Landkreis reagiert auf Corona-Virus und richtet Testzentrum ein

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Der Coronavirus ist auch im Kreis Ludwigsburg auf dem Vormarsch. Nach den bestätigten Fällen in Benningen und Besigheim, wurden gestern zwei weitere infizierte Patienten aus Gerlingen und Ludwigsburg gemeldet. Bei den Patienten handelt es sich ausschließlich um Männer im Alter von 45 bis 61 Jahren. „Alle Patienten sind daheim und stehen dort 14 Tage unter Quarantäne. Ihnen geht es weitestgehend gut, so dass eine stationäre Behandlung nicht notwendig ist. Zwei der Männer waren vor kurzem in Südtirol, einer in Süditalien. Bei dem Betroffenen in Benningen ist bislang noch nicht klar, wo er sich angesteckt hat“, erklärte Dr. Thomas Schönauer, Leiter des Gesundheitsamtes auf einer Pressekonferenz, zu der Landrat Dietmar Allgaier eingeladen hatte. 

Da sich im Kreis die Verdachtsfälle häufen und zur besseren Koordination alle relevanten Maßnahmen, haben der Landrat und sein Gesundheitsdezernent einen „Arbeits- und Kommunikationsstab“ gebildet, zu dem u.a. Klinikchef Professor Jörg Martin, der Leitende Notarzt Stefan Weiß und Kreisbrandmeister Andy Dorroch gehören. Gemeinsam wollen sie schnell auf neue Entwicklungen reagieren können und zunächst die personell und organisatorisch überforderten Hausarztpraxen sowie Notaufnahmen der Kliniken entlasten. Ab Freitag wird deshalb in einem separaten Gebäude ein an die Ludwigsburger Klinik angeschlossenes Testzentrum für Corona-Verdachtsfälle eröffnet, das täglich von 12.00 bis 16.00 Uhr pro Schicht mit einem Arzt und einer Person der Kornwestheimer Feuerwehr besetzt ist. „Aber wir suchen noch weitere Ärzte zur Unterstützung“, so Thomas Schönauer. Der Gesundheitsdezernent benötigt Allgemeinmediziner, Internisten oder auch Anästhesisten, die Zeit haben für eine freiwillige Mitarbeit. 

Damit das Testzentrum nicht von Patienten überrannt wird, werden Termine ausschließlich vom Gesundheitsamt über eine eigens dafür eingerichtete Hotline des Gesundheitsamtes koordiniert, die zunächst parallel zu den Öffnungszeiten des Testzentrums besetzt ist. Um möglichst keine weiteren Menschen anzustecken, sollten die Patienten auf keinen Fall mit öffentlichen Verkehrsmitteln zum Test an- und wieder heimreisen. Ihr Ergebnis bekommen die Patienten vom Gesundheitsamt übermittelt, was mindestens vier Stunden, längstens aber ein Tag dauert. Ein Test kostet zwischen 100 und 150 Euro. Sollten sich die Verdachtsfälle mehren und die Kapazitäten der Ludwigsburger Teststelle nicht reichen, sei man kurzfristig in der Lage, ein zweites Testzentrum in Bietigheim zu errichten, informierte Landrat Allgaier. 

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Klinikchef Jörg Martin appellierte an mögliche Corona-Patienten, auf keinen Fall auf eigene Faust in den Notaufnahmen der Kliniken in Ludwigsburg oder Bietigheim zu erscheinen. „Wir müssen sonst alle, die mit dem Patienten in Kontakt waren, für 14 Tage nach Hause schicken. So blutet eine Klinik aber nach und nach aus“. Die Kliniken seien aufgrund der jährlich wiederkehrenden Influenza eh schon an der personellen Untergrenze, mehr könne man nicht verkraften, äußerte sich der Klinikchef. „Wenn es einem Patienten wirklich schlecht geht oder er deutliche Symptome aufweist, können wir ihn jedoch sofort isolieren und bei uns aufnehmen“, betonte der Leitende Notarzt Stefan Weiß. Auf diese Fälle seien die Kliniken vorbereitet und hätten eine Isolierstation dafür eingerichtet. Gesundheitsamtsleiter Thomas Schönauer widersprach in diesem Zusammenhang allerdings dem Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, der die Bevölkerung beruhigte, Deutschland sei auf den Virus und seine Auswirkungen gut vorbereitet. „Wir sind vorbereitet, das stimmt. Aber nur auf die ersten paar hundert Patienten“, gab er offen zu. 

Mit Besorgnis beobachten Landrat Dietmar Allgaier und seine Mitarbeiter die wachsende Angst vor dem Virus in der Bevölkerung. „Der Keim ist ein Medienstar geworden, obwohl kein Grund zur Panik besteht. Er hat die Gefährlichkeit einer deftigen Influenza“, erläuterte Gesundheitsdezernent Schönauer. Derzeit seien 100.000 Menschen an Influenza erkrankt, 1.000 seien daran gestorben. Vom Covid-19-Virus seien momentan 300 betroffen. Einen Todesfall gibt es bislang nicht. Die Lage sei dennoch ernst, denn der Virus stelle alle Beteiligten vor große Herausforderungen. Nicht nur, dass das medizinische Personal am Anschlag arbeite, Schutzkleidung, Masken und Tests langsam knapp würden und nicht ohne weiteres nachbestellt werden könnten, sondern auch die gesamte Infrastruktur würde ins Wanken gebracht. „Wenn alle zu Hause bleiben müssen, die mit einem möglichen Infizierten in Kontakt waren, haben wir irgendwann keine Ärzte, Busfahrer, Bäcker, Metzger, einfach niemanden mehr, die arbeiten können.“ Um die Ansteckungsgefahr so gering wie möglich zu halten, muss sich jeder selbst überlegen, ob er beispielsweise Großveranstaltungen besucht. Generelle Verhaltensanweisungen dafür oder gar Empfehlungen für das Streichen von Events, erteilt das Landratsamt derzeit noch nicht. „Wir prüfen das jeweils im Einzelfall“, erklärte Landrat Allgaier. „Allerdings denken wir gerade ernsthaft darüber nach, nächste Woche die Berufsbildungsmesse abzusagen, zu der bis zu 5.000 Jugendliche erwartet werden.“

Die Hotline-Nummer für die Terminierung der Tests lautet 07141-14469844

Die allgemeine Corona-Info-Hotline des Gesundheitsamtes erreicht man unter 07141-14469400

Patricia Leßnerkraus / Ludwigsburg24