Kommunen beklagen fehlende Entlastungsbeschlüsse bei Flüchtlingsunterbringung nach Ministerpräsidentenkonferenz

Berlin – Nach der Ministerpräsidentenkonferenz mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) haben die Kommunen fehlende Beschlüsse zur Entlastung bei der Flüchtlingsunterbringung beklagt. Die Ministerpräsidenten und der Bundeskanzler hätten “keine Beschlüsse gefasst, die zu einer Entlastung der Kommunen bei der Unterbringung, Versorgung und Integration von Flüchtlingen führen würden”, sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, der “Rheinischen Post” (Freitagausgabe). “Das Thema stand zwar auf der Tagesordnung, aber wie bereits auf der letzten Konferenz angekündigt, wird es weitere Beschlüsse wohl erst im November geben.”

Das sei bedauerlich. Die Städte und Gemeinden brauchten Planungssicherheit, insbesondere für das Jahr 2024, so Landsberg. Dass der europäische Asylkompromiss unterstützt werde, sei richtig, bringe den Kommunen aber keine Entlastung.

“Zum einen ist zu befürchten, dass die Ampel selbst die geplanten Maßnahmen aufweicht und im Übrigen auch das Europäische Parlament möglicherweise das Vorhaben verändert oder ganz zu Fall bringt. Wir hätten uns gerade in dieser Frage ein klares Signal erhofft”, sagte Landsberg. “Dies hätte etwa darin bestehen können, dass man in Deutschland schon einmal das umsetzt, was man auf der europäischen Ebene beschlossen hat. Es wäre eine große Entlastung, wenn Flüchtlinge ohne erkennbare Bleibeperspektive nicht auf die Kommunen verteilt würden, sondern in Erstaufnahmeeinrichtungen von Bund und Ländern bis zur Entscheidung über ihren Asylantrag verbleiben müssten”, so der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes weiter.

red

Baden-Württembergs Innenminister Strobl fordert schnelle Umsetzung: Messerverbot in Zügen ohne Gesetz möglich

Stuttgart – Mit Unverständnis hat Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) auf den Vorstoß von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) zum Verbot von Messern in Zügen und im gesamten öffentlichen Nahverkehr reagiert. “Die Bundesregierung kann das morgen umsetzen, sie ist Miteigentümerin der Bahn”, sagte Strobl dem TV-Sender “Welt” am Rande der Innenministerkonferenz in Berlin. “Der Bundesverkehrsminister kann dafür sorgen, dass es ab morgen verboten ist, Messer in Zügen bei sich zu führen.”

Er erwarte, dass die Bundesregierung nach der Ankündigung der Bundesinnenministerin “hier sehr rasch in die Gänge kommt”, so Strobl. “Man braucht kein Gesetz. Man kann das von heute auf morgen umsetzen.”

Selbstverständlich sei die Bundespolizei auch in der Lage, entsprechende Kontrollen durchzuführen. Das gelte im Übrigen auch für den Grenzschutz. Baden-Württemberg werde das “sehr, sehr gerne” mit Kräften der Landespolizei unterstützen.

Aber für die Ausstattung der Bundespolizei sei die Bundesinnenministerin zuständig: “Sie muss dafür sorgen, dass die personellen und sachlichen Kapazitäten bei der Bundespolizei vorhanden sind, um dann auch entsprechende Kontrollen durchzuführen.”

red

Frontex-Chef schlägt Alarm: Dramatische Lage im Mittelmeer nach weiterem tödlichen Unglück

Nach einem weiteren tödlichen Schiffsunglück vor der griechischen Küste warnt der neue Frontex-Chef Hans Leijtens vor einer humanitären Krise im Mittelmeer. “Die Lage ist sehr dramatisch”, sagte Leijtens der “Süddeutschen Zeitung” (Freitagausgabe). “Meine Kollegen haben am Dienstag das Fischerboot entdeckt, auf dem mutmaßlich 600 Menschen Richtung Griechenland unterwegs waren – wohl eng zusammengepfercht von Schmugglern.”

