Wenn Arbeit krank macht: Suchthaft Beschäftigte haben doppelt so viele Gesundheitsprobleme

Wer arbeitssüchtig ist, ist deutlich kränker als andere Beschäftigte. Das geht aus einer Studie für die Hans-Böckler-Stiftung hervor, über die die “Süddeutsche Zeitung” berichtet. Demnach arbeiten zehn Prozent der Erwerbstätigen in Deutschland suchthaft.

Das heißt, sie arbeiten nicht nur exzessiv, sondern auch zwanghaft. 28 Prozent der Betroffenen bezeichnen ihre Gesundheit als weniger gut oder schlecht. Das ist ein doppelt so hoher Anteil wie bei Menschen, die normal arbeiten, so die Studienautoren des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) und der TU Braunschweig.

90 Prozent der Suchtarbeiter melden binnen eines Jahres Beschwerden, und zwar im Schnitt sieben Stück: von Rückenschmerzen über Probleme an Muskeln und Skelett bis zu Psychosomatischem wie Schlafstörungen und Niedergeschlagenheit. Die Arbeitssucht hat gravierende gesellschaftliche Folgen, warnen die Forscher. Suchthaft Arbeitende seien besonders von einem erhöhten Risiko für Burnout und depressiven Verstimmungen betroffen – und können dadurch länger ausfallen.

Das halten die Forscher nicht nur aus der Perspektive der Betroffenen, sondern auch für Betriebe und die Gesellschaft problematisch. Arbeitsausfälle könnten zu Unterbrechungen der Produktion führen. Wegen des demografischen Wandels sind Arbeitskräfte schon jetzt in vielen Branchen knapp.

red

TÜV-Verband fordert mehr Tempo beim Ausbau der Radinfrastruktur: Unfallzahlen steigen besorgniserregend

Die Zahl der Fahrradunfälle stieg 2022 um 16 Prozent auf fast 97.700. Dabei kamen 470 Radfahrer ums Leben – der höchste Wert seit 2006. E-Scooter-Unfälle mit Personenschaden wuchsen um 49 Prozent auf 8.260. Der TÜV-Verband fordert mehr Tempo beim Ausbau der Radinfrastruktur.

“Die Radverkehrsinfrastruktur muss dringend ausgebaut werden, um Zweiradfahrende besser zu schützen”, sagt Marc-Philipp Waschke, Experte für Verkehrssicherheit beim TÜV-Verband. Eine wichtige Voraussetzung dafür sei die angekündigte Reform des Straßenverkehrsrechts in Deutschland. Die Kommunen bräuchten mehr eigene Zuständigkeiten und Kompetenzen, um den Straßenverkehr zu entflechten, bei Bedarf zu verlangsamen und ein flüssiges und sicheres Nebeneinander verschiedener Fortbewegungsformen zu ermöglichen.

Besonders besorgniserregend sind aus Sicht des TÜV-Verbands die stark steigenden Unfallzahlen mit Pedelecs. So waren von den 470 im Jahr 2022 tödlich verunglückten Radfahrenden 206 mit einem Pedelec unterwegs. Das entspricht einem Anteil von 44 Prozent. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Zahl der getöteten Pedelec-Fahrenden um 57 Prozent angestiegen.

“Räder und E-Scooter brauchen für mehr Sicherheit mehr Straßenfläche”, sagt Waschke. Durchgängige Radverkehrsnetze in Ballungszentren und Radschnellwege im ländlichen Raum könnten mehr direkte Verbindungen schaffen und somit einen sicheren Radverkehr fördern. Auch ausreichend gute und sichere Abstellanlagen seien vielerorts Mangelware. Das komme letztlich auch dem Fußverkehr zu Gute.

Das Verbot von E-Scooter-Angeboten in Städten sei die falsche Antwort auf die steigende Beliebtheit dieser Fahrzeuge. Mehr Akzeptanz und Vertrauen würden europaweit einheitliche Vorschriften schaffen, die grundlegende Anforderungen an die technische Sicherheit und die jeweiligen Straßenverkehrsordnungen in den EU-Mitgliedsstaaten stellen.

