Bundesländer debattieren über Vorschlag zur Einführung von Leistungsprämien für Lehrkräfte

Der Vorschlag von Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP), neue Lehrkräfte mit Prämien anzulocken, stößt in den Ampel-Fraktionen auf ein geteiltes Echo. In der FDP-Fraktion gibt es Rückhalt für diese Idee: “Auch für Lehrkräfte sollte sich gute Leistung auszahlen. Leistungsgerechte Vergütung steigert die Attraktivität des Berufes und die Qualität des Unterrichts”, sagte die bildungspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion Ria Schröder der “Welt” (Montagausgabe).

Ablehnend äußerte sich hingegen Kai Gehring (Grüne), Vorsitzender des Bildungsausschusses im Bundestag: “Die Bezahlung von Lehrkräften hierzulande ist im internationalen Vergleich sehr gut und Leistungsprämien werfen zahlreiche ungelöste Fragen auf – von Kriterien und Messung über Rolle der Schulleitung bis zu Folgen für Kollegien -, darum rate ich Bund, Ländern und Kommunen, sich auf die Verbesserung der Arbeitsbedingungen zu fokussieren.” Kritisch reagierte auch Unionsfraktionsvizin Nadine Schön (CDU): “Bisher kenne ich als einzigen Vorschlag zu den Problemen unseres Bildungssystems Leistungsprämien für Lehrkräfte. Das aber ist originäre Ländersache und lenkt nur von den wahren Problemen und Verantwortlichkeiten ab.”

Grundsätzlich soll nach den Vorstellungen der Ampel-Fraktionen beim Bildungsgipfel am kommenden Dienstag die Zusammenarbeit im Föderalismus verbessert werden. “Wir brauchen zwischen Bund und Ländern ein Kooperationsgebot statt eines Kooperationsverbots. Alle Akteure müssen eng zusammenarbeiten können, um die Herausforderungen des Bildungswesens anzugehen. So sind vor allem bundesweit einheitliche Qualitätsstandards essentiell”, erklärte FDP-Bildungsexpertin Schröder. Gleichzeitig brauche es “eine Kompetenzverlagerung an die Schulen vor Ort. Diese brauchen Entscheidungsfreiheit und Ressourcen, um nicht bei jedem neuen Tablet in Bürokratie zu ersticken”.

Schröder forderte verpflichtende Fortbildungen für das digitale “Update” im Klassenzimmer. Zudem bräuchten Schulen für Administration und Fehlerbehebung bei digitalen Endgeräten IT-Fachkräfte. Lehrkräfte müssten von Bürokratie befreit und durch multiprofessionelle Teams unterstützt werden.

SPD-Fraktionsvize Sönke Rix verlangte vom Gipfel nicht weniger als einen “Aufbruch” für Schulen in benachteiligter Lage, den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung, den Digitalpakt 2.0 und den Pakt für die Berufsschulen sowie für die vereinbarte ständige Arbeitsgruppe von Bund, Ländern und Kommunen. “Ich hoffe sehr, dass der Bildungsgipfel nicht bloß eine reine PR-Veranstaltung wird, sondern die Ministerin konkrete Finanzzusagen für diese Vorhaben mitbringt”, so Rix. Grünen-Parlamentarier Gehring forderte eine “Übereinkunft für eine neue, gesamtstaatliche bildungspolitische Kraftanstrengung”.

Seiner Ansicht nach müsse der Bildungsföderalismus “kooperativer und zielgerichteter” ausgestaltet werden. Christdemokratin Schön bezeichnete den Gipfel als “blanken Hohn”. Sprechen könne man “allenfalls von einem unverbindlichen Treffen an der Talstation, um gemütlich über den Aufgabenberg zu reden”.

Im Vorfeld seien keine klaren Ziele formuliert worden. “Es gibt weder ein klares Agendasetting, noch erwarte ich am Dienstag Lösungen für die mannigfaltigen Herausforderungen des Bildungssystems”, so Schön. Linke-Fraktionsvizin Nicole Gohlke beklagte “markige Sprüche”, stattdessen brauche man “zackiges” Handeln.

“Schicke Ziele zu setzen, um deren Umsetzung wieder ein ewiges Gezeter zwischen Bund und Ländern ausbricht, können wir uns nicht leisten. Diese Zeit hat das Bildungssystem nicht mehr, wenn wir das Ruder noch herumreißen wollen”, so Gohlke. Auch in der AfD-Fraktion überwiegt die Skepsis.

