Umfrage: Deutsche sehen Zuwanderung und Ukraine-Krieg als Top-Themen der Politik

Berlin – Die Deutschen halten Zuwanderung und Flucht weiterhin für das wichtigste Thema, um das sich die deutsche Politik kümmern muss. Das ist das Ergebnis einer Infratest-Umfrage für den ARD-Deutschlandtrend, die am Donnerstag veröffentlicht wurde.

Jeder Vierte (26 Prozent) nennt diesen Komplex als wichtigstes oder zweitwichtigstes Problem für die deutsche Politik (+/-0 im Vgl. zu September 2023). In der Befragung wurde offen nach den beiden wichtigsten Problemen gefragt, um die sich die deutsche Politik vordringlich kümmern muss.

Hinter Zuwanderung und Flucht wird an zweiter Stelle der Ukraine-Krieg genannt: Für 21 Prozent der Befragten ist dies eines der wichtigsten Probleme – damit ist das Thema im Problembewusstsein der Bürger in den vergangenen Monaten wieder deutlich angestiegen (+12 im Vgl. zu September 2023).

An dritter Stelle folgt mit 19 Prozent der Komplex Wirtschaft (-9), der noch im September 2023 an erster Stelle rangierte. Es folgen die Themen soziale Ungerechtigkeit / Armut / Bürgergeld (17 Prozent, +1), Umweltschutz und Klimawandel (16 Prozent, -2) sowie Bildung (10 Prozent, +1).

In der Befragung ging es auch um verschiedene diskutierte Maßnahmen aus dem Bereich der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik. Eine deutliche Mehrheit der Befragten (79 Prozent) würde Kürzungen des Bürgergeldes unterstützen, wenn Leistungsempfänger Arbeitsangebote ablehnen. Mögliche Sanktionen hatte in den vergangenen Monaten sowohl Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) als auch ein CDU-Konzept zur Reform des bestehenden Bürgergeldes ins Spiel gebracht.

Sieben von zehn Deutschen (72 Prozent) befürworten bessere Rahmenbedingungen für Familien, damit vor allem Mütter mehr arbeiten können. Ebenso viele (72 Prozent) sprechen sich für eine schnellere Integration von Flüchtlingen in den deutschen Arbeitsmarkt aus. Eine Mehrheit (56 Prozent) befürwortet zudem eine erleichterte Einwanderung nach Deutschland für ausländische Fachkräfte; für 35 Prozent ginge eine solche Maßnahme dagegen in die falsche Richtung.

Zur Finanzierung der gesetzlichen Rente in der Zukunft werden aktuell verschiedene Maßnahmen diskutiert. Jeder Zweite (50 Prozent) würde es unterstützen, wenn staatliche Gelder für die Finanzierung der Rente an den Kapitalmärkten angelegt werden, wie es ein Konzept der Bundesregierung vorsieht; für 30 Prozent ginge das in die falsche Richtung. Eine schrittweise Erhöhung des Renteneintrittsalters bei steigender Lebenserwartung wird hingegen mehrheitlich abgelehnt: Für sieben von zehn Deutschen (69 Prozent) ginge diese Maßnahme in die falsche Richtung, für jeden Vierten (25 Prozent) in die richtige Richtung.

Insgesamt fühlt sich nur eine knappe Minderheit der Wahlberechtigten (44 Prozent) für ihr Rentenalter ausreichend abgesichert (-4 im Vgl. zu Februar 2019); eine knappe Mehrheit (52 Prozent) fühlt sich nicht ausreichend abgesichert (-1). Dabei gilt: Je jünger die Befragten, desto größer die Sorgen mit Blick auf das Rentenalter. Bei den 18- bis 34-Jährigen fühlen sich drei Viertel (74 Prozent) nicht ausreichend abgesichert, bei den Über-65-Jährigen hingegen halten sich zwei Drittel (67 Prozent) für ausreichend abgesichert. Und: Während sich jeder zweite Mann (50 Prozent) als ausreichend abgesichert für das Rentenalter bezeichnet, glauben das unter den Frauen nur 38 Prozent von sich.

