Medikamente für 50.000 Euro: Teure Arzneien bringen System an Grenzen

Der Preis neu zugelassener Medikamente hat sich in 15 Jahren verfünfzigfacht – auf durchschnittlich 50.000 Euro pro Arznei. Der Sachverständigenrat Gesundheit warnt nun vor einer finanziellen Überforderung der gesetzlichen Krankenversicherung. In seinem aktuellen Gutachten fordert das Expertengremium tiefgreifende Reformen bei der Preisbildung, eine Begrenzung für Hochpreis-Therapien und ein Ende der Privilegien für seltene Medikamente. Andernfalls gerate das Gleichgewicht von Solidarität, Versorgungssicherheit und Innovation aus dem Lot.

Berlin (red) – Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen warnt in seinem aktuellen Gutachten vor einer finanziellen Überforderung des deutschen Gesundheitssystems durch die stark gestiegenen Ausgaben für innovative Arzneimittel. Demnach hat sich der Preis neu zugelassener patentgeschützter Medikamente in den vergangenen 15 Jahren von durchschnittlich 1.000 auf rund 50.000 Euro erhöht.

Besonders problematisch sei, dass ein wachsender Anteil der Ausgaben auf wenige, aber extrem teure Medikamente entfalle, wie die Experten bei der Vorstellung ihres Jahresgutachtens am Donnerstag in Berlin mitteilten. Diese Entwicklung stelle die solidarisch finanzierte gesetzliche Krankenversicherung (GKV) vor große Herausforderungen. Künftig werde mit weiteren hochpreisigen Therapien, etwa in der Gentherapie, gerechnet.

Der Rat fordert daher eine tiefgreifende Reform der Preisbildungsmechanismen. Dazu gehören eine strengere Koppelung des Preises an den belegten Zusatznutzen eines Medikaments, einschließlich regelmäßiger Reevaluationen, die Einführung eines Arzneimittelbudgets für hochpreisige Medikamente, gekoppelt an die wirtschaftliche Entwicklung, oder “Pay-for-Performance-Modelle” bei teuren Einmaltherapien, bei denen der Preis an den tatsächlichen Behandlungserfolg gebunden wird.

Auch die bislang privilegierte Behandlung von sogenannten “Orphan Drugs”, also Medikamenten gegen seltene Krankheiten, soll entfallen, um mehr Transparenz und Gerechtigkeit im System zu schaffen.

Zudem kritisiert der Rat die im Medizinforschungsgesetz vorgesehene Verknüpfung von Arzneimittelpreisen mit Standortentscheidungen als ineffektiv. Standortförderung solle stattdessen durch steuerfinanzierte Forschungsanreize und eine verbesserte digitale Infrastruktur erfolgen.

Fazit des Expertenrats: Ohne strukturelle Reformen droht eine Schieflage zwischen Versorgungssicherheit, Innovationsförderung und Finanzierbarkeit im Gesundheitswesen. Eine dynamische, evidenzbasierte Preisbildung sei unverzichtbar, um langfristig sowohl medizinischen Fortschritt als auch Solidarität zu sichern.

Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen (SVR), auch als Sachverständigenrat Gesundheit & Pflege bezeichnet, ist 1985 erstmals von der Bundesregierung einberufen worden und hat meist alle zwei Jahre Gutachten mit Analysen und Reformvorschlägen publiziert. Seit 2023 gab es jedes Jahr eine entsprechende Publikation.

BKA und Staatsanwaltschaft warnen vor steigendem Pflegebetrug

Die Verhinderungspflege soll pflegende Angehörige entlasten – bis zu 3.500 Euro pro Jahr. Doch genau diese Hilfe entwickelt sich zum Betrugsmodell: Ermittler sprechen von idealen Bedingungen für organisierte Kriminalität, Kassen schlagen Alarm. Jetzt wächst die Sorge: Wird mit der geplanten Erhöhung alles nur noch schlimmer?

Wiesbaden (red) – Pflegende Angehörige können 2.500 Euro pro Jahr bekommen, wenn sie mal eine Pause brauchen und jemand anderer die Pflege übernehmen soll. Jedes Jahr geben die Pflegekassen für diese Zahlungen Milliarden aus.