Die Grenzschutzorganisation habe das Boot, wie es ihre Aufgabe ist, den Behörden vor Ort gemeldet, als es noch auf dem Mittelmeer unterwegs gewesen sei. “Es ist unfassbar traurig, dass es am Mittwoch gesunken ist und es zu einem erneuten tragischen Unglück gekommen ist.” Er sei direkt nach Griechenland geflogen, um zu klären, was genau passiert sei “und wie wir mehr Schutz leisten können”.

Die Zahl der nach Europa Fliehenden habe in den ersten Monaten dieses Jahres zwölf Prozent höher als im vergangenen Jahr gelegen. Ausgerechnet auf der Route über das Mittelmeer, “wo es sehr gefährlich ist, steigen die Zahlen um 160 Prozent”, sagte Leijtens. “Besonders aus Tunesien brechen viel mehr Menschen auf.”

Frontex führt das unter anderem auf neue Geschäftsmodelle der Schmuggler zurück. “Früher zahlte man bis zu 2.000 Dollar für einem Platz auf einem größeren Schiff, das relativ sicher nach Lampedusa kam. Aber diese Preise können sich viele der Migranten nicht leisten”, sagte Leijtens.

Deshalb bauten die Schmuggler kleinere Boote – zusammengeschweißt innerhalb von 24 Stunden. Eine Überfahrt koste dann 400 bis 500 Euro. Auf dem Meer würden Flüchtlinge oft noch mal zur Kasse gebeten, die Boote gar zum Kentern gebracht, wenn nicht gezahlt werde.

Leijtens nennt das “unmenschlich und supergefährlich”. Die Politik dürfe nicht nur warten, bis die Schiffe kommen. “Wir müssen mehr dagegen tun, dass sie ablegen”, sagte Leijtens.

“Wir müssen den Menschen helfen, in ihren Heimatländern ein vernünftiges Leben zu führen und noch mehr in die Lebensumstände investieren.” Seit 2015 sind bereits 25.000 Menschen beim Versuch gestorben, Europa auf dem Seeweg zu erreichen. “Ich wünschte, ich hätte den Einfluss, das Sterben zu stoppen”, so Leijtens weiter.

“Aber wir können keine Wunder vollbringen. Wir überwachen ein Meer, das doppelt so groß ist wie Frankreich, Spanien und Italien zusammen.” Es sei sehr schwer, jedem zu helfen, der in Not gerate.” Denn die Menschen sind bereit, große Gefahren auf sich nehmen. Und natürlich versuchen sie unbemerkt, auf die europäische Seite zu kommen.” Die wegen Vorwürfen illegaler Pushbacks unter Druck geratene EU-Organisation will Leijtens in seiner Amtszeit transparenter machen.

“Wir müssen auch intern deutlich klarmachen, was unsere Standards sind”, sagte Leijtens. “Und wenn sie missachtet werden, wird das hart geahndet.” Frontex müsse auch den Umgang mit Migranten verändern.

“Zu tun, was das Gesetz fordert, ist nicht genug. Wir müssen immer daran denken, dass wir es mit Menschen zu tun haben, die sich in einer verzweifelten Lage befinden und oft gezwungen sind, ihre Heimat und ihre Familien zu verlassen.”

red

Polizei ermittelt wegen Mord und Sexualdelikt: Zwei Touristinnen Opfer einer brutalen Attacke

Hohenschwangau – In der Nähe des bekannten Schlosses Neuschwanstein in Bayern ist es am Mittwoch zu einem Gewaltverbrechen gekommen, in dessen Folge eine Frau starb und eine weitere verletzt worden ist. Nach dem derzeitigen Ermittlungsstand trafen zwei Touristinnen, im Alter von 21 und 22 Jahren, auf einem Wanderweg östlich der Marienbrücke zufällig auf einen 30-jährigen männlichen Touristen aus den USA und schlossen sich diesem auf dem weiteren Weg an, teilte die Polizei Bayern am Donnerstag mit. Der Mann habe die beiden anschließend unter einem Vorwand auf einen schwer einsehbaren Trampelpfad gelotst.