“Ohne eine Einstellungs- und Sanierungsoffensive, brauchen wir über Digitalisierung gar nicht erst zu reden. Bund und Länder müssen hier gemeinsam in die Schatullen greifen, statt sich weiter gegenseitig den Schwarzen Peter zuzuschieben”, sagte deren schulpolitischer Sprecher Götz Frömming.

red

Historischer Tarifabschluss: Deutsche Post erhöht Löhne um bis zu 16,1 Prozent

Die Deutsche Post und die Gewerkschaft Verdi haben sich nach zähen Verhandlungen auf einen neuen Tarifvertrag für die rund 160.000 Beschäftigten geeinigt. Das teilten beide Seiten am Samstagnachmittag mit. Die Vereinbarung sieht unter anderem deutliche Lohnerhöhungen vor.

Zunächst sollen Mitarbeiter und Auszubildende eine Sonderzahlung zum Inflationsausgleich von insgesamt 3.000 Euro über 15 Monate erhalten. Konkret soll es eine Einmalzahlung von 1.020 Euro netto im April und dann monatlich von 180 Euro netto von Mai 2023 bis März 2024 geben. Zusätzlich werden die monatlichen Grundentgelte der Tarifbeschäftigten, Auszubildenden und Studenten ab dem 1. April 2024 um 340 Euro erhöht.

Das entspricht laut Verdi in den unteren drei Entgeltgruppen einer Erhöhung von 16,1 bis elf Prozent. Der neue Tarifvertrag soll eine Laufzeit bis zum 31. Dezember 2024 haben. Mit dem Tarifabschluss wurden weitere Streiks verhindert.

Diese hatten gedroht, nachdem zuletzt in einer Urabstimmung die klare Mehrheit der Beschäftigten für unbefristete Arbeitsniederlegungen votiert hatte. Zugleich waren aber neue Verhandlungen vereinbart worden, die jetzt zu einem Ergebnis führten. Als Nächstes wird die Gewerkschaft nun eine Urabstimmung der Verdi-Mitglieder des Unternehmens über das Tarifergebnis einleiten.

red

Mieten und Kaufen immer unbezahlbarer: Studie belegt extreme Belastung von Mietern und Käufern

Die Belastungsquote von Mietern sowie von Käufern einer Eigentumswohnung ist im vergangenen Jahr drastisch gestiegen. Das geht aus einer Marktanalyse des auf Immobilientransaktionen spezialisierten Beratungsunternehmens Lübke Kelber hervor, über die die Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Samstagausgaben) berichten. Laut des “Rendite-Risiko-Rankings” hätten Mieter im Jahr 2022 im Durchschnitt 28,3 Prozent ihres Haushaltseinkommens für das Wohnen aufbringen – 2021 waren es noch 3,8 Prozentpunkte weniger.

Noch deutlicher fallen demnach die Belastungen für Immobilienkäufer aus. Wer eine 3-Zimmer-Wohnung mit 70 Quadratmetern bei 5,0 Prozent Annuität und 1,5 Prozent Tilgung vollfinanziert, musste dafür im Schnitt im Jahr 2021 noch 28,2 Prozent seines Haushaltseinkommens aufbringen. Die Zinswende im vergangenen Jahr sorgte laut der Analyse dafür, dass die Belastungsquote auf 40,8 Prozent in die Höhe schoss.

Bei einer 80-prozentigen Finanzierung stieg demnach die Belastungsquote von 24,5 Prozent auf 35,4 Prozent. Für das jährlich erscheinende Rendite-Risiko-Ranking hatte Lübke Kelber die Wohnungsmärkte von 111 deutschen Städten analysiert.

red

Wegwerfgesellschaft ade: EU plant Recht auf Reparatur für Verbraucher

Verbraucher sollen künftig ein Recht auf Reparatur erhalten, das in der gesamten Europäischen Union gilt. Die EU-Kommission will am 22. März einen entsprechenden Gesetzesvorschlag vorlegen, berichtet die “Welt am Sonntag” unter Berufung auf Kreise in der EU-Kommission, die mit dem Gesetzesvorhaben vertraut seien. Künftig sollen demnach Hersteller und Händler von Neuwaren dazu verpflichtet werden, Reparaturen auch nach Ende der allgemeinen Gewährleistungsfrist von zwei Jahren anzubieten und dementsprechend auch Ersatzteile vorzuhalten.