Doch die Hilfe wird nach Recherchen von Süddeutscher Zeitung, NDR, WDR immer häufiger missbraucht. Eine Auswertung der Fehlverhaltensberichte mehrerer großer Krankenkassen zeigt, dass diese sogenannte Verhinderungspflege häufig beantragt wird, ohne dass sie tatsächlich stattfindet.

In einem Fall in Bayreuth, in dem die Staatsanwaltschaft nun Anklage erhoben hat, soll eine Pflegeberaterin für rund 100 Menschen Verhinderungspflege kassiert haben, die nie stattfand. Diese werde häufig, so auch im Fall Bayreuth, als “Urlaubsgeld von der Pflegeversicherung” angepriesen.

Die Senioren “erhalten dann vielleicht eine Kick-Back-Zahlung von 100 oder 200 Euro, und der Rest der Zahlung behält die Tätergruppe ein”, sagte Frank Warnhoff vom Landeskriminalamt Berlin. Der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen schreibt auf Anfrage, dass weniger das Fehlverhalten einzelner Versicherter problematisch sei, sondern die Organisierte Kriminalität “in Form von groß angelegtem Sozialleistungsmissbrauch”. Der Berliner Oberstaatsanwalt Thomas Gritscher sagte, es gebe im Bereich Verhinderungspflege ideale “Bedingungen für Betrüger”.

Offensichtlich erfährt diese spezielle Sozialleistung seit einigen Jahren einen regelrechten Boom. Im Jahr 2022 gaben die Pflegekassen 2,1 Milliarden Euro für Verhinderungspflege aus, 2023 waren es schon 2,6 Milliarden, im vergangenen Jahr schließlich 3,1 Milliarden Euro – ein Anstieg von mehr als 20 Prozent pro Jahr.

Im Abschlussbericht der “Bund-Länder-Projektgruppe Abrechnungsbetrug im Gesundheitswesen”, den das Bundeskriminalamt Mitte März erstellt hat und über den SZ, NDR und WDR berichten, wird ausdrücklich auf die “Schwächen und Mängel bei der Durchführung von Verhinderungspflege” hingewiesen. Weil die Anträge und Abrechnungen für die Leistung sehr simpel sind und es zudem fast keine Kontrollen gebe, habe man bei dieser Leistung “hohe Tatgelegenheitsstrukturen geschaffen”.

Die alte Bundesregierung aus SPD, FDP und Grünen hatte noch beschlossen, dass die Verhinderungspflege zum 1. Juli dieses Jahres von 2.500 Euro auf 3.500 Euro angehoben wird. Die Ermittler sehen das mit Sorge. Frank Warnhoff, beim LKA Berlin zuständig für Pflegebetrug, sagte: “Die Erhöhung erhöht natürlich auch den Anreiz für die Tätergruppen, noch mehr betrügerische Anträge zu stellen.”

Das Bundesgesundheitsministerium rechtfertigte dagegen die Erhöhung und sagte, man wolle den Missbrauch dadurch bekämpfen, dass die Pflegebedürftigen künftig eine Übersicht erhielten, welche Geldzahlungen an sie erfolgt seien. Oberstaatsanwalt Gritscher bezweifelt den Erfolg: “Keine Lösung stellt die Übersicht jedenfalls für diejenigen Fälle dar, in denen der Pflegebedürftige an der Tat beteiligt ist”. Und er ergänzte: “Das dürften wohl die meisten sein.”

Pflegeausgaben innerhalb zehn Jahren fast verdoppelt – Zahl der Pflegebedürftigen steigt rasant

Die Pflegekosten in Deutschland explodieren: Innerhalb von zehn Jahren haben sich die Gesundheitsausgaben in Pflegeeinrichtungen fast verdoppelt. Besonders ambulante Dienste sind betroffen. Hintergrund ist der massive Anstieg der Pflegebedürftigen – auch durch eine geänderte Definition. Bis 2055 könnten bis zu 7,6 Millionen Menschen auf Pflege angewiesen sein.