Dort habe er die 21-jährige Frau körperlich angegriffen. “Als die 22-Jährige einschreiten wollte, würgte er sie und stieß sie dann einen steilen Abhang in Richtung Pöllat hinab”, so die Polizei. “Im weiteren Verlauf muss nach momentanem Kenntnisstand von einem versuchten Sexualdelikt zum Nachteil der 21-Jährigen ausgegangen werden. Auch diese stieß er im Anschluss den Abhang hinab, wo sie nach etwa 50 Metern neben ihrer Freundin zum Liegen kam.” Die Bergwacht hat die beiden Verletzen später bergen können. Die 22-Jährige wurde verletz, jedoch ansprechbar in ein Klinikum eingeliefert.

“Die 21-Jährige wurde schwer verletzt mit einem Hubschrauber ins Klinikum eingeliefert, wo sie jedoch im Laufe der darauffolgenden Nacht in Folge ihrer Verletzungen verstarb”, teilte die Polizei mit. Nach dem Täter, der den Tatort verlassen hatte, wurde anschließend umfangreich gefahndet. Der Tatverdächtige konnte wenig später gestellt werden und wurde einem Haftrichter vorgeführt, der ihn anschließend in eine Justizvollzugsanstalt überstellte.

“Unmittelbar nach der Festnahme übernahm die Kriminalpolizei Kempten die Ermittlungen wegen versuchten Mordes und Mordes, sowie eines Sexualdelikts”, so die Polizei.

red

Städtetag fordert dauerhafte Unterstützung bei Flüchtlingskosten vom Bund

Berlin – Vor dem Treffen von Kanzler Olaf Scholz (SPD) mit den Ministerpräsidenten an diesem Donnerstag dringt der Deutsche Städtetag darauf, eine verbindliche und dauerhafte Finanzierung der Flüchtlingskosten zu vereinbaren. Die Beteiligung des Bundes müsse sich automatisch an die Entwicklung der Flüchtlingszahlen anpassen, sagte Städtetags-Präsident Markus Lewe dem Berliner “Tagesspiegel” (Donnerstagausgabe). “Es muss damit Schluss sein, dass die Städte bei steigenden Flüchtlingszahlen jedes Mal wie Bittsteller auftreten müssen”, sagte Lewe.

“Wir brauchen eine automatische Anpassung der Mittel, die nicht nur die Versorgung und Unterbringung umfasst, sondern auch die notwendigen Integrationsleistungen.” Lewe fordert, dass der Bund wieder komplett die Unterbringungskosten übernimmt. Im Schnitt der vergangenen Jahre waren es ungefähr 70 Prozent.

Zudem müsse es wieder eine Einzelfallpauschale pro Flüchtling geben. Auch müsse der Bund sich direkt an den Integrationskosten der Kommunen beteiligen. Außerdem möchte Lewe erreichen, dass die nötigen Mittel schon ab dem Bundesetat 2024 abgesichert werden.

“Ein neues Finanzierungssystem hilft nur dann, wenn die Gelder in den kommenden Jahren auch wirklich zur Verfügung stehen.”

red

Politisch motivierte Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte verdoppeln sich im ersten Quartal

Die Zahl der Anschläge auf Flüchtlingsunterkünfte ist zu Jahresbeginn bundesweit sprunghaft gestiegen. Im ersten Quartal gab es 45 politisch motivierte Angriffe auf Asylbewerberunterkünfte – das waren mehr als doppelt so viele wie im Vorjahresquartal. Dies geht aus vorläufigen Zahlen des Bundesinnenministeriums auf eine Anfrage der Linksfraktion hervor, über die die “Neue Osnabrücker Zeitung” (Donnerstagausgabe) berichtet.