Die Umfrage wurde laut Infratest am 2. und 3. April unter 1.304 Personen für den “ARD-Deutschlandtrend” durchgeführt.

red

Cannabis-Kontrollen: Polizeigewerkschaft bemängelt fehlende Ausstattung und klare Regelungen

Berlin – Nach der Teillegalisierung von Cannabis beklagt die Gewerkschaft der Polizei (GdP) mangelnde Rechtssicherheit und fehlende Ausstattung zur Durchführung der Cannabis-Kontrollen. “Klar ist, dass das Durchwinken des Gesetzes durch den Bundesrat die Vorbereitungszeit extrem verkürzt hat, die Folge ist nun mangelnde Handlungssicherheit auf allen Seiten”, sagte der GdP-Vizevorsitzende Alexander Poitz der “Rheinischen Post”.

Vor allem für die Polizisten sei das ein “sehr unangenehmer Zustand”. Eine Grundvoraussetzung für gute Polizeiarbeit sei Rechtssicherheit. “Wackelige Rechtsbegriffe wie `Sichtweite` zu Kinder- und Jugendeinrichtungen sowie ungeklärte Zuständigkeiten sind praxisfern und rufen Konfliktpotenzial hervor. Die notwendigen Kontrollen stehen auf keinem festen rechtlichen Boden”, kritisiert Poitz.

Mit Blick auf die konkrete Kontrollpraxis sagte er: “Weiterhin fehlen Feinwaagen zur Kontrolle der mitgeführten Menge und moderne Analyseinstrumente, um den THC-Gehalt zu bestimmen. Konflikte zwischen Bürgern und Polizei erscheinen vor diesem Hintergrund als zwangsläufig.”

Das gelte auch für den Straßenverkehr. “Zwar liegt eine Expertenempfehlung für einen modifizierten THC-Gehalt im Blut für motorisierte Verkehrsteilnehmer vor, noch gilt jedoch der bisherige, der quasi 0,0 Promille Alkohol gleichkommt. Auch dort wird es Unsicherheiten aufseiten der Kontrollierten geben und wahrscheinlich Konfliktpotenzial”, so der Polizeigewerkschafter.

Die Polizeibeamten hätten einen “hohen Fortbildungs- und Ausstattungsbedarf” angemahnt, bereits vor dem 1. April. “Der muss jetzt vor Ort umgesetzt werden. In der nötigen Eile ist das aber nicht zu stemmen.” Der Bund habe durch seinen “unausgegorenen Gesetzentwurf” die Last der Umsetzung auf die Länder, die Polizeibehörden und am Ende auf die Schultern der Beamten auf der Straße gelegt. “Dennoch: Der Bund hat bestellt, der Bund muss zahlen. Und das so schnell wie möglich”, so Poitz weiter.

Die Deutsche Psychotherapeutenvereinigung sieht unterdessen dringenden Handlungsbedarf bei der Prävention. “Die im Gesetz vorgesehenen Maßnahmen zur Suchtprävention werden bei engen finanziellen Mitteln nicht ausreichen, um die breite Masse an Jugendlichen und vor allem die vulnerablen Hochrisikogruppen zu erreichen”, sagte die stellvertretende Bundesvorsitzende Anke Pielsticker der “Rheinischen Post”.

Mit Blick auf die Altersgrenze von 18 Jahren fordert sie: “Es sollte zudem weiter geprüft werden, ob hier nicht eine Beschränkung auf das 21. Lebensjahr zielführender ist, zumal das Erstkonsumalter als kritisch für mögliche Hirnschädigungen angesehen werden kann.”

Pielsticker warnt: “Ein früher, langjähriger und regelmäßiger Konsum erhöht das Risiko für Angststörungen, Depressivität, Suizidgedanken, bipolare Störungen und psychotische Störungen. Das Einstiegsalter und die Konsumintensität spielen hierbei eine große Rolle.” Sie fügte hinzu: “Insgesamt erscheint der Jugendschutz noch zu wenig durchdacht.”

