Ärztepräsident: Fachkräftemangel im Gesundheitswesen erfordert drastische Maßnahmen

 Angesichts des zunehmenden Fachkräftemangels fordert Ärztepräsident Klaus Reinhardt, den bisher weitgehend ungesteuerten Zugang der Versicherten zum Gesundheitssystem einzuschränken. “Wir sind im Gesundheitswesen an einem Punkt angelangt, an dem ein Weiter so unmöglich ist”, sagte er dem “Redaktionsnetzwerk Deutschland”. Konkret schlug Reinhardt ein sogenanntes Primärarztsystem vor, bei dem die Versicherten einen Arzt als erste Anlaufstelle wählen.

Das könne ein Hausarzt sein, aber zum Beispiel bei chronisch Kranken auch der behandelnde Facharzt. Sie oder er legt dem Vorschlag zufolge den weiteren Behandlungspfad fest und stellt bei Bedarf Überweisungen aus. Das System soll freiwillig sein.

“Aber wer sich daran beteiligt, sollte aus meiner Sicht einen finanziellen Vorteil gegenüber demjenigen haben, der das Gesundheitswesen weiterhin ohne Steuerung in Anspruch nehmen will”, sagte Reinhardt. Er sagte, anders als früher sei nicht nur das Geld knapp, sondern mit wachsender Tendenz auch das Personal. Gleichzeitig sei in Deutschland der Zugang zum Gesundheitswesen im Gegensatz zu vielen anderen Ländern weitgehend ins Ermessen der Patienten gestellt.

Wer Beschwerden habe, könne problemlos mehrere Mediziner gleichzeitig konsultieren. Es gebe keinerlei “Strukturierung der Inanspruchnahme” oder eine “Steuerung” der Patienten, beklagte der Ärztepräsident. Reinhardt will seinen Vorschlag nicht als Einschränkung der freien Arztwahl verstanden wissen.

Jeder solle bei der Bestimmung des Primärarztes die freie Wahl haben, sagte er. Und auch bei der gegebenenfalls nötigen Überweisung werde der Primärarzt bei der Auswahl “nicht gegen den Willen seiner Patienten entscheiden”. Die Einschreibung könne zusätzlich befristet sein, um einen Wechsel zu ermöglichen.

“Und zu bestimmten Arztgruppen wie zum Beispiel Gynäkologen sollten die Versicherten künftig auch weiterhin direkt gehen können”, sagte der Ärztepräsident.

red

Deutsches Rotes Kreuz: Taschengeld für Freiwilligendienste muss deutlich erhöht werden

Die Präsidentin des Deutschen Roten Kreuzes (DRK), Gerda Hasselfeldt, fordert eine deutliche Stärkung der Freiwilligendienste in Deutschland. “Das fängt beim Taschengeld an, den Dienst kann sich eigentlich nur ein Jugendlicher leisten, der gut verdienende Eltern hat”, sagte sie der “Rheinischen Post” (Dienstagsausgabe). Hasselfeldt ergänzte, das Taschengeld betrage je nach Einsatzstelle zwischen 150 und knapp 400 Euro.

“Die Größenordnung des Bafögs wäre eine angemessene Richtschnur.” Auch müsse die Tätigkeit mehr anerkannt werden. “Bei der Zulassung zum Studium, bei der Dauer einer beruflichen Ausbildung oder aber bei der Nutzung von kulturellen Einrichtungen muss es Vorteile geben.”

Völlig indiskutabel sei es, “dass auch hier zwischenzeitlich Kürzungen vorgesehen waren und das in einer Zeit, in der mancher über einen Pflichtdienst nachdenkt, dessen Einführung rund zwölf Milliarden Euro kostet”. Es gehe bei den Freiwilligendiensten insgesamt um 328 Millionen Euro. “Wir brauchen eine deutliche Erhöhung dieses Ansatzes, um junge Menschen wieder für eine ehrenamtliche soziale Tätigkeit zu gewinnen”, so die DRK-Präsidentin.

Angesichts einer Zunahme von Hochwasserkatastrophen fordert sie zudem bessere Vorsorgemaßnahmen. “Wir brauchen mehr und bessere Ausstattung für Katastrophenfälle in Deutschland”, sagte sie. “Die Defizite sind eklatant, insbesondere bei der materiellen Ausstattung.”

Nach der Hochwasserkatastrophe im Ahrtal sei das Bewusstsein der politisch Verantwortlichen für den Bevölkerungsschutz gestiegen. “Davon ist jetzt nicht mehr viel übrig.” Es gebe ein Konzept, aber dessen Umsetzung stocke aufgrund sehr begrenzter Haushaltsmittel.