Gleichzeitig fordert der TÜV-Verband die Einhaltung und Überwachung der Verkehrsregeln im Zweiradverkehr. “Nicht wenige Radfahrende halten sich nicht an grundlegende Verkehrsregeln, überfahren Ampeln bei Rot oder fahren mit hoher Geschwindigkeit auf Gehwegen und gefährden damit Zufußgehende”, sagt Waschke.

E-Scooter-Fahrende sind häufig unerlaubt auf Bürgersteigen, zu zweit oder alkoholisiert unterwegs. Im Jahr 2021 war bei fast jedem fünften Unfall mit Elektrorollern Alkohol im Spiel (18,1 Prozent). “Die polizeiliche Verkehrsüberwachung darf angesichts des steigenden Verkaufsaufkommens nicht vernachlässigt werden”, sagt Waschke. Die personellen Kapazitäten für diesen Kernbereich der Polizeiarbeit müssten erhöht werden, um aggressives Fahrverhalten, Falschfahrten sowie Alkohol- und Drogenverstöße im Sinne der Verkehrssicherheit zu ahnden.

mid/asg

Corona-Impfpflicht bei der Bundeswehr bleibt bestehen

Die im November 2021 eingeführte Corona-Impfpflicht für Soldaten der Bundeswehr soll aufrechterhalten werden. “Aktuell besteht kein Grund, etwas an der Duldungspflicht der Corona-Impfung in der Bundeswehr zu ändern”, sagte eine Sprecherin des Verteidigungsministeriums der “Welt” (Freitagausgabe). “Ziel der Impfpflicht ist der Schutz des Individuums und der militärischen Gemeinschaft vor der Ausbreitung von Infektionskrankheiten.”

Die Pflicht orientiert sich an den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission und beinhaltet daher drei Impfungen. Aus der Opposition im Bundestag wird die Corona-Impfpflicht für Bundeswehr-Soldaten infrage gestellt. Rüdiger Lucassen, verteidigungspolitischer Sprecher der AfD, sagte: “Die Corona-Impfpflicht war von Anfang an völlig unverhältnismäßig und hat das Vertrauen vieler treuer Bundeswehr-Soldaten in die politische und militärische Führung erschüttert. Die Covid-19-Impfung muss, insbesondere aufgrund der nicht unerheblichen Nebenwirkungen, sofort aus der Liste der duldungspflichtigen Impfungen gestrichen werden.” Die Melderate für schwerwiegende unerwünschte Wirkungen liegt laut Gesundheitsministerium bei 0,02 Prozent. Diese Melderate bezieht sich auf alle Verdachtsmeldungen, unabhängig davon, ob tatsächlich die Impfung die Ursache für die Beschwerden darstellt.

Die gesundheitspolitische Sprecherin der Linke-Fraktion, Kathrin Vogler, sagte, nach dem Auslaufen der einrichtungsbezogenen Impfpflicht gegen Sars-CoV-2 sei die Impfpflicht für Soldaten der Bundeswehr aus der Zeit gefallen. Wenn für Menschen, die mit besonders vulnerablen Personen arbeiteten, eine Impfpflicht nicht mehr erforderlich erscheine, dann sei sie für Soldaten erst recht nicht begründbar. “Sie muss aufgehoben werden”, sagte Vogler.

Der verteidigungspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Alexander Müller, verteidigt hingegen die Impfpflicht für Soldaten. “Eine allgemeine Impfpflicht lehne ich aus verschiedenen Gründen ab. Die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr hängt jedoch auch am Gesundheitszustand der Frauen und Männer, welche sich freiwillig zum Dienst verpflichtet haben.”

Vor diesem Hintergrund halte er in diesem speziellen Kontext die Aufrechterhaltung einer Impfpflicht für Bundeswehrangehörige für vertretbar, so Müller. Regelmäßig werden Soldaten wegen Gehorsamsverweigerung verurteilt, weil sie der Pflicht zur Corona-Impfung nicht nachgekommen sind. In den meisten Fällen geht es um Geldstrafen, in wenigen Fällen sogar um Freiheitsstrafen auf Bewährung.