THC: Polizeibeauftragter sieht Klärungsbedarf bei Verkehrskontrollen

Der neue Polizeibeauftragte des Bundes, Uli Grötsch (SPD), sieht unterdessen die Innenminister der Länder in der Pflicht, schnell Klarheit bei den Cannabis-Kontrollen im Straßenverkehr zu schaffen. “Während ein Atemalkoholtest durch die Polizei einfach und grundrechtsschonend durchgeführt werden kann, verhält es sich bislang bei Cannabis-Konsum deutlich komplizierter”, sagte Grötsch der “Rheinischen Post” (Freitagausgabe).

Er höre aus den Polizeien vor allem Klärungsbedarf hinsichtlich der Kontrollierbarkeit des Cannabis-Konsums im Straßenverkehr. “Hier sind die Innenministerien der Länder gefordert, schnellstmöglich adäquate Lösungen zu finden, die Polizei und Verkehrsteilnehmern Sicherheit geben”, so Grötsch.

red

SPD unter Beschuss: Altkanzler Schröder kritisiert ‘Verlust des Kompasses’

Hannover – Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) hat ungewöhnlich scharf den aktuellen Kurs der SPD kritisiert, vor allem einen Fokus auf immer höhere Sozialausgaben. “Was mich wirklich traurig macht, ist die Provinzialität der gegenwärtigen Führungsfiguren”, sagte Schröder der “Süddeutschen Zeitung”.

“Das ist doch nicht die SPD. Wenn ich bei 15 Prozent gewesen wäre, wäre ich sofort zurückgetreten”, ergänzte er mit Blick auf die Vorsitzenden Saskia Esken und Lars Klingbeil und die Umfragewerte der Partei. “Die SPD war mal die Partei, die sich um die arbeitende Mitte gekümmert hat. Heute kümmert sie sich eher um die Sozialhilfeempfänger”, sagte Schröder etwa mit Blick auf das Bürgergeld.

Die ganze Ampelkoalition gebe gerade wenig Anlass zur Hoffnung. Er selbst sei ja ein “rechter Sozialdemokrat”, es brauche wieder mehr Pragmatiker in der Partei. “Viele Leute bekommen den Eindruck, die kümmern sich in Berlin mehr um Gendern, Cannabis und solche Sachen. Meine Partei hat da den Kompass verloren.”

Was ihm zudem besonders große Sorgen mache, sei das Erstarken der AfD. “Das mit der Willkommenskultur von Frau Merkel, in einer Koalition mit der SPD, war ein großer Fehler. Das war moralisch in Ordnung, aber politisch nicht durchhaltbar.” Und auch die Ampelkoalition bekomme das Migrationsthema nicht in den Griff. “Das zerreißt unsere Gesellschaft. Die SPD sieht es zu wenig.” Keine Partei habe so viele Wähler an die AfD verloren wie die SPD.

Wegen seiner Tätigkeiten für russische Energiekonzerne und seinem Festhalten an der Freundschaft zum russischen Präsidenten Wladimir Putin trotz des Angriffskriegs gegen die Ukraine war ein Parteiausschlussverfahren gegen ihn angestrengt worden, was aber scheiterte.

Lobend äußerte er sich dazu, dass der Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich jetzt auch mal andere Optionen ins Spiel bringe, wie ein Einfrieren dieses Konfliktes. “Ich glaube, das hilft der Partei, sich wieder stärker als Anti-Kriegs-Partei zu profilieren. Man muss doch jetzt mal schauen, dass das irgendwie endet.”

Er glaube an eine diplomatische Lösung, an der sei auch Putin interessiert. Frankreich und Deutschland müssten eine Initiative für eine diplomatische Lösung starten. “Ich bin fest davon überzeugt, dass auch Putin ein Interesse daran hat. Was soll er denn mit der ganzen Ukraine?”