Außerdem sollen die Preise für Reparaturen sinken. Zu diesem Zweck soll eine sogenannte Informationsplattform für Reparaturen eingerichtet werden, wo sich Verbraucher über Dienstleister von Reparaturen, die sich bestimmten Qualitätsstandards verpflichten, und deren Preise informieren können. Die neue Plattform für Reparaturen soll laut Plan der EU-Kommission insgesamt zu mehr Transparenz und Wettbewerb bei den Preisen für Reparaturen führen.

“In den vergangenen Jahren war häufig der automatische Neukauf von Produkten der einfachste Weg für Verkäufer und Hersteller. Dieses Geschäftsmodell begünstigt aber ein hohes Abfallaufkommen und widerspricht dem Prinzip der Nachhaltigkeit”, sagte der zuständige EU-Justizkommissar Didier Reynders der “Welt am Sonntag”. “Wir wissen aber, dass sich die meisten Europäer verpflichtet fühlen, im Sinne einer grünen Transformation zu handeln. Darum hat die EU daran gearbeitet, den Verbrauchern effektive Möglichkeiten zu verschaffen, dass ihre Waren repariert werden. Wir möchten, dass Reparaturen zum neuen Normal werden”, so Reynders weiter. Der frühere belgische Außen- und Finanzminister fügte hinzu: “Verbraucher sollen die Wahl erhalten, Waren reparieren zu lassen, entweder vom Hersteller, für den neue Verpflichtungen gelten werden, oder von unabhängigen Reparatur-Dienstleistern, die sichtbarer und einfacher zugänglich werden.”

Ziel des neuen Vorschlags ist laut EU-Kommission, die Verbraucherrechte zu stärken und gleichzeitig ein Zeichen gegen die sogenannte Wegwerfgesellschaft zu setzen. Es geht darum, die Lebensdauer von Produkten spürbar zu verlängern und damit auch Ressourcen zu sparen. Nach Angaben der EU-Kommission fallen durch Waren, die in den meisten Fällen noch repariert werden könnten, aber letztlich doch durch ein neues Produkt ersetzt werden, 35 Millionen Tonnen unnötiger Müll pro Jahr an.

Hintergrund: Auch im Koalitionsvertrag (2021-2025) der Ampelkoalition wurde vereinbart, die Lebensdauer von Produkten zu verlängern. Dort heißt es wörtlich: “Die Lebensdauer und die Reparierbarkeit eines Produkts machen wir zum erkennbaren Merkmal der Produkteigenschaft (Recht auf Reparatur)”. Konkrete Schritte wurden aber noch nicht eingeleitet.

red

Kostenexplosion durch Verbot: Neue Öl- und Gasheizungsregelung kostet eine Billion Euro

Die von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) geplante Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) und das damit geplante Verbot von Öl- und Gasheizungen wird die Bundesbürger in den nächsten 20 Jahren insgesamt rund eine Billion Euro kosten. Zu diesem Ergebnis kommt das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) in Essen. Der “Bild” (Freitagausgabe) sagte RWI-Umweltexperte Manual Frondel, Grund seien die unter anderem hohen Kosten für den Einbau neuer Wärmepumpen oder Biomasse-Kessel.

Frondel dämpfte zugleich die Hoffnung vieler Eigentümer und Mieter auf massive finanzielle Unterstützung durch den Staat. “Die Hoffnung auf massive staatliche Unterstützung ist falsch. Der Bundeshaushalt hat nur begrenzte Kapazitäten”, sagte er.

Habeck selbst lässt die Kosten für die Bürger durch die GEG-Novelle offen, schreibt “Bild” weiter. In seinem Gesetzentwurf, der am vergangenen Dienstag in die Ressortabstimmung ging, wird der “Erfüllungsaufwand” nicht beziffert.

red

Streikrecht als Freiheitsrecht: Gewerkschaften und Arbeitgeber im Konflikt

Der Streit über eine mögliche Beschränkung des Streikrechts geht weiter. “Das Recht zu streiken, ist ein vom Grundgesetz geschütztes Freiheitsrecht”, sagte die Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB), Yasmin Fahimi, der “Rheinischen Post”. Damit spiele man nicht.

