Region gebeten, einen Fragebogen auszufüllen, der einst ein beliebtes Gesellschaftsspiel war und den der Schriftsteller Marcel Proust gleich zweimal in seinem Leben beantwortete. Mit diesem Fragebogen wollen wir die Menschen vorstellen, die täglich maßgebliche Entscheidungen in der Region treffen und beeinflussen.

Silke Gericke, Landtagsabgeordnete der Grünen im Wahlkreis Ludwigsburg, hat sich Zeit für unsere Fragen genommen

 

Ludwigsburg24: Ihr Lieblingsort im Kreis Ludwigsburg?

Der Hohe Asperg – von ihm aus hat man einen wunderbaren Überblick über die Region!

 

Ludwigsburg bedeutet für mich…

„Zuhause“ – und gleichzeitig der schönste Wahlkreis Baden-Württembergs mit all seiner Vielfalt und Schönheit, mit all seiner Wirtschaftskraft und den guten kulturellen Angeboten. ;o)

 

Was vermissen Sie im Kreis Ludwigsburg?

Den Willen zum konsequenten Klimaschutz! Aber den vermisse ich auch über die Landkreisgrenzen hinweg. Ach ja, und es gibt einfach viel zu wenig Badeseen und Wald!

 

Was ist für Sie das größte Unglück?

Wenn meiner Familie etwas zustoßen würde!

 

Was macht Sie nervös?

Natürlich gibt es Momente, in denen die Verantwortung, die wir als Politiker tragen, nervös machen könnte. Der Herausforderung, komplexe Probleme schnell und effektiv zu lösen, sind wir täglich in der Politik ausgesetzt, da gewinnt man schnell Routine. Mich beunruhigt jedoch die Vorstellung, dass der Tag nur 24 Stunden hat und ich allem gerecht werden möchte. Aber genau das motiviert mich auch, immer mein Bestes zu geben und sicherzustellen, dass wir in der Politik transparent und verantwortungsbewusst handeln. Der direkte Kontakt mit den Bürger*innen und deren Erwartungen hält mich und mein Team stets auf Trab, um bestmöglich zu helfen.

Was mich aber auch sehr nervös macht, ist ein Anruf in Abwesenheit von meinen Eltern! Wenn ich das auf dem Display sehe, muss ich gleich zurückrufen und in Erfahrung bringen, wie es Ihnen geht.

  

Worauf können Sie verzichten?

Schokolade

 

Was macht Sie glücklich?

Ein Kinderlachen, gutes Wetter, ein Schmetterling auf einer Blume. Ein zufriedenes Umfeld! … Ganz viel kann mich glücklich machen. Abends in einer lauen Sommernacht in Ludwigsburg auf dem Marktplatz zu sitzen und das fröhliche Menschentreiben zu beobachten und zu hören, wie fröhlich Menschen sein können. Schon als Kind, aber auch noch heute bin ich eher jemand, dessen Glas halb voll ist und nicht halb leer! Aber es erfüllt mich, wenn ich es schaffe, dass jede*, die etwas von mir braucht, ein volles Glas bekommt.

 

Ihr Lieblingswort?

Landesgemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz – nein Spaß. Mein Lieblingswort ist „Nächstenliebe“ und das zweitliebste „Kreativität“

 

Mit welcher (lebenden) Person würden Sie gerne einmal Mittag essen? Und warum?

Joschka Fischer! Er ist ein kluger Mensch und hat viel erlebt.

 

Welchen Lebenstraum haben Sie aufgegeben?

Keinen – Träume sollte man wie einen Schatz hüten und immer weiter pflegen! Kann ja immer noch mal was werden!

 

Wann haben Sie sich zuletzt selbst gegoogelt?

Bei einer Büroklausur mit meinem Team! Da ging es darum, ob als erstes unser Büro gut zu finden ist und man gleich herausbekommt, wer denn „die Gericke“ ist.

 

 Wofür haben Sie sich zuletzt entschuldigt?

Privat, dass ich keine Zeit hatte, um bei einer Renovierung voll umfänglich zu helfen.

 

Was beunruhigt Sie am meisten an sich? 

Persönlich? Mein Cola-Konsum!

 

Was beunruhigt Sie aktuell am meisten?

Die Finanzen in unserem öffentlichen System. Ich sehe die Bedarfe der Kommunen und Landkreise: Von der Schulsanierung, dem Defizit in den öffentlichen Krankenhäusern … bis hin zur öffentlichen Mobilität. Das sind Mammutaufgaben. Und der Klimawandel mit seinen Auswüchsen – vom Starkregenereignis bis hin zur extremen Trockenheit – verstärkt diese Finanzfrage in den Verwaltungen noch mehr. Das betrifft aber auch jeden einzelnen Bürger, jede einzelne Bürgerin. Um alles zu aller Zufriedenheit hinzubekommen, brauchen wir mehr Geld im System.

 

Was sind Ihre Lieblingsnamen?

Die meiner Kinder – sie sind mit viel Sorgfalt und Liebe zusammen ausgesucht worden … aber es gibt da immer noch weitere Namen, die mir sehr gut gefallen. Wie der Name von meinen früheren oder heutigen Haustieren: Gustav, Anton, Coco, Wanja …

 

Was ist Ihr Lebensmotto?

Ich lebe im hier und jetzt mit beiden Beinen auf dem Boden, um mit vielen Menschen das Morgen in die Hand zu nehmen und zu gestalten und dabei aber nicht die Freude am Leben an sich zu vergessen.

 

Wie trinken Sie Ihren Kaffee?

Gar nicht! Ich rieche Kaffee sehr gerne – trinken muss und will ich ihn keinesfalls.

 

Ihr Lieblingsbuch?

Das fragen Sie mich, als Bücherwurm, als Lektorin und Redakteurin von Kindermedien? Wenn ich eines nur nennen kann, dann: „Something Else“ – auf deutsch bekannt als „Irgendwie anders“

 

Ihre Lieblingsgestalt in der Geschichte?

Der kleine „Irgendwie Anders“

 

Ihre LieblingsmalerInnen?

Rene Magrit, besonders sein Werk: Die verbotene Reproduktion

Ein Kunstdruck hing davon auch schon in meinem Jugendzimmer.

 

Ihre LieblingsschauspielerInnen?

Moritz Bleibtreu

 

Ihre LieblingskomponistInnen?

Wenn ich mich auf einen festlegen muss: Claude Debussy

 

Ihre Lieblingsfarbe?

Herbstfeuer – rotorangegelb

 

Ihre Lieblingsblume?

Schwarzäugige Susanne

 

Ihr Lieblingsvogel? 

Meise, die ist so herrlich neugierig

 

Ihr Lieblingsschriftsteller?

Klaus Mann

 

Ihre Helden in der Wirklichkeit?

Krankenpfleger*innen, Altenpfleger*innen, Polizist*innen, Feuerwehrleute, Ärzt*innen – Von der Pflege- bis hin zur Blaulichtfamilie

 

Was schätzen Sie bei Ihren Freunden am meisten?

Dass Sie mit mir Geduld haben, wenn ich keine Zeit habe und dass sie mich akzeptieren, wie ich bin – auch wenn ich einer anderen Partei angehöre!

 

Was ist Ihr Traum vom Glück?

Das wir zusammen die Erderwärmung in den Griff bekommen, so dass alle weiterhin ihr Leben in der Qualität wie bisher leben können.

 

Welchen Sport betreiben Sie?

Von allem zu wenig! Derzeit schaffe ich wenn nur Fahrrad zu fahren. Etwas anderes passt definitiv zeitlich nicht in meinen Alltag!

 

Welches Auto möchten Sie gerne fahren?

Keines! Das ist purer Luxus, ohne Auto dahin zu kommen, wo man hin muss und hin will. Es sollte jedoch selbstverständlich werden, dass man mit den Öffentlichen überall hinkommen kann – im Prinzip der Daseinsvorsorge.