Damit ist bereits ein Drittel der Straftaten vom Gesamtjahr 2022 erreicht (123 Taten). Die Zahl der Angriffe ist dennoch weit vom Höhepunkt zur Zeit der Flüchtlingskrise 2015 entfernt. Damals wurden 1.047 Übergriffe gegen Asylbewerberunterkünfte verzeichnet.

Die Linksfraktion vermutet einen Zusammenhang mit der verschärften Asyldebatte. Seit Wochen gebe es “dramatische verbale Angriffe auf das Recht auf Asyl, Rufe nach verschärfter Abschottung und eine unerträgliche `Das Boot ist voll`-Rhetorik”, sagte die fluchtpolitische Sprecherin der Linkenfraktion, Clara Bünger der NOZ. Daran würden sich nicht nur Politiker von AfD und Union, sondern auch Vertreter von SPD und Grünen beteiligen. “Sie bereiten den Boden für rassistische Mobilisierungen auf der Straße und Gewalttaten gegen Geflüchtete”, so Bünger.

Die meisten Straftaten haben nach Erkenntnissen der Ermittler einen rechtsradikalen Hintergrund. Meist handelt es sich um Sachbeschädigung und Propaganda. In einigen wenigen Fällen geht es auch um Brandstiftung und gefährliche Körperverletzung.

Die Behörden verzeichneten im ersten Quartal zudem nach Ministeriumsangaben zusätzlich 408 Straftaten gegen Asylbewerber oder Flüchtlinge außerhalb von Unterkünften. Das waren fast doppelt so viele wie im Vorjahresquartal. Dabei wurden 37 Personen verletzt.

red

Wohnflächenungleichheit in Deutschland: Ältere Generationen verfügen über mehr Wohnraum als Jüngere

Ältere Menschen haben in Deutschland im Schnitt deutlich mehr Wohnraum zur Verfügung als jüngere. Haushalte, in denen die Haupteinkommensbezieher mindestens 65 Jahre alt waren, nutzten im Jahr 2022 pro Person durchschnittlich 68,5 Quadratmeter Wohnfläche, bei der nächstjüngeren Altersgruppe, den 45- bis 64-Jährigen, waren es dagegen 54,8 Quadratmeter Wohnfläche, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) am Mittwoch nach Erstergebnissen der Mikrozensus-Zusatzerhebung zur Wohnsituation mitteilte. Haushalte von 25- bis 44-Jährigen hatten mit 44,7 Quadratmetern am wenigsten Wohnfläche pro Person zur Verfügung, bei den unter 25-Jährigen waren es im Schnitt 45,4 Quadratmeter.

“Neben der Größe des Haushalts wirken sich auch das jeweilige Einzugsjahr sowie die Frage, ob es sich um Wohneigentum handelt, auf den zur Verfügung stehenden Wohnraum aus”, kommentierte Wohn-Statistiker Daniel Zimmermann die Daten. “Ältere Menschen leben in sechs von zehn Fällen bereits länger als 20 Jahre in ihrer Wohnung und besonders häufig auch allein – unter anderem deshalb steht dieser Gruppe pro Kopf auch durchschnittlich die größte Wohnfläche zur Verfügung”, fügte er hinzu. Die verfügbare Fläche pro Kopf ist umso größer, je weniger Personen in einem Haushalt wohnen.

Alleinlebende, die gut 39 Prozent aller Haushalte in Deutschland ausmachen, hatten 2022 im Schnitt 73,4 Quadratmeter zur Verfügung. Dagegen betrug die Pro-Kopf-Wohnfläche in Haushalten mit mindestens vier Personen lediglich 29,9 Quadratmeter. Menschen im Alter von mindestens 65 Jahren leben nicht nur besonders häufig allein, sie haben unter den Alleinlebenden auch im Schnitt den größten Wohnraum zur Verfügung: pro Kopf 83,0 Quadratmeter.