Wiesbaden (red) – Die Gesundheitsausgaben in Pflegeeinrichtungen haben sich innerhalb von 10 Jahren fast verdoppelt. Zwischen 2013 und 2023 kletterten sie von 42,4 Milliarden Euro um 94,2 Prozent auf 82,4 Milliarden Euro, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag mitteilte.

Dabei stiegen die Gesundheitsausgaben in ambulanten Pflegeeinrichtungen sogar um 133 Prozent. Die gesamten Gesundheitsausgaben sind im Zehnjahresvergleich dagegen “nur” um 59 Prozent gestiegen.

Die Zahl der Pflegebedürftigen im Sinne des Pflegeversicherungsgesetzes hat sich binnen zehn Jahren allerdings ebenfalls mehr als verdoppelt: Im Dezember 2023 waren in Deutschland 5,7 Millionen Menschen pflegebedürftig, zehn Jahre zuvor waren es noch 2,6 Millionen. Die starke Zunahme der Pflegebedürftigen zeige, dass sich hier neben der Alterung der Gesellschaft starke Effekte durch die Einführung des weiter gefassten Pflegebedürftigkeitsbegriffs zum 1. Januar 2017 auswirkten, so die Statistiker. Seither werden Menschen eher als pflegebedürftig eingestuft als zuvor.

Der Pflegevorausberechnung zufolge könnte die Zahl der pflegebedürftigen Menschen in Deutschland bis 2055 auf etwa 7,6 Millionen zunehmen. Der Großteil der Pflegebedürftigen (86 Prozent beziehungsweise 4,9 Millionen) wurde 2023 zu Hause versorgt. Zwei Drittel (67 Prozent beziehungsweise 3,8 Millionen) wurden zu Hause überwiegend durch Angehörige betreut. 1,1 Millionen Pflegebedürftige (19 Prozent) wurden zu Hause mithilfe oder vollständig von ambulanten Pflege- oder Betreuungsdiensten versorgt. Rund 0,8 Millionen Pflegebedürftige (14 Prozent) wurden vollstationär in Pflegeheimen betreut, so die Statistiker.

Lungenarzt erst im Herbst? Gesetzlich Versicherte benachteiligt

Wer gesetzlich versichert ist, braucht Geduld – oft viel zu viel. Laut einer Datenauswertung des „Spiegel“ warten Kassenpatienten bei Fachärzten im Schnitt doppelt so lange wie Privatversicherte, teils sogar viermal so lange. Besonders drastisch zeigt sich der Unterschied bei Lungenfachärzten. Die Analyse wirft erneut die Frage auf: Wie gerecht ist das deutsche Gesundheitssystem wirklich?

Berlin (red) – Kassenpatienten warten deutlich länger auf Facharzttermine als Privatversicherte. Das zeigt eine umfassende Datenanalyse des “Spiegel”. Ausgewertet wurden fast 24.000 Suchergebnisse auf der Plattform Doctolib.

Gesetzlich Versicherte warten demnach bei vielen Facharztgruppen doppelt so lange auf einen Termin wie Privatversicherte – in manchen Fällen sogar drei- bis viermal so lange. Besonders gravierend ist laut “Spiegel”-Analyse der Unterschied bei Lungenfachärzten: Zum Zeitpunkt der Erhebung warteten Kassenpatienten durchschnittlich 129 Tage, also mehr als vier Monate, auf einen Termin, während Privatversicherte diesen bereits nach 35 Tagen erhielten.

Ähnliche Diskrepanzen zeigen sich bei anderen der zwölf untersuchten Facharztgruppen. Einzige Ausnahmen sind Kieferorthopäden und Kinderärzte, bei denen die Wartezeiten für beide Patientengruppen nahezu gleich sind. Die Analyse zeigt zudem, dass Kassenpatienten deutlich seltener konkrete Termine angeboten bekommen. Oft stoßen sie auf Hinweise wie “Wir geben stufenweise weitere Termine für die Online-Buchung frei. Versuchen Sie es zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal.” Diese Nachricht taucht bei den meisten Facharztgruppen deutlich häufiger auf, wenn als Kassenpatient online nach Terminen gesucht wird.