Politischer Konsens sei es gewesen, “zehn mobile Betreuungsmodule für den Einsatz bei zerstörter Infrastruktur zu beschaffen. Bisher gibt es nur eins.” Mit einem Modul könnten jeweils bis zu 5.000 Menschen aufgenommen, betreut und umfassend versorgt werden.

“Wir reden die Krisen nicht herbei, aber es ist absehbar, dass wir immer öfter von Katastrophen betroffen sein werden”, sagte Hasselfeldt. Deswegen müssten der Zusage aus der Politik nun Taten folgen.

red

Aktuelle Grippewelle könnte Deutschland bis zu 36 Milliarden Euro kosten

Die derzeitige Welle von Atemwegs- und Influenza-Erkrankungen könnte laut Berechnungen des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) bis zu 36 Milliarden Euro an volkswirtschaftlichen Kosten verursachen. “Allein durch den krankheitsbedingten Arbeitsausfall könnte der deutschen Volkswirtschaft ein Verlust in der Bruttowertschöpfung von 32 bis 36 Milliarden Euro entstehen”, heißt es in der Berechnung des IfW, über die die “Welt am Sonntag” berichtet. Grundlage der Annahme sind der hohe Krankenstand, der starke Anstieg von Atemwegs-Neuerkrankungen seit Oktober und die zurzeit rapide Zunahme der Influenza-Neuinfektionen.

So ist die Zahl aller neuen Fälle pro Woche aktuell um bis zu 53 Prozent höher als in den Vergleichswochen der letzten schweren Grippewelle vor Corona in der Saison 2017/2018. Wie hoch die Kosten aufgrund des Arbeitsausfalls tatsächlich ausfallen, wird laut IfW maßgeblich von der Dauer und Schwere der Grippewelle abhängen.

red

Arztbesuch in 2024: Krankenversicherten drohen längere Wartezeiten

Die rund 70 Millionen gesetzlich Krankenversicherten müssen sich im nächsten Jahr auf deutlich längeren Wartezeiten für einen Arzttermin einstellen. Der “Bild” (Samstagausgabe) sagte der Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KVV), Andreas Gassen, die Wartezeiten könnten sich bis auf zweieinhalb Monate verlängern. “2024 wird das Jahr der langen Wartezeiten. Aktuell bekommt jeder 2. Patient unmittelbar einen Termin, nur wenige warten drei oder mehr Wochen auf einen Facharzttermin”, sagte Gassen der “Bild”: “Aber wenn sich nichts ändert, bewegen uns mit großen Schritten auf Schweden zu. Dort wartet man auf Facharzttermine bis zu 72 Tage.” Als Gründe nannte Gassen den immer größeren Personalmangel und fehlende finanzielle Ausstattung vieler Praxen.

“Wir laufen in ein ganz schwieriges Jahr 2024, wenn Karl Lauterbach weiter blockiert. Er hat uns verbindlich zugesagt, dass die Hausärzte ab dem nächsten Jahr alle ihre Leistungen bezahlt bekommen (Entbudgetierung). Aber er hält offensichtlich sein Versprechen nicht. Das wäre schlicht Wortbruch”, sagte Gassen der Zeitung: “Das wird die Situation im nächsten weiter verschärfen. Es drohen in immer mehr Praxen 4-Tage-Wochen. Jede 3. bis 4. Praxis wird wohl künftig nur noch an vier Tagen öffnen, weil Personal und Geld fehlt. Die Folge werden deutlich längere Wartezeiten sein.”

red

Ärzte drohen mit längeren Praxisschließungen – Druck auf Lauterbach steigt

Der Bundesvorsitzende des Virchowbundes, Dirk Heinrich, hat noch längere Praxisschließungen im Januar angedroht, sollten die Ärzte mit Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) bei einem geplanten Gipfel am 9. Januar nicht zu einer Verständigung kommen. “Ab dem 2. Januar werden die Ärzte wieder wie gewohnt für ihre Patienten da sein”, sagte Heinrich der “Rheinischen Post” (Freitagausgaben). “Sollte sich bei dem Gipfel mit dem Minister am 9. Januar allerdings keine Bewegung abzeichnen, werden die Praxen danach für eine ganze Woche schließen. Das behalten wir uns vor”, mahnte Heinrich. Er wies zudem die jüngsten Äußerungen von Lauterbach zu den Gehältern niedergelassener Ärzte zurück. “Gesundheitsminister Karl Lauterbach zettelt lieber Neiddebatten an, als die Ungerechtigkeiten im aktuellen Vergütungssystem zu beheben”, sagte er.