Gut ein Viertel (27 Prozent) der Alleinlebenden in der Altersgruppe 65+ wohnten auf mindestens 100 Quadratmetern. Zum Vergleich: In der Altersgruppe der 45- bis 64-Jährigen waren es lediglich 19 Prozent, so Destatis. Wie viel Wohnraum einem Haushalt zur Verfügung steht, hängt besonders von den Eigentumsverhältnissen ab.

Wer im Eigentum lebt, hatte 2022 im Durchschnitt 65,1 Quadratmeter zur Verfügung, in einer Mietwohnung waren es mit 48,5 Quadratmetern deutlich weniger. Die Unterschiede zwischen Jüngeren und Älteren fallen in Eigentümerhaushalten zudem größer aus als in Mieterhaushalten. So hatten Eigentümerhaushalte, in denen die Haupteinkommensbezieher mindestens 65 Jahre alt waren, eine Wohnfläche von 78,1 Quadratmetern pro Kopf und damit 28 Prozent mehr Fläche als die nächstjüngere Altersgruppe der 45- bis 64-Jährigen mit 61,0 Quadratmetern.

Bei den Mieterhaushalten hatte die Altersgruppe 65+ mit im Schnitt 58,3 Quadratmetern pro Kopf rund 20 Prozent mehr Wohnfläche als die 45- bis 64-Jährigen (48,5 Quadratmeter) zur Verfügung. Auch das Einzugsjahr spielt eine Rolle: Je länger es zurückliegt, desto mehr Wohnfläche haben Haushalte durchschnittlich zur Verfügung. So hatten Haushalte, die vor 1999 in ihre Wohnung gezogen waren, 2022 im Schnitt 69,2 Quadratmeter pro Kopf zur Verfügung.

Bei Haushalten, die erst seit frühestens 2019 in ihrer Wohnung lebten, waren es 47,5 Quadratmeter. 29 Prozent aller Haushalte in Deutschland hatten ein Einzugsjahr vor 1999 – das waren 11,4 Millionen Haushalte. Je älter die Menschen sind, desto größer ist der Anteil derer, die schon lange in derselben Wohnung wohnen: In der Altersgruppe 65+ lebten gut drei von fünf Haushalten (61 Prozent) mehr als 23 Jahre in ihrer Wohnung.

Allerdings besteht ein großer Unterschied zwischen Mieter- und Eigentümerhaushalten: So lebten gut drei Viertel (78 Prozent) aller Eigentümerhaushalte in der Altersgruppe 65+ seit mindestens 1999 in ihren Wohnungen, bei entsprechenden Mieterhaushalten waren es weniger als die Hälfte (44 Prozent). Menschen in Mieterhaushalten wechseln also in höherem Alter eher die Wohnung als Menschen in Eigentümerhaushalten, so die Statistiker.

red

CSU und Bayern klagen gegen Bundestagswahlrechtsreform

München – Die Bayerische Staatsregierung und die CSU haben jeweils eine Klage gegen die Reform des Bundestagswahlrechts beim Bundesverfassungsgericht eingereicht. Das teilten das Bayerische Innenministerium und die Partei am Mittwoch mit. “Die neu geschaffenen Regeln sind verfassungswidrig. Sie verstoßen gegen den Grundsatz der Wahlrechtsgleichheit sowie gegen das Demokratie- und Bundestaatsprinzip”, sagte der Bayerische Innenminister, Joachim Herrmann (CSU). Im Kern der Kritik steht der Wegfall von Überhang- und Ausgleichsmandaten. Bislang entstehen diese, wenn Parteien mehr Direktmandate durch die Erststimmen erhalten, als ihnen proportional zu den Erststimmen zustehen würden.