 

Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen, was ist es bei Ihnen?

Eine gesunde Familie! Oder meinten Sie, was ich am liebsten esse?

Ich mag sehr gerne den Sauerbraten, den meine Mutter immer zubereitet hat – mit Preiselbeeren und Kartoffelknödel oder Spätzle. Ich genieße aber alles rund um Pasta und die asiatische Küche. Es darf sehr gerne auch scharf gewürzt sein.

 

Welche drei Gegenstände nehmen Sie mit auf eine einsame Insel?

Ein Messer, einen Papierblock und eine Stiftebox.

 

Wie geht es Ihnen?

Mir geht es gut – und Ihnen?

Von Ludwigsburg bis Stuttgart 21: Verkehrsminister Hermann im Exklusiv-Interview mit Ludwigsburg24

Ludwigsburg – Ein Abend in Ludwigsburg mit Verkehrsminister Winfried Hermann offenbart nicht nur seine verkehrspolitischen Visionen, sondern auch die vielseitigen Interessen eines Mannes, der seit über einem Jahrzehnt die Mobilität in Baden-Württemberg prägt. Im exklusiven Interview mit Ludwigsburg24 spricht der ehemalige Lehrer über die Besonderheiten der Barockstadt, die Herausforderungen der Verkehrswende und seine Leidenschaft für Bildung und Aufklärung. Besonders aufschlussreich sind Hermanns Einblicke in das kontroverse Großprojekt Stuttgart 21 sowie die aktuellen Schwierigkeiten beim Thema Elektrofahrzeuge.

Ein Interview von Ayhan Güneş

Ludwigsburg24: Was fällt Ihnen zu Ludwigsburg ein?

Winfried Hermann: Ludwigsburg hat sehr innovative Stadtwerke, wie ich heute bei meinem Besuch erfahren durfte. Die Stadt kenne ich aus Besuchen von zahlreichen Veranstaltungen. Beim Thema Verkehr denke ich sofort an die B27, aber auch an die Bemühungen um den Bau einer Stadtbahn. Ludwigsburg zeichnet sich als Kulturstadt durch ihre besondere Architektur und durch vielfältige Aktivitäten wie die Ludwigsburger Schlossfestspiele oder die venezianische Messe aus. Die Stadt gehört zu den leistungsstarken Städten in der Region Stuttgart, die von ihrem eigenständigen Profil und von Kooperation profitiert haben. Diese Mischung aus Innovation und Kultur macht Ludwigsburg für mich zu einer spannenden Stadt, die im Bereich Mobilität noch nachhaltiger werden sollte.

Was ist der Grund für Ihren Besuch in Ludwigsburg?

Ich war von der Abgeordneten Silke Gericke zu einer Podiumsdiskussion im Central-Union Kino zum Thema „Nachhaltig Mobil in Ludwigsburg“ eingeladen. Solche Gelegenheiten nutze ich gerne für einen informativen Vor-Ort-Besuch, wie heute bei den Stadtwerken Ludwigsburg-Kornwestheim (SWLB). Deren klimafreundliche Initiativen und kreative Lösungen haben mich besonders beeindruckt.

Sie sind seit 13 Jahren in der Regierung von Baden-Württemberg aktiv. Auf welche Erfolge in dieser Zeit sind Sie besonders stolz?

Als ich 2011 anfing, war die Verkehrspolitik in Baden-Württemberg stark auf den Straßenverkehr ausgerichtet. Beim Öffentlichen Nahverkehr sowie in der Rad- oder Fußverkehrspolitik gab es großen Nachholbedarf. Die Elektromobilität wurde nur in einem einzigen Projekt gefördert. Damit gab es die Notwendigkeit und die Chance angesichts der Herausforderungen durch den Klimawandel, all diese Themen mit Nachdruck zu entwickeln und voranzubringen. Seit 1996 gab es kein eigenes Verkehrsministerium und die Aufgaben wurden oft zwischen verschiedenen Ministerien hin- und hergeschoben und verschoben.

Heute kann ich mit Stolz sagen, dass Baden-Württemberg eine Vorreiterrolle bei der Verkehrswende zu nachhaltiger Mobilität einnimmt. Andere Länder schauen mit großem Interesse, wie wir beispielsweise unsere ÖPNV- und Radverkehrspolitik umsetzen. Darüber hinaus sind wir beim Thema Elektromobilität mit an der Spitze der Republik. Den ÖPNV haben wir in Stadt und Land erheblich verbessert. All das ist das Ergebnis einer ambitionierten, kontinuierlichen und strategischen Arbeit, die im Verkehrsministerium in den vergangenen 13 Jahren geleistet wurde.

War es schon immer Ihr Ziel, Verkehrsminister zu werden?

Ein solches Amt steuert man nicht gezielt an. Es gab aber wohl etliche Gründe dafür, dass ich im Zuge der Regierungsbildung ernannt wurde. So sprach einiges dafür, dass die Grünen den Verkehrsminister stellen. Dazu zählte auch das Projekt Stuttgart 21. Ich war damals seit 13 Jahren im Bundestag mit dem Schwerpunkt Verkehrspolitik und zuletzt Vorsitzender des Verkehrsausschusses. Das dürfte dazu beigetragen haben, dass ich für dieses Ressort in Frage kam.

Was sind Ihre wichtigsten Ziele für die noch laufende Legislaturperiode?

Wir haben langfristig angelegte Pläne, wie die ÖPNV-Strategie 2030, die auf ein gutes Angebot auch in der Fläche setzt. Dazu gehört eine Mobilitätsgarantie von für morgens bis spät abends. Mit einem Landesmobilitätsgesetz wollen wir unter anderem den Kommunen die Möglichkeit eröffnen, einen Mobilitätspass einzuführen und sich damit eine Finanzierungsquelle zum Ausbau des ÖPNV zu erschließen. Bis 2026 sollen in einigen Regionen im Land Radschnellwege gebaut werden, bis 2030 sollen es 20 werden, um vor allem für Pendlerinnen und Pendler den Umstieg auf eine gesunde und klimaschonende Mobilitätsform attraktiv zu machen. Bei der Elektromobilität richtet sich der Blick nun insbesondere auch auf die E-Lkw-Ladeinfrastruktur und die Flottenelektrifizierung. Wir müssen uns um alle Bereiche der Verkehrspolitik kümmern, nicht nur um Radverkehr und ÖPNV, sondern auch um den Straßenverkehr, die Sanierung der Infrastruktur und die Transformation der Automobilwirtschaft.

Wäre es nicht in Ordnung, ein Lieblingsthema zu haben, für das man sich besonders einsetzt?

Das wäre grundsätzlich nicht schlimm, aber für eine innovative Verkehrspolitik ist es wichtig, alle Bereiche miteinander zu verbinden – Mobilität ist vernetzt.  Für diesen umfassenden, multimodalen Ansatz in der Mobilität arbeiten mein Haus und ich mit großer Leidenschaft. Man muss dafür insgesamt eine positive Einstellung haben, um langfristig erfolgreich zu sein.

Das heißt, das Feuer brennt weiterhin in Ihnen?

Ja, das wird auch weiter brennen.

Auch 2026?

Ja. Wer sich über viele Jahre mit viel Energie für politische Ziele einsetzt, schaltet nicht einfach ab.

Und auch danach?

Ja. Eine politische Überzeugung ist auch nicht von Ämtern oder Mandaten abhängig.

Stuttgart 21 war und ist ein großes Thema. Hätten Sie sich den Verlauf und die Entwicklung dieses Projekts so vorstellen können?

Wir wussten schon, dass es teuer und komplex werden wird, aber dass es bis 2025 nicht fertig wird und 10 Milliarden Euro nicht reichen, hätte ich nicht gedacht. Wir haben immer gesagt, dass das Projekt äußerst komplex ist und dass es sehr viel teurer wird und sehr viel länger dauern wird.