In einigen Fällen wurden die Verfahren eingestellt – wegen Geringfügigkeit oder unter Geldauflagen. So verurteilte etwa das Amtsgericht Neuburg im Oktober 2022 einen Soldaten zu einem Strafarrest von sechs Monaten, dessen Vollstreckung für die Dauer von drei Jahren zur Bewährung ausgesetzt wurde. Als Bewährungsauflage gilt zudem eine Zahlung in Höhe von 2.000 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung, wie eine Richterin am Amtsgericht mitteilte.

red

Ende der Maskenpflicht in Kliniken? Deutsche Krankenhausgesellschaft sieht keine Notwendigkeit mehr

Im Hinblick auf das Ende der Corona-Maßnahmen am 7. April hält der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Gerald Gaß, eine flächendeckende Maskenpflicht in Krankenhäusern für nicht mehr erforderlich. “Durchgängig Maskenpflicht überall, das macht einfach keinen Sinn. Das macht für die Mitarbeiter keinen Sinn”, sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Donnerstagausgaben).

Das könne man auch den Besuchern nicht zumuten. “Mir ist kein Krankenhaus bekannt, was jetzt für sich definiert hat, beispielsweise über diese auslaufenden Regeln hinaus durchgängig die Maskenpflicht beibehalten zu wollen.” Bestimmte Bereiche wie der OP, Intensivstationen oder die Behandlung von Patienten mit Corona oder Grippe würden ohnehin bestimmten Infektionsschutzbestimmungen unterliegen.

“Der Infektionsschutz ist im Krankenhaus nichts, was durch Corona eingeführt wurde und mit Auslaufen der Corona regeln wieder abgeschafft ist”, so Gaß. Im Detail könnten sich die einzelnen Regeln der Krankenhäuser aber unterscheiden. Ähnlich wird es nach dem 7. April in der Pflege ablaufen.

“Die meisten Pflegeheime werden dem Fallen der Maskenpflicht folgen”, sagte Christine Vogler, Präsidentin des Deutschen Pflegerates, den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Donnerstagausgaben). Bei Erkältungssymptomen würden die Menschen eher zu Hause oder freiwillig eine Maske tragen. “Das ist der Appell an den gesunden Menschenverstand, der jetzt plakatiert ist.”

red

Pflegekräftemangel verschärft sich: Ausbildungsverträge gehen zurück

Zum Jahresende 2022 haben sich insgesamt 146.500 Personen in Deutschland in einer Pflege-Ausbildung befunden. Davon hatten 52.300 Auszubildende im vergangenen Jahr einen Vertrag zur Pflegefachfrau oder zum Pflegefachmann unterschrieben, teilte das Statistische Bundesamt (Destatis) nach ersten vorläufigen Ergebnissen am Dienstag mit. Gegenüber dem Vorjahr waren das sieben Prozent oder 4.000 weniger neu abgeschlossene Ausbildungsverträge (2021: 56.300 Neuverträge).

Bei den Ergebnissen sei aber zu beachten, dass die Zahlen vorläufig seien und für das Jahr 2022 noch Datenlücken bestünden, so das Bundesamt. Endgültige Ergebnisse zu den Auszubildenden in der Pflege zum Stichtag 31. Dezember 2022 und zu weiteren Merkmalen sind demnach voraussichtlich erst im Juli 2023 verfügbar. Ende 2022 befanden sich insgesamt rund 110.800 Pflegefachfrauen und 35.800 Pflegefachmänner in Ausbildung.

Das entsprach einem Frauenanteil von 76 Prozent. Auch bei den Neuabschlüssen verzeichnete dieses Berufsbild mit 38.800 neuen Verträgen einen Frauenanteil von rund drei Viertel (74 Prozent) – nur 13.500 Männer schlossen 2022 einen Ausbildungsvertrag als Pflegefachmann ab. Die Datenlage ist in den Bundesländern derzeit sehr unterschiedlich.