Mit ihrem Wegfall will die Regierungskoalition ein weiteres Anwachsen des Parlaments verhindern. Die Neuregelung könnte nun allerdings zur Folge haben, dass Wahlkreisgewinner nicht in den Bundestag einziehen, wenn ihre Partei nicht ausreichend Zweitstimmen erhalten hat. Herrmann kritisierte dieses Vorgehen: “Gewählten Abgeordneten ihr Wahlkreismandat zu verwehren, halte ich für völlig inakzeptabel.”

Wäre das neue Wahlrecht bereits bei der Bundestagswahl 2021 zur Anwendung gekommen, wären nach den Worten des Bayerischen Innenministers allein in Bayern sieben von 46 Wahlkreisen “verwaist” geblieben. “Aber auch in Baden-Württemberg und im Osten Deutschlands wären viele Regionen ohne direkt gewählte Abgeordnete geblieben”, fürchtet er. Durch die zusätzlich erfolgte Abschaffung der Grundmandatsklausel könnte sich dies noch weiter verschärfen.

“Würde die CSU deutschlandweit weniger als fünf Prozent der Zweitstimmen erhalten, aber aufgrund ihrer flächendeckenden Verwurzelung weiterhin nahezu alle Wahlkreise gewinnen, bliebe fast ganz Bayern ohne Wahlkreisabgeordneten”, so Herrmann. Er kritisierte, Bayern würde dann nur durch Abgeordnete repräsentiert, die Parteien entstammen, die in Bayern nicht die Mehrheit haben, während die bayerische Mehrheitspartei im Bundesparlament fehle. Es würden in diesem Fall auch insgesamt deutlich weniger Abgeordnete aus Bayern in den Bundestag einziehen, weil den Ländern keine Mindestsitzzahlen entsprechend ihrem Bevölkerungsanteil mehr zugeteilt werden, sagte Herrmann.

“Bayern wäre daher nicht-, falsch- und unterrepräsentiert.” Ein solches Wahlrecht sei mit dem Grundgesetz unvereinbar. “Wir sind davon überzeugt, dass auch das Bundesverfassungsgericht dies so sehen wird”, so der Landesinnenminister.

CSU-Generalsekretär Martin Huber sagte zur Klage der Partei, das “zugunsten der Ampel-Parteien zusammengschusterte Wahlrecht” sei “undemokratisch, föderalismusfeindlich, manipulativ und verfassungswidrig”. Die Union hatte als Gegenentwurf zu der Wahlrechtsreform unter anderem ein sogenanntes “Grabenwahlrecht” vorgeschlagen. Erst- und Zweitstimme würden dabei nicht mehr wie bisher miteinander verrechnet, sondern getrennt voneinander betrachtet werden.

Der Vorschlag stieß bei den anderen im Bundestag vertretenen Parteien auf Gegenwind, weil sie darin eine deutliche Bevorteilung zugunsten der Union witterten.

red

“Ich werde mein Mandat nicht aufgeben”: Wagenknecht lehnt Forderung der Linken-Spitze ab

Berlin – Sahra Wagenknecht lehnt die Forderung des Linken-Parteivorstandes an sie ab, ihr Bundestagsmandat abzugeben. “Gerade seit dem PV-Beschluss schreiben mir viele, dass sie empört sind und bei der letzten Bundestagswahl die Linke wegen mir gewählt haben”, sagte Wagenknecht dem “Spiegel”. “Auch Mitglieder bitten mich, mein Mandat nicht aufzugeben. Das werde ich auch nicht tun.” Er ist das erste Mal, dass sie sich zu dem Thema äußert. Sie habe schon vor Monaten angekündigt, nicht wieder für die Linke zu kandidieren, so Wagenknecht.

Insofern habe die Aussage des Parteivorstands, dass es keine gemeinsame Zukunft gebe, wenig “Neuigkeitswert” für sie. “Statt sich an mir abzuarbeiten, hätte sich die Parteispitze lieber mal mit der Frage beschäftigen sollen, warum der Linken seit Jahren die Wähler davonlaufen.” Hauptgrund für den Beschluss der Linken-Spitze sollen Anwerbungsversuche in der Partei für ein neues Projekt Wagenknechts sein.

