Mehr als eine halbe Billion Euro: Deutschlands Gesundheitsausgaben steigen auf Rekordhoch

Die Ausgaben für Gesundheit in Deutschland sind laut Statistischem Bundesamt im Jahr 2024 deutlich gestiegen – auf geschätzte 538 Milliarden Euro. Das entspricht einem Plus von 7,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Vor allem gesetzliche und private Kassen verzeichneten steigende Kosten. Der Rückgang der Corona-Ausgaben wird durch höhere Ausgaben in nahezu allen anderen Bereichen mehr als ausgeglichen.

Wiesbaden (red) – Die Gesundheitsausgaben in Deutschland dürften im Jahr 2024 wieder gestiegen sein. Das geht aus Schätzungen des Statistischen Bundesamts (Destatis) hervor, die am Mittwoch veröffentlicht wurden. Demnach ist ein deutlicher Anstieg der Gesundheitsausgaben auf 538,2 Milliarden Euro zu erwarten. Das wären 37,4 Milliarden Euro oder 7,5 Prozent mehr als im Jahr 2023.

Im Jahr 2023 waren die Gesundheitsausgaben gegenüber dem Vorjahr um 0,1 Prozent oder 396 Millionen Euro auf 500,8 Milliarden Euro gesunken. Das waren 6.013 Euro je Einwohner. Der Anteil der Gesundheitsausgaben am Bruttoinlandsprodukt (BIP) lag 2023 bei 12,0 Prozent und damit 0,7 Prozentpunkte niedriger als 2022. Maßgeblich für den leichten Ausgabenrückgang im Jahr 2023 waren die auslaufenden Corona-Maßnahmen, wodurch sich die Gesundheitsausgaben der öffentlichen Haushalte im Vergleich zu 2022 nahezu halbierten.

Durch die stark rückläufigen Ausgaben im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie sanken die Gesundheitsausgaben im Bereich der öffentlichen Haushalte im Jahr 2023 gegenüber 2022 um 45,0 Prozent von 51,4 Milliarden Euro auf nun 28,3 Milliarden Euro. Dem Ausgabenrückgang im Vergleich zum Vorjahr von fast 23,2 Milliarden Euro standen jedoch zum Teil deutliche Ausgabensteigerungen der anderen Ausgabenträger (vor allem gesetzliche und private Krankenversicherungen) gegenüber.

In der Summe führte dies zum leichten Rückgang der gesamten Gesundheitsausgaben. Den bisher einzigen Ausgabenrückgang im Vorjahresvergleich hatte es im Jahr 2004 gegeben, als das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG) eingeführt wurde. Der Anteil der öffentlichen Haushalte an den Gesundheitsausgaben ging 2023 auf 5,6 Prozent zurück, nachdem er im Jahr 2022 noch bei 10,3 Prozent gelegen hatte.

Mit einem Ausgabenanteil von 55,7 Prozent war die gesetzliche Krankenversicherung auch im Jahr 2023 der größte Ausgabenträger im Gesundheitswesen. Ihre Ausgaben beliefen sich auf 279,1 Milliarden Euro und lagen somit 5,2 Prozent oder 13,7 Milliarden Euro über denen des Jahres 2022.

Die privaten Haushalte und privaten Organisationen ohne Erwerbszweck bildeten 2023 mit Gesundheitsausgaben in Höhe von 60,3 Milliarden Euro oder 12,0 Prozent den zweitgrößten Ausgabenträger. Im Vorjahresvergleich wiesen sie einen Ausgabenanstieg von 5,8 Prozent oder 3,3 Milliarden Euro auf.

Die soziale Pflegeversicherung hatte 2023 einen Anteil von 11,6 Prozent an den Gesundheitsausgaben. Im Vergleich zu 2022 verzeichnete sie nur einen leichten Anstieg von 0,7 Prozent oder 415 Millionen Euro auf 58,1 Milliarden Euro. Der ansteigende Trend der vergangenen Jahre wurde hier 2023 durch den starken Rückgang der Ausgaben im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie deutlich abgeschwächt. Die Ausgaben der privaten Krankenversicherung stiegen um 6,1 Prozent oder 2,4 Milliarden Euro auf 40,9 Milliarden Euro. Auf sie entfielen 8,2 Prozent der Gesundheitsausgaben.