Während unter anderem Bremen, Rheinland-Pfalz und Sachsen davon ausgehen, dass es zu keinen größeren Abweichungen zwischen vorläufigen und endgültigen Ergebnissen kommt, seien die Ergebnisse in einigen anderen Bundesländern derzeit noch mit erheblichen Unsicherheiten behaftet, so das Bundesamt.

red

Hausärzteverband für dauerhafte telefonische Krankschreibung und warnt vor Versorgungsengpässen

Die Vizechefin des Deutschen Hausärzteverbandes, Nicola Buhlinger-Göpfarth, fordert eine dauerhafte Verlängerung der am Freitag auslaufenden Möglichkeit zur telefonischen Krankschreibung und warnt andernfalls vor einer massiven Verschlechterung der medizinischen Versorgung. “Um es klar zu sagen: Ohne die telefonische Krankschreibung geht es nicht mehr”, sagte Buhlinger-Göpfarth dem “Redaktionsnetzwerk Deutschland” (Freitagausgaben). Das gelte insbesondere in den akuten Infektwellen, wie es sie im vergangenen Winter gegeben habe.

“Wer der telefonischen Krankschreibung jetzt den Stecker zieht, gefährdet die Versorgung und nimmt in Kauf, dass die Hausarztpraxen immer weiter unter Druck geraten”, sagte sie. Die telefonische Krankschreibung müsse daher dauerhaft etabliert werden, ohne die bisherige Beschränkung auf leichte Atemwegserkrankungen, verlangte die Medizinerin. “Warum eine Regelung, die die vergangenen Jahre hervorragend funktioniert hat, jetzt ohne Not gestrichen werden soll, ist schlichtweg nicht nachvollziehbar”, beklagte die Vizechefin des Verbandes.

Es gelte, die knappen ärztlichen Ressourcen möglichst effizient einsetzen, sonst fehle die Zeit an anderer Stelle, mahnte sie. Hausärzte könnten am besten einschätzen, wann eine telefonische Krankschreibung sinnvoll ist und wann nicht, argumentierte der Verband. Ohne die bisherige Beschränkung auf Atemwegserkrankungen könnte auch Patienten, die beispielsweise an einem leichten Magen-Darm-Infekt litten und keiner medizinischen Behandlung vor Ort bedürften, der Weg in die Praxen erspart bleiben, sagte Buhlinger-Göpfarth.

Auch der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) forderte eine Beibehaltung. Politik und Fachleute seien sich einig gewesen, aus der Corona-Pandemie lernen zu müssen und Bewährtes zu bewahren, sagte der Gesundheitsexperte des Verbandes, Thomas Moormann, dem RND. “Bei der telefonischen Krankschreibung, die sehr erfolgreich praktiziert wurde und die man durchaus als Innovation bezeichnen könnte, zeigt sich das nun leider nicht”, beklagte er. Dabei wäre die dauerhafte Möglichkeit zur telefonischen Krankschreibung für Arztpraxen wie für die Patienten eine große Entlastung.

Er forderte die Ampelkoalition auf, die Beibehaltung gesetzlich zu regeln. Die in der Corona-Pandemie eingeführte Sonderregelung, die unnötige Kontakte reduzieren und Corona-Infektionen vermeiden sollte, läuft am Freitag aus. Bei leichten Erkältungsbeschwerden war es seit Frühjahr 2020 möglich, sich telefonisch bis zu sieben Tage krankschreiben zu lassen.

Die Regelung wurde mehrfach durch den zuständigen Gemeinsamen Bundesausschusses von Ärzten, Kliniken und Krankenkassen verlängert.

red

Krankenhäuser dürfen ungeimpfte Mitarbeiter entlassen, entscheidet das Bundesarbeitsgericht

Medizinischen Fachangestellten darf gekündigt werden, wenn sich diese nicht gegen Covid-19 impfen lassen wollen. Das hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, wie es am Donnerstag in einer Pressemitteilung bekannt gab. Eine nicht geimpfte medizinische Fachangestellte hatte gegen einen Krankenhausbetreiber geklagt, der ihr noch vor Inkrafttreten der gesetzlichen Impfpflicht gekündigt hatte, nachdem sich diese nicht impfen lassen wollte.

Der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts urteilte nun, das Berufungsgericht habe zutreffend angenommen, dass die Kündigung nicht gegen das Maßregelungsverbot verstoße. Das wesentliche Motiv für die Kündigung sei nicht die Weigerung der Klägerin gewesen, sich einer Impfung gegen SARS-CoV-2 zu unterziehen, sondern der beabsichtigte Schutz der Krankenhauspatienten und der übrigen Belegschaft vor einer Infektion durch nicht geimpftes medizinisches Fachpersonal. Dabei sei es rechtlich ohne Bedeutung, dass die Kündigung vor Inkrafttreten der gesetzlichen Impfpflicht erklärt worden ist, hieß es.

Auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten bestünden keine Bedenken an der Wirksamkeit der Kündigung.

red

Zahl der Pflegebedürftigen in Deutschland: Dramatischer Anstieg bis 2055

Die Zahl der pflegebedürftigen Menschen in Deutschland wird bis 2055 voraussichtlich um 37 Prozent zunehmen. Das ist das Ergebnis der Pflegevorausberechnung des Statistischen Bundesamtes (Destatis), die am Donnerstag veröffentlicht wurde. Demnach wird ihre Zahl allein durch die zunehmende Alterung von rund 5,0 Millionen Ende 2021 auf etwa 6,8 Millionen im Jahr 2055 ansteigen.

Dabei werden bereits 2035 etwa 5,6 Millionen (+14 Prozent) erreicht. Nach 2055 sind laut Statistikamt keine starken Veränderungen mehr zu erwarten, da die geburtenstarken Jahrgänge aus den 1950er- und 1960er-Jahren, die sogenannten Babyboomer, dann durch geburtenschwächere Jahrgänge im höheren Alter abgelöst werden. 2070 dürfte die Zahl der Pflegebedürftigen bei etwa 6,9 Millionen (+38 Prozent) liegen, wie die Pflegevorausberechnung in einer Variante mit konstanten Pflegequoten zeigt.

Die Pflegequote berechnet sich als Anteil der Pflegebedürftigen an der Bevölkerung nach Alter und Geschlecht. Im Rahmen der Vorausberechnung wird eine weitere Variante berechnet, die nicht nur den reinen Alterungseffekt bei konstanter Pflegequote betrachtet, sondern auch sich ändernde Pflegequoten in Erwägung zieht. Dieses zweite Modell baut darauf auf, dass seit 2017 im Zuge der Einführung des weiter gefassten Pflegebedürftigkeitsbegriffs ein deutlicher Anstieg der Zahl der Pflegebedürftigen und der Pflegequoten in den einzelnen Altersgruppen zu beobachten ist.

Daher wird in dieser zusätzlichen Modellrechnung angenommen, dass sich der Anstieg der Pflegequoten bis 2027 gedämpft fortsetzt. Im Ergebnis zeigen sich deutlich höhere Anstiege der Zahl der Pflegebedürftigen als bei den Status-quo-Varianten. Die so vorausberechnete Zahl der Pflegebedürftigen liegt dann 2035 bereits bei 6,3 Millionen Pflegebedürftigen (+27 Prozent gegenüber 2021) und 2055 bei 7,6 Millionen (+53 Prozent), 2070 schließlich bei 7,7 Millionen (+55 Prozent).

Die Alterung der Bevölkerung dürfte zukünftig auch zu einer deutlich höheren Zahl und einem deutlich höheren Anteil älterer Pflegebedürftiger führen, so die Statistiker weiter. Während Ende 2021 etwa 2,7 Millionen oder 55 Prozent der gesamten Pflegebedürftigen 80 Jahre und älter waren, können es bei konstanten Pflegequoten im Jahr 2055 rund 4,4 Millionen oder 65 Prozent sein. Dieser Anstieg wird sich vor allem zwischen 2035 (3,0 Millionen) und 2055 vollziehen.

Damit ist die Zunahme der Pflegebedürftigen in diesem Zeitraum stark durch die Altersgruppe ab 80 Jahren bestimmt. Die Ergebnisse der Vorausberechnung zeigen darüber hinaus deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern. Bei konstanten Pflegequoten ist bis Ende 2055 der geringste relative Anstieg der Pflegebedürftigen in Sachsen-Anhalt um sieben Prozent und in Thüringen um neun Prozent zu erwarten.

Demgegenüber stehen die stärksten relativen Anstiege bis Ende 2055 um 56 Prozent in Bayern und 51 Prozent in Baden-Württemberg.