Mahnende Hinweise zum drastischen Anstieg der Kosten gab es wiederholt auch vom Bundesrechnungshof. Trotzdem wurden die Skeptiker und Gegner des Projektes als Lügner, Pessimisten und Fortschrittsfeinde hingestellt.

Sie haben kürzlich in Berichten der Berliner Zeitung angedeutet, dass das gesamte Projekt scheitern könnte. Können Sie das näher erläutern?

Ich habe nie gesagt, dass das Projekt komplett scheitern wird. Vielmehr habe ich betont, dass es sich stark verändert hat. Nach dem Volksentscheid war klar, dass das Land als Projektpartner Stuttgart 21 begleiten muss. Das Land ist nicht der Bauherr, das ist die Deutsche Bahn, aber unsere Aufgabe war es, das Projekt kritisch und konstruktiv zu begleiten. Diese Rolle haben wir genutzt, um gemeinsam mit den Projektpartnern viele Schwachstellen zu korrigieren. Die größte Herausforderung bestand darin, dass das Projekt mit herkömmlicher analoger Signaltechnik geplant war. Zehn Jahre nach Baubeginn haben wir in intensiven Verhandlungen mit allen Beteiligten einen Umstieg auf digitale Zugsteuerung und damit einen Zuwachs bei der Kapazität der neuen Infrastruktur erreicht. Zugleich wird Stuttgart zum ersten digitalen Bahnknoten bundesweit. Derzeit geht es darum, dass Bund und Bahn die finanziellen Mittel nicht nur für den engeren Bereich des Tiefbahnhofs sondern auch für die Außenbereiche und damit für das in die umliegenden Regionen reichende S-Bahnsystem bereitstellen. Andernfalls wäre die Digitalisierung des gesamten Knotens sowie die baldige Fertigstellung des gesamten Projekts gefährdet.

Die Kosten für Stuttgart 21 haben sich von anfänglich 2,5 Milliarden Euro auf über 10 Milliarden Euro erhöht. Was sagen Sie dazu?

Das tut natürlich weh. Mit den 10 Milliarden Euro hätten man den alten Bahnhof, den Bahnknoten und das übrige Netz im Lande sanieren können. Es gab damals Alternativpläne, die etwa 2 Milliarden Euro für die Modernisierung des alten Bahnhofs und die Umgestaltung zu einem modernen Kopfbahnhof veranschlagten. Stuttgart 21 wurde ursprünglich mit zweieinhalb bis drei Milliarden Euro kalkuliert. Allerdings sind alle Großvorhaben mit Kostenrisiken behaftet, das Alternativkonzept möchte ich hier ehrlicherweise nicht ausnehmen, aber das ist hypothetisch und Vergangenheit.

Heute ist das gesamte Bahnnetz sanierungsbedürftig. In den vergangenen 30 Jahren wurde im Stuttgarter Knoten kaum etwas saniert. Das hat dem Netz und der Technik extrem geschadet und die Fahrgäste leiden tagtäglich darunter. Heute sind zahllose Baustellen, Unterbrechungen und Verspätungen die Folge.“

Sie waren früher Lehrer. Verfolgen Sie die Bildungspolitik noch und haben Sie eine Meinung dazu, wie sie verbessert werden könnte?

Ja, ich war vor vielen Jahren Lehrer an einem Stuttgarter Gymnasium und nach meiner ersten Landtagsperiode Fachbereichsleiter an der Volkshochschule in Stuttgart. Die Zeiten haben sich geändert, aber die Grundprinzipien guter Bildung für alle bleiben. Die Offenheit von damals für Neues ist heute nicht mehr so stark ausgeprägt. Viele Lehrerinnen und Lehrer sind durch die hohe Belastung ermüdet und zum Teil frustriert. Meine Generation von Lehrern ging nach dem Studium mit großem Elan und Optimismus in den Beruf.

Heute ist das anders. Die hohe Belastung über Jahre, auch durch schwierige Klassen sowie Schülerinnen und Schüler hat dazu geführt, dass viele Lehrerkräfte ihre Arbeit mehr als anstrengende Pflicht denn als erfüllende Berufung sehen. Das wirkt sich natürlich auch auf die Schüler aus. Früher hatten wir eine gewisse Unbeschwertheit und einen gemeinsamen Geist zur Veränderung. Heute sehe ich mehr Sorge und Unsicherheit, was die Zukunft betrifft. Es ist wichtig, dass wir Wege finden, diese Herausforderungen anzugehen und sowohl Lehrerinnen und Lehrer als auch Schülerinnen und Schülern mehr Unterstützung zu bieten. Daran arbeiten wir.

Was hat sich bei den heutigen jungen Leuten im Vergleich zu früher geändert?

Die Offenheit, der Optimismus von damals ist etwas verflogen. Man sieht heute vor allem die Probleme. Früher hatten wir eine gewisse Unbeschwertheit und die Haltung, Probleme muss man angehen. Ich unterrichtete Politik, Sport und Deutsch, und die Begeisterung der Schülerinnen und Schüler für neue Unterrichtsformen und Themen ist mir besonders in Erinnerung geblieben. Damals war die Oberstufe fast dieselbe Generation wie die Lehrer, mit ähnlichem sozialem und politischem Hintergrund.

Ein Beispiel aus meiner Zeit als Lehrer ist, dass wir mit der gesamten Oberstufe bei der Menschenkette für Frieden teilgenommen haben, natürlich als freiwilliges Engagement. Das war der Geist der Zeit – viele haben mitgemacht. Heute sind Diskussionen über Demokratie in Gefahr, Rassismus und Ausländerfeindlichkeit präsent, was damals weniger der Fall war.

In Untertürkheim habe ich die Klassen übertragen bekommen, die anderen Schwierigkeiten bereitet haben. Meine Vision war, den Schülern Spaß am Unterricht zu vermitteln, und das ist mir auch gelungen. Ich bin mir sicher, dass junge Menschen auch heute mit einem guten Unterricht zu begeistern sind und auch vielfältig engagiert sind.

Die Zahl der Neuzulassungen von Elektroautos ist zuletzt deutlich zurückgegangen. Was sind die Hauptursachen dafür?

Der Rückgang hat mehrere Gründe. Ein Hauptgrund ist das abrupte Ende der Umweltprämie. Außerdem hatte die deutsche Automobilindustrie lange Zeit keine bezahlbaren Elektrofahrzeuge im Angebot, fast alles war im Hochpreissegment. Jetzt kommen nach und nach günstigere, vor allem ausländische Fahrzeuge auf den Markt.

Hinzu kommt eine starke Lobby für den Verbrenner, vor allem durch FDP, Teile der CDU und AfD. Das führt zu Unsicherheit bei den Konsumenten, ob Elektroautos wirklich die Zukunft sind.

Es gibt auch eine gesellschaftliche Trägheit nach dem Motto: ‘Uns geht es so gut, warum sollen wir etwas ändern?’ Viele verstehen nicht, dass wir in einer innovativen Zeit leben und weltweit eine Transformation im Verkehr und in den Technologien stattfindet. Sie ist auch dringend notwendig, weil der Verkehrssektor derzeit für einen beträchtlichen Teil der CO2-Emissionen verantwortlich ist. Wer glaubt, er könne mit der Vergangenheit die Zukunft gewinnen, wird verlieren. Das haben auch die meisten großen Autokonzerne erkannt und die Umstellung in Angriff genommen. Wichtig ist jetzt, dass die Politik dafür verlässliche Rahmenbedingungen schafft.

Ist Verkehrsminister Ihr Traumjob?

