Innenstädte laut Studie immer unattraktiver

Deutschlands Innenstädte haben als Einkaufsort in den vergangenen Jahren deutlich an Anziehungskraft verloren, gerade bei jungen Menschen bis 30 Jahren. Das geht aus neuesten Zahlen der “Deutschlandstudie Innenstadt” hervor, wie der “Spiegel” berichtet. Demnach finden nur noch 40 Prozent der Befragten bis 30 Jahre, dass die Innenstadt ein attraktiver Einkaufsort ist, 35 Prozentpunkte weniger als noch 2015. Auch bei älteren Zielgruppen sind die Werte teils dramatisch abgerutscht.

Für die Zukunft erwarten die Studienautoren einen “Nettoverlust” bei den Innenstadtbesuchen von bis zu 32 Prozent in der Altersgruppe “65+”. Fast ein Drittel aller Befragten gibt an, Innenstädte künftig “seltener als vor der Pandemie” (26 Prozent) oder “gar nicht mehr” (44 Prozent) aufsuchen zu wollen.  Das schlägt sich in den Warengruppen nieder: Statt Büchern, Schuhen und Kleidern suchen und kaufen die Kunden in der City immer häufiger lediglich Drogerie- und Lebensmittel – Konsum, der austauschbar und leicht ersetzbar ist. Fast 85 Prozent der Befragten finden, dass in einem Zentrum derlei Produkte zu finden sein sollten.

Uhren oder Schmuck suchen dagegen nicht mal mehr ein Viertel der Kunden in der Fußgängerzone.  Ein Grund für den dramatischen Ansehensverlust der Zentren könnte in der maroden Infrastruktur liegen: Besonders häufig bemängeln Besucher die fehlenden öffentlichen Toiletten, die kurzen Öffnungszeiten am Abend sowie “fehlende hochwertige Angebote”.  Für die aktuelle “Deutschlandstudie Innenstadt” wurden bundesweit mehr als 2.400 Menschen im vergangenen Herbst sowie im Juni dieses Jahres befragt.

red

Sparkassen-Präsident: Mehrheit kann bald nicht mehr sparen

Der Großteil der Bundesbürger gerät wegen der hohen Inflation zunehmend an seine finanziellen Grenzen. “Wir rechnen damit, dass wegen der deutlichen Preissteigerung perspektivisch bis zu 60 Prozent der deutschen Haushalte ihre gesamten verfügbaren Einkünfte – oder mehr – monatlich für die reine Lebenshaltung werden einsetzen müssen”, sagte Sparkassen-Präsident Helmut Schleweis der “Welt am Sonntag”. “Dieser Teil der Bevölkerung ist dann schlicht nicht mehr sparfähig.”

Bei 40 Millionen Haushalten bundesweit wären davon also 24 Millionen Haushalte betroffen. Vor einem Jahr waren laut Sparkassen-Vermögensbarometer lediglich 15 Prozent nicht in der Lage, Geld zurückzulegen. Die Sparkassen-Gruppe selbst hat 50 Millionen Kunden.

Auch bei den Volks- und Raiffeisenbanken beobachtet man einen schrumpfenden finanziellen Spielraum der Kunden. “Die hohe Inflation entzieht den Verbrauchern Kaufkraft, dadurch sinkt die Sparfähigkeit”, sagte Andreas Martin, Vorstand des Bundesverbands der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR), der “Welt am Sonntag”. Noch profitierten viele Kunden davon, dass sie die zusätzlichen Ersparnisse, die sich während der Corona-Zeit mangels Konsummöglichkeiten ansammelten, nun wieder auflösen könnten.

“Der Spitzenwert der Sparquote lag bei rund 16 Prozent im Jahr 2020, für 2022 erwarten wir eine Rückkehr auf das Vorkrisenniveau von elf Prozent”, sagte Martin. Wobei die 772 Volks- und Raiffeisenbanken bei ihren 30 Millionen Kunden auch einen gegenteiligen Effekt sehen: “Wer kann, spart wegen der Unsicherheit rund um den Ukrainekrieg tendenziell wieder mehr”, sagte Martin. Dies zeige sich an der Entwicklung der Kundeneinlagen im ersten Halbjahr.