Gegliedert nach Einrichtungen des Gesundheitswesens entfiel 2023 mit 240,5 Milliarden Euro fast die Hälfte der Gesundheitsausgaben (48,0 Prozent) auf ambulante Einrichtungen, so die Statistiker weiter. Die bedeutsamsten ambulanten Einrichtungen waren die Arztpraxen mit Ausgaben von 67,0 Milliarden Euro (13,4 Prozent), Apotheken mit 66,0 Milliarden Euro (13,2 Prozent) und die ambulante Pflege mit 34,2 Milliarden Euro (6,8 Prozent).

In (teil-)stationären Einrichtungen wurden insgesamt 181,8 Milliarden Euro aufgewendet, das entsprach 36,3 Prozent aller Ausgaben. Zu den (teil-)stationären Einrichtungen gehören Krankenhäuser (24,2 Prozent), Einrichtungen der (teil-)stationären Pflege (9,6 Prozent) sowie Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen (2,5 Prozent).

Auch in den Einrichtungen des Gesundheitswesens waren die auslaufenden Corona-Maßnahmen im Jahr 2023 sichtbar – insbesondere in der Einrichtung Gesundheitsschutz, zu der unter anderem die Gesundheitsämter zählen (-13,9 Milliarden Euro bzw. -60,4 Prozent zum Vorjahr auf 9,1 Milliarden Euro). Aber auch in den Arztpraxen war im Jahr 2023 entgegen dem langjährigen Trend ein Rückgang der Gesundheitsausgaben festzustellen (-755 Millionen Euro bzw. -1,1 Prozent auf 67,0 Milliarden Euro). Ursächlich hierfür waren die stark rückläufigen Corona-Impfungen.

In den Einrichtungen des Gesundheitswesens werden unterschiedlichste Leistungen erbracht. Neben ärztlichen, therapeutischen und pflegerischen Leistungen zählen unter anderem auch die Gewährleistung von Zahnersatz, von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln sowie von Unterkunft und Verpflegung zum Leistungsspektrum. 273 Milliarden Euro und damit mehr als die Hälfte der gesamten Gesundheitsausgaben (54,6 Prozent) wurden im Jahr 2023 für ärztliche, therapeutische oder pflegerische Leistungen aufgewendet. Besondere Bedeutung haben daneben die Ausgaben für Arznei- und Hilfsmittel, die 2023 mit 100,1 Milliarden Euro 20,0 Prozent der Gesamtausgaben abdeckten.

Arzneirückstände im Abwasser: Städte fordern Beteiligung der Pharmaindustrie an Reinigungskosten – die wehrt sich

Rückstände von Arzneien und Kosmetika belasten zunehmend Flüsse und Seen. Die neue EU-Abwasserrichtlinie will Hersteller an den Reinigungskosten beteiligen – doch die Pharma- und Kosmetikindustrie wehrt sich. Städte und Kommunen schlagen Alarm und fordern: Wer die Umwelt verschmutzt, muss auch für die Reinigung aufkommen.

Berlin (red) – Deutschlands Städte werfen der Arzneimittelbranche vor, sich vor von ihr verursachten Zusatzkosten für die Abwasserreinigung zu drücken.

Man sehe “mit großer Sorge, dass die Pharmaindustrie die Beteiligung an den Kosten der Abwasserreinigung wieder infrage stellt”, sagte Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, der “Neuen Osnabrücker Zeitung”.

“Wer saubere Gewässer und Bürger finanziell entlasten möchte, darf jetzt nicht kneifen”, sagte Ingbert Liebing, Hauptgeschäftsführer des Verbandes Kommunaler Unternehmen (VKU), der NOZ. “Wir appellieren an die EU, nicht einzuknicken, sondern Kurs zu halten.”

Der Hintergrund: Die neue Kommunalabwasserrichtlinie der EU (KARL) stellt fest, dass Rückstände von Salben, Tabletten und Kosmetika die Hauptquellen für Mikroschadstoffe im Abwasser sind. Die zunehmende Verschmutzung erfordert zusätzliche Reinigung. Die Konsequenz: Ein ganz erheblicher Teil der rund 600 Kläranlagen in Deutschland muss ausgebaut werden – es braucht eine vierte Reinigungsstufe. Der VKU hat die Gesamtkosten für den Ausbau der Klärwerke und den Betrieb bis 2045 auf neun Milliarden Euro beziffert.