Verkehrsminister ist ziemlich nahe dran. Mich haben auch andere Berufe gereizt, wie zum Beispiel Lehrer bzw. Hochschullehrer und Autor. Ich war und bin begeisterter Abgeordneter. Als Verkehrsminister hat man ein sehr breites Feld an Gestaltungsmöglichkeiten. Schließlich wollen wir alle mobil sein. Dass wir dabei nicht unsere Lebensgrundlagen zerstören, ist die große politische Aufgabe, die mir immer wieder Freude macht.

Herr Minister Hermann, wir danken Ihnen für das Gespräch!

Oberster Hüter im Landkreis Ludwigsburg: Polizeipräsident Thomas Wild im Porträt

Einst gemeinsam auf dem Spielfeld auf Torejagd mit späteren VfB-Legenden wie Jürgen Klinsmann und Karl Allgöwer beim Heimatverein SC Geislingen, hat Polizeipräsident Thomas Wild seitdem das Terrain gewechselt. Seit seiner Ernennung im Januar des vergangenen Jahres ist der 60-Jährige als Oberster Hüter des Gesetzes für die Landkreise Ludwigsburg und Böblingen auf Verbrecherjagd.

Im großen Interview mit Ludwigsburg24 gewährt der bekennende FC Bayern-Fan Einblicke in seine Motivation, Herausforderungen und Visionen für die Sicherheit der Gemeinden und lässt auch gleichzeitig tief in sein Inneres blicken.

Ein Interview von Patricia Leßnerkraus und Ayhan Güneş

Seit Januar vergangenen Jahres sind Sie der neue Polizeipräsident in Ludwigsburg. Haben Sie sich gut eingelebt?

Ja, ich habe mich gut eingelebt und fühle mich auch sehr wohl hier. Meine Kolleginnen und Kollegen habe ich inzwischen kennengelernt und kann sie auch alle einschätzen, vor allem diejenigen, mit denen ich besonders eng zusammenarbeite. Mein berufliches Umfeld ist super und Ludwigsburg ist eine wunderschöne Stadt. Ich habe hier eine Zweitwohnung. Wenn ich viele Abendtermine habe, übernachte ich dort. An mindestens zwei Abenden pro Woche versuche ich aber nach Geislingen zu fahren.

Warum ziehen Sie nicht komplett nach Ludwigsburg?

Mein Herz hängt an Geislingen, denn das ist meine Heimatstadt. Dort bin ich geboren, dort habe ich mein persönliches Umfeld, dort leben auch meine Eltern.

Ihre Frau ist nicht bei Ihnen in Ludwigsburg?

Nein, das ist der einzige Wermutstropfen an der Wohnsituation. Aber meine Frau hat ihre Verpflichtungen in Geislingen und lebt folglich weiterhin da. So sind wir halt leider zeitweilig auseinandergerissen.

Wenn Sie mal privat durch die Stadt laufen, werden Sie dann eigentlich von Ihren Mitarbeitern erkannt? Oder können Sie ihnen auf der Straße ganz inkognito auf den Zahn fühlen?

Nein, das geht nicht, sie erkennen mich und winken mir sogar aus dem Streifenwagen heraus zu. Allerdings bin ich in meiner Anfangszeit abends spontan in den Revieren aufgetaucht und habe mich mit den Dienstgruppen unterhalten. Das hat zunächst etwas für Aufregung gesorgt, weil alle dachten, jetzt kommt der Chef und macht Dienstaufsicht. Dabei wollte ich mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nur ins Gespräch kommen, ihre Meinungen und Einschätzungen hören und ihnen gegenüber auch eine gewisse Wertschätzung ausstrahlen.

Was für ein Typ Chef sind Sie?

Also ich halte mich für einen pragmatischen und mitarbeiterorientierten Chef, dem sehr das Wohl seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Herzen liegt. Wenn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gerne ins Geschäft kommen, wenn man dort gemeinsam auch mal lachen kann, dann schlägt sich das auf das Arbeitsklima nieder. Das ist mir wichtig. In einem guten Arbeitsklima wird automatisch eine bessere Arbeitsleistung gebracht.

Wie reagieren Sie, wenn Sie richtig sauer sind?

Wenn ich wirklich mal richtig sauer bin, dann verschiebe ich das Gespräch auf den nächsten Tag. Ich versuche immer, meine persönliche Mitte zu finden. Es macht keinen Sinn irgendwie raus zu platzen. Das ist genauso unsinnig, wenn ich aufgeregt bin und gehe in diesem Gemütszustand in eine große Lagesitzung rein. Da übertrage ich diese Aufgeregtheit doch direkt auf alle anderen. Wenn mein Gemütszustand mal kritisch wird, mache ich lieber die Türe zu oder gehe für eine kleine Runde um den Block und überlege dabei, wie ich die Situation nachbereite.

Sie reflektieren sich also durchaus immer wieder selbst.

Ja, ich versuche das tatsächlich. Hin und wieder suche ich mir auch ein, zwei Leute aus dem beruflichen Umfeld, die mir den Spiegel vorhalten und gegebenenfalls Kritik üben. Je höher man aufsteigt, umso weniger trauen sich die Menschen Ihnen fehlerhaftes Verhalten aufzuzeigen. Da bildet sich dann schnell ein  blinder Fleck und man selbst glaubt, man macht alles richtig. Deswegen ist es gut, wenn mir jemand ein bisschen Reflektion geben kann, über die ich mir anschließend meine Gedanken mache.

Stimmt es eigentlich, dass Sie schon als kleiner Junge davon geträumt haben, Polizist zu werden?

Ich war noch gar nicht in der Schule, da war die Polizei tatsächlich schon als Berufswunsch für mich ein Thema. Lokomotivführer oder gar Feuerwehrmann zu werden dagegen nie. Für mich war eigentlich immer klar, dass ich zur Polizei will.

Was hat den kleinen Thomas Wild an der Polizei gereizt? Welches Bild hatten Sie von dem Beruf?

Meine Vorstellung war sicherlich mit dem Gedanken verknüpft etwas Gutes zu tun. Damals nannte man die Polizei ‚dein Freund und Helfer‘. Ich wollte gerne helfen. Dazu kam, dass einer meiner Fußballbetreuer bei der Polizei war. Er hat immer von ganz spannenden Fällen mit Verbrecherjagd erzählt. Das hat mich beeindruckt und er hat mir als Vorbild gedient. Als ich dann älter war, hat sich mein Berufswunsch nochmal konkretisiert. Ich wollte gerne zur Kriminalpolizei. Das Ermitteln und auch mal hinter die Fassaden zu schauen, das habe ich spannend und interessant gefunden.

Dieses Ziel haben Sie tatsächlich erreicht. Wie war das dann für Sie – immer noch spannend oder eher ernüchternd?

Wie in jedem Beruf gibt es auch hier ein Auf und Ab. Es gibt durchaus Phasen, in denen der Job auch mal weniger Spaß macht, er etwas schwieriger ist. Aber rückblickend betrachtet habe ich definitiv den richtigen Beruf ergriffen. Kaum ein anderer Beruf hat so viele unterschiedliche Facetten und in dem man an die Grenzen der Gesellschaft oder sogar darüber hinaus blicken kann und so intensiv mit Menschen zu tun hat. Der Umgang mit Menschen ist für mich ein sehr wichtiger Aspekt.

Sie sind im September 43 Jahre dabei. Gab es in all den Jahren nicht einmal einen Moment in dem Sie gezweifelt und sich gewünscht haben, etwas anderes gelernt zu haben?

Nein, alles in allem würde ich sagen, es ist der ideale Beruf für mich. Als ich beim Mobilen Einsatzkommando war, wurde es natürlich etwas schwierig mit der Lebensplanung. Man war im Einsatz, kam zurück, war vielleicht ein paar Tage daheim, aber musste dann wieder plötzlich zum Einsatz, während Familie und Freunde Wochenende hatten. Da habe ich schon das ein oder andere Mal gedacht, das will ich auch. Aber im gesamten Rückblick möchte ich keine Stunde missen.