Genossenschaftsbanken verzeichneten bis Ende Juni eine Steigerung der Kundeneinlagen um 27 Milliarden Euro oder 3,3 Prozent auf 838 Milliarden Euro gegenüber Juni 2021. Bei den Sparkassen rechnet man insbesondere im Herbst und Winter mit einer deutlichen Verschärfung der Situation, gerade bei Beziehern kleiner und mittlerer Einkommen. Die angespannte Lage zeigt sich laut Deutschem Sparkassen- und Giroverband (DSGV), dem Spitzenverband der 363 Sparkassen, bereits bei der Überziehung des Girokontos. Wer den sogenannten Dispositionskredit nutze, um kurzfristige Engpässe zu überbrücken, der schöpfe den Rahmen im Durchschnitt inzwischen “deutlich weiter aus”, teilte der Verband mit.

Diese Entwicklung habe erkennbar im März 2022 begonnen, kurz nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine und den damit verbundenen Preissprüngen. Die Grünen fordern, die Höhe der erlaubten Dispozinsen zu begrenzen, die im Durchschnitt aktuell bei knapp zehn Prozent liegen. “Grundsätzlich halten wir Grüne es für notwendig, Dispozinsen gesetzlich zu deckeln”, sagte der Grünen-Finanzpolitiker Stefan Schmidt der “Welt am Sonntag”.

Der Zinsdeckel solle die Menschen vor ausufernden Kosten schützen. Das Bundesfinanzministerium könne eine Zinshöhe ermitteln, die über einem Referenzzinssatz liege. “Ich kann mir vorstellen, dass ein Zinssatz von sechs bis sieben Prozentpunkten über dem Referenzzinssatz diese Kriterien erfüllt und sachgerecht wäre”, sagte Schmidt.

red

Bundesregierung erwartet Zugausfälle wegen Kohle-Transport

Fahrgäste der Deutschen Bahn müssen sich auf weitere Verspätungen und Zugausfälle einstellen. Grund ist die von der Bundesregierung geplante Vorfahrt von Zügen, die Kohle, Gas oder Öl geladen haben, vor dem Personenverkehr, schreibt die “Welt” in ihrer Samstagausgabe. Bislang gilt das umgekehrte Prinzip.

In einem Entwurf für eine Verordnung der Bundesregierung zur Priorisierung der Güterzüge heißt es, die Bürger seien von den Plänen gegebenenfalls “durch den Ausfall von Schienenpersonenverkehren betroffen, die aufgrund der vorrangigen Abwicklung von Energietransporten auf der Schiene ersatzlos ausfallen beziehungsweise zeitlich verschoben werden müssen”. Die Vorlage werde in der jetzigen Form auch angesichts punktueller Vorbehalte zeitnah verabschiedet, heißt es in Regierungskreisen. Der Druck, die Kohletransporte voll auf die Schiene zu bringen, sei groß, sagte ein Regierungsmitglied der “Welt”.

Das Echo in Bahnkreisen auf die Pläne ist kritisch. “Mit dieser Verordnung soll nun geregelt werden, was längst überfällig ist, nämlich dass genug Wagen, Personal und die Kapazitäten auf dem Schienennetz für solche Transporte vorhanden sind”, kritisiert der Chef der Bahngewerkschaft EVG, Klaus-Dieter Hommel. “Auf Streckenabschnitten, die jetzt schon zu 100 Prozent ausgelastet sind, wird das mit einer Priorisierung des Güterverkehrs nichts werden”, so Hommel.

Karl-Peter Naumann, Ehrenvorsitzender des Fahrgastverbandes Pro Bahn, sagt: “Eine gesicherte Energieversorgung ist wichtig, aber einen Vorrang für Güterzüge muss man sorgfältiger planen, dafür sind entsprechende Fahrpläne auszuarbeiten.” Geringe Verspätungen einzelner Züge seien kein Problem: “Was anderes ist es, wenn Pendler wegen Kohlenzügen ihren Anschluss verpassen und eine Stunde auf den nächsten Zug warten müssen.”

red

Bundesbank erwartet Anstieg der Inflation auf zehn Prozent

Der Präsident der Deutschen Bundesbank, Joachim Nagel, erwartet einen Anstieg der Inflationsrate auf zehn Prozent. “Der Tankrabatt und das Neun-Euro-Ticket laufen aus, das dürfte die Inflationsrate um gut einen Prozentpunkt erhöhen. Die Gasumlage kommt, im Gegenzug soll die Mehrwertsteuer auf Gas gesenkt werden, was wiederum die Preise dämpft. In Summe ist in den Herbstmonaten sogar eine Inflationsrate von zehn Prozent möglich”, sagte Nagel der “Rheinischen Post” (Samstagausgabe). Er machte auch die historische Dimension deutlich: “Zweistellige Inflationsraten wurden in Deutschland das letzte Mal vor über siebzig Jahren gemessen. Im vierten Quartal 1951 waren es nach den damaligen Berechnungen elf Prozent.”