“Wer jetzt das Streikrecht einschränken will, weil ihm die Tarifforderungen der Gewerkschaften nicht gefallen, der will in Wahrheit die Beschäftigten mundtot machen.” Auch wenn Arbeitgeber und Teile der Union jetzt wieder Stimmung machten, würden die Arbeitsniederlegungen schon heute “mit Bedacht” geplant. “In besonders sensiblen Bereichen, etwa in Krankenhäusern oder in Sicherheitsbereichen, gelten Notdienstvereinbarungen, die einen Mindestbetrieb sicherstellen.”

Die DGB-Chefin verteidigte die aktuellen Warnstreiks von Verdi: “Gerade jetzt, in Zeiten von Rekord-Inflationsraten, sind die Verhandlungen schwierig. Tarifverhandlungen ohne ernsthaftes Streikrecht wären eine Farce. Es geht bei den aktuellen Streiks darum, die Arbeitgeber wieder zurück an den Verhandlungstisch zu bekommen – mit ernsthaften Angeboten.”

Der Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbands Gesamtmetall, Oliver Zander, pochte unterdessen auf eine Regelung des Streikrechts. “Eine gesetzliche Regelung des richterrechtlichen Arbeitskampfrechts ist leider überfällig geworden, seitdem die Arbeitskämpfe von einzelnen Gewerkschaften immer stärker zur Mitgliederwerbung missbraucht werden”, sagte Zander der “Rheinischen Post”. Dafür seien Arbeitskämpfe nicht gedacht.

Gerade in der sogenannten Daseinsvorsorge wie beim Nahverkehr oder bei den Kitas sollte es eine “obligatorische Schlichtung” geben, bevor die Bürger “unter Arbeitskämpfen zu leiden haben”. Er mahnte: “Das Recht, einen Arbeitskampf zu führen, ist ein hohes Gut, aber natürlich nicht grenzenlos.” Ablehnend äußerte sich NRW-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) zu einer möglichen Begrenzung des Streikrechts: “Die kritische Infrastruktur hat natürlich eine wichtige Bedeutung für das Gemeinwesen. Ich wäre bei Eingriffen ins Streikrecht jedoch äußerst zurückhaltend und finde, dass am Streikrecht grundsätzlich nicht gerüttelt werden sollte”, sagte Laumann der “Rheinischen Post”. Das Recht zu streiken sei im Grundgesetz verankert. “Es handelt sich also um ein Grundrecht und damit ein sehr hohes Gut. Für Arbeitnehmer ist der Streik ein wichtiges Element, um sich für bessere Arbeitsbedingungen, zum Beispiel höhere Löhne, einzusetzen.”

red

Millionen Haushalte betroffen: EU plant schärfere Energieeffizienz-Richtlinien für Gebäude

Die vom EU-Parlament geplanten schärferen Energieeffizienz-Richtlinien für Gebäude werden wohl insgesamt fast neun Millionen Haushalte betreffen. Das sind deutlich mehr als bisher erwartet, berichtet die “Bild”. Demnach gibt es aktuell rund drei Millionen Mietwohnungen in den niedrigsten Energieeffizienzklassen F, G und H. Außerdem gibt es rund 550.000 in diesen drei Klassen sowie 5,3 Millionen Eigenheime.

Die Zeitung beruft sich auf Zahlen des Eigentümerverbands Haus & Grund. Das EU-Parlament will am kommenden Dienstag eine Verschärfung der Energieeffizienz-Richtlinien beschließen, wonach bis spätestens 2033 alle Wohnungen und Gebäude mit den Energieeffizienzklassen F, G und H die Klasse D erreichen müssen.

red

Verdi-Mitglieder der Deutschen Post stimmen für unbefristeten Streik: Arbeitgeberangebot abgelehnt

Im Tarifstreit mit der Deutschen Post haben sich die dort angestellten Verdi-Mitglieder für einen unbefristeten Streik ausgesprochen. In einer Urabstimmung votierten 85,9 Prozent gegen das Arbeitgeberangebot und für Arbeitsniederlegungen, wie die Gewerkschaft am Donnerstagnachmittag mitteilte. Damit wurde das notwendige Quorum von 75 Prozent übertroffen.

Die Gewerkschaft teilte weiter mit, dass die Tarifverhandlungen am Freitag fortgesetzt werden sollen. Einer entsprechenden Forderung der Deutschen Post komme man nach, sagte Verdi-Verhandlungsführerin Andrea Kocsis. Das Unternehmen stehe jetzt in der Verantwortung, “durch eine deutliche materielle Verbesserung des abgelehnten Angebots einen unbefristeten Streik abzuwenden”.