Ihre Familie musste mit Sicherheit immer wieder Kompromisse schließen. War das ein großes Thema daheim?

Sie mussten tatsächlich häufiger auf mich verzichten, vor allem wegen meines Studiums an der Polizeiakademie Hiltrup. Das war schon belastend, denn meine Tochter war damals gerade erst drei Jahre alt. Und jetzt die Distanz zwischen Ludwigsburg und Geislingen ist auch nicht ganz einfach, aber wir haben eigentlich immer einen ganz guten Weg gefunden.

Ein Polizist lebt durchaus gefährlich, riskiert bei Einsätzen u.U. seine Gesundheit oder gar sein Leben. Wie sind Sie und Ihre Familie mit dem Thema Angst umgegangen?

Ich war ja lange Jahre bei den Spezialeinheiten, also dem Mobilen Einsatzkommando und dem Spezialeinsatzkommando, da waren durchaus etwas kniffligere und gefährlichere Einsätze dabei. Aber ich habe zu Hause einfach nie über diese Einsätze gesprochen. Ich habe sie einfach ausgeblendet. Aber ich habe auch nie den Eindruck gehabt, dass das Thema Angst bei uns in der Familie eine Rolle gespielt hat.

Wenn Sie jetzt Ihr erstes Jahr als Polizeipräsident in den Landkreisen Ludwigsburg und Böblingen Revue passieren lassen, wie lautet Ihre Bilanz?

Dazu kann ich nur sagen: Wir haben eine tolle Polizei mit sehr engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sehr gute Arbeit leisten. Schaue ich mir die polizeiliche Kriminalstatistik an, an der wir ja gemessen werden, können die Bürgerinnen und Bürger in unserem Landkreis sicher leben. Entgegen dem Landestrend sind bei uns die Straftaten jetzt wieder zurückgegangen. Das spricht für die gute Arbeit der Polizei.

Was machen Sie anders als Ihr Vorgänger, um ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter täglich zu motivieren rauszugehen und sich den dort lauernden Gefahren auszusetzen?

Einen direkten Vergleich zu ziehen, finde ich nicht angemessen. Mir persönlich ist es wichtig, mit meinem Führungskreis ganz offen zu diskutieren und gemeinsam Schwerpunkte, Strategien und Maßnahmen festzulegen. Ich will alle ins Boot holen und beteiligen und nicht von oben nach unten einfach nur etwas verordnen. Ich habe zum Beispiel einen Workshop angeboten mit dem Thema: Wo sehen Sie das Polizeipräsidium Ludwigsburg in drei bis fünf Jahren? Ich wollte wissen, was die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als gut ansehen und wo wir noch besser werden können. Gerade diejenigen an der Basis, die täglich raus müssen auf die Straße, spüren doch, woran wir gegebenenfalls noch arbeiten müssen. Ihre Meinung ist mir wichtig, um sie in unsere Strategien und Maßnahmen einfließen zu lassen.

Wo läuft es denn gut, wo muss nachgebessert werden?

Die Motivation aller stimmt. Die Leute hier sind sehr kreativ und engagiert. Wenn jemand eine gute Idee hat und diese gefördert wird, dann kommt das Engagement von innen heraus, denn die- oder derjenige macht die Kriminalitätsbekämpfung oder die Verkehrssicherheit dann zur eigenen Sache. Und dadurch kommen gute Ergebnisse heraus. Wenn Sie die Landesstatistiken anschauen, liegen wir hier in vielen Bereichen immer unter den drei, vier Besten.

Wir als Ludwigsburg24 lesen zu unseren Polizeinachrichten sowohl auf der Website als auch auf unseren Social Media-Kanälen, dass die Menschen Ludwigsburg als unsicher empfinden. Nicht generell, aber doch an bestimmten Hotspots wie z.B. am Bahnhof. Jetzt wird befürchtet, dass sich der Arsenal-Platz nach dem Umbau ebenfalls zu einem Brennpunkt entwickeln könnte.

Nehmen wir mal den Bahnhof: Die Zahlen in unserer Statistik spiegeln dieses negative Sicherheitsgefühl der Menschen eigentlich nicht wider. Ich denke, dass andere Faktoren dafür ausschlaggebend sind. Beispielsweise die Gruppen der Jugendlichen rund um den Bahnhof, da man oft in den Medien liest, dass die Gewalt unter jungen Menschen zugenommen hat. Aber auch dunkle und niedrige Räume oder Gänge, ebenso verdreckte Ecken. Das alles wirkt oftmals als vernachlässigter Raum und all das beeinflusst das Sicherheitsgefühlt negativ.

Haben Sie einmal über einen Polizeiposten am Bahnhof nachgedacht?

Nein, ein Polizeiposten dort ist kein Thema, aber wir haben die Lage dort im Blick, zeigen dort mit unseren Sicherheitskräften kontinuierlich Präsenz. Sind wir jedoch zu präsent, erzeugt das wiederum erneut eine Verunsicherung bei den Menschen. Wir können auch nicht überall sein, sondern müssen Schwerpunkte setzen. Wenn wir irgendwo einen Brennpunkt feststellen, dann sind wir da. Darauf können Sie sich verlassen.

Ein Beispiel ist ein Fall aus Ditzingen, wo wir Probleme mit einer Jugendgruppierung hatten, aus der auch Straftaten hervorgingen. Da haben wir zeitnah eine Konzeption entwickelt, die vorsah, dass wir die Ermittlungen verstärken. Wir haben uns personelle Unterstützung geholt vom Polizeipräsidium Einsatz, sind Brennpunkteinsätze gefahren und haben uns auf die Rädelsführer konzentriert. Diese haben wir dann aus der Gruppierung heraus- und festgenommen. Allein das hat schon was mit der Gesamtgruppierung gemacht und deutlich zur Beruhigung der Lage beigetragen.

Wenn Sie jetzt das Gesamtbild der Polizeiarbeit im Blick haben, wo muss Ihrer Meinung nach noch ein wenig justiert werden?

Die Polizei kann nicht alle gesellschaftlichen Probleme lösen. Was mir Sorge bereitet, ist die Zunahme der Gewaltbereitschaft in der Gesellschaft. Die Rohheitsdelikte haben zugenommen, die Gewalt gegen Helfer hat zugenommen. Da agieren wir natürlich schon durch konsequentes Einschreiten, Ermitteln und Anzeigen der Delikte. Aber dieses Thema muss generell durch Präventionsmaßnahmen in der Gesellschaft angegangen werden. Vielleicht müssen die Menschen wieder lernen, weniger eigensüchtig oder egozentrisch zu sein und erkennen, dass sie nicht allein auf der Welt sind und andere auch Bedürfnisse und Ansprüche haben. Das Denken ist in unserer Gesellschaft augenscheinlich ein wenig verrutscht.

Wie kommt es, dass vermehrt Helfer wie Feuerwehr oder Notärzte bei Einsätzen attackiert werden?

Oftmals spielt Alkohol eine Rolle, der dann anscheinend zur Enthemmung führt. Ein weiterer Aspekt für diese Angriffe sind gruppendynamische Prozesse. Die ersten ein, zwei Leute fangen an zu pöbeln und dann schaukelt sich das langsam hoch. Bei uns in Ludwigsburg sind die Angriffe auf Einsatzkräfte zurückgegangen, wenngleich auf niedrigem Niveau. Im 10-Jahres-Vergleich ist die Gewalt gegen die Polizei tatsächlich angestiegen, aber im Vergleich zum Jahr 2022 hatten wir wieder einen leichten Rückgang. Dennoch wurden 2023 im PP Ludwigsburg 158 Kollegen durch Angriffe bei Einsätzen verletzt. Diese Zahl sagt schon was aus. Die Gewalt gegen Einsatzkräfte von Feuerwehr und Rettungsdienst ist 2023 deutlich angestiegen. 14 Personen mehr als noch im Vorjahr wurden Opfer solcher Gewalt, das ist ein Anstieg von über 100 %.