Ein weiterer zentraler Befund der “Spiegel”-Recherche: Selbst bei Ärzten, die sowohl gesetzlich als auch privat Versicherte behandeln, erhalten Privatpatienten bevorzugt frühere Termine. Dies deutet auf eine systematische Benachteiligung hin, die wirtschaftlich motiviert sein könnte.

Bund greift GKV mit 800 Millionen Euro unter die Arme – Ministerin alarmiert

Die Lage der Gesetzlichen Krankenversicherung ist ernst: Die Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds liegt unter der gesetzlichen Mindestgrenze. Bundesgesundheitsministerin Nina Warken schlägt Alarm – und greift gemeinsam mit dem Finanzministerium zu einer Soforthilfe von 800 Millionen Euro. Der GKV-Spitzenverband fordert dringend strukturelle Reformen.

Berlin (red) – Die finanzielle Lage der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) hat sich so deutlich verschlechtert, dass der Bund kurzfristig helfen muss. “Wir haben uns mit dem Finanzministerium geeinigt, 800 Millionen Euro Bundeszuschuss bereits Mitte Mai zum Auffüllen der Liquiditätsreserve zur Verfügung zu stellen”, teilte das Bundesgesundheitsministerium dem “Handelsblatt” (Mittwochausgabe) mit.

Die Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds ist unter die gesetzlich vorgeschriebene Mindestgrenze gefallen. In den Fonds fließen die Beiträge gesetzlich Versicherter und ihrer Arbeitgeber sowie Steuermittel. Er verteilt die Mittel anschließend an die Krankenkassen.

“Die Lage der GKV ist dramatischer als ohnehin angenommen”, sagte die neue Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) dem “Handelsblatt”. Sie übernehme ein System in “tiefroten Zahlen”. Die vorgeschriebene Liquiditätsreserve liegt derzeit bei 20 Prozent einer Monatsausgabe des Gesundheitsfonds. Dass diese Schwelle bereits unterschritten sei, sei ein “erster Warnschuss”, so Warken. Sie bezeichnete die GKV als “Notfallpatienten”.

Der GKV-Spitzenverband sieht großen Handlungsbedarf. “Die aktuelle Diskussion über mögliche Liquiditätsengpässe des Gesundheitsfonds zeigt, wie ernst die finanzielle Lage der GKV insgesamt ist”, teilte der Verband mit.

“System lichterloh in Flammen”: Rotes Kreuz warnt vor Kollaps der Notfallversorgung

Immer mehr Einsätze, immer längere Wege, immer weniger Ressourcen: Die Notfallversorgung in Deutschland steht unter Druck – besonders auf dem Land. Das Deutsche Rote Kreuz fordert deshalb umfassende Reformen. Notfallsanitäter sollen mehr Befugnisse erhalten, Telenotärzte könnten Entlastung bringen. Doch das System droht längst zu kippen.

Berlin (red) – Angesichts einer schwindenden Gesundheitsversorgung auf dem Land und wachsender Aufgaben für den Zivilschutz mahnt der größte Anbieter von Rettungsdiensten in Deutschland eine Reform der Notfallversorgung von der neuen Bundesregierung an. Nur mit einer weit reichenden Reform könne das Rote Kreuz seiner gesetzlichen Verpflichtung “bei der Bewältigung von Krisen, Katastrophen, dem V-Fall sowie zivilen Einsatzlagen adäquat nachkommen”, heißt es in einem Forderungspapier des Deutschen Roten Kreuzes (DRK), über das die “Süddeutsche Zeitung” (Donnerstagausgabe) berichtet.

“Eine durchdachte Reform ist notwendig, da der Rettungsdienst aufgrund steigender Einsatzzahlen zunehmend an seine Grenzen stößt und zudem vor neuen Herausforderungen steht”, sagte DRK-Präsidentin Gerda Hasselfeldt der SZ. Die Anzahl der rettungsdienstlichen Einsätze ist in den gut zwanzig Jahren zwischen 2001 und 2022 nach Angaben der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) von gut acht auf mehr als 14 Millionen drastisch gestiegen.