“Niedergelassene Ärzte verdienen nicht so viel, wie der Minister suggeriert.” Fachärzte in Hamburg etwa bekämen bei der Behandlung von gesetzlich Versicherten nur 70 Euro vergütet, in Bayern seien es 96 Euro. “Welcher andere Berufsstand verzichtet freiwillig auf 30 Prozent Entlohnung für die erbrachte Arbeit? Die niedergelassenen Fachärzte sind es leid, die Einsparungen für das Gesundheitssystem erbringen zu müssen”, so Heinrich.

Seit zwei Jahren würden die Hausärzte auf die von Lauterbach versprochene Abschaffung der Budgetierung warten. “Die muss jetzt kommen, allerdings für alle niedergelassenen Ärzte”, so Heinrich. Er warnte zudem vor einer Einschränkung der Versorgung.

“Kommt das Ende der Budgetierung nicht für alle Haus- und Fachärzte, wird es im Jahr 2024 zu einer Reduzierung der ärztlichen Versorgung kommen. Dann werden gesetzlich Versicherte noch länger auf einen Termin warten müssen, weil Ärzte aus ökonomischem Zwang Privatpatienten bevorzugt behandeln werden”, sagte Heinrich. “Gesetzlich Versicherte werden solche Lauterbach-Termine wahrscheinlich nur noch mit einer Wartezeit von zwei bis drei Monaten bekommen.”

red

Ärztepräsident warnt: Silvesterfeuerwerk gefährdet Gesundheit, Umwelt und Kriegsflüchtlinge

Kurz vor dem Jahreswechsel hat Ärztepräsident Klaus Reinhardt vor den Gefahren von Silvesterfeuerwerken gewarnt, unter anderem vor der wiederholten Traumatisierung von Kriegsflüchtlingen. “Niemand möchte den Menschen die Möglichkeit nehmen, Silvester ausgelassen zu feiern, aber dazu braucht es keine ungeregelte Knallerei”, sagte der Präsident der Bundesärztekammer der “Rheinischen Post” (Donnerstagausgaben). “Feuerwerkskörper schaden der Umwelt und dem Klima, sie rufen bei Menschen, die vor Kriegen und Gewalt geflohen sind, Angst hervor und Kriegserinnerungen wach, die Haus- und Wildtiere leiden erheblich, und die ausgebrannten Feuerwerkskörper bleiben als Müll auf den Straßen zurück”, so Reinhardt.

Insbesondere würden die zahlreichen Verletzungen, die durch die Böller verursacht werden, eine zusätzliche Belastung für die ohnehin schon vollen Kliniken und Notaufnahmen darstellen. “Auch die verheerenden Ausschreitungen beim letzten Jahreswechsel mit vielen verletzten Unbeteiligten und Einsatzkräften sind uns sicher allen noch in Erinnerung. So etwas darf sich nicht wiederholen”, mahnte Reinhardt an.

Im vergangenen Jahr hätten die Menschen in Deutschland knapp 180 Millionen Euro für Böller ausgegeben. “Ich würde mich sehr freuen, wenn die Menschen das Geld in diesem Jahr an anerkannte gemeinnützige Hilfsorganisation spenden würden”, so Reinhardt weiter.

red

DRK-Präsidentin kritisiert Zustände in der Pflege

Die Präsidentin des Deutschen Roten Kreuzes, Gerda Hasselfeldt, mahnt an, die Lage in der Pflege nicht zu vergessen. “Wir haben derzeit viele Krisen, da verschwindet die Pflege leider aus der öffentlichen Wahrnehmung”, sagte sie der “taz”. “Die Pflegebedürftigkeit erscheint als Privatrisiko, von dem jeder hofft, dass er oder sie davon verschont bleibt.”

Die Pflegeversicherung aber sei auf Solidarität aufgebaut. Das müsse man unbedingt erhalten, erst recht angesichts der künftigen Herausforderungen. Hasselfeldt zufolge ist die Situation in vielen Heimen sehr kritisch.

“Ich kenne stationäre Einrichtungen, die Abteilungen geschlossen haben, weil die Fachkräfte fehlen, ein Heim zum Beispiel hat ein Stockwerk stillgelegt.” Es gebe auch ambulante Dienste, die keine Kunden mehr annehmen könnten oder schließen müssten, weil sie nicht genügend Personal hätten. Viele Heime und ambulante Dienste führten Wartelisten.