Die KARL-Richtlinie führt die Herstellerverantwortung ein, wonach 80 Prozent der Kosten von der Pharma- und Kosmetikbranche übernommen werden müssen, etwa sieben Milliarden Euro in den kommenden 20 Jahren. Den kommunalen Spitzenverbänden zufolge wehren sich die Lobbys der beiden Branchen dagegen.

“Der Weg, der in Brüssel jetzt versucht wird, ist problematisch: Eine lange und transparent verhandelte Richtlinie in einem Omnibus-Verfahren mal eben so abzuräumen, ist keine verlässliche EU-Gesetzgebung”, sagte Städtetagschef Dedy. “Wenn die Herstellerverantwortung wegfällt, landen die höheren Reinigungskosten für das Abwasser bei den Gebührenzahlerinnen und -zahlern in den Städten. Das kann so nicht richtig sein.”

Der Städte- und Gemeindebund (DStGB) hat sich dem Protest angeschlossen. “Mit der Verabschiedung der EU-Kommunalabwasserrichtlinie wurde ein echter Paradigmenwechsel in der europäischen Gewässerpolitik erreicht. Dieser darf jetzt durch nachträgliche Änderungen oder Abschwächungen auf europäischer Ebene keinesfalls aufs Spiel gesetzt werden”, sagte DStGB-Hauptgeschäftsführer André Berghegger der NOZ.

“Die Einführung einer erweiterten Herstellerverantwortung im Bereich von Pharma- und Kosmetikprodukten ist überfällig und setzt die richtigen Anreize, um zukünftig schädliche Stoffe zu vermeiden und vermehrt in alternative und weniger gewässerbelastende Produkte zu investieren.” Hierdurch werde ein zentraler Beitrag für den Gewässerschutz geleistet.

Mehr Todesfälle im ersten Quartal: Grippewelle sorgt für erhöhte Sterblichkeit

Eine ungewöhnlich starke Grippewelle hat zu Beginn des Jahres 2025 für einen deutlichen Anstieg der Sterbefallzahlen in Deutschland gesorgt. Besonders im Februar lagen die Todeszahlen deutlich über dem Durchschnitt der Vorjahre. Die Entwicklung spiegelt sich auch europaweit wider.

Wiesbaden (red) – Im ersten Quartal 2025 sind in Deutschland 282.290 Menschen gestorben. Dabei waren die Sterbefallzahlen seit Ende Januar 2025 zeitgleich mit einer vergleichsweise starken Verbreitung von Atemwegserkrankungen (“Grippewelle”) gegenüber dem mittleren Wert der vier Vorjahre erhöht, teilte das Statistische Bundesamt (Destatis) nach einer Hochrechnung am Dienstag mit.

Zu Jahresbeginn lagen die Sterbefallzahlen zunächst noch deutlich unter dem mittleren Wert der Vergleichsjahre (1. Kalenderwoche vom 30. Dezember 2024 bis 5. Januar 2025: -9 Prozent). Ende Januar überstiegen die Sterbefallzahlen dann den entsprechenden Wert. Insgesamt lagen die Sterbefallzahlen damit im Januar 2025 im Bereich des mittleren Werts der Jahre 2021 bis 2024 für diesen Monat.

Im Februar 2025 starben dann deutlich mehr Menschen als in den vier Vorjahren, die Differenz zum Vergleichswert betrug in diesem Monat insgesamt +9 Prozent. Im März 2025 ging der Unterschied zum Vergleichswert etwas zurück und betrug noch +5 Prozent.

Das Euromomo-Netzwerk zur Beobachtung von Sterblichkeitsentwicklungen ordnet Befunde zur Übersterblichkeit auf Basis einer eigenen Hochrechnung unvollständiger Meldungen und eines eigenen Übersterblichkeitskonzepts europaweit vergleichend ein. Im 1. Quartal 2025 wurden in den meisten europäischen Ländern dort insbesondere zu Jahresbeginn größere Abweichungen von den erwartbaren Entwicklungen festgestellt.

So wurden beispielsweise für Frankreich und für Spanien im Januar zeitweise eine “hohe Übersterblichkeit” (“high excess”) festgestellt. Als die Grippewelle dann im Februar in Deutschland ihren Höhepunkt erreichte, ging sowohl die Intensität der Grippewelle als auch die beobachtete Übersterblichkeit europaweit tendenziell bereits zurück.

