Ampel-Koalition plant radikale Kürzungen in der Verwaltungsdigitalisierung

Die Sparzwänge innerhalb der Bundesregierung gefährden offenbar das zentrale Projekt des Koalitionsvertrages, die Dienstleistungen des Staates zu digitalisieren und den Bürgern online bereitzustellen. Nach dem derzeitigen Stand der Haushaltsplanung wird das für diesen Bereich zuständige Bundesinnenministerium nur noch einen Bruchteil der finanziellen Mittel zur Verfügung stellen, die es jetzt ausgibt, wie die “Frankfurter Allgemeine Zeitung” (Mittwochsausgabe) berichtet. Für die Digitalisierung der Verwaltung und Verwaltungsdienstleistungen sind demnach für das kommende Jahr 3,3 Millionen Euro verbucht – verglichen mit 377 Millionen Euro in diesem Jahr.

Die Kürzungen betreffen vor allem Verwaltungsdienstleistungen, die nach dem Onlinezugangsgesetz (OZG) schon Ende 2022 hätten digitalisiert werden sollen. Gespart wird außerdem an dem Projekt “Digitale Identitäten”, welches darauf zielt, wie sich Bürger im Netz rechtssicher ausweisen können. Es gilt als Schlüssel für viele Dienstleistungen nicht nur des Staates, sondern auch der Wirtschaft, etwa von Banken oder Telekommunikationsanbietern.

Innerhalb der Digitalstrategie des Bundes gilt es als Leuchtturm und Hebelprojekt, was bis 2025 verwirklicht werden soll. Ein Sprecher des Bundesverkehrsministeriums versicherte auf Anfrage: “Wir werden im kommenden Haushalt kein Finanzproblem bei der Digitalisierung haben. Für die zentralen Hebelprojekte der Digitalstrategie ist die Finanzierung gesichert.”

Das Bundesfinanzministerium verwies darauf, dass die einzelnen Ressorts grundsätzlich frei darin seien, innerhalb ihrer Ausgabenplafonds “fachpolitische Prioritäten zu setzen”. Durch das knappe Budget werden auch die Länder kein Geld mehr vom Bund für die Umsetzung ihrer OZG-Projekte sowie den flächendeckenden Roll-out bekommen. Schleswig-Holstein hat schon Konsequenzen daraus gezogen: Es hat die Vereinbarungen mit dem Bund über die Erstellung mehrerer OZG-Projekte zum Beispiel zum Wohngeld gekündigt.

“Durch die unmissverständliche Absage des Bundes, sich weiterhin finanziell an der Umsetzung des OZG zu beteiligen, hat der Bund der Vereinbarung eine wesentliche Geschäftsgrundlage entzogen”, sagte Dirk Schrödter, Chef der Kieler Staatskanzlei, der FAZ. Deshalb bestehe für Schleswig-Holstein keine Notwendigkeit, die eigenen Verpflichtungen aufrechtzuerhalten. Das Bundesinnenministerium hat sich bislang nicht zu den Einsparungen geäußert.

red

Peter Ramsauers ‘Ungeziefer’-Vergleich sorgt für Kritik

Der CSU-Bundestagsabgeordnete Peter Ramsauer bekommt wegen seines “Ungeziefer”-Vergleichs weiteren Gegenwind aus seiner eigenen Partei. Die CSU-Europaabgeordnete Monika Hohlmeier, Tochter des früheren bayrischen Ministerpräsidenten und CSU-Vorsitzenden Franz Josef Strauß, nannte es “völlig daneben”, Migranten mit “Ungeziefer” zu vergleichen, wie es Ramsauer in einer später dementierten Interviewäußerung offenbar getan habe. Hohlmeier warf ihrem Parteifreund zudem vor, er verstehe nicht, wie der chinesische Spitzenpolitiker Deng Xiao Ping seinen “Ungeziefer”-Vergleich gemeint habe.

“Ich war dabei, als Deng Xiaoping über geöffnete Fenster und Ungeziefer gesprochen hat, und deshalb weiß ich, welchen Unsinn Peter Ramsauer verbreitet”, sagte Hohlmeier der “Frankfurter Allgemeinen Zeitung” (Mittwochausgabe). Dengs Aussage sei in einem Gespräch mit ihrem Vater 1985 in Peking gefallen. Hohlmeier begleitete ihren Vater auf der Reise.