Hasselfeldt geht davon aus, dass Familien, Nachbarn und Freunde künftig mehr Pflegearbeit übernehmen müssen, weil die professionellen Kräfte das künftig “nicht mehr alleine stemmen können”. Für diese privaten Helfer brauche es Schulungen. Vor 30 Jahren, bei Einführung der Pflegeversicherung, sei das Problem in der heutigen Dimension “nicht vorauszusehen” gewesen.

Die CSU-Politikerin war von 1991 bis 1992 Bundesgesundheitsministerin. “Wir haben zum einen die Zunahme der Pflegebedürftigen aufgrund der Demografie, darunter auch eine Zunahme der Demenzerkrankten, weil die Menschen immer älter werden durch die Fortschritte in der Medizin, auf der anderen Seite erleben wir den Fachkräftemangel, und das können wir durch Zuwanderung auch nur bedingt ausgleichen.” Beides zusammen verschärfe die Problematik.

red

Protest gegen Gesundheitspolitik: Viele Arztpraxen zwischen den Jahren geschlossen

Viele Arztpraxen in Deutschland bleiben von Mittwoch bis Freitag aus Protest geschlossen. Dazu hatten Ärzteverbände aufgerufen, um gegen die Politik von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zu protestieren. Die Schließungen sind Teil der Kampagne “Praxis in Not”, die von mehr als 20 Verbänden unterstützt wird.

Während der Aktionstage sei für Notfälle vorgesorgt, teilte der Virchowbund mit. Die Ärzte kritisieren eine “politisch gewollte Budgetknappheit der Praxen” und fordern das Ende der Budgetierung in allen Fachgruppen. Zudem sollen nach dem Willen der Verbände Kostenentwicklungen durch Inflation und Tarifabschlüsse “unmittelbar statt mit zwei Jahren Verzögerung” abgebildet werden.

Darüber hinaus werden mindestens 5.000 weitere Medizinstudienplätze gefordert.

red

Krankenhaus-Krise: 2024 droht zum Rekord-Insolvenzjahr zu werden

Im kommenden Jahr werden in Deutschland nach Einschätzung der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) so viele Kliniken wie nie zuvor in die Zahlungsunfähigkeit rutschen. “Wir verzeichnen aktuell deutlich mehr Insolvenzen als üblich, und das Jahr 2024 droht ein Rekord-Insolvenzjahr zu werden”, sagte Verbandschef Gerald Gaß dem “Redaktionsnetzwerk Deutschland” (Mittwochausgaben). 2023 gab es nach seinen Angaben fast 40 Insolvenzen.

“Für das Jahr 2024 laufen wir Gefahr, dass sich diese Zahl wegen der absehbar starken Personalkostenentwicklung noch verdoppelt”, warnte der Verbandschef und verwies auf das aktuelle Krankenhaus-Barometer des Deutschen Krankenhausinstituts (DKI). Die jährlich durchgeführte Repräsentativbefragung der Allgemeinkrankenhäuser in Deutschland liegt dem RND vorab vor. Verzeichnete 2022 noch rund die Hälfte der Kliniken (54 Prozent) ein negatives Jahresergebnis, wird dieser Anteil im laufenden Jahr laut Krankenhausbarometer auf über drei Viertel (78 Prozent) steigen.

Der Anteil der Häuser mit einem Überschuss sinkt von 35 auf nur noch sieben Prozent. Für 2024 gehen laut Umfrage 71 Prozent der Krankenhäuser davon aus, dass sich die Situation eher noch weiter verschlechtern wird. Nur vier Prozent erwarten eine Verbesserung “Das sind die schlechtesten Werte seit Einführung des Krankenhausbarometers im Jahre 2000”, sagte Gaß.

Fast kein Krankenhaus könne seine Ausgaben noch aus den laufenden Einnahmen decken, warnte der Verbandschef und sprach von einer dramatischen Lage. Gaß forderte erneut einen Inflationsausgleich für die Krankenhäuser. Kliniken dürften ihre Preise nicht eigenverantwortlich an die Inflation anpassen, hätten aber dieselben erhöhten Ausgaben wie andere Wirtschaftszweige, beklagte er.

“Diese Schieflage führt vermehrt zu Insolvenzen und Schließungen”, warnte Gaß. Bis Ende des Jahres fehlten den Kliniken insgesamt zehn Milliarden Euro. Das könne und werde für immer mehr Krankenhäuser nicht mehr lange gutgehen.