Auf die Frage, ob er bestimmte politische Entscheidungen, seine Haltung zu Russland und die geschäftlichen Tätigkeiten bereue, sagte Schröder: “Nein, ich bereue nichts. Mea culpa ist nicht mein Satz.” Zugleich lobte er Angela Merkel (CDU), wie sie ihre Rolle als Altkanzlerin bisher ausfülle. “Das ist eine sehr respektable Frau, auch wie sie mit ihrem Ruhestand umgeht: à la bonne heure”, sagte Schröder.

red

Israel öffnet Hafen und Grenzübergang für Hilfslieferungen nach Gaza

Tel Aviv/Gaza – Israel will die humanitäre Hilfe für die Zivilbevölkerung im Gazastreifen aufstocken. Das beschloss das Kriegskabinett israelischen Medienberichten zufolge am Freitagmorgen.

Demnach sollen “sofortige Schritte” zur Erhöhung der Hilfslieferungen ergriffen werden. So soll vorübergehend der Hafen von Aschdod sowie der Grenzübergang Erez geöffnet werden. Dadurch wird sich ein leichterer Zugang von Gütern in den besonders von Lebensmittelmangel betroffenen Norden des Gazastreifens erhofft.

Mit der Maßnahme reagiert die israelische Regierung wohl auf den steigenden Druck der Verbündeten. Kurz zuvor hatte Ministerpräsident Benjamin Netanjahu mit US-Präsident Joe Biden telefoniert. Dabei hatte Biden Israel nach Angaben des Weißen Hauses dazu aufgefordert, eine Reihe “spezifischer, konkreter und messbarer Schritte” zu unternehmen, um das Leid für die Menschen im Gazastreifen zu verringern und den Schutz von Helfern zu erhöhen. Man wolle seine zukünftige Gaza-Politik davon abhängig machen, wie diese Maßnahmen von der israelischen Regierung umgesetzt werden, so die Warnung aus Washington.

red

Rechtsextremismus-Verdacht: Über 400 Verfahren gegen Polizisten

Berlin – Gegen mindestens 400 Polizeibeamte der Länder werden aktuell Disziplinarverfahren oder Ermittlungen wegen Verdachts auf eine rechtsextremistische Gesinnung oder Verschwörungsideologie geführt. Das geht aus einer Abfrage hervor, die der “Stern” und RTL in den 16 Innenministerien der Bundesländer durchgeführt haben. Die tatsächliche Zahl dürfte deutlich höher liegen, da mit Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Bremen und Thüringen vier Bundesländer keine aktuellen Zahlen mitgeteilt haben.

Polizisten, die nicht auf dem Boden der Verfassung stünden, sondern extremistische Ansichten verfolgten, seien “eine große Gefahr für die Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit”, sagte Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU). “Diese Menschen will ich nicht bei der Polizei haben.”

Auch der Polizeibeauftragte des Bundes beim Deutschen Bundestag, Uli Grötsch (SPD), sieht ein enormes Bedrohungspotenzial. “Wir leben in Zeiten, in denen von Rechtsextremen gezielt versucht wird, die Polizeien zu destabilisieren”, sagte er. “Die Gefahr ist so groß wie noch nie. Für das ganze Land. Und deshalb auch für die Polizeien.”

Berlin meldet 96 Disziplinarvorgänge gegen Polizeibeamte in Bearbeitung, kann aber keine Auswertung nach Phänomenbereichen wie etwa “rechts” oder “links” vornehmen. Mecklenburg-Vorpommern meldet aktuelle Zahlen erst im dritten Quartal dieses Jahres. Baden-Württemberg meldet lediglich den Stand zum 31. Dezember 2023. Andere Länder wie Bremen und Thüringen machen keine Angaben dazu, ob Verfahren und Ermittlungen gegen Polizisten bereits abgeschlossen sind, oder noch laufen.

red

FDP kritisiert Grüne: Kindergrundsicherung ist ‘realitätsfern’

Berlin  – Die FDP will dem Gesetzentwurf zur Kindergrundsicherung von Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) ohne eine grundsätzliche Neuausrichtung im Bundestag nicht zustimmen. “Ohne eine grundsätzliche Überarbeitung ist das Gesetz nicht zustimmungsfähig”, sagte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai der “Bild” (Donnerstagausgabe). “Frau Paus` Pläne für eine Kindergrundsicherung sind ein Bürokratie-Monster, realitätsfern und werden kaum einem Kind wirksam aus der Armut helfen.”