Nagel ergänzt: “Für das gesamte Jahr 2022 sehen wir die Inflationsrate in der europäisch harmonisierten Berechnung in Deutschland bei über acht Prozent.” Auch im kommenden Jahr könnte die Inflation höher ausfallen als bislang erwartet: “Das Thema Inflation wird 2023 nicht verschwinden. Lieferengpässe und geopolitische Spannungen dürften fortwirken. In unserer Juni-Projektion erwarteten wir für 2023 eine Teuerung von 4,5 Prozent. Inzwischen hat Russland seine Gaslieferungen drastisch reduziert, und die Preise für Erdgas und Elektrizität sind stärker gestiegen als erwartet. Die Wahrscheinlichkeit wächst, dass die Inflation höher ausfällt als bislang prognostiziert und wir im nächsten Jahr im Schnitt eine Sechs vor dem Komma haben”, sagte der Bundesbank-Präsident weiter.

Ob sich die Lage 2024 beruhigt, ist offen: “Der EZB-Rat ging in seiner Juni-Projektion davon aus, dass wir im Jahr 2024 im Euroraum wieder eine Inflationsrate von knapp über zwei Prozent haben werden. Die Unwägbarkeiten sind derzeit aber ausgesprochen hoch”, mahnte Nagel.

red

Gazprom will Gasfluss durch Nord Stream 1 Ende August unterbrechen

Der Gasfluss durch Nord Stream 1 wird Ende August erneut unterbrochen. Das teilte der russische Energiekonzern Gazprom am Freitag mit. Dabei gehe es angeblich erneut um Wartungsarbeiten.

Geplant ist die Auszeit demnach für den Zeitraum 31. August bis 2. September. Bereits kurz nach der planmäßigen Wartung Mitte Juli hatte Gazprom die Lieferungen durch Nord Stream 1 auf etwa zwanzig Prozent der Maximalleistung gedrosselt, zunächst angeblich, weil eine wichtige Turbine fehlte. Deutschland bestreitet das als Ursache, der Kanzler ließ sich sogar vor der Turbine fotografieren und sagte, sie könne jederzeit in Deutschland abgeholt werden.

Russland hat wiederholt vorgeschlagen, stattdessen die parallel verlaufende Pipeline Nord Stream 2 zu öffnen, die fertig gebaut ist, aber bislang keine Betriebsgenehmigung hat.

Ankündigung bringt Gaspreis auf neues Allzeithoch

Die Ankündigung des russischen Energiekonzerns Gazprom, die Lieferungen durch Nord Stream 1 Ende August für mehrere Tage zu stoppen, hat den Gaspreis im europäischen Großhandel auf ein neues Allzeithoch schießen lassen. Wenige Minuten vor Handelsschluss wurden für eine Megawattstunde (MWh) zur Lieferung im September 261 Euro bezahlt und damit mehr als jemals zuvor, rund 257 Euro blieben am Ende übrig – knapp sieben Prozent mehr als am Vortag. Solche Preise implizieren einen Verbraucherpreis von mindestens rund 34 bis 38 Cent pro Kilowattstunde (kWh) inklusive Nebenkosten, Steuern und neuer Gasumlage, sollte das Preisniveau dauerhaft so bleiben.

Für einen Durchschnittshaushalt mit etwa 12.000 Kilowattstunden Verbrauch im Jahr entstünden in diesem Fall Gas-Kosten von über 4.000 Euro, früher waren es nur etwa 700 bis 800 jährlich.

red

DP-Vize Kubicki fordert Öffnung von Nord Stream 2

FDP-Vize Wolfgang Kubicki fordert die Öffnung von Nord Stream 2. “Der Bundeswirtschaftsminister muss alles dafür tun, dass wir mehr Energie zur Verfügung haben”, sagte Kubicki dem “Redaktionsnetzwerk Deutschland” (Freitagausgaben). “Wir sollten Nord Stream 2 jetzt schleunigst öffnen, um unsere Gasspeicher für den Winter zu füllen”, verlangte er. Kubicki sagte, es gebe “keinen vernünftigen Grund, Nord Stream 2 nicht zu öffnen”.