In jener Zeit öffnete sich die chinesische Führung wirtschaftlich in Richtung Markt, wollte politisch aber so totalitär bleiben wie bisher. Deng und Strauß hätten darüber diskutiert, ob sich wirtschaftliche Freiheit mit einer Diktatur kombinieren lasse, sagte die CSU-Politikerin. “Mein Vater war fest davon überzeugt, dass Markt und Marxismus völlig unvereinbar sind. Ein bisschen Freiheit, das hielt er für unmöglich.” Deng habe dann verschmitzt und “sehr chinesisch” darauf hingewiesen, dass China ökonomisch ein “geschlossenes Haus” sei, dem der Sauerstoff ausgehe, so Hohlmeier. Deshalb müsse die Führung für die Wirtschaft die Fenster ein Stück weit öffnen.

All das Ungeziefer, das dann mit hereinkomme, müsse man möglichst komplett erschlagen. “Aber damit hat er keine Menschen gemeint, sondern systemfremdes, nichtmarxistisches Gedankengut, das möglicherweise in das Haus hineinweht.” Dass Ramsauer diese “systemischen Überlegungen” mit der Migrationspolitik verwechsle, könne sie nicht verstehen, sagte Hohlmeier.

red

AfD auf historischem Höchstwert – CDU verliert Zustimmung in Umfrage

Berlin – Die Union verliert in der von Forsa gemessenen Wählergunst an Zustimmung, die AfD erreicht hingegen einen neuen Bestwert. Im wöchentlich für die Sender RTL und ntv erhobenen “Trendbarometer” verlieren die Unionsparteien zwei Prozentpunkte und sinken auf 25 Prozent. Im Gegenzug gewinnt die AfD zwei Prozentpunkte hinzu und steigt auf 21 Prozent, den höchsten von Forsa auf Bundesebene gemessene Wert für die Partei.

Darüber hinaus liegen Union und AfD mit 4 Prozent so nah beieinander wie noch nie. Die SPD verliert unterdessen einen Prozentpunkt und kommt auf 17 Prozent, während die Grünen sich um einen Prozentpunkt auf 15 Prozent verbessern können. Die Werte für FDP (6 Prozent), Linke (5 Prozent) und sonstige Parteien (mit zusammen 11 Prozent) bleiben unverändert zur Vorwoche.

Bei der Kanzlerpräferenz verliert Friedrich Merz (CDU) zwei Prozentpunkte gegenüber der Vorwoche. Olaf Scholz (SPD) muss einen Verlust von einem Prozentpunkt hinnehmen, während Robert Habeck und Annalena Baerbock (beide Grüne) sich um jeweils einen Punkt verbessern können. In der Kandidatenkonstellation Scholz – Merz – Habeck würden sich somit aktuell 22 Prozent für Scholz, 18 Prozent für Merz und 17 Prozent für Habeck entscheiden.

In der Konstellation Scholz – Merz – Baerbock würden sich 24 Prozent für Scholz, 21 Prozent für Merz und 18 Prozent für Baerbock entscheiden. Die Daten zu den Partei- und Kanzlerpräferenzen wurden vom 25. bis 31. Juli erhoben. Datenbasis: 2.500 Befragte.

red

Umfrage: 83 Prozent der Deutschen glauben, Politiker kennen nicht den Alltag der Menschen

Eine große Mehrheit der Deutschen (83 Prozent) glaubt, dass die meisten Bundespolitiker nicht wissen, was die Menschen im Alltag bewegt. Das ist das Ergebnis einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa für den “Stern”. Vor einem Jahr lag der Wert noch bei 77 Prozent.

Umgekehrt sagen gerade einmal 15 Prozent der Deutschen, dass die Politiker in Berlin ihre Alltagsprobleme kennen. 2022 waren noch 20 Prozent dieser Ansicht gewesen. Die Angaben differieren stark nach der Parteienpräferenz: Von den Anhängern der Grünen fühlt sich immerhin noch fast jeder Dritte (30 Prozent) in seinen Alltagsproblemen verstanden, bei den Anhängern der FDP sind es 25 Prozent, bei jenen der SPD 21 Prozent.

Besonders niedrig liegen die Werte bei Anhängern der CDU (10 Prozent) und der AfD (3 Prozent). Die Daten wurden am 27. und 28. Juli 2023 erhoben. Datenbasis: 1.009 Befragte.

Die exakte Fragestellung lautete: “Haben Sie alles in allem den Eindruck, dass die meisten Politiker in der Bundespolitik wissen, was die Bürgerinnen und Bürger in ihrem Alltag bewegt oder ist das eher nicht der Fall?”

red

Türkei blockiert Nato-Mitgliedschaft Schwedens nach erneuter Koran-Verbrennung

In Stockholm ist am Montag im Rahmen einer Kundgebung erneut ein Koran verbrannt worden, die schwedische Regierung zeigte sich besorgt über die Vorgänge. Diejenigen, die versuchten, die Gesellschaft zu spalten, dürfen damit nicht erfolgreich sein, zitiert die Zeitung “Svenska Dagbladet” den schwedischen Außenminister Tobias Billström. Am Nachmittag hatten sich laut Zeitungsbericht zwei Männer vor dem Reichstag in Stockholm eingefunden und den Koran zunächst mit Füßen getreten, bevor sie ihn in Brand steckten.