Nach Informationen des “Spiegel” soll es Screenshots von Mails und SMS aus mehreren ostdeutschen Landesverbänden geben, die belegen, dass Kommunalpolitiker direkt von Wagenknechts engerem Kreis angesprochen wurden, ob sie am neuen Projekt teilnehmen wollten. Wagenknecht bestreitet die Existenz solcher Anwerbungsversuche nicht, stellt aber klar: “Ich habe niemanden angesprochen, ich werde angesprochen von Kommunalpolitikern und anderen Mitgliedern der Linken, die sich ein neues Projekt wünschen, weil sie in der Linken keine Perspektive mehr sehen.” Ob sie Kenntnis von den möglichen Anwerbungsversuchen ihrer Verbündeten hatte, wollte Wagenknecht nicht beantworten.

Wagenknecht schloss sich der Forderung des früheren Linken-Parteichefs Klaus Ernst und weiterer Abgeordneten an, dass der gesamte Vorstand zurücktreten sollte. “Der Vorstand gefährdet mutwillig den Erhalt der Bundestagsfraktion und damit auch 200 Arbeitsplätze. Natürlich wäre es gut, wenn diese Hasardeure zurücktreten und vernünftigen Leuten Platz machen würden. Aber ich habe da keine Illusionen.”

red

Kulturpass ab 18: Kostenloses Kulturbudget in Höhe von 200 Euro für junge Menschen

Berlin – Der sogenannte “Kulturpass”, mit dem junge Menschen Kulturangebote nutzen können, ist am Mittwoch an den Start gegangen. “Der Kulturpass ist eine herzliche Einladung an alle jungen Menschen in Deutschland, die dieses Jahr 18 Jahre alt werden, Kultur vor Ort zu erleben”, sagte Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne). “Mit einem Budget von 200 Euro pro Person können die jungen Menschen die ganze Vielfalt unserer Kulturlandschaft entdecken, sie können selbst entscheiden, wo es hingeht – ob zum Konzert, in die Oper, ins Theater, ins Museum oder vielleicht doch in die nächste Buchhandlung oder den Plattenladen.”

Auf einer entsprechenden Plattform sind deutschlandweit bislang über 5.600 Anbietende mit rund 1,7 Millionen Produkten registriert. Die App mit dem Titel “KulturPass DE” ist für Apple- und Android-Geräte in den entsprechenden App-Stores kostenfrei erhältlich. Für die Freischaltung des Budgets müssen Alter und Wohnort in Deutschland per Online-Ausweis (deutsche Staatsangehörige), eID-Karte (EU-Staatsangehörige) oder elektronischem Aufenthaltstitel (Drittstaatsangehörige) nachgewiesen werden.

Die Kosten für die Angebote, die junge Menschen mit ihrem Budget nutzen, sollen den Anbietenden im Nachgang erstattet werden. Dafür stellt der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages in diesem Jahr 100 Millionen Euro zur Verfügung, die Mittel kommen aus dem Kulturetat des Bundes. Falls das Projekt erfolgreich verläuft, soll das Programm fortgesetzt und weiterentwickelt werden, hieß es.

Die App kann von allen Bürgern genutzt werden, auch wenn das Budget nur an Menschen geht, die in diesem Jahr 18 Jahre alt werden. Man könne sich “über Kulturangebote in ihrer Nähe zu informieren und sich für Kulturerkundungen inspirieren zu lassen”, sagte Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne). “Die Kulturpass-App ist damit ein Gewinn für alle Menschen in unserem Land. Der Kulturpass ist auch ein kraftvolles Signal für die Kulturbranche, die wir damit nach den so harten Pandemiejahren gezielt unterstützen.”

red