Wenn Putin dann doch nicht mehr Gas liefere, habe Deutschland auch nichts verloren. “Kommt auf diesem Weg mehr Gas bei uns an, vielleicht sogar die komplette vertraglich zugesicherte Menge, wird das helfen, dass Menschen im Winter nicht frieren müssen und unsere Industrie nicht schweren Schaden nimmt”, argumentiert der stellvertretende FDP-Vorsitzende. “Dafür zu sorgen, ist jetzt die oberste Pflicht der Bundesregierung.”

Deutschland bleibe fest an der Seite der Ukraine, daran ändere sich nichts, so Kubicki. “Dass wir uns aus Russland Gas liefern lassen, wird doch nicht besser oder schlechter, weil es aus der einen oder der anderen Pipeline kommt”, sagte er. “Gas aus Nord Stream 2 ist nicht unmoralischer als aus Nord Stream 1. Es ist nur eine andere Röhre.”

Mit Blick auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin sagte Kubicki: “Putin darf keinen Vorwand haben, uns am langen Arm verhungern zu lassen.” Der FDP-Politiker ergänzte: “Wenn er es trotzdem bei offener Pipeline tut, dann wird er offen sagen müssen: `Ich will dem deutschen Volk schaden.`”

red

Weitere Unternehmen hinter Gasumlage bekannt geworden

Neben Uniper, EnBW und EWE haben laut eines Medienberichts auch der Importeur Sefe (ehemals Gazprom Germania), die österreichische OMV und das Schweizer Energiehandelsunternehmen Axpo Mehrkosten über die Gas-Umlage geltend gemacht – oder ihre Tochterunternehmen. Das “Handelsblatt” (Freitagausgabe) schreibt in seiner Freitagsausgabe, die entsprechenden Unternehmen hätten dies auf Anfrage bestätigt. Auch der niederländisch-schweizerische Rohstoffhändler Vitol und sein Schweizer Wettbewerber Gunvor sollen laut Insidern angeblich auf der Liste stehen.

Vitol wollte sich laut Bericht des “Handelsblatts” nicht dazu äußern. Gunvor hingegen bestätigte laut des Berichts auf Anfrage, dass man Gas nach Deutschland importiert. Der Energiekonzern RWE hat sich zwar ebenfalls listen lassen, will die Umlage laut eigener Aussage aber nicht in Anspruch nehmen.

Von den insgesamt 12 Gaskonzernen, die das staatliche Umlage-System mit 34 Milliarden Euro unterstützen soll, sind laut des “Handelsblatt”-Berichtes die wenigsten auf staatliche Hilfe angewiesen. Außer dem Düsseldorfer Importeur Uniper, der sogar Staatshilfe beantragen musste und Sefe und der ehemaligen Gazprom-Tochter Gazprom Germania, die aktuell von der Bundesnetzagentur in Treuhänderschaft verwaltet wird, stünden die Unternehmen bei einem Blick auf die Zahlen angeblich “gut da”, schreibt die Zeitung. Laut eines früheren Berichtes der “Rheinischen Post” sehen das die Unternehmen das teilweise anders, oder es ist ihnen egal: “Für das vierte Quartal 2022 haben wir die für diesen Zeitraum um mehr als das Zehnfache der vertraglichen Beschaffungskosten liegenden Mehrkosten bei Trading Hub Europe angemeldet”, sagte der Ewe-Sprecher der Zeitung.

Eine EnBW-Sprecherin sagte derselben Zeitung, die EnBW-Tochter VNG sei vom Ausfall der russischen Gaslieferungen betroffen, daher werde man die Umlage in Anspruch nehmen. Alle Firmen hinter der Gasumlage sind immer noch nicht bekannt: “Die Namen der entsprechenden Unternehmen können wir vor dem Hintergrund der Wahrung von Geschäftsgeheimnissen der entsprechenden Unternehmen nicht bereitstellen”, sagte eine Sprecherin des Marktkoordinators “Trading Hub Europe” (THE) am Montag der dts Nachrichtenagentur. Zuvor war Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) in einer Pressekonferenz von mehreren Journalisten auf konkrete Angaben zu den teilnehmenden Unternehmen angesprochen worden, hatte die Fragen jedoch weitgehend ignoriert.