Bis zu zwei Stunden pro Besuch: Wartezeiten in Arztpraxen verursachen bis zu 7 Milliarden Euro Schaden

Es sind Minuten, die sich zu Stunden summieren – und das im großen Stil: Deutschlands Patienten verlieren jedes Jahr hunderte Millionen Stunden im Wartezimmer. Die volkswirtschaftlichen Kosten? Gigantisch. Doch ist wirklich immer der Notfall schuld – oder mangelt es schlicht an Organisation?

Berlin (red) – Deutschlands Patienten verbringen jährlich Hunderte Millionen Stunden in Wartezimmern. Der volkswirtschaftliche Schaden dürfte in die Milliarden gehen.

Das zeigen Berechnungen auf Basis von Zahlen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), über die der “Spiegel” berichtet. Demnach gibt es in Deutschland 98.503 Praxen, in denen es pro Jahr zu 575,7 Millionen Behandlungsfällen kommt. Bis zum März 2020 – der Frühphase der Coronapandemie – hat die KBV in Versichertenumfragen auch die Wartezeiten in den Praxen detailliert erfasst.

Demnach berichteten zuletzt nur zwölf Prozent der Patienten von gar keiner Wartezeit bei ihrem letzten Praxisbesuch. 34 Prozent mussten bis zu 15 Minuten warten, 26 Prozent bis zu 30 Minuten, 18 Prozent bis zu 60 Minuten, sechs Prozent bis zwei Stunden und zwei Prozent sogar mehr als zwei Stunden. Bei 575,7 Millionen Behandlungsfällen verbringen die Deutschen damit mindestens 162 Millionen bis 332 Millionen Stunden pro Jahr in Wartezimmern. Die tatsächlichen Zahlen dürften noch höher liegen, da ein Behandlungsfall mehrere Einzeltermine umfassen kann.

Die langen Wartezeiten verursachen einen erheblichen Schaden für die Volkswirtschaft. Laut OECD liegt die Produktivität einer Arbeitsstunde in Deutschland bei umgerechnet rund 87 Euro. Angenommen, jeder vierte Patient wäre ein nicht krankgeschriebener Erwerbstätiger, läge der volkswirtschaftliche Schaden der Warterei zwischen 3,5 bis 7,2 Milliarden Euro pro Jahr.

Mediziner begründen die Wartezeiten meist mit unvorhersehbaren Notfällen. Im medizinischen Alltag komme es täglich vor, “dass man sich sehr viel mehr Zeit nehmen müsse, als eingeplant war”, sagte Jakob Maske vom Bundesverband der Kinder- und Jugendärzte. Von einer bewussten Überbuchung der Terminkalender in den Praxen sei “nicht auszugehen”.

Eugen Brysch von der Deutschen Stiftung Patientenschutz hält das für wenig glaubwürdig. Bei einer solchen Häufung angeblicher Notfälle “darf schon hinterfragt werden, ob es vielleicht an dem miserablen Management einiger Praxen liegt”. Ärzteverbände hatten zuletzt Strafhonorare für geplatzte Termine gefordert. Häufige Ausfälle verlängerten die Wartezeiten auf Arzttermine.

Studie zeigt: Müttersterblichkeit wird in Deutschland offenbar oft nicht erfasst

Eine neue Studie der Berliner Charité legt offen, was bislang kaum öffentlich debattiert wurde: Müttersterblichkeit in Deutschland wird unzureichend dokumentiert – und damit oft unsichtbar gemacht. Die Medizinerin Josefine Königbauer warnt: Viele dieser Todesfälle wären wohl vermeidbar gewesen. Fachgesellschaften fordern nun ein nationales Register. Es geht um Leben – und um das, was wir bereit sind, aus ihrem Ende zu lernen.

Berlin (red) – Viele mütterliche Sterbefälle werden in Deutschland offenbar nicht statistisch erfasst. Das zeigt die Studie eines Teams um Oberärztin Josefine Königbauer von der Berliner Charité, über die der “Spiegel” berichtet. “Wir haben die Vermutung, dass bundesweit mütterliche Sterbefälle im Verborgenen bleiben”, sagte Königbauer dem Nachrichtenmagazin und dem Bayerischen Rundfunk.