Abbildungen muslimischer Führer seien zu einem späteren Zeitpunkt ebenfalls verunglimpft worden. Es war nicht die erste Aktion dieser Art: In Schweden wie auch in Dänemark war es in den letzten Wochen mehrfach zu ähnlichen Versammlungen gekommen, bei denen der Koran öffentlich verbrannt oder beschädigt wurde. Das schwedische Außenministerium hatte die Aktionen kritisiert.

Die Vorgänge hatten internationale Konsequenzen nach sich gezogen, so hatte der türkische Präsident Erdogan die Geschehnisse verurteilt und eine Nato-Mitgliedschaft Schwedens zunächst blockiert. In Pakistan hatte die Regierung die eigene Bevölkerung zu Protesten aufgerufen. Vor einer Woche hatten schließlich Demonstranten die schwedische Botschaft in der irakischen Hauptstadt Bagdad gestürmt, um gegen eine weitere angekündigte Koran-Verbrennung zu protestieren.

Auch Gebäude dänischer Hilfsorganisationen waren attackiert worden. In Dänemark und in Schweden diskutiert die Öffentlichkeit seit den Vorgängen über mögliche Grenzen der Meinungs- und Versammlungsfreiheit. Viele schwedische Bürger sehen die Verbrennungen als unnötige Provokation zum Nachteil ihres Landes und wünschen sich ein Verbot solcher Aktionen.

Andere sehen die Verbrennungen als legitim ausgeübte Religionskritik im Rahmen der Meinungsfreiheit. Dänemark hat angekündigt, ein Verbot von Koran-Verbrennungen im Rahmen von Versammlungen zu prüfen.

red

Cannabislegalisierung ohne klare Strategie: Polizei befürchtet massive Herausforderungen

Berlin – Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) befürchtet eine massive Mehrbelastung der Polizei durch die Cannabislegalisierungspläne der Bundesregierung. “An keiner Stelle des Papiers wird deutlich, wie der zu erwartende erhöhte technische und personelle Aufwand der Polizei und anderer Behörden gestemmt werden soll”, sagte der stellvertretende GdP-Bundesvorsitzende Alexander Poitz dem “Redaktionsnetzwerk Deutschland” (Dienstagsausgabe). Dem Referentenentwurf des Bundesgesundheitsministeriums fehle es an Präzision und Weitsicht, kritisierte Poitz.

Ursprünglich sollte die Cannabislegalisierung zu einer Entlastung der Strafverfolgungsbehörden in Deutschland beitragen. Die Gesetzespläne sehen Cannabis-Konsumverbote an bestimmten Orten vor. Allein um das durchzusetzen, müssten die Behörden mit rechtssicheren Instrumenten ausgestattet werden, sagte der Kriminalpolizist und Gewerkschafter.

“Ich hoffe nicht, dass das Bundesgesundheitsministerium glaubt, unsere Kolleginnen und Kollegen würden die geforderte 200-Meter-Distanz zwischen einem Konsumenten und einer Kita mit dem Zollstock nachmessen.”

red

Immer weniger Sozialwohnungen: Deutscher Mieterbund fordert dringend Maßnahmen

Angesichts der gesunkenen Zahl an Sozialwohnungen im vergangenen Jahr hat der Deutsche Mieterbund seine Forderung nach einem Sondervermögen und einer schnellen Einführung der Wohngemeinnützigkeit bekräftigt und zugleich eine Entfristung von Sozialbindungen gefordert. “Während es nur noch rund 1 MillionSozialwohnungen gibt, haben mehr als 11 Millionen Mieterhaushalte in Deutschland einen Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein und damit auf eine Sozialwohnung”, sagte Mieterbundpräsident Lukas Siebenkotten den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Dienstagausgaben). “Das ist ein riesiges Problem.”