Die Namen seien “kein Geheimnis”, sagte Habeck, ohne sie dann jedoch zu nennen. Auch seine Pressestelle reagierte, wie es beim Wirtschaftsministerium sehr oft vorkommt, auf Nachfragen nicht. “Die Bundesregierung hat eindeutig formuliert, dass sie mit der Gasumlage Insolvenzen verhindern will, die Absicherung von Gewinnen auf Kosten der Verbraucher aber ausgeschlossen werden soll”, sagte Ramona Pop, Vorsitzende des Bundesverbandes Verbraucherzentrale (VZBV), dem “Handelsblatt” (Freitagausgabe).

Deswegen sei es dringend geboten, dass allen Unternehmen, “die trotz sprudelnder Gewinne von der Umlage profitieren wollen, keine Unterstützung gewährt wird”. Es dürfe nicht sein, dass Verbraucher die Gewinne und Dividenden von Unternehmen finanzieren, beklagte VZBV-Chefin Pop. Das würde Sinn und Zweck der Umlage auf den Kopf stellen “und das Vertrauen in das Krisenmanagement der Bundesregierung schwer erschüttern”.

red

Mehrwertsteuer auf Gas wird auf 7 Prozent gesenkt

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat eine Reduzierung der Mehrwertsteuer auf Gas angekündigt. Die Bundesregierung habe entschieden, die Mehrwertsteuer auf den Gasverbrauch zeitlich befristet auf sieben Prozent abzusenken, sagte er am Donnerstagmittag in Berlin. Der ermäßigte Satz werde so lange gelten, wie die Gasumlage erhoben wird – also bis zum 31. März 2024. Damit entlaste man die Gaskunden im Vergleich zur Mehrbelastung, die durch Umlagen entstehe, insgesamt “deutlich stärker”.

“Wir erwarten von den Unternehmen, dass sie diese Senkung eins zu eins an die Verbraucher weitergeben”, so Scholz. Erst am Montag war bekannt geworden, dass die ab Oktober geplante Gasumlage 2,419 Cent pro Kilowattstunde betragen soll. Durch Lieferkürzungen Russlands in Schieflage geratene Gasimporteure sollen damit stabilisiert werden.

Ursprünglich wollte die Bundesregierung bei der Umlage auf eine Erhebung der Mehrwertsteuer verzichten, dies wurde vonseiten der EU aber abgelehnt. Die Senkung der Mehrwertsteuer auf den Verbrauch insgesamt war von Brüssel aber als eine der möglichen Alternativen genannt worden.

Lob und Kritik für Mehrwertsteuersenkung auf Gas

Die geplante Senkung der Mehrwertsteuer auf Gas von 19 auf 7 Prozent ist auf Lob, aber auch Kritik gestoßen. Die Reduzierung werde vielen Menschen im Land “sehr stark” helfen können, sagte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Erdgas, Erdöl und Geoenergie, Ludwig Möhring, dem Fernsehsender “Welt”. Sie sorge dafür, die Gasumlage nicht zu “harten zusätzlichen Belastungen” für die Bürger führe.

Möhring erwartet zudem, dass die Energieversorger die Senkung tatsächlich an die Verbraucher weitergegeben werden. “Ich glaube, dafür ist auch die Aufmerksamkeit hier im Land zu hoch, entsprechend wird natürlich das auch richtig einzupreisen sein.” Die allermeisten Stadtwerke und Energieversorger wiesen ohnehin die jeweiligen Steuern ausdrücklich in ihren Rechnungen auf.

“Da sind sie gut beraten, das auch weiterzumachen.” Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) sieht die Maßnahme unterdessen als ersten Schritt, um die Bürger “spürbar zu entlasten”, wie der Stadtwerkeverband den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Freitagsausgaben) mitteilte. Weitere Entlastungen müssten aber folgen.

Kritisch zur Mehrwertsteuersenkung äußerte sich unterdessen die Wirtschaftsweise Veronika Grimm. “Verglichen mit den dann zu erwartenden Preissteigerungen ist das ein Tröpfchen auf den heißen Stein”, sagte sie dem “Handelsblatt” (Freitagsausgabe). Es brauche darüber hinaus Entlastungen bis in die Mitte der Gesellschaft.

“Nur fehlen jetzt Einnahmen aus der Mehrwertsteuer, die zur Finanzierung beitragen könnten”, so Grimm. Es sei nicht plausibel, dass auch Menschen, die es sich leisten könnten, von der Mehrwertsteuer entlastet würden. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte die Steuersenkung am Donnerstagmittag angekündigt.