Gemeinsam mit Kollegen hat die Medizinerin die Zahlen für Berlin überprüft. Dabei hat sie herausgefunden, dass in den Jahren 2019 bis 2022 mehr als doppelt so viele Mütter im Zusammenhang mit der Schwangerschaft oder Geburt gestorben sind, wie im bundesweiten Schnitt zu erwarten wäre. So kamen die Wissenschaftler in Berlin auf 9,1 gestorbene Frauen pro 100.000 Geburten. Königbauer und ihr Team haben dafür 2316 Berliner Todesbescheinigungen von Frauen im Alter von 15 bis 50 Jahren untersucht.

Bei Kollegen fehle oft ein Bewusstsein dafür, wie wichtig es sei, die Müttersterblichkeit sauber zu dokumentieren, so Königbauer. Allein in Berlin waren mehr als zwei Drittel der untersuchten Todesbescheinigungen unvollständig ausgefüllt. “Jeder Einzelfall ist ein schweres Schicksal, das wir dokumentieren müssen, um daraus zu lernen”, sagt Königbauer. “Denn viele mütterliche Sterbefälle wären vermutlich vermeidbar.” In einer anderen Studie, 2021 erschienen, hat Königbauer gemeinsam mit Kollegen mütterliche Sterbefälle aus Berlin näher untersucht, mit Ärzten gesprochen und Dokumente gesichtet. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass acht der 19 untersuchten Fälle wohl hätten verhindert werden können.

Die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe, die Fachärzte in Deutschland vertritt, schreibt auf Anfrage, das Thema Müttersterblichkeit werde “in Deutschland allenfalls stiefmütterlich behandelt”. Es gebe in Deutschland keine offizielle Möglichkeit und Pflicht einer vollständigen Registrierung maternaler Todesfälle. Das Fehlen eines geeigneten Registers führe zu einem “under-reporting” solcher Fälle. Die Ärzteschaft sehe “dringlichen politischen Handlungsbedarf”, um eine bundesweit verpflichtende Lösung zu finden.

Tarifabschluss im öffentlichen Dienst: Mehr Geld in zwei Schritten

Nach zähen Verhandlungen haben sich Bund, Kommunen und Gewerkschaften auf einen Tarifabschluss im öffentlichen Dienst geeinigt. Beschäftigte dürfen sich über höhere Entgelte, bessere Zulagen und mehr Flexibilität freuen – müssen dafür aber auch mehr Spielraum bei der Arbeitszeit mitbringen.

Potsdam (red) – In den Tarifverhandlungen für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen haben sich die Tarifparteien auf eine lineare Entgelterhöhung von insgesamt 5,8 Prozent in zwei Schritten geeinigt. Das teilte das Bundesinnenministerium am Sonntag mit und bestätigte damit entsprechende Medienberichte.

Demnach sind auch “weitere Verbesserungen” in den Bereichen Arbeitszeit und Sonderzahlungen vorgesehen. Die Laufzeit des Tarifabschlusses beträgt 27 Monate ab dem 1. Januar 2025 bis mindestens zum 31. März 2027.

Konkret sollen die Beschäftigten ab 1. April 2025 eine lineare Entgelterhöhung in Höhe von 3,0 Prozent, mindestens jedoch 110 Euro, erhalten, sowie eine weitere Entgelterhöhung ab 1. Mai 2026 in Höhe von 2,8 Prozent. Für Auszubildende erfolgt die Erhöhung mit einem Festbetrag von jeweils 75 Euro zum 1. April 2025 und 1. Mai 2026.

Ab dem 1. Juli 2025 werden zudem die monatlichen Zulagen für die Schichtarbeit von 40 Euro auf 100 Euro und für die Wechselschichtarbeit von 105 Euro auf 200 Euro angehoben. Die Jahressonderzahlung wird ab dem Jahr 2026 ebenfalls erhöht: Für Beschäftigte des Bundes der Entgeltgruppen 1 bis 8 wird die Jahressonderzahlung von 90 Prozent auf 95 Prozent erhöht, für Beschäftigte der Entgeltgruppen 9a bis 12 von 80 Prozent auf 90 Prozent und für Beschäftigte der Entgeltgruppen 13 bis 15 steigt sie von 60 Prozent auf 75 Prozent an. Für Beschäftigte der Kommunen beträgt die Jahressonderzahlung künftig einheitlich für alle Entgeltgruppen 85 Prozent eines Monatsgehalts.

