Experten: Reduzierte Gaslieferungen über Nord Stream 1 reichen

Deutschland ist offenbar für weiter reduzierte Gaslieferungen aus Russland gewappnet. Das zeigt eine Analyse der vier führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute, über die das “Handelsblatt” (Mittwochausgabe) berichtet. Sie haben berechnet, was passiert, wenn die russischen Gaslieferungen dauerhaft bei 20 Prozent blieben – auf das Niveau sollen sie laut russischen Ankündigungen ab Mittwoch fallen.

Das Ergebnis von IWH Halle, RWI Essen, IfW Kiel und Ifo München: Im wahrscheinlichsten Fall kommt es nicht zu einem Gasmangel im Winter. “Wenn unsere Annahmen so eintreten, würde das Gas sowohl in diesem als auch im nächsten Winter reichen”, sagte IWH-Ökonom Christoph Schult dem “Handelsblatt”. Es bleibt jedoch ein Restrisiko.

Mit einer Wahrscheinlichkeit von deutlich unter 20 Prozent kann es doch zu Szenarien kommen, in denen das Gas nicht reicht. Gaslücken würden dann im April, Mai und Dezember 2023 auftreten. Im ungünstigsten Fall würden dann sieben Milliarden Kubikmeter Gas fehlen.

Zum Vergleich: 2021 hat Deutschland 90,5 Milliarden Kubikmeter Gas verbraucht. “Da müsste allerdings schon sehr vieles schiefgehen”, sagte IfW-Vizepräsident Stefan Kooths. Um auch diesen Worst Case final auszuschließen, müsste der Gasverbrauch in den nächsten eineinhalb Jahren weiter um etwa zwölf Prozent im Vergleich zum Zeitraum August 2020 bis Dezember 2021 sinken.

Für die Berechnungen gilt eine wichtige Annahme: Deutschland müsste proportional weniger Gas an seine Nachbarn weiterleiten, wenn Russland dauerhaft die Lieferungen drosselt. Ob das geschieht, hängt von diversen ungeklärten Fragen ab, politisch und rechtlich. “In den vergangenen Monaten wurden die Gasexporte aus Deutschland tatsächlich erst stark reduziert. Zuletzt sind sie aber wieder ordentlich angestiegen”, erklärte Schult.

red

Warnstreik bei Lufthansa hat begonnen

Bei der Lufthansa hat am frühen Mittwochmorgen der von der Gewerkschaft Verdi organisierte Warnstreik begonnen. 20.000 Beschäftigte des Bodenpersonals sind seit 3:45 Uhr aufgerufen, ihre Arbeit niederzulegen, und das bis Donnerstagfrüh 6 Uhr. Die Lufthansa hatte bereits im Vorfeld an den Drehkreuzen in Frankfurt und München nahezu das gesamte Flugprogramm abgesagt.

In Frankfurt mussten insgesamt 678 Flüge gestrichen werden, davon 32 bereits am Dienstag, hier sollen etwa 92.000 Fluggäste betroffen sein. Am Drehkreuz in München wurden insgesamt 345 Flüge gestrichen, davon 15 bereits am Dienstag. Betroffen sind hier voraussichtlich 42.000 Fluggäste.

Die Lutfhansa hatte in den laufenden Verhandlungen zwar ein Gehaltsplus von über 10 Prozent angeboten – allerdings nur für die niedrigeren Vergütungsgruppen. Bei 6.500 Euro monatlicher Grundvergütung sinkt das angebotene Plus auf knapp 6 Prozent. Verdi ist das nicht genug.

Das Angebot gleiche die Inflation nicht annähernd aus, angesichts der aktuellen Preissteigerungen würde es für die Beschäftigten einen deutlichen Reallohnverlust bedeuten, so die Gewerkschaft, die insgesamt 9,5 Prozent mehr forderte. Die nächste Verhandlungsrunde findet am 3. und 4. August statt.

red

Bundesregierung senkt Kaufprämie für E-Autos – Hybrid-Förderung wird komplett gestrichen

Die Bundesregierung hat sich auf neue Subventionsregeln für den Kauf von Elektroautos verständigt. Wie das “Handelsblatt” (Mittwochausgabe) unter Berufung auf “Regierungskreise” schreibt, sinkt die Förderung von derzeit 6.000 Euro auf künftig 4.500 Euro für Fahrzeuge, die weniger als 40.000 Euro kosten. Für teurere rein elektrische Autos sinkt die Förderung auf 3.000 Euro.