Können Sie etwas sagen zum anscheinenden Anstieg der Straftaten durch Nichtdeutsche im Landkreis?

Hier befinden wir uns im Bundes- sowie Landestrend. Die Zahl der nichtdeutschen Tatverdächtigen ist gestiegen. Genauer gesagt sind wir auf einem 10-Jahres-Hoch, dominiert von Rohheits- und Gewaltdelikten wie Körperverletzung, gefährliche Körperverletzung, Bedrohungen usw. Der Zuwachs der Nichtdeutschen ist exorbitant und das schlägt sich in der Statistik nieder. Darunter ist natürlich eine Vielzahl an Flüchtlingen, vorwiegend junge Männer, so dass hier ein großes Konfliktpotential entsteht. Aber auch die Opferzahl der nichtdeutschen Tatverdächtigen, insbesondere bei den Flüchtlingen, ist angestiegen. Das heißt doch, dass diese oftmals untereinander Straftaten begehen von Bedrohung bis Körperverletzung. Und warum? Sie sind sozial benachteiligt, leben meist in Sammelunterkünften, haben unterschiedliche Herkunft und Religionen. Das ist doch ein Herd für Auseinandersetzungen.

Ist unsere Gesellschaft überfordert mit dem immensen Zuwachs an Flüchtlingen?

Ja, manchmal habe ich diesen Eindruck.

Wenn Sie in die Zukunft blicken, wo liegen Ihre Sorgen und Nöte?

Momentan brennt mir die Umsetzung des Cannabis-Legalisierungsgesetzes ein wenig auf der Seele und die Frage, wie wir damit umgehen und welche Auswirkungen das auf unsere Arbeit hat. Eine große Rolle spielt dabei die Verkehrssicherheit. Wir machen schon viel Prävention, klären viel auf. Aber wir müssen uns auch verstärkt in die Verkehrsüberwachung und die Kontrolle der Fahrtüchtigkeit einbringen. Landesweit registrierte die Polizei 2023 über 6.000 Fahrten, die unter dem Einfluss von Cannabis erfolgten.

In Berlin werden am grünen Tisch Gesetze erarbeitet mit zum Teil nicht immer ganz klaren Vorgaben. Sie als Gesetzeshüter müssen schauen, wie Sie diese im Alltag umsetzen. Fühlen Sie sich von der Politik im Stich gelassen?

Sagen wir mal so: Das Cannabis-Legalisierungsgesetzt ist sehr kompliziert und die fein ziselierte Ausgestaltung, wo man und wer konsumieren darf, welche Abstände zu Örtlichkeiten mit Kindern und Jugendlichen eingehalten werden müssen, muss ja von jemandem kontrolliert werden. Wenn ich mein Personal vermehrt in diese Kontrolle schicke, fehlt es mir ja wieder an anderer Stelle. Wir müssen halt sehr viel situativ entscheiden, uns vor allem auf die Präventionsarbeit konzentrieren, um zu sensibilisieren. Da sind wir jetzt in der Pflicht. Das Ziel Entlastung von Justiz und Polizei sehe ich jetzt vordergründig nicht als erreicht.

Die Polizeiarbeit ist zwar vielseitig und umfangreich, aber wie attraktiv ist dieser Beruf heute noch? Haben Sie Probleme Nachwuchs zu rekrutieren?

Seit langer Zeit haben wir tatsächlich zum ersten Mal unsere freien Plätze nicht alle füllen können. Die Polizei steht natürlich in Konkurrenz mit der Wirtschaft und beide buhlen um die kleiner werdenden Kohorten. Da wird es schwieriger, junge Menschen für unseren Beruf zu begeistern. Ich bin jetzt seit über 42 Jahren dabei und kenne keinen facettenreicheren Beruf als den des Polizisten. Wir haben die Streifen, die Diensthundestaffeln, die Wasserschutzpolizei, die Hubschrauber, die Spezialeinheiten, die Kriminalpolizei. Und selbst letztere ist wieder so fein gegliedert von der  K1 über Cyberkriminalität bis hin zur Fahndung. Man kann sich sehr weiterentwickeln, was mich auch nach so vielen Dienstjahren noch begeistert. Ich selbst bin als Streifenpolizist ausgebildet worden, war bei der Bereitschaftspolizei, bin zum Landeskriminalamt, war beim mobilen Einsatzkommando. Ich war bundes- und sogar europaweit im Einsatz. Das alles habe ich mir bei meinem Einstellungstermin am 1.9.1981 niemals vorstellen können.

Was gefällt Ihnen an Ihrem Amt in Ludwigsburg und Böblingen?

Die Gesamtverantwortung für das Ganze zu haben, macht schon sehr viel Spaß, aber ist auch sehr herausfordernd. Jeden Tag kommt etwas Neues hinzu. Ich bin froh, so viele unterschiedliche Stationen der Polizei kennengelernt zu haben.

Gibt es Fälle, die Sie noch heute gedanklich oder emotional verfolgen?

Es gibt sicherlich Fälle, die mich belastet haben, aber ich versuche das sehr professionell zu handhaben. Bei der Kripo war ich an der der Bearbeitung einer Vielzahl von Kapitaldelikten beteiligt. Das nimmt einen schon mit. Aber es gibt auch viele schöne Erlebnisse, die ich mir positiv im Gedächtnis halte. Zum Beispiel den Entführungsfall eines Zweijährigen in Emmendingen über mehrere Tage. Als wir endlich den Aufenthaltsort des Kindes hatten und es beim Zugriff unversehrt befreien konnten, da standen allen Beteiligten, auch den Spezialisten, die Tränen in den Augen. Dieser Fall berührt mich heute noch.

Wie verarbeiten Sie die weniger schönen Erlebnisse?

Ich versuche Abstand zu gewinnen beispielsweise durch Spaziergänge mit meinem Hund. Der Hund spürt sofort wie ich drauf bin. Selbst einfach nur dazusitzen und ihn zu streicheln, das baut schon Stress ab. Ich fahre gerne Fahrrad, gehe in die Berge zum Wandern. Zum Leidwesen meines privaten Umfelds mache ich das meistens allein. Aber so bekomme ich am besten den Kopf wieder frei und komme runter.

Ihr Vorgänger hatte das Schreiben als Steckenpferd. Welche große Leidenschaft haben Sie?

Meine heimliche Leidenschaft ist Italien und besonders Venedig. Ich liebe die Landschaft Italiens, ich liebe die Sprache, das Essen und Trinken. Für den Hausgebrauch beherrsche ich sogar die Sprache, ein einfaches Gespräch kann ich problemlos führen.

Was fasziniert Sie an Venedig?

Vor zehn Jahren war ich für ein paar Tage dort und es hat mir total gefallen. Ich gehe meist im Januar, Februar hin, dann ist die Stadt nicht so überlaufen und man kommt mit den Leuten ins Gespräch. Das gefällt mir. Venedig strahlt so ein bisschen eine morbide Eleganz aus.

Sind Sie auch ein Fan der Krimiserie von Donna Leon und ihrem Commissario Brunetti?

Ja, ich mag die Brunetti-Romane, aber noch mehr bin ich ein Fan von Commissario Montalbano von Sizilien. Das sind beide meine Lieblingslektüren.

Und welche Krimis schauen sie im TV?

Am liebsten schaue ich den Tatort aus Münster an, weil mir das Duo Axel Prahl und Jan Josef Liefers in den Rollen so gefällt. Bei ihnen ist immer ein gewisses Augenzwinkern und Humor dabei.

Sind Sie Fußball-Fan und wenn ja, von welcher Mannschaft?

Seit meiner Kindheit bin ich Bayern-Fan. Ich selbst habe bei Geislingen gespielt.