 

Vorsicht bei Magen-Botox: Warum Ärzte von der Behandlung abraten

Gewicht reduzieren durch schnelle Sättigung. Botox-Injektionen in die Magenwand sollen helfen, wenn Diät und Sport nicht mehr weiterhelfen. Das kann schnell mit Vergiftungen enden. Medical-press (mp) fragt nach bei Dr. Afschin Fatemi, Facharzt für Dermatologie mit Schwerpunkt Dermatochirurgie und ästhetischer Medizin und Gründer der S-thetic Gruppe mit zahlreichen Standorten in verschiedenen Regionen Deutschlands.

Wie ist die aktuelle Anzahl der bekannten Vergiftungsfälle in Deutschland?
Dr. Afschin Fatemi: “Aktuell sind zwölf Vergiftungsfälle innerhalb Deutschlands bekannt, die im Ausland eine Botox-Behandlung in die Magenmuskulatur haben durchführen lassen.

“Was ist Magen-Botox?”
Dr. Afschin Fatemi: “Magen-Botox ist eine medizinische Behandlung, die auch als Botulinumtoxin-Therapie oder Botox-Gastroparese-Therapie bezeichnet wird. Es handelt sich dabei um eine Injektion von Botulinumtoxin in den Magen, um bestimmte Muskeln zu entspannen und so die Magenentleerung zu verbessern. Es ist wichtig zu betonen, dass eine Magen-Botox-Therapie nicht primär zur Gewichtsabnahme verwendet wird und auch nicht als Abnehm-Methode empfohlen wird. Normalerweise wird die Magen-Botox-Therapie zur Behandlung von Gastroparese eingesetzt, einer Erkrankung, bei der die Muskeln im Magen nicht richtig arbeiten und die Verdauung verlangsamt wird. Wird eine Botox-Behandlung in der Magenmuskulatur zur Gewichtsabnahme durchgeführt, kann es in einigen Fällen zu einer leichten Gewichtsreduktion kommen, da die entspannten Muskeln im Magen eine schnelle Magenentleerung begünstigen können. So kann das Sättigungsgefühl schneller eintreten und man isst automatisch weniger. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass die Gewichtsreduktion aufgrund der Magen-Botox-Therapie in der Regel nur gering ausfällt und nicht dauerhaft ist.”

Wird Magen-Botox auch in Deutschland durchgeführt?
Dr. Afschin Fatemi: “Ja, die Magen-Botox-Therapie wird auch in Deutschland durchgeführt, allerdings ist es wichtig zu betonen, dass sie nicht als Methode zur Gewichtsabnahme, sondern zur Behandlung von Gastroparese eingesetzt wird. Es gibt jedoch auch in Deutschland bekannte Fälle, bei denen Ärzte eine solche Behandlung durchgeführt haben. Die Verwendung von Botox zur Gewichtsreduktion im Magen-Darm-Trakt ist allerdings noch nicht allgemein anerkannt. Bisher gibt es leidglich nur begrenzte Studien zu ihrer Wirksamkeit und Sicherheit. Eine solche Behandlung sollte nie der erste Weg sein, um einen Abnehmprozesse zu begünstigen. Außerdem wird ein seriöser Arzt von einer Behandlung dieser Art abraten und Alternativen empfehlen, die zum individuellen Therapieplan des Patienten passen. Darüber hinaus ist die Behandlung nicht einmal von der FDA zugelassen, daher ist sie mit besonderer Vorsicht zu behandeln.

“Wie erfolgt der Eingriff?”
Dr. Afschin Fatemi: “Der Eingriff erfolgt während einer endoskopischen Untersuchung, bei der per Endoskop an bestimmten Stellen im Magen das Botulinumtoxin in die Magenmuskulatur gespritzt wird. Für diese Behandlung kann ein Narkosemittel verwendet werden. Ein Eingriff dieser Art sollte von einem Facharzt aus dem Bereich Gastroenterologie durchgeführt werden.”

“Gibt es Nebenwirkungen?”
Dr. Afschin Fatemi: “Es ist wichtig zu beachten, dass eine Magen-Botox-Therapie nicht für jeden Patienten geeignet ist und es auch potenzielle Risiken und Nebenwirkungen geben kann, wie z.B. Schluckbeschwerden oder Infektionen. Es ist daher wichtig, mit einem qualifizierten Arzt zu sprechen, um festzustellen, ob diese Behandlung die richtige Option für die zu behandelnde Person ist. Jede Form von Gewichtsabnahme sollte in Absprache mit einem qualifizierten Arzt erfolgen.