Beschäftigte sollen ab 2026 die Möglichkeit bekommen, Teile der Jahressonderzahlung in bis zu drei freie Tage zu tauschen. Für kommunale Krankenhäuser gelten Sonderregelungen. Darüber hinaus erhalten Beschäftigte ab dem Jahr 2027 einen weiteren Urlaubstag. Ab 2026 wird zudem die Möglichkeit geschaffen, die wöchentliche Arbeitszeit beiderseits freiwillig und befristet auf bis zu 42 Stunden zu erhöhen.

Die Kosten des Tarifabschlusses liegen laut Innenministerium für die Laufzeit von 27 Monaten bei rund 1,94 Milliarden Euro allein für die Tarifbeschäftigten des Bundes. Die Entscheidung über die Übertragung des Tarifabschlusses auf den Bereich der Beamten des Bundes obliege der künftigen Bundesregierung, hieß es.

Die Verhandlungen waren am Wochenende in Potsdam in die entscheidende Runde gegangen. Im Rahmen des Schlichtungsverfahrens in der Tarifrunde für die mehr als 2,6 Millionen Beschäftigten war Ende März eine Einigungsempfehlung beschlossen worden. Diese sah die jetzt beschlossene Laufzeit von 27 Monaten und Entgelterhöhungen in zwei Schritten vor.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) begrüßte die Einigung: “Wir haben einen Tarifabschluss erreicht, der in schwierigen Zeiten einen guten Ausgleich bringt”, sagte sie. Es gebe “spürbare Verbesserungen und Entlastungen” für die Beschäftigten. Man mache die Arbeitsbedingungen im öffentlichen Dienst “flexibler, moderner und attraktiver”, so die Ministerin.

Wird Parkinson durch Pestizide verursacht? Bauernverband lehnt Entschädigung an betroffene Landwirte ab

Der Bauernverband lehnt Zahlungen an erkrankte Landwirte ab, die einen Zusammenhang zwischen Pestiziden und Parkinson sehen. Während Experten eine Anerkennung als Berufskrankheit empfehlen, zweifeln Agrarvertreter an der wissenschaftlichen Grundlage – und fürchten millionenschwere Folgekosten. Tausende Betroffene warten weiter auf Anerkennung.

Berlin (red) – Der Bauernverband hat sich gegen Zahlungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung für Landwirte ausgesprochen, die ihre Parkinsonerkrankung auf Pestizide zurückführen. Es müssten “Zweifel hinsichtlich Kausalität und Dosismaß ausgeräumt werden”, teilte ein Sprecher des Bauernverbands der “Wochentaz” (Samstag) mit.

Dabei berief er sich vor allem auf das Bundesinstitut für Risikobewertung. Diese Behörde prüft regelmäßig, ob Pestizide gesundheitsschädlich sind, bevor sie zugelassen werden. Sie stellte im November 2023 fest: Nur bei den in der EU nicht mehr zugelassenen Wirkstoffen Rotenon und Paraquat sei belegt, dass sie Parkinson auslösen können.

In seinen “Kernanliegen” an die Parteien vor der Bundestagswahl 2025 hatte der Verband vor den “Folgekosten politischer und nicht fachlich begründbarer Entscheidungen (wie im Fall der Einordnung `Parkinson durch Pestizide` als Berufskrankheit)” gewarnt. Patienten mit anerkannten Berufskrankheit können von der Berufsgenossenschaft großzügigere Leistungen als von der Kranken- oder Pflegekasse bekommen, zum Beispiel höhere Zuschüsse für ein Pflegeheim.

Der Ärztliche Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten beim Bundesarbeitsministerium dagegen empfahl im September 2023, “Parkinson durch Pestizide” allgemein als Berufskrankheit anzuerkennen. “Wir haben eine Fülle von anderen Studien – sowohl Tierversuche als auch epidemiologische Studien am Menschen -, die zeigen: Es ist nicht nur Rotenon und Paraquat”, sagte Monika Rieger, Vizevorsitzende des Ärztegremiums und Professorin für Arbeits- und Sozialmedizin an der Universität Tübingen, der Zeitung. “Und wir haben auch deutlich höherwertige Studien zu anderen Pestiziden”.