Sie haben einen auffälligen, aber sehr schönen Wandteppich hinter Ihrem Schreibtisch hängen. Hat der eine besondere Bedeutung?

Dieser thailändische Teppich gehörte meinem ehemaligen Chef im LKA, dem Dr. Podolski, Erfinder der Vermögensabschöpfung, und er hing bei ihm im Büro an der Wand. Als er in Ruhestand ging, blieb der Teppich und er wurde zu einem Erbstück, das mich seitdem auf meinem dienstlichen Weg begleitet. Von Ulm, über Göppingen schließlich nach Ludwigsburg. Er ist ein wunderschönes Andenken an meinen ehemaligen Chef – einen ganz tollen Menschen

Sie sind jetzt 60 Jahre alt, der Ruhestand rückt näher. Wie stellen Sie sich die Zeit nach dem Ausscheiden aus dem Polizeidienst vor?

Ich sage nur: Italien, ich komme! Einfach mal mit meiner Frau vier, fünf, sechs Wochen mit dem Auto gemütlich durch Italien bis in den Süden runterfahren, die Menschen und Gegend kennenlernen und ohne Zeitdruck bleiben, wo es mir gefällt.

Herr Wild, wir danken Ihnen für das Gespräch! 

 

 

 

 

 

Putin rechtfertigt Krieg: Tucker Carlson veröffentlicht erstes TV-Interview seit Kriegsbeginn

Moskau – Russlands Präsident Wladimir Putin hat in seinem Fernsehinterview mit US-Moderator Tucker Carlson den Angriff auf die Ukraine erneut mit historischen Ansprüchen und einer vermeintlichen Bedrohung durch den Westen begründet.

Gleich zu Beginn des zweistündigen Interviews ergoss sich der russische Präsident in eine längere geschichtliche Abhandlung, die gewisse Ähnlichkeiten mit seiner Fernsehansprache wenige Tage vor dem Angriff auf die Ukraine vor zwei Jahren hatte. Selbst Carlson, der ansonsten betont devot Fragen stellte, zeigte sich nach einer Weile davon genervt.

Deutschland, die USA und andere Länder hätten ihr Versprechen gebrochen, die Ukraine nicht in die Nato aufzunehmen, so der Präsident. “Wir möchten niemanden angreifen”, sagte Putin, er wolle nur das russische Volk verteidigen. Russland werde weitere Länder wie Polen oder Lettland nicht attackieren und unter keinen Umständen Soldaten dorthin schicken – außer wenn das Land von dort aus angegriffen werde.

Dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj warf Putin erneut vor, Neonazis zu unterstützen. Und erneut zeigte er sich bereit, den Krieg auf dem Verhandlungsweg zu beenden. Russland habe bereits ein Dokument für die zurückliegenden Verhandlungen mit der Ukraine in Istanbul vorbereitet, dieses sei jedoch abgelehnt worden. Die Ukraine hat in der Vergangenheit immer wieder einen vollständigen Rückzug russischer Truppen gefordert, und will mittlerweile auch die Krim zurück

Das Verhalten Deutschlands im Bezug auf die Nord-Stream-Pipelines und die gekappte Gasversorgung bezeichnete Putin als logisch nicht nachvollziehbar. Die Bundesregierung sei mehr von anderen westlichen Ländern getrieben als von den eigenen Interessen.

Das Interview wurde nach Angaben von Carlson bereit am 6. Februar im Moskauer Kreml aufgezeichnet. Es ist das erste TV-Interview, das Putin seit Kriegsbeginn einem westlichen Journalisten gegeben hat. Carlson war jahrelang Moderator beim US-Nachrichtensender “Fox News” und dort unter anderem für nahezu bedingungslose Unterstützung von Donald Trump und manchmal auch für die Verbreitung von Verschwörungstheorien bekannt. Seit seinem Rauswurf bei “Fox News” veröffentlicht Carlson regelmäßig Beiträge im Internet. Das Putin-Interview generierte in der Nacht auf Freitag allein auf Twitter in der ersten Stunde der Veröffentlichung über zehn Millionen Abrufe.

red

Handballfieber in Ludwigsburg: Eine vielversprechende Saison mit klaren Zielen

Die Stadt Ludwigsburg erliegt dem Handballfieber, und die Vorfreude auf die neue Saison ist regelrecht spürbar. Mit dem Beginn der Saison am kommenden Samstag richten sich die gespannten Blicke auf das, was da kommen mag. Nachdem der Aufstieg in die Verbandsliga in der letzten Saison nur knapp verpasst wurde, startet das Team des HB Ludwigsburg, angeführt von Trainer Jörg Kaaden, mit klaren Zielen und einem durchdachten Plan in die kommende Spielzeit.

In einem exklusiven Interview mit LB24 gewährt uns Trainer Kaaden Einblicke in die Pläne seines Teams. Dabei stehen nicht nur vielversprechende Verstärkungen im Mittelpunkt, sondern auch die Strategie, auf die eigene Jugend zu setzen. Was einst als Underdog begann, ist nun ein Team mit klaren Ambitionen. Diese Saison verspricht eine aufregende und spannende Reise für alle Handballfans in Ludwigsburg und darüber hinaus zu werden.

Ein Interview von Ayhan Güneş

LB24: Nachdem der Aufstieg in die Verbandsliga in der letzten Saison nur knapp verpasst wurde, stellt sich die Frage nach den Zielen für die kommende Saison. Welche Ambitionen hat das Team für die bevorstehende Spielzeit?

Jörg Kaaden: Ja, die Erwartungen sind nach unserem Erfolg im letzten Jahr spürbar gestiegen. Dennoch bleibe ich persönlich und in Abstimmung mit unserem Verein am Kurs unseres Dreijahresplans. In der vergangenen Saison war unser Ziel klar definiert: der Klassenerhalt, den wir bereits frühzeitig sichern konnten. Für die kommende Saison lautet unser Ziel, uns im oberen Drittel der Liga zu etablieren, idealerweise unter den Top 3. Wenn wir dieses Ziel früher erreichen sollten, umso besser. Unser Blick richtet sich stets nach oben. Unsere Vorbereitung hat gezeigt, wo wir stehen und welches Potenzial in unserem Team steckt. Daher sind wir voller Zuversicht.

LB24: Im ersten Jahr haben es Aufsteiger oft leichter, da sie von den meisten Gegnern unterschätzt werden. Diese Situation wird sich wahrscheinlich in diesem Jahr ändern. Erwarten Sie eine insgesamt schwierigere Saison ?

JK: Ja und nein, wie Sie sagen, das zweite Jahr wird immer schwieriger. Wobei wir, wenn man die Staffelkonstellation anschaut, auf viele neue Teams treffen, und uns sieht man als drittplatzierten im letzten Jahr in der Landesliga. Wir haben 7 neue Gegner, 7 neue Mannschaften in der Staffel. Wir müssen uns das erarbeiten, dessen sind wir uns bewusst. Das Überraschungsmoment des Underdogs besitzen wir nicht mehr. Entsprechend müssen wir eine Schippe drauflegen

LB24: Welche Verstärkungen und Transfers haben Sie für die Mannschaft vorgenommen, um Ihre Ziele in der kommenden Saison zu erreichen?

JK: Wir haben gezielt nach Verstärkungen gesucht, um unsere Offensivleistung zu steigern. Ein wichtiger Neuzugang ist Nico Schöck (20), ein talentierter Linkshänder mit einer imposanten Größe von 1,98 Metern. Er kommt vom SV Kornwestheim 2 und wird sicherlich unsere Angriffsoptionen erweitern.