Djir-Sarai forderte Paus auf, den Gesetzentwurf selbst umfassend zu ändern. “Wenn die Ministerin ihr Gesetz noch retten will, muss sie endlich etwas Praktikables auf den Tisch legen”, sagte der FDP-Politiker.

Im Zentrum der aktuellen Debatte steht der geplante Personalaufwuchs für die Kindergrundsicherung. Da künftig der Staat aktiv auf Anspruchsberechtigte zugehen soll, rechnet das Familienministerium mit einer deutlich höheren Zahl an Anträgen. Daher sollen 5.000 Stellen geschaffen werden.

Familienministerin Lisa Paus und Finanzminister Christian Lindner (FDP) hatten sich 2023 auf 2,4 Milliarden Euro jährlich für die Leistung geeinigt. Ursprünglich hatte die Grünen-Politikerin 12 Milliarden Euro gefordert, um die Leistungen zu erhöhen – deutlich weniger, als Wohlfahrtsverbände für eine armutsfeste Absicherung veranschlagen. Nach Berechnungen des Paritätischen Wohlfahrtsverbands lebt in Deutschland jedes fünfte Kind in Armut.

red

Stoiber plante angeblich Merkel-Putsch: Neue Enthüllungen aus Schäubles Memoiren

Offenburg – Der im Dezember 2023 verstorbene CDU-Politiker Wolfgang Schäuble sollte nach dem angeblichen Willen des früheren CSU-Chefs Edmund Stoiber in der Flüchtlingskrise Angela Merkel im Kanzleramt ablösen. Das steht zumindest in Schäubles Memoiren, die am 8. April posthum erscheinen und aus denen der “Stern” einzelne Passagen vorab druckt.

Damit nennt Schäuble erstmals einen Namen in Verbindung mit Umsturzplänen während der Flüchtlingskrise 2015. Stoiber sei aktiv geworden “und feuerte Seehofer, seinen Nach-Nachfolger im Ministerpräsidentenamt, in dessen Attacken gegen Merkel an”, schreibt Schäuble demnach über die Spannungen innerhalb der Union. “Und mich wollte er dazu bewegen, Merkel zu stürzen, um selbst Kanzler zu werden”, schreibt er laut “Stern”-Bericht über Stoiber. “Ich lehnte das entschieden ab. Wie Jahrzehnte zuvor bei Kohl blieb ich bei meiner Überzeugung, dass der Sturz der eigenen Kanzlerin unserer Partei langfristig nur schaden könnte, ohne das Problem wirklich zu lösen. Das war mein Verständnis von Loyalität, das nach heutigen Maßstäben vielleicht ein wenig antiquiert erscheint.” Schäuble hatte bereits im Dezember 2022 in der ZDF-Sendung “Markus Lanz” von Überlegungen berichtet, Merkel zu stürzen, aber keine Namen genannt.

Weiter schreibt Schäuble in seinen Erinnerungen: “Die ganze Debatte amüsierte mich fast ein wenig, weil ich ja mein Alter kannte, seit mehr als einem Vierteljahrhundert querschnittsgelähmt war und insgesamt eine angeschlagene Gesundheit hatte.” Schäuble war Ende 2015, auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise, 73 Jahre alt. “Vielfach hatte ich in den Jahren zuvor meine Nachrufe lesen können – und jetzt sollte ich, dessen Karriere angeblich immer “unvollendet” geblieben war, endlich den Sprung ins Kanzleramt wagen? Das war einigermaßen absurd.”