Verdi fordert für die Tarifbeschäftigten bei der Post eine Entgelterhöhung von 15 Prozent bei einer Laufzeit des Tarifvertrages von zwölf Monaten.

red

Verdi-Streiks im öffentlichen Dienst drohen: Tarifexperte sieht gut gefüllte Streikkasse

Bürger müssen sich auf weitere Streiks im öffentlichen Dienst einstellen. Der Tarifexperte des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Hagen Lesch, hält die Streikkasse von Verdi für gut gefüllt: “Seit etwa zehn Jahren werden acht Prozent der Einnahmen in den Streikfonds abgeführt. Jährlich fließen also etwa 40 Millionen Euro in den Streikfonds”, sagte Lesch der “Rheinischen Post” (Donnerstag).

“Die Streikkasse mag zwar gut gefüllt sein, leert sich aber auch ganz schnell, wenn Verdi den Bogen überspannt.”

red

Umfrage: Streiks in Energie-, Bahn- und Flugverkehr sollen nur nach Schlichtungsverfahren erlaubt sein

Eine Mehrheit der Bundesbürger spricht sich für eine Einschränkung des Streikrechts im Bereich kritischer Infrastrukturen wie bei Bahnen, im Flugverkehr oder bei der Energie- und Wasserversorgung aus. Das ist das Ergebnis einer Umfrage von Insa, die das Marktforschungsinstitut im Auftrag des Wirtschaftsflügels der CDU erhoben hat und über die die “Welt” berichtet. Danach votieren insgesamt und unabhängig von der politischen Präferenz 59 Prozent der Anfang März Befragten dafür, dass Streiks in den genannten Bereichen nur noch nach einem vorangegangenen Schlichtungsverfahren und einer Vorankündigung von mindestens vier Tagen durchgeführt werden dürfen – beziehungsweise durchgängig untersagt sein sollten.

Vor allem die Befragten, die angegeben hatten, bei der nächsten Bundestagswahl für die Unionsparteien oder die Grünen stimmen zu wollen, unterstützen Einschränkungen des Streikrechts. 53 Prozent der Grünen-Anhänger halten es laut dieser Umfrage für richtig, eine Schlichtung und besagte Vorankündigung zur Bedingung für legale Arbeitskämpfe zu machen. Bei den der Union Nahestehenden sind es demnach 45 Prozent.

Fast ein Drittel der Anhänger von CDU und CSU (30 Prozent) ist sogar für ein vollständiges Verbot von Arbeitsniederlegungen im Bereich der kritischen Infrastrukturen; bei potenziellen Wählern der Grünen sind es 13 Prozent. Insgesamt will ein knappes Viertel aller Umfrageteilnehmer das Streikrecht unberührt lassen. “Niemand will Streiks verbieten – in keinem Bereich. Aber bei Energieversorgung, Rettungsdiensten, Bahn oder Flughäfen muss Streik das letzte Mittel sein”, sagte die Vorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) der CDU, Gitta Connemann, der “Welt”. “Die Umfrage zeigt klar: Die Menschen in diesem Land wollen nicht in Mithaftung genommen werden. Bei kritischer Infrastruktur, wo ohne Vorwarnung Abertausende Unbeteiligte betroffen sind, muss für mehr Fairness gesorgt werden. Kritische Infrastrukturen brauchen einen besseren Schutz vor willkürlichen Arbeitsaussetzungen.” Die MIT fordere daher an neuralgischen Punkten wie Bahnhöfen, im Gesundheitswesen, in der Energieversorgung oder an Flughäfen einen Streik-Vorlauf von vier Tagen und ein vorher abgeschlossenes Schlichtungsverfahren, so Connemann. Damit stößt die CDU-Politikerin bei Gewerkschaften auf Ablehnung.

“Jetzt fordern genau jene in der CDU eine Beschneidung des Streikrechts im öffentlichen Verkehrssektor, die sich Anfang der 1990er-Jahre für eine Privatisierung der Deutschen Bahn starkgemacht und damit für ein Ende der Beamtenlaufbahn im Schienenverkehr gesorgt hatten”, sagte der Vorsitzende der Lokführer-Gewerkschaft GDL, Claus Weselsky, der “Welt”. Hier folge ein Fehler auf den nächsten. “Aber wir werden nicht zulassen, dass von ein paar wild gewordenen Wirtschaftsvertretern der CDU ein Grundrecht wie das Streikrecht eingeschränkt wird.”

red