Am Kreis haben wir mit Fabian Hilsenbeck ebenfalls vom SV Kornwestheim 2 einen Spieler  mit einem ähnlichen Spielcharakter wie Nick Luithardt gewonnen. Dies wird unsere Variabilität im Angriff erhöhen. Zudem haben wir mit diesen Zugängen unsere Abwehr verstärkt, was uns in der vergangenen Saison zeitweise gefehlt hat. Felix Kerber ist ein weiterer Neuzugang im Tor, er kommt für Sven Bartels, der nach Frankfurt gezogen ist.

LB24: Es gab jedoch auch Abgänge

JK: Ja, es gab auch Abgänge. Unser Mannschaftskapitän Viktor Schneider hat sich im entscheidenden Spiel das Kreuzband gerissen und wird uns leider länger fehlen. Auch Steffen Rook und Moritz Kraak haben ihre Handballkarriere beendet.

Diese Abgänge sollen auch durch unsere eigene A-Jugend kompensiert werden. Wir haben 4-5 vielversprechende Talente in unseren Reihen, auf die ich vollstes Vertrauen habe. Sie werden die Gelegenheit erhalten, im Männerbereich ihre Erfahrungen zu sammeln. Unsere Strategie, auf die Jugend zu setzen, setzt sich also fort und sendet ein starkes Signal an unsere Nachwuchsspieler.

LB24:  Das war schon in der letzten Saison so, dass Sie auf die Jugend gesetzt haben. Welche jungen Spieler werden wir in dieser Saison sehen, und wie schätzen Sie ihre Leistungsfähigkeit ein?

JK: Ja, definitiv. Wie bereits erwähnt, haben wir einige vielversprechende junge Spieler, die eine wichtige Rolle in dieser Saison spielen können. Wir haben aktuell fünf A-Jugendspieler, die in unserem erweiterten Kader sind: Mark Weigand, Finn Würth, Luke Bayer, der bereits letzte Saison gezeigt hat, was er kann, und der neu hinzugekommene Lasse Küchenthal vom TV Bittenfeld sowie Julien Schmidt. Diese jungen Talente werden definitiv ihre Chance bekommen, und ich habe volles Vertrauen, dass sie das Potenzial haben in der Zukunft wichtige Rollen zu übernehmen.

LB24: Hat sich die Qualität des Kaders im Vergleich zur letzten Saison verbessert? Haben Sie ein stärkeres Team?

JK: In der Vorbereitung konnten wir uns steigern. Wir hatten unter anderem Spiele gegen Teams aus der Württemberg-Liga wie Fellbach und Schozach-Bottwartal, bei denen wir teilweise oder auch über 60 Minuten auf Augenhöhe agierten und am Ende nur knapp verloren haben.

Dies war ein entscheidender Schritt für uns und zeigt, dass wir uns verbessert haben. Allerdings müssen wir konstant auf diesem Niveau spielen. Das hat in der Vorbereitung noch gefehlt, aber wir arbeiten hart daran. Letzte Saison hatten wir das Problem, dass wir gut gestartet sind, dann aber unnötige Punkte liegen gelassen haben. Dieses Jahr sind wir einen Schritt weiter. Wir haben auch einige neue Spieler, die unser Team verstärken.

LB24: Wie schätzen Sie den ersten Gegner am kommenden Wochenende, den TSV Willsbach, ein?

JK:  Der TSV Willsbach, Aufsteiger aus Heilbronn, war vor zwei Wochen ein Turniergegner. Dabei traten beide Mannschaften nicht in Bestbesetzung an, und wir haben einige taktische Dinge ausprobiert. Leider waren diese erfolgreich (lacht), was psychologisch gesehen immer schwierig ist. Wenn man einen Gegner in der Vorbereitungsphase deutlich geschlagen hat, muss das schnell aus den Köpfen. Ich habe mir die Details des kommenden Spiels noch nicht genau angesehen. Aber rein von der körperlichen Präsenz her schätze ich sie als eine harte Nuss für uns ein. Es ist jedoch unser erstes Heimspiel, und die Rollen sind klar verteilt.

LB24: Wer sind Ihrer Meinung nach die schärfsten Konkurrenten in dieser Saison?

JK: Es ist immer schwierig, genaue Prognosen zu treffen, da sich die Dynamik im Laufe der Saison ständig ändert. Aber wenn ich einige Teams hervorheben müsste, würde ich Oppenweiler 2, Kornwestheim 2 und Mundelsheim als starke Konkurrenten in dieser Saison betrachten. Reservemannschaften haben oft die Möglichkeit, mit jüngeren, talentierten Spielern zu punkten, die in der ersten Mannschaft möglicherweise weniger Spielzeit erhalten. Daher sind diese Teams oft besonders gefährlich. Auch Asperg sollte nicht unterschätzt werden.

LB24: Dürfen die Fans auf irgendwelche Überraschungen in Ihrer Spielweise in dieser Saison hoffen? Gibt es taktische Neuerungen oder Veränderungen im Vergleich zum letzten Jahr?

JK: Definitiv. Wir werden in dieser Saison unsere taktische Vielfalt ausbauen. Im vergangenen Jahr hatten wir bereits den besten Angriff der Liga, und daran wollen wir anknüpfen. Sie können sich also auf viele Tore von uns freuen. Wir haben auch in der Vorbereitung verstärkt daran gearbeitet, unsere Defensive zu stärken. Dabei haben wir eine offensivere Abwehrvariante hinzugefügt, die Sie in dieser Saison sehen werden. Insgesamt denke ich, dass wir uns taktisch weiterentwickelt haben und einige neue Elemente in unser Spiel integrieren werden.

LB24: Sie haben zu Beginn über den 3-Jahres-Plan Ihres Teams gesprochen. Könnten Sie uns mehr darüber erzählen? Wie sieht dieser Plan aus?

JK: Die Verbandsliga ist als unser langfristiges Ziel klar definiert, sowohl von meiner Seite als auch vom Verein. Wir streben sportliche Erfolge an, wobei natürlich immer im Hinterkopf behalten werden muss, dass diese nicht immer planbar sind. Letzte Saison haben wir bereits eine positive Entwicklung gezeigt, und in dieser Saison wollen wir noch einen Schritt weitergehen. Dabei müssen wir auch unvorhergesehene Ereignisse berücksichtigen, wie beispielsweise Verletzungen. Ein solches unglückliches Ereignis war die Kreuzbandverletzung unseres Kapitäns Viktor Schneider, die uns überraschte und uns vor neue Herausforderungen auf dieser Position stellten. Dennoch sind wir hochmotiviert und freuen uns auf die kommende Saison. Wir werden von Anfang an Vollgas geben und hoffen erneut auf die begeisterte Unterstützung unserer Fans.

LB24: Hat Ihr Kader genug Qualität, um in dieser Saison die Meisterschaft zu gewinnen?

JK: JA

Herr Kaaden, wir danken Ihnen fürs Gespräch und wünschen viel ERFOLG!

Wer ist Jörg Kaaden ?

Jörg Kaaden, ein 45-jähriger Handball-Enthusiast, bringt nicht nur sein Fachwissen in den Sport ein. Als verheirateter Vater von zwei Kindern ist er in der malerischen Stadt Marbach zu Hause. Abseits des Handballfeldes ist er ein leidenschaftlicher Koch und ein versierter Gärtner, der seine grünen Oasen hegt und pflegt.

In seiner eigenen Handballkarriere spielte Kaaden erfolgreich für die Stuttgarter Kickers und den TSV Schmiden und konnte in verschiedenen Ligen beachtliche Erfolge feiern, darunter den Gewinn der Württembergischen Meisterschaft.

Seit 2022 überträgt er seine Leidenschaft und sein Wissen als Trainer des Männer-Teams des HB Ludwigsburg sowie als Handball-BW Stützpunkt Trainer für die aufstrebende männliche Jugend in Bietigheim. Seine jahrelange Erfahrung wird durch eine C-Lizenz seit 2009 und eine B-Lizenz seit 2013 im Handballsport untermauert.

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