Bis Anfang April 2025 hat die Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft keinen Fall von “Parkinson durch Pestizide” als Berufskrankheit anerkannt, wie die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau der “Wochentaz” mitteilte. Knapp 5.200 Fälle lehnte die Versicherung demnach bereits ab. Rund 3.000 prüfe sie noch.

Die Berufsgenossenschaft rechnet damit, dass jeder anerkannte Fall sie im Schnitt 27.600 Euro pro Jahr kosten wird. Für diese Kosten nahm sie nach eigenen Angaben im vergangenen Jahr insgesamt 100 Millionen Euro an Beiträgen zusätzlich von ihren Mitgliedern ein. Das trug dazu bei, dass der durchschnittliche Mitgliedsbetrieb 114 Euro oder 17 Prozent mehr Jahresbeitrag zahlen musste als 2023 – das Gros der Kostensteigerung war wegen Parkinson.

Trotz Rückgang bei Infekten: „Belastung bleibt hoch“ sagen Hausärzte

Zwar gehen die Infektionszahlen zurück, doch Entwarnung geben die Hausärzte noch nicht. Die Praxen bleiben voll, und wechselhaftes Wetter sorgt weiter für Infektgefahr. Auch RS- und Rhinoviren sind weiter aktiv – Vorsicht bleibt das Gebot der Stunde.

Köln (red) – Trotz rückläufiger Fallzahlen bei akuten Atemwegserkrankungen geben die Hausärzte noch keine Entwarnung. “Die Belastung in den Praxen, vor allem durch diverse Infektfälle, ist vielerorts weiterhin sehr hoch – wenn wir auch vergleichsweise weniger Neuinfektionen beobachten als in den Wintermonaten”, sagte die Bundesvorsitzende des Hausärzteverbandes, Nicola Buhlinger-Göpfarth, der “Rheinischen Post” (Freitagausgabe).

Häufige Erreger für die typischen Erkältungskrankheiten seien auch weiterhin RS-Viren, aber auch Rhinoviren. “Eine gute Nachricht ist, dass unsere Praxen zwar weiterhin viele Grippefälle behandeln, die Zahl aber immer weiter sinkt”, sagte sie. “Aus unserer Erfahrung ein gutes Zeichen, dass wir mit hoher Wahrscheinlichkeit auf das Ende der Grippewelle zusteuern.”

Nach Ansicht von Buhlinger-Göpfarth ist aber weiterhin Vorsicht geboten. “Gerade das aktuell ja sehr wechselhafte Wetter begünstigt erfahrungsgemäß, dass Atemwegsinfekte weiterhin aktiv zirkulieren.” Sie rate daher den Patienten, bei der morgendlichen Wahl der Kleidung nicht nur an die mittägliche Sonne zu denken, sondern auch die kälteren Stunden am Morgen und am Abend im Blick zu haben. “Zudem sollte man, gerade wenn man sich viel in Innenräumen befindet, an das regelmäßige Lüften und Händewaschen denken”, sagte die Hausärzte-Verbandschefin.

Zahl der Abtreibungen in Deutschland bleibt stabil – aber Altersverteilung verschiebt sich

Wiesbaden (red) – Die Zahl der Abtreibungen in Deutschland stagniert. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) am Donnerstag mitteilte, wurden im Jahr 2024 106.000 Abtreibungen gemeldet. Damit hat sich die Zahl der Abtreibungen gegenüber dem Vorjahr mit +0,2 Prozent kaum verändert. Sie lag damit weiterhin über dem Niveau der Jahre 2014 bis 2020, als die Zahl der gemeldeten Fälle stets zwischen rund 99.000 und 101.000 gelegen hatte.

Sieben von zehn Frauen (69 Prozent), die im Jahr 2024 einen Schwangerschaftsabbruch durchführen ließen, waren zwischen 18 und 34 Jahre alt und 20 Prozent waren im Alter zwischen 35 und 39 Jahren. Neun Prozent der Frauen waren 40 Jahre und älter, drei Prozent waren jünger als 18 Jahre. 43 Prozent der Frauen hatten vor dem Schwangerschaftsabbruch noch kein Kind zur Welt gebracht.