Neben einem Sondervermögen in Höhe von 50 Milliarden Euro brauche es auch ein Sofort-Programm, “um den noch vorhandenen Bestand an Sozialwohnungen aus der derzeitigen zeitlichen Befristung in eine dauerhafte Bindung zu überführen”, sagte Siebenkotten. Zudem forderte er die Umsetzung der Wohngemeinnützigkeit. Erste Eckpunkte dazu hatte das Bundesbauministerium jüngst erarbeitet.

red

Warnung vor Lehrermangel: Wissenschaftler kritisieren zunehmenden Einsatz von Quer- und Seiteneinsteigern an deutschen Schulen

Eine Gruppe von Schulforschern äußert sich kritisch über den zunehmenden und weitgehend unkontrollierten Einsatz von Quer- und Seiteneinsteigern an deutschen Schulen. Alternative Qualifikationswege ins Lehramt seien noch unzureichend überprüft und müssten den Beweis erbringen, dass ihre Absolventen “zumindest mittelfristig vergleichbare professionelle Kompetenzen erwerben wie traditionell ausgebildete”, heißt es in einer 14-seitigen Stellungnahme der Gesellschaft für Empirische Bildungsforschung, über die der “Spiegel” berichtet. Angesichts der steigenden Zahl könne man nicht mehr von Notlösungen sprechen, die Praxis habe “Auswirkungen auf das gesamte System der Lehrkräftebildung”.

Die Wissenschaftler warnen vor einem “Unterlaufen” etablierter Standards und fordern einen “einheitlichen alternativen Qualifikationsweg unter Einbeziehung der Hochschulen”. “Wir haben einen dramatischen Lehrermangel, das ist klar”, sagte Andreas Hartinger, einer der neun Verfasser und Professor für Grundschulpädagogik an der Uni Augsburg. Dennoch müsse an dem Grundprinzip festgehalten werden, die Grundlagen für das Unterrichten über Jahre in einem Studium, verzahnt mit praktischen Erfahrungen, aufzubauen.

red

Polizeigewerkschaften fordern Maßnahmen gegen illegale Migration an deutschen Grenzen

Der Druck auf Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) steigt, die deutschen Grenzen Richtung Polen und Tschechien besser gegen illegale Migration abzusichern. Die Vertreter der Bundespolizei in der Gewerkschaft der Polizei (GdP) und der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) forderten Faeser auf, baldmöglichst auf EU-Ebene in der Sache aktiv zu werden. Durch eine sogenannte Notifizierung von Grenzkontrollen an der polnischen und tschechischen Grenze solle die Voraussetzung geschaffen werden, flexibel zu agieren.

“Es ist dringend notwendig, endlich den rechtlichen Status der Bundespolizei an den Grenzen zu Polen und Tschechien zu ändern”, sagte der Vorsitzende des GdP-Bezirks Bundespolizei, Andreas Roßkopf, der “Welt” (Montagausgabe). Noch weigere sich Faeser, die für diese Änderung notwendige Notifikation in Brüssel zu hinterlegen. “Daher dürfen die Bundespolizisten bei illegalen Übertritten im Osten niemand zurückweisen, anders als in Bayern.”

Bei einem Treffen mit Faeser Mitte August wolle seine Gewerkschaft erneut auf eine rasche Notifizierung dringen, so Roßkopf. Gemeint ist damit eine Anmeldung von temporären innereuropäischen Grenzkontrollen, die Brüssel genehmigen muss. Seit 2016 sind fünf Grenzübertritte zwischen Österreich und Bayern notifiziert.

Dort wurden stationäre Kontrollposten eingerichtet. Feste Kontrollen will Faeser aber Richtung Polen und Tschechien nicht einrichten. Das sei aber nach einer Notifizierung auch nicht zwangsläufig nötig, so Roßkopf.

“Das Beispiel Frankreich zeigt, dass ein Land sämtliche Grenzübergänge auflisten und notifizieren kann.” Anfang Mai hatte Frankreich, befristet zunächst auf ein halbes Jahr, für sämtliche Grenzen und auch den Luftraum die Wiedereinführung von Binnengrenzkontrollen in Brüssel beantragt. “Nach erfolgter Notifizierung kann flexibel und je nach Lage entschieden werden, ob auf feste Kontrollposten oder Schleierfahnder eingesetzt wird”, so Roßkopf.

Auch letztere hätten dann aber die rechtliche Befugnis zur Zurückweisung, was derzeit an der Grenze zu den beiden osteuropäischen Ländern noch nicht der Fall sei. Heiko Teggatz, Vorsitzender der DPolG-Bundespolizeigewerkschaft, erhofft sich durch den Schritt eine Ausweitung der rechtlichen Befugnisse der Beamten. “Das löst eine abschreckende Kettenreaktion aus, und das soll es auch. Dadurch würde beispielsweise Tschechien signalisiert, seine Grenzen Richtung Ungarn und Slowakei besser zu schützen. Denn wer an der deutsch-tschechischen Grenze ankommt, hat womöglich schon vier EU-Staaten durchreist, ohne Asyl zu beantragen. Das heißt für mich als Praktiker: Irgendwas funktioniert hier in Schengen nicht richtig.”