“Als die Kanzlerin am 4. September 2015 die im Rückblick für diese Krise zentrale Entscheidung traf, die Grenzen angesichts der katastrophalen Zustände am Bahnhof von Budapest, wo Flüchtlinge zu tausenden gestrandet waren, weiterhin offenzuhalten, fand ich dies aus humanitären und europapolitischen Gründen richtig”, schreibt Schäuble in seinen Erinnerungen. Er habe Merkel “nach Kräften unterstützt”, so Schäuble. “Auch Merkels Ende August 2015 geäußerten Satz “Wir schaffen das!” fand ich richtig.”

Mit zunehmender Dauer der Krise hätten Merkel und er dann aber unterschiedliche Vorstellungen entwickelt. Im Unterschied zur Kanzlerin habe er es für richtig gehalten, den Bürgern “reinen Wein einzuschenken und klarzumachen, dass der Einsatz für die Flüchtlinge eben auch mit Kosten und Opfern verbunden ist”. Appelle allein nützten nichts, schreibt Schäuble. So sei er “gelegentlich frustriert” gewesen, dass Merkel “in mancherlei Hinsicht beratungsresistent blieb”. Nach Schäubles Ansicht hätte Merkel ganz andere Möglichkeiten gehabt, um wirklich politisch zu führen und nicht nur zu reagieren.

Schäuble zieht eine durchwachsene Bilanz der Ära Merkel: “Als Bundeskanzlerin hat sie wesentlich dazu beigetragen, dass unser Land mit strukturellen gesellschaftlichen Veränderungen ohne allzu große Verwerfungen zurande kam.” Als das “vielleicht wichtigste politische Verdienst” nennt Schäuble, “dass ihr auf Ausgleich ausgerichteter Politikstil gerade auch unter Nachbarn und Partnern für Vertrauen und Zutrauen in unser Land sorgte”. Allerdings hätten später “die Nachteile ihrer ständigen Suche nach Kompromissen mit Koalitionspartnern und den anderen Parteien im Bundesrat” überwogen.

Persönlich habe er “eine grundsätzliche Sympathie für sie gehabt, sie menschlich immer gemocht”. Richtig sei aber auch, “dass wir beide sehr unterschiedliche Ansichten davon haben, was es heißt, politisch zu führen”. Das habe auch seine Loyalität strapaziert. “Sie hat ihren jeweiligen Koalitionspartnern zu sehr nachgegeben und der Fraktion unter Volker Kauder den Anspruch, ein Gegengewicht zu bilden, gar nicht erst zugestanden.”

red

Gewerkschaft der Polizei warnt: EM wird Mammutaufgabe für Sicherheitsbehörden

Berlin – Nach Einschätzung der Gewerkschaft der Polizei (GdP) wird die anstehende Fußball-Europameisterschaft eine bislang noch nicht dagewesene Herausforderung für die Sicherheitsbehörden. “Das wird eine absolute Mammutaufgabe”, sagte Andreas Roßkopf, GdP-Vorsitzender für den Bereich Bundespolizei, der “Neuen Osnabrücker Zeitung”.

“Die Sicherheitslage ist weitaus angespannter als bei der Weltmeisterschaft 2006.” Roßkopf sagte, neben der erwarteten Anreise gewaltbereiter Hooligans aus dem Ausland spiele dabei auch die hohe Terrorgefahr eine Rolle. “Bei der Bundespolizei wird alles im Einsatz sein, was wir haben: Hubschrauber, Hunde-Führer, Pferde und andere Sondereinheiten – einfach alles. Für den EM-Zeitraum wurde eine Urlaubssperre verhängt.”

In dem Zusammenhang kritisierte Roßkopf die Ausstattung der Bundespolizei vor der mehrwöchigen Großveranstaltung. Es sei zwar richtig, dass an allen Grenzen in dem Zeitraum feste Kontrollen stattfinden. “Aber es ist versäumt worden, die Bundespolizei entsprechend dafür auszustatten.” Roßkopf verwies auf die Situation bei den bereits laufenden Kontrollen an den Grenzen zu Polen, Tschechien und Österreich: “Dort standen wir längere Zeit bei Wind und Wetter blank auf der Straße. So wird das zur EM überall sein, weil keine entsprechende Infrastruktur beschafft worden ist.”