Die Politik müsse dringend handeln, forderte der Verbandschef und warnte vor einem Scheitern der von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) geplanten Krankenhausreform. Die Ergebnisse des Krankenhaus-Barometers 2023 beruhen auf der schriftlichen Befragung einer repräsentativen Stichprobe von zugelassenen Allgemeinkrankenhäusern ab 100 Betten in Deutschland, die von Mitte April bis Ende Juni 2023 durchgeführt worden ist. Beteiligt haben sich insgesamt 388 Krankenhäuser.

red

Trauriger Rekord: 132 Millionen Krankheitstage aufgrund psychischer Erkrankungen in 2022

Psychische Erkrankungen in der Arbeitswelt nehmen weiter an Bedeutung zu. Die Zahl entsprechender Krankheits- oder Arbeitsunfähigkeitstage (AU) von Beschäftigten ist im vergangenen Jahr auf den neuen Höchststand von 132 Millionen Tagen gestiegen. Das geht aus der Antwort des Bundesarbeitsministeriums auf eine Kleine Anfrage der Linken-Fraktion hervor, über die die “Rheinische Post” in ihrer Mittwochausgabe berichten wird.

Demnach betrug die Zahl der AU-Tage wegen psychischer Störungen 2021 noch 126 Millionen, sie lag 2022 mehr als doppelt so hoch wie noch 20 Jahre zuvor. 2002 hatten die Krankenkassen erst 61 Millionen Krankheitstage aufgrund einer erkrankten Seele registriert. “Arbeitsunfähigkeit aufgrund psychischer und Verhaltensstörungen bleibt auf hohem Niveau. In den letzten fünf Jahren kam es zu einer Erhöhung von 1,7 Prozent und in den letzten zehn Jahren zu einem Anstieg um 4,8 Prozent”, so das Ministerium. Die Ursachen dafür nennt das Haus von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) gleich mit: “Neben gesamtgesellschaftlichen Faktoren wie den Folgen der aktuellen Krisen (u. a. der Covid-19-Pandemie) werden die Ursachen auch in der größer werdenden Offenheit im Umgang mit psychischen Erkrankungen vermutet. Bedingt durch die Krisen sowie anhaltenden Entwicklungen wie Digitalisierung, Dekarbonisierung, dem demografischen Wandel und dem anhaltenden Fachkräftemangel ist die Arbeitswelt in vielen Bereichen besonderen Veränderungsdynamiken ausgesetzt. In der Folge ergeben sich neue Belastungsanforderungen an die Beschäftigten, die die psychische Gesundheit beeinflussen können”, so das Ministerium. Während bei Frauen die Zahl der AU-Tage gegenüber dem Vorjahr um 2,7 Prozent auf 77 Millionen gestiegen ist, nahm sie bei Männern sogar um 7,8 Prozent auf 55 Millionen zu, so das Papier. Die durchschnittliche Ausfallzeit aufgrund psychischer und Verhaltensstörungen liegt mit 32 Tagen auf einem ähnlichen hohen Niveau wie im vergangenen Jahr.

Sie ist damit fast drei Mal so hoch wie die Ausfalldauer aller Diagnosegruppen (elf Tage). Überdurchschnittlich hoch ist die Anzahl der Krankheitstage aufgrund psychischer Erkrankungen der Antwort zufolge im Gesundheitssektor, in der öffentlichen Verwaltung sowie in Schulen und Kitas. Mit 42 Prozent ist zudem ein Großteil der vorzeitigen Renteneintritte wegen verminderter Erwerbsfähigkeit auf psychische Belastungen zurückzuführen. Gegenüber 2002 bedeutet das einen Anstieg um 14 Prozentpunkte.

Auch die volkswirtschaftlichen Kosten durch psychische und Verhaltensstörungen erreichten 2022 einen neuen Höchststand: Die Produktionsausfallkosten überstiegen mit 17,2 Milliarden Euro den Vorjahreswert um 8,9 Prozent.”Steigende Arbeitsbelastung, Personalmangel und neue Anforderungen durch Digitalisierung führt zu einer kontinuierlichen Zunahme von psychischen Belastungen. Besonders betroffen sind Beschäftigte in Bereichen wie der Kranken- und Altenpflege, in Kitas oder Schulen”, sagte die Linken-Politikerin Susanne Ferschl. “Die Bundesregierung muss endlich handeln, Geld in die Hand nehmen und konkrete Maßnahmen treffen, um den Teufelskreislauf aus Überlastung und Personalmangel zu durchbrechen. Die Linke fordert eine Anti-Stress-Verordnung, flächendeckende Arbeitsschutzkontrollen und Personalbemessungsgrenzen.”

red