Nach Angriff Russlands: Gaspreis geht durch die Decke

Der Gaspreis ist am Donnerstagmorgen zu Handelsbeginn um 30 Prozent nach oben geschnellt. Eine Megawattstunde (MWh) zur Lieferung im März kostet in Europa derzeit 114 Euro und damit rund 25 Euro mehr als am Vortag. Zuletzt war der Gaspreis um die Weihnachtsfeiertage so hoch.

Seit Beginn der Woche hat der Gaspreis rund 60 Prozent zugelegt. Ein Gaspreis von 114 Euro pro Megawattstunde impliziert inklusive Nebenkosten und Steuern einen Verbraucherpreis von rund 20 Cent pro Kilowattstunde. Im US-Handel sprang der Gaspreis Stand Donnerstagmorgen deutscher Zeit ebenfalls nach oben, allerdings nur um rund sechs Prozent auf 4,90 US-Dollar pro MMBtu.

Das entspricht nur knapp 15 Euro pro Megawattstunde (MWh). Nach der Eskalation des Russland-Ukraine-Konflikts werden weitere Auswirkungen auf den Gasmarkt erwartet. Die EU-Kommission hatte nach dem russischen Angriff bereits neue Sanktionen gegen die Ukraine angekündigt, wobei unter anderem der Zugang russischer Banken zu den europäischen Finanzmärkten gestoppt werden soll.

Zudem dürften russische Energieunternehmen betroffen sein.

red / dts

Ölpreis steigt erstmals seit 2014 auf über 100 Dollar

Der Ölpreis ist erstmals seit 2014 wieder über die psychologisch wichtige Marke von 100 US-Dollar geklettert. Ein Fass der Nordsee-Sorte Brent kostete am Donnerstagmorgen gegen 7 Uhr deutscher Zeit 101,88 US-Dollar, das waren 5,2 Prozent mehr als am Schluss des vorherigen Handelstags. Der Russland-Ukraine-Konflikt hatte die Ölpreise schon in den vergangenen Tagen in die Höhe getrieben.

Der Angriff Russlands auf die Ukraine sorgte jetzt für weitere Schocks. Russland ist eines der wichtigsten Ölförderländer der Welt. Nach der Eskalation wachsen die Befürchtungen, dass es zu einer Angebotsverknappung kommen könnte.

red / dts

Deutsche Auto-Exporte 2021 unter Vorkrisenniveau

Chipmangel und weitere Lieferengpässe haben der deutschen Automobilindustrie im Jahr 2021 zugesetzt – mit Auswirkungen auf den Außenhandel. Die deutschen Pkw-Exporte stiegen gegenüber dem Vorjahr zwar, allerdings erreichten sie nicht das Vorkrisenniveau des Jahres 2019, teilte das Statistische Bundesamt (Destatis) am Donnerstag mit. Aus Deutschland exportiert wurden demnach Autos im Wert von 117,6 Milliarden Euro.

Das waren 9,9 Prozent mehr als im Jahr 2020, welches bereits durch starke coronabedingte Einschränkungen geprägt war. Gegenüber dem Jahr 2019 ist ein Rückgang um 8,2 Prozent zu verzeichnen. Wichtigster Abnehmerstaat der deutschen Autobranche war im Jahr 2021 China.

Dorthin gingen Pkw im Wert von 16,7 Milliarden Euro (+14,0 Prozent gegenüber 2020). Weitere wichtige Abnehmerstaaten waren die Vereinigten Staaten mit Exporten in Höhe von 15,9 Milliarden Euro (+18,1 Prozent) und das Vereinigte Königreich mit 9,4 Milliarden Euro (-17,0 Prozent). Der Rückgang ist sowohl bei den Importen als auch bei den Exporten auf Autos mit Verbrennungsmotoren zurückzuführen, so die Statistiker.