Zudem sprach sich Roßkopf dafür aus, für die EM-Wochen ein Drohnenverbot in Deutschland zu verhängen. “Da brauchen wir drastische Maßnahmen, um das Risiko einzudämmen, das von ferngesteuerten Drohnen ausgehen kann.” Auch müsse zügig entsprechende Technik zur Verfügung gestellt werden, um Flugobjekte notfalls vom Himmel zu holen. “Da besteht Nachholbedarf”, sagte Roßkopf. “Für die Fans wird die EM aller Wahrscheinlichkeit nach ein fröhliches Fest. Für die Sicherheitsbehörden sind das aber Wochen in höchster Anspannung, damit alles glattläuft.”

red

Starkes Erdbeben erschüttert Taiwan

Taipeh – In Taiwan hat sich am Mittwoch ein starkes Erdbeben ereignet. Geologen gaben zunächst eine Stärke von 7,4 an. Diese Werte werden oft später korrigiert.

Das Beben ereignete sich um 7:58 Uhr Ortszeit (1:58 deutscher Zeit) etwa 120 Kilometer südlich von Taipeh an der Ostküste. Berichte über Schäden oder Opfer lagen zunächst nicht vor.

Es gibt weltweit etwa 18 Erdbeben dieser Stärke pro Jahr. Regelmäßig kommt es dabei zu starken Schäden an Gebäuden. Taiwan ist relativ gut auf Beben eingestellt, trotzdem gab es auch in der Vergangenheit schon Beben schwächerer Größenordnung mit erheblichen Schäden sowie Toten und Verletzten.

red

Bundestagsparteien lehnen neue EU-Beitrittsgespräche mit Türkei ab

Berlin – Abgeordnete aller Bundestagsfraktionen sehen auch nach den Erfolgen der Opposition bei den Kommunalwahlen in der Türkei derzeit keinen Grund für eine Wiederbelebung der EU-Beitrittsgespräche mit der Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdogan. Vor einem solchen Schritt müsse es in der Türkei “echten politischen Wandel” geben, sagte der SPD-Bundestagsabgeordnete und Präsident der Deutsch-Türkischen Gesellschaft, Macit Karaahmetoglu, dem “Redaktionsnetzwerk Deutschland”.

Die CDU-Abgeordnete Serap Güler zeigte sich erfreut über das gute Abschneiden der Opposition: “Wir sollten aber unabhängig von diesem Ergebnis aufhören, der Türkei falsche Hoffnungen zu machen”, sagte sie dem RND. “Die Menschen dort finden die Diskussion um einen EU-Beitritt mehr als ermüdend, weil es ein insgesamt sehr enttäuschender Prozess für sie war.”

Der Grünen-Abgeordnete Max Lucks machte die Umsetzung der Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und die sofortige Freilassung des türkischen Regierungskritikers Osman Kavala und des Oppositionspolitikers Selahattin Demirtas zur Bedingung für weitere Beitrittsgespräche mit der Türkei. Lucks ist zugleich Vorsitzender der deutsch-türkischen Parlamentariergruppe.

Der europapolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Michael Link, sagte dem RND: “Die Frage nach einer Wiedereröffnung von Beitrittsverhandlungen mit der Türkei stellt sich definitiv nicht. Eine von Erdogan autoritär regierte Türkei kann kein Beitrittskandidat sein.”

Der europapolitische Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion, Harald Weyel, sagte dem RND: “Die EU würde gerne die Türkei mit vor allem deutschem Geld bestechen, um sie anschließend zu bevormunden und ihre Bevölkerung mit Gender- und Klimaideologie zu traktieren. Die Türkei sollte dieser Versuchung widerstehen und souverän bleiben.”

red