Autos mit einem Kaufpreis von mehr 65.000 Euro oder mehr erhalten weiterhin keine Förderung. Noch im Laufe des Jahres 2023 soll die Förderschwelle auf den Nettolistenpreis von 45.000 Euro sinken. Käufer preiswerterer Fahrzeuge soll dann auch nur noch einen Zuschuss von 3.000 Euro erhalten.

Die verminderte Prämie wird dann auch nur noch an private Autokäufer ausgezahlt, nicht mehr für Dienst- oder Handwerkerfahrzeuge. Gleichzeitig wird der Zuschuss beim Kauf von teilelektrischen Autos, sogenannten Plug-In-Hybriden, am Ende des laufenden Jahres abgeschafft. Mit dem Kompromiss endet ein monatelanger Streit zwischen Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) und den Grünen.

Während Lindner die Subvention seit langem für schädlich erachtet und am liebsten abschaffen würde, pochten die Grünen auf den Koalitionsvertrag. Er sieht vor, dass die bisherige Förderung zwar sinkt, aber erst 2025 endgültig ausläuft. Der Kompromiss lautet nun: Die Förderung läuft weiter, aber nur so lange, bis insgesamt 2,5 Milliarden Euro ausgezahlt wurden, so Regierungskreise.

Die Ampel habe sich auch darauf verständigt, die Steuervorteile von Elektroautos bei der Dienstwagen-Regelung beizubehalten, schreibt die Zeitung.

red / dts

Russland-Sanktionen werden bis Januar 2023 verlängert

Die EU verlängert die geltenden Russland-Sanktionen um weitere sechs Monate bis vorerst Ende Januar 2023. Das beschloss der Rat der Europäischen Union an Dienstag. Dazu gehören auch Sanktionen, die schon 2014 eingeführt wurden, als Russland die Krim an sich riss. Im Februar diesen Jahres kamen allerdings weit härtere Maßnahmen hinzu, nachdem Russland den Krieg gegen die Ukraine begonnen hatte.

Darunter sind Beschränkungen für Finanzen, Energie, Technologie, Industrie, Verkehr und Luxusgüter. Öl und Gas kauft die EU allerdings weiterhin in Russland ein.

red

Habecks Berater wollen Gaspreis teilweise deckeln

Der wissenschaftliche Beirat des Bundeswirtschaftsministeriums hat sich in einem neunseitigen Brief an Minister Robert Habeck (Grüne) gewandt und eine veränderte Strategie beim Einsparen von Gas vorgeschlagen. Der Beirat schlägt vor, moderate Preise für eine Grundmenge an Gas zu setzen, die sich am Verbrauch von 2021 misst, berichtet das “Handelsblatt”. Für jede Kilowattstunde darüber hinaus müssten Verbraucher den hohen Marktpreis zahlen, auch, wenn sie noch langfristige Verträge mit niedrigeren Preisen haben.

“Dies würde Haushalte gegen große Belastungen absichern, und gleichzeitig Anreize für Energieeinsparungen geben”, heißt es in dem Brief. Darüber hinaus bringen die 38 Ökonomen ein “gemeinsames Absenken der Raumtemperatur in allen Betrieben und öffentlichen Gebäuden für eine Woche” im Falle eines Gasmangels im Winter ins Spiel. Der direkte Effekt dadurch sei vernachlässigbar, aber auch der autofreie Sonntag in der Ölkrise “hat sich in das Bewusstsein einer ganzen Generation als Symbol für die gemeinsame Anstrengung zur Überwindung der Krise eingebrannt”.

Bei finanziellen Entlastungen durch den Staat mahnt der Beirat, die Preissignale nicht außer Kraft zu setzen. “Wenn das Preissignal außer Kraft gesetzt wird, haben […Verbraucher] keinen Anreiz mehr, beim Gasverbrauch zu sparen.” Außerdem müsse klar werden, dass der Staat nicht alle Härten kompensieren könne.