Auf dem Land seien zudem etwa längere Wege eine große Herausforderung, sagte Philipp Wiesener, Bereichsleiter Nationale Hilfsgesellschaft beim DRK. Helfen soll laut DRK nun eine Mischung aus einer Reform der Kompetenzen und der Finanzierung. So müsse die Ausstattung der außerklinischen Notfallversorgung “nach operativen Bedarfen und Erfordernissen erfolgen. Sie darf nicht abhängig von der Kassenlage oder einer Refinanzierung durch Krankenkassen sein”, heißt es im Forderungspapier.

Zudem müssten unter anderem die Kompetenzen der Notfallsanitäter stärker genutzt werden. Sanitäter könnten dem Papier zufolge mehr Einsätze auch ohne Notarzt bewältigen. Alternativ könnten auch per Video zugeschaltete Notärzte, sogenannte Telenotärzte, die Rettungskräfte unterstützen.

Auch Fachpolitiker des Bundestags fordern nun eine schnelle Reaktion der neuen Regierung. “Nicht nur als Politiker, sondern auch als erfahrener Notfallmediziner kann ich ehrlich sagen: Der Rettungsdienst in Deutschland ist selbst zum Notfall geworden – vielerorts brennt das System lichterloh”, sagte der Grünen-Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen. “Patienten und Personal leiden gleichermaßen. Fehlsteuerung und Fehlversorgung sind so gravierend, dass die Überlastung der Notfallversorgung inzwischen sprichwörtlich lebensgefährlich ist.”

Warum immer mehr Babys per Kaiserschnitt geboren werden

Immer mehr Frauen entbinden per Kaiserschnitt: 2023 wurde fast jede dritte Geburt in Deutschland operativ durchgeführt – so viele wie noch nie. Besonders deutlich zeigt sich der Wandel auch im Klinikangebot: Immer weniger Krankenhäuser bieten überhaupt noch Geburtshilfe an.

Wiesbaden (red) – Rund 218.000 Frauen haben im Jahr 2023 per Kaiserschnitt entbunden – damit ist fast jede dritte Geburt in einem Krankenhaus in Deutschland durch einen Kaiserschnitt erfolgt.

Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) am Montag mitteilte, lag die Kaiserschnittrate 2023 bundesweit bei 32,6 Prozent und übertraf damit den bisherigen Höchstwert aus dem Jahr 2011 mit 32,2 Prozent. Über die vergangenen 30 Jahre betrachtet hat sich der Anteil dieser operativen Eingriffe beinahe verdoppelt: Im Jahr 1993 brachten 16,9 Prozent der Frauen ihr Kind mit einer Sectio caesarea, so wird der Kaiserschnitt im medizinischen Fachjargon genannt, auf die Welt.

Neben dem Kaiserschnitt gibt es noch weitere, wenn auch seltener angewandte Methoden der Geburtshilfe: Eine Saugglocke wurde bei 6,5 Prozent der Entbindungen im Jahr 2023 eingesetzt, eine Geburtszange bei 0,2 Prozent der Entbindungen. 60,6 Prozent der Frauen im Krankenhaus haben auf natürlichem Weg entbunden.

In Bezug auf die Geburtshilfe gibt es in Deutschland große regionale Unterschiede. Am höchsten war der Anteil der Entbindungen per Kaiserschnitt im Saarland (36,4 Prozent). Es folgte Hamburg mit einer Kaiserschnittrate von 36,2 Prozent. Sachsen (25,6 Prozent) hatte hingegen die niedrigste Kaiserschnittrate, gefolgt von Brandenburg (29,3 Prozent).