“Was ist in der Türkei genau schiefgelaufen?”
Dr. Afschin Fatemi: “In der Türkei wurde ein Botox-Präparat für die Behandlung verwendet, das nicht für den Magen geeignet war und somit nicht vertragen wurde. Folglich hat sich das gesamte Botulinumtoxin im Körper verteilt, anstatt nur die Magenmuskulatur zu lähmen.

“Was kostet eine Magen-Botox Behandlung?”
Dr. Afschin Fatemi: “In der Türkei wird die Magen-Botox-Behandlung zur Gewichtsabnahme teilweise von Ärzten für 550 Euro angeboten. Die in Deutschland durchgeführte Behandlung lag bei 2.500 Euro, es gibt jedoch auch Kostenangebote bis an die 9.000 Euro. Das Preisspektrum ist daher sehr weitläufig.”

“Können auch bei Faltenbehandlungen Vergiftungen erscheinen?”
Dr. Afschin Fatemi: “Ja, es besteht immer ein gewisses Risiko für Vergiftungen bei der Verwendung von Botox zur Behandlung von Falten. Botox ist ein starkes Neurotoxin und kann bei unsachgemäßer Anwendung zu schweren Nebenwirkungen führen, einschließlich Vergiftungen. Die meisten Vergiftungen mit Botox treten jedoch aufgrund einer Überdosierung auf. Wenn zu viel Botox injiziert wird, kann es sich im Körper ausbreiten und zu einer Lähmung anderer Muskeln und Organe führen, was zu einer Reihe von schweren Symptomen führen kann, darunter Schwäche, Atemprobleme und sogar Tod. Es sei wichtig, dass Botox nur von qualifizierten und erfahrenen Fachleuten verabreicht wird, die die richtige Dosierung und Technik verwenden würden. Um das Risiko von Vergiftungen zu minimieren, sollten sich Patienten immer an einen zugelassenen Arzt wenden und ihre medizinische Vorgeschichte und mögliche allergische Reaktionen mit ihm besprechen.

mp/asg

Diese Tablette bietet einen wirksameren Schutz vor HIV als Kondome

“PrEP” heißt ein Medikament, das sich schon seit einiger Zeit als wirksame HIV-Prophylaxe erwiesen hat. Die Tablette könnte lauf Deutscher Aidshilfe noch viel mehr Menschen schützen als gegenwärtig der Fall. Anlässlich des Deutsch-Österreichischen AIDS-Kongresses (DÖAK) in Bonn, hat die Deutsche Aidshilfe dazu ein neues Positionspapier veröffentlicht.

Bei der PrEP (Prä-Expositions-Prophylaxe, “Vor-Kontakt-Vorsorge”) nehmen HIV-negative Menschen ein HIV-Medikament ein, entweder dauerhaft oder kurzfristig zu bestimmten Anlässen. Das Virus kann sich dann nicht mehr im Körper einnisten, eine HIV-Übertragung beim Sex ist nicht mehr möglich. Seit September 2019 ist die PrEP für Menschen mit “substanziellem” HIV-Risiko eine Leistung der Gesetzlichen Krankenkassen.

Mindestens 30.000 Menschen, so berichtet Daniel Schmidt vom Robert Koch-Institut (RKI) auf dem DÖAK, schützen sich in Deutschland bisher mit der PrEP, bisher vor allem schwule Männer. Tendenz: steigend. Aber viele Menschen wissen noch nichts von dieser Schutzmöglichkeit oder glauben nicht, dass sie für sie in Frage kommt. Zugleich gibt es in manchen PrEP-Praxen lange Wartelisten und abseits der Metropolen weiße Flecken auf der Versorgungslandkarte.

Dass die Zahl der Nutzer steige, ist eine gute Nachricht, sagt Ulf Kristal, Vorstandsmitglied der Deutschen Aidshilfe. “Diesen Trend gilt es zu verstärken, indem wir alle noch offener denken und breiter über die PrEP aufklären.” Die PrEP sei prinzipiell für alle Menschen mit einem HIV-Risiko geeignet. Wer sich mit der HIV-Prophylaxe schützen wolle, müsse sie auch schnell und unkompliziert bekommen.

mp/wal