“Unsere Volkswirtschaft ist durch die höheren Energiepreise ärmer geworden. Irgendjemand muss die Verluste tragen.”

red / dts

FDP will Kernkraft-Laufzeiten bis 2024 verlängern

Die FDP spricht sich dafür aus, die Laufzeiten der Kernkraftwerke bis mindestens knapp zwei Jahre zu verlängern. Zu “Bild” (Dienstagausgabe) sagte der energiepolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Michael Kruse: “Die AKW-Laufzeiten sollten bis Frühjahr 2024 verlängert werden. Das ist der Zeitraum, in dem uns Energieknappheit droht. Deshalb müssen wir dafür gewappnet sein.” Auch der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Dürr dringt auf eine Laufzeitverlängerung der drei Meiler in Deutschland. Zu “Bild” sagte Dürr: “Wir erwarten für den Winter europäische Solidarität. Deshalb ist es richtig, dass auch Deutschland Solidarität zeigt. Wir müssen daher alles, was zur Stromproduktion beitragen kann, auch nutzen. Kernkraftwerke gehören dazu.”

red

Weitere Reparaturen an Nord Stream 1 : Russland kündigt Reduzierung der Gas-Lieferung auf 20 Prozent

Der russische Energiekonzern Gazprom reduziert die Gas-Lieferung durch Nord Stream 1 auf 20 Prozent. Ab Dienstag würden nur noch 33 Millionen Kubikmeter durch die Ostsee-Pipeline fließen, weil weitere Reparaturen notwendig seien, hieß es. Zuvor hatte das Unternehmen mitgeteilt, dass die mit der aus Kanada gelieferten Gasturbine übersandten Dokumente “die zuvor genannten Risiken kaum ausschalten, sondern zusätzliche Fragen hervorrufen”.

Erst vor vier Tagen waren die Lieferungen durch die Pipeline nach einer geplanten, mehrtägigen Wartung wieder aufgenommen worden, allerdings nur mit 40 Prozent der Maximalleistung. Bereits auf diesem Niveau ist es laut Bundesnetzagentur kaum möglich, bis November in Deutschland den angestrebten Speicherstand von 95 Prozent zu erreichen.

red

Lufthansa droht am Mittwoch Chaos: Rund 20.000 Beschäftigte zum Streik aufgerufen

Die Gewerkschaft Verdi ruft das Lufthansa-Bodenpersonal für Mittwoch zu einem eintägigen Warnstreik auf. Daran sollen rund 20.000 Beschäftigte an allen Lufthansa-Standorten teilnehmen, also unter anderem in Frankfurt/Main, Düsseldorf, Köln, Hamburg, München und Berlin. Hintergrund sind die laufenden Tarifverhandlungen, bei denen in der zweiten Verhandlungsrunde am 13. Juli die Arbeitgeber ein Angebot vorgelegt hatten, das unter den Gewerkschaftsmitgliedern “diskutiert und als unzureichend kritisiert wurde”, wie es hieß.

Das Angebot gleiche die Inflation nicht annähernd aus, angesichts der aktuellen Preissteigerungen würde es für die Beschäftigten einen deutlichen Reallohnverlust bedeuten, so Verdi. Die Gewerkschaft fordert 9,5 Prozent mehr Gehalt, mindestens aber 350 Euro monatlich, bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Der Stundenlohn soll mindestens 13 Euro betragen.

Zurzeit werde teilweise noch unter 12 Euro bezahlt. Nach der ohnehin schon staatlich verordneten Anhebung des Mindestlohns auf zwölf Euro gelte es nun, “einen tariflichen Abstand zum Mindestlohn zu vereinbaren”, so Verdi. Die nächste Verhandlungsrunde findet am 3. und 4. August statt.

