Karlsruhe – Das Bundesverfassungsgericht hat in einem Urteil am Dienstag die Reform der Strafprozessordnung (StPO) für verfassungswidrig erklärt, die es ermöglichte, freigesprochene Verdächtige auf Basis neuer Beweise für dieselbe Tat erneut anzuklagen. Diese kontrovers diskutierte Reform war im Dezember 2021 in Kraft getreten. Die Richter in Karlsruhe entschieden, dass diese Regelung gegen Artikel 103 Absatz 3 des Grundgesetzes verstoße. Dieser Artikel verbietet dem Gesetzgeber, die Wiederaufnahme eines Strafverfahrens “zum Nachteil des Freigesprochenen aufgrund neuer Tatsachen oder Beweismittel” zu regeln. Die Begründung für dieses Urteil betonte die Priorität der Rechtssicherheit gegenüber der materiellen Gerechtigkeit.
Darüber hinaus wurde festgestellt, dass die Anwendung der Reform auf Freisprüche, die bereits rechtskräftig waren, das Rückwirkungsverbot verletzt. Das Urteil betraf einen konkreten Fall, bei dem einem Mann im Jahr 1981 vorgeworfen wurde, eine Schülerin vergewaltigt und getötet zu haben. Das damalige Strafverfahren endete 1983 mit einem Freispruch, obwohl es bereits belastende Indizien gab. Im Februar 2022 wurde das Verfahren wegen neuer Beweismittel gemäß der StPO-Reform erneut aufgenommen, und es gibt wenig Zweifel daran, dass er der Täter ist. Trotzdem bleibt er nun auf freiem Fuß.
red