Auf internationaler Ebene liegen vergleichbare Daten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) für 29 Staaten bis zum Jahr 2022 vor. Demnach kamen 2022 in der Türkei 60 Kaiserschnitte auf 100 Lebendgeburten, in Rumänien 48 und in Bulgarien 47. Vergleichsweise niedrig war die Zahl in Israel und Island (je 15) sowie in Norwegen (16). Deutschland lag im Jahr 2022 mit 31 Kaiserschnitten je 100 Lebendgeburten im oberen Mittelfeld der 29 OECD-Staaten.

In Deutschland bieten immer weniger Krankenhäuser überhaupt Geburtshilfe an. Im Jahr 2023 führten nur noch weniger als ein Drittel (31,4 Prozent) der 1.874 Krankenhäuser hierzulande Entbindungen durch. Im Jahr 1993 waren es noch knapp die Hälfte (49,4 Prozent). Damals hatte es insgesamt 2.354 Krankenhäuser gegeben.

Rund 680.000 Kinder, einschließlich Zwillings- und Mehrlingsgeburten, wurden im Jahr 2023 im Krankenhaus geboren. Das waren 6,4 Prozent oder rund 46.000 weniger als im Jahr zuvor. Der Anteil der lebend geborenen Kinder lag 2023 bei 99,6 Prozent, so die Statistiker.

Asiatische Tigermücke in Kornwestheim: Stadt startet Tabletten-Ausgabe

In Kornwestheim ist die Asiatische Tigermücke auf dem Vormarsch. Die Stadt verteilt jetzt kostenlos Larvizid-Tabletten an betroffene Haushalte – allerdings nur nach einer verpflichtenden Beratung. Ziel ist es, die Ausbreitung der Mücke und mögliche Krankheitsrisiken frühzeitig zu stoppen.

Kornwestheim. Die Eindämmung der Asiatischen Tigermücke ist vielerorts in Deutschland zur Herausforderung geworden. Auch in Kornwestheim gibt es mittlerweile einen Hot-Spot-Bereich zwischen der Eastleighstraße und der B27 im Westen und Osten sowie der Zügelstraße und dem Salamander-Stadtpark im Norden und Süden, in dem sich die Mücke ausgebreitet hat. Um die Problematik anzugehen und bereits die Brutstätten des Insekts zu bekämpfen, gibt die Stadt Kornwestheim aktuell kostenfrei Bti-Tabletten an die Haushalte in diesem Hot-Spot-Bereich aus.

Aufgrund einer aktuellen Gesetzesänderung dürfen die Tabletten nur noch mit begleitender sachkundiger Beratung herausgegeben werden. Deshalb wird die Ausgabe an der Bürgerinformation im Rathaus ab sofort eingestellt. Als Alternative bietet die Stadt einen gesammelten Beratungstermin am Montag, 5. Mai 2025, um 17:15 Uhr im Rathaus Kornwestheim (Besprechungsraum 006) an. Zur besseren Planung wird um eine Anmeldung unter https://koala.komm.one/b/t/9f3535cf-d800-4819-bc28-20a0b33beca1?0 gebeten.

Die Stadtverwaltung von Kornwestheim bittet darum, diesen Termin wahrzunehmen. Wem eine Teilnahme nicht möglich ist, kann die Tabletten ab dem 12. Mai 2025 bis einschließlich Juni immer montags zwischen 16:00 und 16:30 Uhr in der Stadtgärtnerei (Aldinger Straße 140, 70806 Kornwestheim) bei Leiter Christian Lang abholen. Auch hier wird eine Beratung mit der Abholung einhergehen.

Bei den Bti-Tabletten, die frei im Handel erhältlich sind, handelt es sich um sogenannte Larvizide – ein Mittel, das gegen die Larvenstadien von Stechmücken angewendet wird. Es ist ein biologisch abbaubares Eiweißpräparat, das gegen Larven weniger Mückenarten wirkt und daher ungefährlich für andere Tiere – beispielsweise Bienen, Hunde, Katzen, Vögel, Reptilien, Amphibien und auch den Menschen – ist. Die Unbedenklichkeit der Anwendung wird vom Umweltbundesamt bestätigt.