Der Warnstreik am Mittwoch dürfte das Chaos an den Flughäfen noch weiter verstärken. Die Airline ist ebenso wie die deutschen Flughäfen schon seit Monaten von Personalmangel gebeutelt – lange Warteschlange und Flugausfälle sind die Folge. Verdi selbst erwartet für Mittwoch “größere Flugausfälle und Verzögerungen”.

red

Bundesregierung droht Huawei mit Rausschmiss

Die Debatte um den chinesischen IT-Konzern Huawei kommt wieder in Gang: Die Bundesregierung behält sich vor, den Netzbetreiber zu verbieten, “kritische Komponenten” chinesischer Hersteller einzusetzen. Sogar die Verwendung bereits verbauter Bauteile könnte untersagt werden, wie das für die Entscheidung federführend zuständige Bundesinnenministerium dem “Handelsblatt” bestätigte. Und zwar dann, “wenn der weitere Einsatz die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland voraussichtlich beeinträchtigt, insbesondere, wenn der Hersteller der kritischen Komponente nicht vertrauenswürdig ist”.

Beim Aufbau des superschnellen 5G-Netzes soll Huawei nach dem Willen der Netzbetreiber Deutsche Telekom, Vodafone und Telefonica eine entscheidende Rolle spielen. Doch in der Ampelkoalition stoßen die Pläne auf Ablehnungen. “Es wäre weltfremd und naiv, die geopolitische Bedeutung der Aktivitäten Huaweis in Deutschland für den Einfluss Chinas nicht zu erkennen”, sagte FDP-Fraktionsvize Konstantin Kuhle dem “Handelsblatt”.

Auch mit Blick auf die Cybersicherheit bestünden “erhebliche” Bedenken. “Vor diesem Hintergrund ist es richtig, dass deutsche Behörden die Risiken einer Nutzung von Huawei-Komponenten erneut überprüfen”, betonte Kuhle. Das sieht der Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz genauso.

“Angesichts der Entwicklungen in der Ukraine und der schlimmen europäischen Gasmisere sollte auch dem Letzten klar geworden sein, dass man sich Diktaturen mit imperialistischer Grundhaltung tunlichst nicht wirtschaftlich ausliefern sollte, um nicht erpressbar zu werden”, sagte von Notz dem “Handelsblatt”.

red

Interne Revision der BA zieht verheerende Bilanz zu Hartz IV

Die interne Revision der Bundesagentur für Arbeit (BA) zieht eine verheerende Bilanz bei Hartz IV. Wie “Bild” (Montagausgabe) unter Berufung auf den Bericht “Vertikale Revisionen im Jahr 2020” meldet, bemängeln die Prüfer schlecht Vermittlung von Langzeitarbeitslosen in Jobs, die Verschwendung von Fördergeldern und massenhaft Fehler bei Widersprüchen. Konkret kritisieren die Prüfer, dass bei der Arbeitsvermittlung der Jobcenter das Handeln “in mehr als der Hälfte der Fälle nicht zielführend” war. Den Jobcentern gelang es kaum, Hartz-IV-Bezieher wieder fit für Jobs zu machen oder sie zu vermitteln.

In 56 Prozent der geprüften Fälle hatten es Jobcenter nicht geschafft, die Arbeitschancen zu erhöhen. Grund sei unter anderem, dass es “keine angemessene Kontaktdichte” mit vielen Betroffenen gegeben habe. Wie “Bild” weiter schreibt, registrierte die BA-Prüfer beim Einsatz sogenannter Eingliederungsleistungen “die höchsten Fehlerwerte” seit 2017. Bei einem Drittel der geprüften Fälle seien BA-Gelder “nicht zielgerichtet” eingesetzt worden.

In vielen Fällen hätten sich die Gelder “nicht an den individuellen Bedürfnissen” der Arbeitslosen orientiert. Sie seien damit “ineffektiv und ineffizient” eingesetzt worden. Die Revision prüfte außerdem 234 Widersprüche gegen Hartz-IV-Bescheide, schreibt “Bild” weiter.

In 36 Prozent der Fälle, die ohne Begründung eingereicht wurden, konnten sich die Betroffenen nicht äußern, obwohl es vorgeschrieben ist. 29 Prozent der Widersprüche seien darüber hinaus fristgerecht entschieden worden.

red / dts