Die Regierung reagierte damit auch darauf, dass sie die neue Gasumlage nicht steuerlich befreien kann. Es sei gut, dass der Staat nicht an der Gasumlage verdienen will, sagte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer dem “Handelsblatt”. “Allerdings hätte er größere Anreiz zum Gassparen geschaffen, wenn er die Bürger nicht über den Gaspreis, sondern über direkte Zahlungen entlastet hätte.”

Laut Krämer wird der Gaspreis durch die Steuersenkung um knapp einen Cent sinken. “Dadurch wird die Inflation schätzungsweise um knapp 0,3 Prozentpunkte niedriger ausfallen.” Mit dem Energieexperten des RWI-Leibniz-Institutes, Manuel Frondel, sieht ein weiterer Wissenschaftler die geplante Senkung der Mehrwertsteuer auf Gas kritisch.

“Die Mehrwertsteuer sollte in voller Höher erhoben werden, um die ökologische Lenkungswirkung der Gasumlage zu maximieren und uns unabhängiger von russischem Gas zu machen”, sagte Frondel der “Rheinischen Post” (Freitagsausgabe). “Soziale Härten sollten durch die Steuermehreinnahmen abgefedert werden, indem damit einkommensschwache Haushalte gezielt unterstützt werden.” Eine Senkung der Mehrwertsteuer auf sieben Prozent käme hingegen allen Verbrauchern, auch den einkommensstarken, zugute.

red

US-Präsident Biden unterschreibt 750-Milliarden-Dollar-Paket gegen Inflation

US-Präsident Joe Biden hat ein Gesetz unterzeichnet, das mit 750 Milliarden US-Dollar gegen die Inflation und einige andere Herausforderungen helfen soll. “Das Inflationsminderungsgesetz wird dazu beitragen, Geld für verschreibungspflichtige Medikamente zu sparen, Gesundheitsprämien zu senken, Energiekosten zu senken, aggressive Maßnahmen gegen das Klima zu ergreifen und große Unternehmen dazu zu bringen, ihren gerechten Anteil an Steuern zu zahlen”, teilte der Demokrat am Dienstagnachmittag (Ortszeit) mit. Die Regelung gilt als großer Erfolg und Meilenstein seiner Regierung vor den nahenden Zwischenwahlen.

“Wir haben es geschafft”, schrieb der US-Präsident auf Twitter.

red

DIW: Arbeitszeit erhöht Ungleichheit in Deutschland

Die Kluft zwischen Arm und Reich in Deutschland wächst wegen unerfüllter Arbeitszeitwünsche. Die Bruttoeinkommen der Beschäftigten sind seit 1993 um die Hälfte ungleicher geworden, so eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), über die die “Süddeutsche Zeitung” (Mittwochausgabe) berichtet. Der Anstieg wäre demnach nur etwa halb so stark, wenn Beschäftigte ihre Arbeitszeit stärker selbst bestimmen könnten.

So sind die 20 Prozent mit den höchsten Einkommen aktuell im Schnitt 38 Stunden die Woche tätig – drei Stunden mehr, als sie laut Befragungen wollen. Dabei spielen Überstunden eine große Rolle. Die 20 Prozent mit den niedrigsten Einkommen würden dagegen oft gerne länger tätig sein – und entsprechend mehr verdienen.

Besonders auffällig ist das bei bestimmten Gruppen: So arbeiten Berufsanfänger und Wiedereinsteiger vier Stunden kürzer als gewünscht, Mütter zwei Stunden. Bemerkenswert ist auch, dass die 20 Prozent Wenigverdiener heute im Schnitt zehn Stunden weniger pro Woche arbeiten als vor 30 Jahren. Die Wissenschaftler sehen mehrere Ursachen.

So sei seit den 1990er-Jahren der Einfluss der Gewerkschaften geschwunden. Heute zahlen nur noch etwa halb so viele Firmen nach Tariflohn wie damals. Damit fehlt Wenigverdienern die Unterstützung, bei den Firmen gewünschte Arbeitszeiten durchzusetzen.

Auch schwächten die Hartz-IV-Reformen die Verhandlungsposition von Niedriglöhnern. Auffällig ist auch, dass die Arbeitszeiten von Wenigverdienern parallel mit der Ausweitung der Minijobs gefallen sind. “Dass Mütter häufig beruflich unterbeschäftigt sind, deutet darauf hin, dass die mangelnde Vereinbarkeit von Familie und Beruf nach wie vor ihre beruflichen Perspektiven und Karrierewege einschränkt”, so DIW-Forscher Carsten Schröder.

red