Bei den reinen Elektrofahrzeugen, den Hybrid-Pkw und den sogenannten Mild-Hybridfahrzeugen waren dagegen im Jahr 2021 starke Zuwächse zu verzeichnen: Im Jahr 2021 wurden rund 300.000 reine Elektrofahrzeuge im Wert von 12,6 Milliarden Euro exportiert. Das war ein wertmäßiger Anstieg um mehr als drei Viertel (+78,1 Prozent) gegenüber dem Vorjahr und eine Steigerung um 272,7 Prozent gegenüber dem Jahr 2019. Bei den Importen war der Anstieg noch deutlicher: Mit 292.000 importierten Elektrofahrzeugen für 7,5 Milliarden Euro stieg der Wert im Vorjahresvergleich um mehr als 82,8 Prozent – gegenüber dem Jahr 2019 (+426,2 Prozent) sogar um das Fünffache.

Ein Grund für die gestiegene Nachfrage könnte auch die staatliche Förderung zum Kauf eines Elektro- oder Plug-In-Hybridfahrzeugs sein. Auch Plug-In-Hybride, die eine Kombination aus Elektro- und Verbrennungsmotor aufweisen, verzeichneten einen Anstieg. Im Jahr 2021 wurden 264.000 Hybride für 10,5 Milliarden Euro exportiert.

Das ist ein Plus von 37,5 Prozent gegenüber 2020. Importiert wurden 223.000 Hybride für 7,4 Milliarden Euro (+32,2 Prozent). Im vergangenen Jahr wurden zudem 551.000 sogenannte Mild-Hybride mit Verbrennungs- und Elektromotor für 22,4 Milliarden Euro exportiert. Dabei handelt es sich um Autos, die nicht durch externe Stromquellen aufgeladen werden.

Dieser Wert hat sich damit gegenüber dem Jahr 2020 mehr als verdoppelt (+116,5 Prozent). Importiert wurden 204.000 Mild-Hybride für 5,3 Milliarden Euro (+68,1 Prozent). Der Mangel an Bauteilen betraf Autohersteller weltweit und dämpfte auch die Auto-Importe: Sie verringerten sich im Jahr 2021 um -2,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr und lagen mit 56,4 Milliarden Euro ebenfalls unter dem Vorkrisenniveau (-12,6 Prozent gegenüber 2019).

Importseitig war Spanien auf dem Automobilmarkt der wichtigste Handelspartner Deutschlands. Von dort wurden Pkw im Wert von 6,5 Milliarden Euro importiert (-14,6 Prozent gegenüber 2020). In dieser Rangfolge der wichtigsten Importstaaten folgten die Vereinigten Staaten mit Pkw-Importen in Höhe von 6,3 Milliarden Euro (+3,8 Prozent) und die Slowakei mit Pkw-Importen für 5,2 Milliarden Euro (+9,9 Prozent).

Trotz der Zuwächse bei Elektrofahrzeugen machten Autos mit Verbrennungsmotor auch im Jahr 2021 den Großteil der deutschen Pkw-Exporte und -Importe aus, die Tendenz war jedoch stark rückläufig. In den drei wichtigsten Hubraumklassen für Pkw mit Verbrennungsmotoren wurden im Jahr 2021 zusammen 1,5 Millionen Autos im Wert von 48,7 Milliarden Euro exportiert. Damit sanken die Exporte gegenüber dem Jahr 2020 wertmäßig um 18,9 Prozent.

Importiert wurden in den drei Segmenten 1,2 Millionen Autos im Wert von 24,2 Milliarden Euro (-23,0 Prozent).

red / dts

Bundesregierung beschließt Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro

Die Bundesregierung hat den Weg für eine Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns auf 12 Euro pro Stunde frei gemacht. Das Kabinett billigte am Mittwoch einen entsprechenden Gesetzesentwurf von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD). Dieser sieht vor, dass die Erhöhung ab 1. Oktober greift.

Bereits zum 1. Juli steigt der Mindestlohn auf 10,45 Euro. Die Erhöhung im Juli basiert auf einem Vorschlag der Mindestlohnkommission, die im Oktober auf einer gesetzgeberischen Initiative. Für weitere Anpassungen soll wieder die Mindestlohnkommission verantwortlich sein.