Weitere Infos zur Asiatischen Tigermücke gibt es auf der Homepage unter www.kornwestheim.de/tigermuecke. Dort ist unter anderem der Anmeldelink zu der Veranstaltung am 5. Mai 2025 hinterlegt sowie ein Flyer, der über die Verbreitung und Erkennungsmerkmale der Mücke aufklärt und Handlungsempfehlungen aufzeigt, zu finden.

red

Studie: Arztpraxen profitieren verstärkt von Privatversicherten

Laut einer neuen Studie des PKV-Verbands sichern Privatversicherte einen wachsenden Anteil der Gesundheitsversorgung in Deutschland. Der Mehrumsatz gegenüber dem Vorjahr ist deutlich gestiegen – ein Befund, der auch die Debatte über eine Bürgerversicherung neu befeuern könnte.

Berlin (red) – Die finanzielle Bedeutung der Privatversicherten für das Gesundheitssystem wächst.

“Obwohl die Privatversicherten nur 10,4 Prozent der Gesamtbevölkerung ausmachen, tragen sie in der ambulant-ärztlichen Versorgung 21,4 Prozent zur Finanzierung bei”, heißt es in einer unveröffentlichten Studie des Verbands der Privaten Krankenversicherung (PKV), über die die “Rheinische Post” in ihrer Dienstagausgabe berichtet. Im Vorjahr waren es erst 20,4 Prozent.

“Die private Krankenversicherung (PKV) sichert jeder Arztpraxis pro Jahr im Schnitt mehr als 73.000 Euro zusätzlich, die ohne PKV wegfallen würden”, sagte Thomas Brahm, Vorsitzender des PKV-Verbands, der Zeitung. “Dieses Geld ermöglicht eine bessere personelle und technische Ausstattung der Arztpraxen. Das kommt allen Patienten zugute.”

Auch in anderen Bereichen ist der Finanzierungsanteil hoch, wie die Zahlen für 2023 zeigen: Bei der zahnärztlichen Versorgung liegt der Finanzierungsanteil der Privatversicherten sogar bei 22,6 Prozent, bei Arzneimitteln sind es 13,1 Prozent, so die Studie weiter. “Der Mehrumsatz der Privatversicherten ist gegenüber dem Vorjahr deutlich gestiegen und liegt jetzt bei 14,46 Milliarden Euro, das sind 1,8 Milliarden Euro bzw. 14,2 Prozent mehr als im Vorjahr”, ergab die Studie.

Die Mehrumsätze entstehen, weil es für Privatpatienten meist höhere Honorare gibt, als die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) für dieselbe Leistung zahlt, und weil es hier weniger Regulierung und Budgets gibt.

Lauterbach bedauert Ende seiner Amtszeit als Gesundheitsminister

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach bedauert sein bevorstehendes Ausscheiden aus dem Amt. Bis zum letzten Tag wolle er arbeiten, sagte der SPD-Politiker. Für die Zukunft setzt er auf eine Fortführung seiner Reformen durch seinen CDU-Nachfolger – und kündigt für sich selbst erst einmal eine Phase des Nachdenkens an.

Berlin (red) – Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) bedauert, dass er in wenigen Tagen aus seinem Amt ausscheiden wird. “Dass ich gern weitergemacht hätte, ist ja kein Geheimnis”, sagte Lauterbach dem “Spiegel”.

“Ich habe mein Leben der Aufgabe gewidmet, schwere Krankheiten für Menschen zu vermeiden oder besser behandelbar machen zu können”, so der SPD-Politiker. “Für mich war es der Traumjob.” Lauterbach fügte hinzu: “Ich arbeite bis zum letzten Tag.” Auf die Frage, was er nach dem Regierungswechsel am 6. Mai vorhabe, sagte er: “Erst mal nachdenken.” Lauterbach gehört auch dem neuen Bundestag an.

Künftig soll ein Vertreter der CDU das Gesundheitsministerium führen. Der scheidende Minister hofft, dass die von ihm angestoßenen Reformen weitergeführt werden. “Meine Hoffnung ist, dass mein Amtsnachfolger die grundsätzlichen Probleme im Gesundheitssystem angeht”, sagte Lauterbach.