Im vergangenen Jahr sei es an der bayerisch-österreichischen Grenze gelungen, 15.000 Personen zurückzuweisen.

red

Waffen für die Ukraine: Grünen-Politiker fordert Lieferung von Marschflugkörpern

Berlin – In der Ampel bahnt sich neuer Streit um Waffenlieferungen für die Ukraine an. Der Grünen-Politiker Robin Wagener hat die Abgabe von Taurus-Marschflugkörpern an Kiew gefordert. “Gerade in der aktuellen Phase ist deutlich: Die Ukraine braucht präzise Waffen mit größerer Reichweite, um Munitionsdepots, Kommandoposten, Abschussorte, und Logistikzenten ausschalten zu können”, sagte der Koordinator für die zwischengesellschaftliche Zusammenarbeit mit dem südlichen Kaukasus, Moldau und Zentralasien im Auswärtigen Amt, am Sonntag dem “Spiegel”.

“Bereits heute setzt die Ukraine erfolgreich, angemessen und unter den vereinbarten Bedingungen französische und britische Marschflugkörper ein, und deswegen sehe ich keinen grundsätzlichen Grund, die deutschen Taurus-Raketen nicht zu liefern”, so Wagener. Aus der SPD kommt jedoch Widerspruch: “Die Lieferung von Marschflugkörpern sehe ich kritisch”, sagte der SPD-Außenpolitiker Ralf Stegner dem “Spiegel”. Weitreichende Offensivwaffen, Drohnen oder auch Streumunition “bewirken eher eine Ausweitung der Eskalationsgefahren als die schnellstmögliche Beendigung des Krieges mit all seinen furchtbaren Begleiterscheinungen”, betont er.

Der SPD-Verteidigungspolitiker Joe Weingarten sagte: “Wir konzentrieren uns bei der Ukraine-Hilfe auf das, mit dem wir am besten helfen können: Artillerie, Logistik, Luftabwehr und gepanzerte Fahrzeuge.” Bei den Taurus-Flugkörpern gebe es hingegen “eine Vielzahl technischer und logistischer Fragen”, so Weingarten. “Sie würden die militärische Position der Ukraine auch nicht grundsätzlich verbessern”, hob er gegenüber dem “Spiegel” hervor.

Christian Mölling, stellvertretender Direktor des Forschungsinstituts der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik und Leiter des Zentrums für Sicherheit und Verteidigung, kritisierte hingegen die bisherige Linie Berlins. “Die Bundesregierung ist leider in die Hasenfüßigkeit zurückgefallen”, sagte er dem “Spiegel”. Sie habe keinen Plan für die rasche Beendigung des Krieges und schiele stets auf die USA.

“Es spricht alles für die Lieferung von Taurus-Waffen und nichts dagegen”, betonte Mölling. Völkerrechtlich sei es “kein Problem”, ein militärisches Ziel auf russischem Staatsgebiet anzugreifen, sagte Mölling – schränkte aber ein: “Ein militärisches Ziel ist kein Einkaufszentrum.” In der vergangenen Woche wurde ein Moskauer Einkaufszentrum nach einem ukrainischen Drohnenangriff beschädigt.

“Drohnen auf Einkaufszentren fliegen zu lassen, ist sicherlich etwas, womit man sich im Westen keine Unterstützung sichert”, mahnte Mölling. Der CDU-Außenpolitiker Kiesewetter äußerte hingegen Verständnis für solche Attacken. “Die Drohnenangriffe auf Moskau haben sehr geringe Auswirkungen”, sagt er.

“Sie sind nötig, um die Desinformation der russischen Bevölkerung zu durchbrechen und sie über den völkerrechtswidrigen Krieg gegen die Ukraine zu informieren”, sagte er dem “Spiegel”. Er bekräftigte seine Forderung nach Marschflugkörpern für Kiew: “Mit Taurus ließen sich die russischen Truppen auf der Krim von den russischen Versorgungslinien abschneiden, damit Russland die Krim aufgeben muss.” Auch Florian Hahn, verteidigungspolitischer Sprecher der Union im Bundestag, warb dafür: “Wenn es technisch möglich und sinnvoll ist, spricht nichts dagegen”, sagte der CSU-Politiker dem “Spiegel”.

Im Falle einer Abgabe aus Bundeswehrbeständen müsse jedoch sofort die Nachbeschaffung eingeleitet werden.

red