SPD und Grüne hatten die Mindestlohnerhöhung im Wahlkampf versprochen und sich in den Koalitionsverhandlungen durchgesetzt. Die Bundesbank erwartet durch die Anhebung ein zurückgehendes Arbeitsvolumen, eine höhere Inflation sowie ein zuerst steigendes, dann aber zurückgehendes reales Bruttoinlandsprodukt, wie aus dem Monatsbericht für Februar hervorgeht.

red / dts

Verträge: Einmonatige Kündigungsfrist ab März 2022

Wer überlegt, sich bei einem Fitnessstudio anzumelden oder einen Streaming-Dienst zu abonnieren, sollte noch etwas warten. Denn für Verträge, die ab März 2022 abgeschlossen werden, gilt eine einmonatige Kündigungsfrist nach Ablauf der Erstlaufzeit. Es wird dadurch einfacher, aus dem Vertrag wieder herauszukommen.

Für Verbraucher sind automatische Vertragsverlängerungen oft ärgerlich. Denn: Wer die Kündigungsfrist verpasst, ist gleich ein weiteres Jahr an den Vertrag gebunden. Damit ist in Zukunft Schluss: “Bei vielen Verträgen sind stillschweigende Vertragsverlängerungen nur noch zulässig, wenn sich der Vertrag auf unbestimmte Zeit verlängert und monatlich gekündigt werden kann”, erklärt Christopher Vernon, Rechtsexperte der Verbraucherzentrale Niedersachsen. Diese Neuerung gilt für alle Verträge, die ab dem 1. März 2022 geschlossen werden und die regelmäßige Lieferung von Waren oder die regelmäßige Erbringung von Dienst- oder Werkleistungen umfassen.

“Verbraucherinnen und Verbraucher sollten vor Vertragsschluss prüfen, ob die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der neuen Rechtslage entsprechen”, rät Vernon. “Enthalten die AGB die Neuerung nicht, können Betroffene den Anbieter darauf hinweisen und eine Anpassung fordern.” Auch wenn die Klauseln letztlich ungültig sind, sei dies ratsam, um einen späteren Rechtsstreit zu vermeiden.

Lars Wallerang / glp

Wirtschaftsgrößen besorgt wegen Russland-Ukraine-Konflikt

Wirtschaftsverbände und Unternehmer zeigen sich besorgt angesichts der Eskalation im Russland-Ukraine-Konflikt und drängen nun auf ein einheitliches Vorgehen der europäischen Politik. “Natürlich muss Europa der russischen Regierung jetzt endlich hart und in aller Konsequenz entgegentreten, damit dieser Alptraum beendet wird – am besten in einer geschlossenen Formation”, sagte der langjährige Inhaber und Geschäftsführer des Motorenöl-Herstellers Liqui Moly, Ernst Prost, der “Welt”. Sanktionen sollten dabei nach Ansicht von Prost spürbar ausfallen, dabei aber nicht das russische Volk, sondern die Machthaber und die Clique um Russlands Präsident Wladimir Putin treffen.

Und das ohne Rücksicht auf Verluste. “Die Frage nach dem wirtschaftlichen Schaden von Sanktionen für uns selbst und unsere Geschäfte darf man sich in Anbetracht einer noch viel größeren Bedrohung überhaupt nicht stellen”, sagte Prost und wurde sarkastisch. “Wenn wir Putin jetzt nicht einbremsen, steht er am Ende seiner Regierungszeit 2036 nicht mehr nur vor den Toren Kiews.”

Anders sieht es Klaus Fischer, der Inhaber der Unternehmensgruppe Fischer, die mit der Erfindung des Dübels bekannt geworden ist. “Sanktionen haben noch nie etwas gebracht”, sagte der Unternehmer der “Welt”. “Die deutsche und die europäische Politik hätten schon vor Jahren viel intensivere Gespräche mit Russland und Präsident Putin suchen müssen. Miteinander reden – das ist der einzig vernünftige Weg.” Er erinnere sich noch gut daran, dass Putin am 25. September 2001 im Deutschen Bundestag eine Vereinigung mit weiten Teilen Europas angeboten hat. “Dieses Angebot aber hat Europa nie angenommen”, kritisierte Fischer.

