Von Ayhan Güneş
Ludwigsburg – Eine Freundschaft, geboren aus den Narben der Geschichte, getragen von Menschen, die Brücken statt Mauern bauen wollten.
Vor 75 Jahren wagten Ludwigsburg und Montbéliard, was damals kaum denkbar war: Versöhnung mit dem einstigen Kriegsgegner, Partnerschaft auf Augenhöhe, ein neues Kapitel für Europa. Was 1950 mit mutigem Dialog begann, wurde am Freitagabend im Residenzschloss gefeiert – als gelebte Freundschaft, europäisches Symbol und gesellschaftlicher Auftrag.
Der barocke Ordenssaal war bis auf den letzten Platz gefüllt, als Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl, Montbéliards Bürgermeisterin Marie-Noëlle Biguinet und Ludwigsburgs Oberbürgermeister Dr. Matthias Knecht ein Zeichen setzten – mit bewegenden Worten, ehrenden Gesten und einem gemeinsamen Eintrag ins Goldene Buch. Die Stadt Ludwigsburg hatte zu diesem Festakt im Rahmen der Stadtgründungsfeier eingeladen – und würdigte an diesem besonderen Abend zwei Persönlichkeiten, die die Partnerschaft maßgeblich geprägt haben: Bürgermeisterin Biguinet sowie Prof. Dr. Frank Baasner, langjähriger Direktor des Deutsch-Französischen Instituts, wurden mit der Bürgermedaille ausgezeichnet.
Mehrere hundert Gäste aus Politik, Wirtschaft, Kultur, Sport und Ehrenamt waren anwesend – aus Frankreich reiste auch die amtierende dfi-Präsidentin Sylvie Goulard an. Es war ein Abend der Impulse, der Erinnerung – und der klaren Botschaft: Diese Partnerschaft ist kein historisches Kapitel, sondern eine lebendige Brücke in die Zukunft.
„Freundschaften sind das Band, das die Welt zusammenhält“, betonte Strobl. Die Städtepartnerschaft sei mehr als ein Jubiläum – sie sei ein starkes Fundament für das Haus Europa.
Knecht: „Dieses Zeichen des Friedens erfüllt uns mit Stolz“
Ludwigsburgs Oberbürgermeister Dr. Matthias Knecht betonte die historische Verantwortung dieser Partnerschaft: „Als erste deutsch-französische Partnerschaft in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg sind wir stolz, dieses Zeichen des Friedens und der Annäherung gemeinsam mit Montbéliard zu verkörpern.“ Zugleich erinnerte er daran, wie viel Zivilgesellschaft und persönliche Nähe zum Erfolg beigetragen hätten: „Mit dem Deutsch-Französischen Institut haben wir diese Nähe in Ludwigsburg weiter gefördert und zu einer festen Institution ausgebaut. Zugleich sind mit der Zeit viele großartige Freundschaften und Verbindungen von Schulen, Vereinen und anderen Organisationen in beiden Städten entstanden. So ist mir auch Bürgermeisterin Marie-Noëlle persönlich zur Freundin geworden.“
Ein Symbol für Europa – gestern, heute und morgen
Dass ausgerechnet der Ordenssaal des Ludwigsburger Residenzschlosses Schauplatz des Festakts war, hatte weit mehr als repräsentativen Charakter. In einem Jahr, in dem Europa 80 Jahre Kriegsende feiert, wurde hier die Kraft der Verständigung spürbar – getragen von gelebter Städtepartnerschaft, aber auch von aktuellen politischen Impulsen.
Innenminister Thomas Strobl, Stellvertretender Ministerpräsident des Landes, erinnerte an die tiefere Bedeutung solcher Partnerschaften: „Was die Ludwigsburger und nach ihnen viele weitere Städte mit ihren Partnern in Europa und der Welt angepackt haben, war nicht nur mutig, es war richtig und wichtig. Freundschaften sind das Band, das die Welt zusammenhält.“ Der deutsch-französische Motor kommt auch auf der Ebene endlich wieder in den Gang. Und wir in Baden-Württemberg freuen uns und unterstützen das”, so Strobl.
Zivilgesellschaft als Herzstück
So staatstragend die Worte auch waren – der Geist des Abends gehörte der Zivilgesellschaft. Mit großem Respekt hob OB Knecht die Rolle all jener hervor, die diese Partnerschaft mit Leben füllen: „Freundschaften entstehen, Dialoge werden geführt, Interessen ausgetauscht, Standpunkte verstanden: Wo Menschen miteinander reden, lösen sich Vorurteile auf und Pauschalisierungen verschwinden. Völker schießen nicht aufeinander, wenn Staaten und Städte aufeinander zugehen und gemeinsam im Dialog Lösungen für ihre Konflikte finden.“
Schüleraustausche, Konzertreisen, Sportbegegnungen und Bürgerfahrten sind das Fundament dieser Partnerschaft – getragen von Vereinen wie Internationale Partnerschaften Ludwigsburg und Montbéliard Sans Frontière. Ihr ehrenamtliches Engagement wurde von allen Seiten als „unverzichtbar“ gewürdigt.
75 Jahre – und kein bisschen leise
Die Feiern zum Jubiläum erstreckten sich über beide Städte. Bereits am Vortag hatte in Montbéliard ein Festakt mit einer Ludwigsburger Delegation stattgefunden. Und auch die kommenden Monate stehen in beiden Städten im Zeichen der Freundschaft – mit Konzerten, Begegnungsreisen und Projekten, die von Vereinen, Schulen und dem Deutsch-Französischen Bürgerfonds getragen werden.
Was bleibt, ist nicht nur ein Rückblick auf eine außergewöhnliche Partnerschaft, sondern ein klares Signal an Europa. Bürgermeisterin Biguinet brachte es in Montbéliard auf den Punkt: „Angesichts der Kriege und Krisen, die die Welt erschüttern, und des Aufstiegs des Populismus ist es wichtiger denn je, unsere Partnerschaft zwischen Montbéliard und Ludwigsburg, die ein Symbol für Frieden, Dialog und Solidarität ist, zu bewahren und zu stärken.“
Ludwigsburg und Montbéliard – ein Band, das über Jahrzehnte gewachsen ist. Und das heute vielleicht wichtiger ist denn je.