96 Prozent der im Jahr 2024 gemeldeten Abtreibungen wurden nach der sogenannten Beratungsregelung vorgenommen. Indikationen aus medizinischen Gründen oder aufgrund von Sexualdelikten waren in vier Prozent der Fälle die Begründung für den Abbruch.
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Die meisten Schwangerschaftsabbrüche (46 Prozent) wurden mit der Absaugmethode (Vakuumaspiration) durchgeführt, bei 41 Prozent wurde das Mittel Mifegyne verwendet. Die Eingriffe erfolgten überwiegend ambulant, davon rund 85 Prozent in Arztpraxen beziehungsweise OP-Zentren und 13 Prozent ambulant im Krankenhaus.

Die meisten Abbrüche (79 Prozent) erfolgten innerhalb der ersten acht Schwangerschaftswochen, nur drei Prozent wurden nach der zwölften Schwangerschaftswoche oder später vorgenommen. Im Vergleich zum Jahr 2014 (99 700 Fälle) lag die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche im Jahr 2024 um 6,8 Prozent beziehungsweise 6.700 Fälle höher.

Bei den Altersgruppen zeigt sich eine unterschiedliche Entwicklung: Stark zurück ging die Zahl in den Altersgruppen 15 bis 17 Jahre (-13,8 Prozent oder -400 Fälle) und 20 bis 24 Jahre (-8,3 Prozent oder -1.800 Fälle). Dagegen stiegen die Abbrüche in den Altersgruppen 30 bis 34 Jahre (+12,8 Prozent oder +2.800 Fälle), 35 bis 39 Jahre (+31,2 Prozent oder +4.900 Fälle) und 40 bis 44 Jahre (+23,2 Prozent oder +1.600 Fälle) deutlich.

Teilweise ist diese Entwicklung darauf zurückzuführen, dass zeitgleich die Zahl der 15- bis 17-jährigen Frauen um 4,6 Prozent und die der Frauen im Alter von 20 bis 24 Jahren um 3,9 Prozent gesunken ist. Demgegenüber nahm die Zahl der 30- bis 34-jährigen Frauen um 6,9 Prozent und die der Frauen im Alter von 35 bis 39 Jahren um 16,9 Prozent zu.

Die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche je 10.000 Frauen ging bei den 15- bis 17-jährigen Frauen von 27 auf 24 zurück und bei den 20- bis 24-Jährigen von 96 auf 92. Bei den 30- bis 34-jährigen Frauen stieg diese Quote von 85 auf 91 und bei den 35- bis 39-Jährigen von 67 auf 75.

Lieferketten unter Druck: Arzneimittelversorgung droht sich zu verschärfen

Zölle, Abhängigkeiten, Engpässe – droht der nächste Medikamentenmangel?

Der Apothekenverband schlägt Alarm: Neue US-Zölle könnten die ohnehin angespannte Arzneimittelversorgung in Deutschland weiter verschärfen. Schon jetzt fehlen rund 500 Medikamente – und wichtige Lieferungen aus den USA sind in Gefahr.

Berlin (red) – Der Apothekenverband befürchtet, dass sich die US-Zölle auch auf die Medikamentenversorgung in Deutschland negativ auswirken können.

“Für die deutsche und europäische Pharmaindustrie sind die USA ein wichtiger Absatzmarkt”, sagte der Präsident der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA), Thomas Preis, den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Freitagausgaben). “Wenn der durch erhöhte Zölle behindert wird, kann das dazu führen, dass die Produktion in Deutschland durch mangelnde Wirtschaftlichkeit eingeschränkt wird. “Die Lieferketten seien schon seit Jahren instabil, kontinuierlich fehlten rund 500 Arzneimittel.

Gleichzeitig sei Deutschland von zahlreichen Arzneimitteln und Impfstoffen aus den USA abhängig. Die US-Zollpolitik “kann unsere Arzneimittelversorgung deshalb auch zusätzlich gefährden, wenn notwendige Arzneimittellieferungen aus den USA ausbleiben”, sagte Preis. Es sei wichtig, alles zu unternehmen, um den freien Handel mit Pharmaprodukten und Arzneimitteln zu erhalten. “Gleichzeitig ist es wichtig, einseitige Abhängigkeiten möglichst bald zu beseitigen, auch durch den Aufbau eigener Produktionsstätten für Arzneimittel und pharmazeutische Produkte.”