“Das, was wir jetzt haben, ist auch die Folge der politischen Fehleinschätzung des Westens.” Dass die eskalierende Lage das Geschäft von Unternehmen in Russland nun beeinträchtigen wird, sagte der Maschinenbauverband VDMA. “Natürlich wird die aktuelle Lage das künftige Russland-Geschäft beeinflussen”, sagte Monika Hollacher, die Russland-Expertin in der Abteilung Außenwirtschaft beim VDMA. “Wir müssen auf absehbare Zeit mit einer gewissen Zurückhaltung bei den Unternehmen rechnen, was das Russland-Geschäft angeht.” Denn die politischen Risiken seien immer weniger kalkulierbar.

Für Deutschlands Maschinenbauer steht Russland mit einem Exportvolumen von knapp 5,5 Milliarden Euro im Jahr 2021 auf Platz neun im Ausfuhrranking der Vorzeigebranche. Getroffen werden nach Ansicht von Reinhold von Eben-Worlée, dem Präsidenten des Verbandes Die Familienunternehmer, aber nicht nur Firmen mit direktem Geschäft in Russland – aufgrund von absehbar steigenden Energiepreisen. “Daher müssen Bundesregierung und EU-Kommission einen Ausgleich schaffen, damit es nicht zu schlimmen Wettbewerbsverzerrungen kommt.”

red / dts

Höherer Mindestlohn: Bauernverband rechnet mit steigenden Preisen

Der Bauernverband rechnet mit deutlich steigenden Lebensmittelpreisen durch die für den 1. Oktober vorgesehene Mindestlohnerhöhung auf zwölf Euro. Bauernpräsident Joachim Rukwied sagte der “Rheinischen Post” (Mittwochausgabe): “Dadurch wird auch die Erzeugung von heimischen, hochwertigen Lebensmitteln zunehmend erschwert und dies wird sich wohl spürbar auf die Lebensmittelpreise auswirken.” Rukwied erläuterte weiter, die kurzfristige Erhöhung verschärfe den bereits bestehenden Wettbewerbsdruck in der Landwirtschaft “und gefährdet die Wirtschaftlichkeit unserer Betriebe, insbesondere bei arbeitsintensiven Betriebszweigen, wie beispielsweise Obst-, Gemüse- und Weinbau”.

Das bleibe nicht ohne Folgen. Das Bundeskabinett will an diesem Mittwoch die Mindestlohnerhöhung auf den Weg bringen. Sie ist eines der zentralen Wahlversprechen der SPD gewesen.

red / dts

Wer zahlt und wer erhält wie viel vom Sozialstaat?

Der Sozialstaat steht für Solidarität. Rund 1,6 Billionen Euro betrugen die deutschen Staatseinnahmen im Jahr 2020. Nun hat das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Köln nachgerechnet: Wer zahlt ein, wer nimmt raus?

Ein großer Teil der Einnahmen entsteht durch Steuern und Abgaben an den Sozialstaat wie Einkommensteuer, Mehrwertsteuer, Renten- und Pflegeversicherungsbeiträge. Hiervon wiederum müssen die Leistungen des Sozialstaats finanziert werden: Dazu zählen beispielsweise Renten, Arbeitslosen- oder Kindergeld, aber auch Sachleistungen wie Bildung oder Gesundheit.

Wie viele Abgaben die Deutschen an den Staat zahlen und wie viel sie erhalten, hängt stark vom Alter ab. Kinder und Jugendliche erhalten vor allem Bildungs- und Gesundheitsleistungen. Erst im Erwerbsleben dreht sich die Bilanz allmählich, denn mit dem Erwerbseinkommen steigen Einkommensteuer, Sozialversicherungsbeiträge und weitere Abgaben. Deswegen zahlen erwerbstätige Personen in der Regel mehr an den Staat, als sie an Leistungen beziehen.

Mit Mitte 50 zahlen Deutsche die höchsten Abgaben an den Staat: 20.500 Euro jährlich sind es durchschnittlich, Steuern und Sozialversicherungsbeiträge zusammengerechnet. Mit dem Renteneintritt kehrt sich das Verhältnis von Abgaben und Zahlungen wieder um: Die Deutschen erhalten nun Renten, Pensionen und Leistungen aus dem Gesundheitswesen.

Das IW zeigt darüber hinaus, wie sich Abgaben und Leistungserhalt anhand persönlicher Merkmale unterscheiden. Unterschieden werden kann nach Geschlecht, Region, Wohnort, Einkommensklasse und Bildung. Auch der demografische Wandel lässt sich anhand des Tools nachvollziehen. Ab dem 85. Lebensjahr erhalten Deutsche durchschnittlich rund 30.500 Euro jährlich vor allem aus den Sozialversicherungen.

Durch die steigende Lebenserwartung steigt jedoch der Anteil älterer Menschen an der Bevölkerung. “Für den Fiskus wird das zu einem rechnerischen Problem”, sagt IW-Ökonom Martin Beznoska, der die Werte für das Tool berechnet hat: “Wegen des demografischen Wandels wird es immer dringender, die Sozialsicherungssysteme zu reformieren.”

An dieser Stelle gibt es allerdings Widerspruch von gewerkschaftlicher Seite: Derartige Warnungen beruhten auf anfechtbaren Annahmen, sagt beispielsweise das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) Düsseldorf, eine Einrichtung der Hans-Böckler-Stiftung.

Die Kritik an Beitragssatzerhöhungen in der Rentenversicherung baue fast immer “auf denselben neoklassischen Modellannahmen” auf, schreiben die IMK-Forscher. Darin würden Sozialbeiträge hauptsächlich als Kostenfaktor betrachtet, während die Nachfrage- und Umverteilungseffekte übersehen würden oder unterbelichtet seien.

Es werde in manchen Modellen weitgehend ignoriert, dass die zusätzlichen Einnahmen der Rentenversicherung nach einer Beitragsanhebung sofort weitergegeben werden und sich dadurch die gesamtwirtschaftliche Nachfrage sogar erhöhe. Das Geld, das Rentnerinnen und Rentner erhalten, fließe zurück in den privaten Konsum, was wiederum das Wirtschaftswachstum steigere. Das makroökonometrische Modell des IMK berücksichtigt den Nachfrageeffekt und weitere Faktoren stärker als beispielsweise das arbeitgebernahe IW.

Lars Wallerang / glp

So hoch wie nie: Gesetzliche Krankenkassen melden höchstes Defizit aller Zeiten

Die finanzielle Schieflage der gesetzlichen Krankenkassen hat sich im vergangenen Jahr zugespitzt. Dies geht aus vorläufigen Daten der größten Krankenkassenverbände hervor, über die das “Handelsblatt” (Dienstagausgabe) berichtet. Demnach dürfte das Defizit im vergangenen Jahr auf 5,7 Milliarden Euro gestiegen sein.

Bereits 2020 war der Fehlbetrag mit 2,7 Milliarden Euro stark angewachsen. So meldete der Verband der Ersatzkassen (VDEK) für das vergangene Jahr ein Minus von 576 Millionen Euro. Dem Verband gehören unter anderem die Techniker Krankenkassen, die Barmer und die DAK an.

Das Minus der Innungskrankenkassen stieg von 250 Millionen auf knapp 409 Millionen Euro im Jahr 2021. Besonders drastisch fällt das Defizit der Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) aus: Sie vervierfachten ihr Minus im Vergleich zum Vorjahr auf 4,1 Milliarden Euro. Die Betriebskrankenkassen meldeten wiederum ein Defizit von 500 Millionen Euro.

Zudem vermeldete die Knappschaft einen Fehlbetrag von 104 Millionen Euro, etwas weniger als 2020. Die Krankenkassen erklären das Defizit vor allem mit dem von der Bundesregierung beschlossenen Abschmelzen der Finanzreserven. Alleine 2021 mussten die Kassen insgesamt acht Milliarden Euro aus ihren Rücklagen an den Gesundheitsfonds abgeben, um möglichen Beitragserhöhungen oder einem noch höheren Bundeszuschuss entgegenzuwirken. Zudem war das Jahr 2021 “stark von der Pandemie geprägt”, sagte VDEK-Vorstandsvorsitzende Ulrike Elsner.

Im vierten Quartal des vergangenen Jahres seien die Leistungsausgaben deswegen stark gestiegen. Auch seien neue, teure Arzneimittel auf den Markt gekommen. Außerdem seien Kosten für den Ausbau der digitalen Telematikinfrastruktur zu Buche geschlagen.

red / dts

Große Mehrheit deutscher Industrieunternehmen sehen hohe Energiepreise als existenzbedrohend an

Die Industrie schlägt wegen der hohen Energiepreise Alarm. Das geht aus einer noch unveröffentlichten Umfrage des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) hervor, über welche die “Rheinische Post” in ihrer Montagsausgabe berichtet. 88 Prozent und damit die große Mehrheit der deutschen Industrieunternehmen sehen demnach in den erheblich gestiegenen Energiepreisen eine starke oder sogar existenzbedrohende Herausforderung für die Zukunft.

23 Prozent der Unternehmen stuften den Anstieg der Energiekosten als existenzbedrohend ein. 65 Prozent sprachen von einer “starken Herausforderung”. Rund zwei Drittel (68 Prozent) der Unternehmen können die gestiegenen Energiepreise kaum an Kunden oder Verbraucher weitergeben, heißt es in der Umfrage.

Die Energiepreisentwicklung zwinge rund ein Drittel der Unternehmen, Investitionen in die Transformation zur Klimaneutralität zurückzustellen. Gut ein Fünftel der Unternehmen denkt zudem laut der Umfrage bereits darüber nach, zeitnah Unternehmensanteile oder Teile der Produktion und Arbeitsplätze ins Ausland zu verlagern, 13 Prozent sind bereits dabei. Die gesamte Verlagerung des Unternehmens ins Ausland erwägen sechs Prozent, so die Umfrage.

87 Prozent der Unternehmen fordern demnach ein kurzfristiges Eingreifen der Bundesregierung: Staatliche Belastungen des Strompreises müssten schneller als geplant abgebaut werden. Rund 84 Prozent der Unternehmen finden, dass die Bundesregierung die Regelungen zur Erhöhung der nationalen CO2-Bepreisung überdenken und mit flankierenden Maßnahmen zur Entlastung von Unternehmen ergänzen sollte. Die Umfrage wurde in der ersten Februar-Hälfte bei mehr als 400 BDI-Mitgliedsunternehmen durchgeführt.

BDI-Präsident Siegfried Russwurm warnte vor einer Situation wie in den 1970-er Jahren, als mehrere Ölpreisschocks die deutsche Wirtschaft in die Rezession geschickt hatten. “Die Energiekostensteigerungen sind so hoch wie seit der Ölkrise der 70er-Jahre nicht mehr”, sagte Russwurm der “Rheinischen Post”. Die steigenden Strom- und Gaspreise drohten die Wirtschaft zu erdrücken.

“Das Ende der Fahnenstange ist noch nicht erreicht. Der BDI befürchtet, dass der rasante Preisanstieg die Produktion in Deutschland immer stärker beeinträchtigt. Die Lage ist so ernst, dass selbst standorttreue mittelständische Unternehmen aus diversen Branchen über eine Verlagerung ins Ausland nachdenken müssen.”

Rasches politisches Handeln sei gefordert, forderte Russwurm. Die angekündigte vorgezogene Abschaffung der EEG-Umlage zum 1. Juli 2022 sei richtig. “Sie reicht aber nicht aus für eine nachhaltige Entlastung der Industrie. Die Bundesregierung muss bei nationalen Abgaben und Umlagen endlich Tabula Rasa machen, etwa bei der Stromsteuer und den Netzentgelten”, forderte Russwurm. “Schon jetzt ist die nationale CO2-Bepreisung eine existenzielle Bedrohung für viele kleine und mittelständische Unternehmen. Sie treibt die Strom- und Gaspreise in schwindelerregende Höhen. Die Bundesregierung sollte die Industrie entlasten, um einen Exodus von Produktion und Arbeitsplätzen ins kostengünstigere Ausland zu verhindern”, sagte der BDI-Präsident.

red / dts