Merz schafft es im zweiten Anlauf: CDU-Chef jetzt offiziell Bundeskanzler

Nach dem historischen Fehlstart am Vormittag ist Friedrich Merz am Nachmittag doch noch gewählt worden – mit knapper Mehrheit. Der neue Kanzler kann damit seine schwarz-rote Regierungsmannschaft ins Amt bringen.

Berlin (red) – Nach seinem historischen Scheitern im ersten Wahlgang ist CDU-Chef Friedrich Merz nun doch zum Bundeskanzler gewählt worden.

Merz erhielt am Dienstagnachmittag im Bundestag 325 Ja-Stimmen, 289 Abgeordnete stimmten gegen ihn und einer enthielt sich. Drei Stimmen waren ungültig, zwölf Stimmen wurden nicht abgegeben.

Zu einer erfolgreichen Wahl benötigte Merz in der geheimen Wahl die Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages, eine sogenannte “Kanzlermehrheit” von 316 Stimmen. Die künftige Koalition aus CDU/CSU und SPD hat gemeinsam 328 Abgeordnete.

Im ersten Wahlgang hatte Merz nur 310 Stimmen erhalten. Noch nie zuvor war ein designierter Kanzler nach erfolgreichen Koalitionsverhandlungen nach einer Bundestagswahl im ersten Wahlgang im Bundestag gescheitert.

Überraschung im Bundestag: Friedrich Merz fällt im ersten Wahlgang durch

Friedrich Merz sollte heute zum Bundeskanzler gewählt werden – doch es kam anders. Trotz komfortabler Koalitionsmehrheit verfehlte der CDU-Chef die nötige Stimmenzahl. Eine Abstimmung mit Signalwirkung – und ein erstes Kratzen am Lack der neuen Regierung.

Berlin (red) – CDU-Chef Friedrich Merz ist im ersten Wahlgang für die Wahl zum Bundeskanzler gescheitert. Merz erhielt am Dienstagvormittag 310 Ja-Stimmen, 307 Abgeordnete stimmten gegen ihn und drei enthielten sich. Eine Stimme war ungültig, neun Stimmen wurden nicht abgegeben.

Zu einer erfolgreichen Wahl hätte Merz in der geheimen Wahl die Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages benötigt, eine sogenannte “Kanzlermehrheit” von 316 Stimmen. Die künftige Koalition aus CDU/CSU und SPD hat gemeinsam 328 Abgeordnete.

Die Bundestagsfraktionen beraten nun über das weitere Vorgehen. Der Bundestag hat vierzehn Tage Zeit, um mit mehr als der Hälfte seiner Mitglieder einen Bundeskanzler zu wählen. Kommt eine Wahl innerhalb dieser Frist nicht zustande, so muss nach den Vorgaben des Grundgesetzes “unverzüglich” ein neuer Wahlgang stattfinden, in dem gewählt ist, wer die meisten Stimmen erhält.

Auf der Zuschauertribüne im Bundestag wohnten zahlreiche Prominente, darunter die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die ehemalige Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth (CDU), der scheidende Finanzminister Jörg Kukies (SPD), zahlreiche Ministerpräsidenten, die Klimaaktivistin Luisa Neubauer und der Astronaut Alexander Gerst, der Wahl bei. Auch die Familie des möglichen künftigen Bundeskanzlers fand auf der Zuschauertribüne Platz.

Eigentlich war geplant, dass Merz im Falle eines erfolgreichen Wahlgangs gegen 12 Uhr seinen Amtseid ablegen soll. Im Anschluss sollen die designierten Minister ihre Ernennungsurkunden erhalten, um 13:35 Uhr ist ihre Eidesleistung geplant. Ab 14:30 soll der Wechsel der Minister stattfinden und um 15 Uhr schließlich das Bundeskanzleramt übergeben werden.

Mit Bach und Aretha Franklin: Zapfenstreich für Olaf Scholz

Ein geordneter Machtwechsel, ein Kanzler mit Beatles im Ohr und der Appell an demokratische Stärke: Olaf Scholz wurde mit militärischen Ehren verabschiedet – und sprach zum Schluss über das, was bleibt.

Berlin (red) – Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ist am Montag mit einem sogenannten “Großen Zapfenstreich” verabschiedet worden. Dabei lobte der scheidende Kanzler den seiner Ansicht nach weltoffenen Charakter des Landes. “Deutschland muss in vielem anders und besser werden. Aber vergessen wir bei aller berechtigten Kritik an den Verhältnissen nicht, dass wir als weltoffenes Land Freunde in aller Welt haben”, sagte er am späten Montagabend im Bendlerblock.

Es sei keine Selbstverständlichkeit, dass sich ein Machtwechsel so “zivil und anständig” vollziehe wie der jetzige, sagte Scholz im Hinblick auf kriselnde Demokratien in aller Welt. “Demokratie braucht ein gemeinsames Verständnis von Solidarität”, so der Kanzler.

Scholz hatte sich zum Zapfenstreich “In my Life” von den Beatles, einen Auszug aus dem “2. Brandenburgischen Konzert” von Johann Sebastian Bach und “Respect” von Aretha Franklin gewünscht, das die Bundeswehr-Kapelle zu seinen Ehren interpretierte.

Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) würdigte Scholz unter anderem für dessen Bemühungen, den Ukraine-Krieg zu verhindern. Bis zur letzten Minute habe der Kanzler versucht, Putin vom Angriff auf die Ukraine abzuhalten – “leider vergeblich”, sagte Pistorius. “Du hattest den Mut zu sagen, der Krieg ist zurück in Europa und Deutschland muss seine Rolle neu bestimmen.” Die “Zeitenwende” sei ein Ausdruck dessen.

Die Amtszeit von Olaf Scholz wird voraussichtlich am Dienstag enden. Dann will sich CDU-Chef Friedrich Merz, der als Gast beim Großen Zapfenstreich ebenfalls anwesend war, mit den Stimmen von Union und SPD zum Bundeskanzler wählen lassen. Scholz hatte zuletzt angekündigt, ebenfalls für Merz zu Stimmen. Die Wahl ist allerdings geheim.

Dutzende Drohnen fliegen Richtung Moskau – Flugverkehr kurzzeitig gestoppt

Mehr als ein Dutzend Drohnen sind am Dienstag auf Moskau zugeflogen – Russlands Luftabwehr griff ein. Der Flugverkehr wurde zwischenzeitlich gestoppt, Trümmer landeten auf einer Straße. Verletzt wurde offenbar niemand.

Moskau (red) – Der Bürgermeister von Moskau, Sergei Sobjanin, hat am Dienstag Drohnenangriffe auf die russische Hauptstadt vermeldet.

“Die Luftabwehrkräfte des Verteidigungsministeriums haben einen Angriff von fünf Drohnen abgewehrt, die in Richtung Moskau flogen”, teilte er auf der Plattform Telegram mit. Die Rettungsdienste arbeiteten an einer Stelle, an der die Trümmer einer Drohne auf eine Autobahn gefallen seien. Vorläufigen Informationen zufolge gebe es keine ernsthaften Verletzungen oder Todesopfer, so Sobjanin. Über ein Dutzend weitere Drohnen, die in Richtung Moskau geflogen seien, seien zerstört worden.

An den Moskauer Flughäfen wurde der Flugverkehr vorübergehend eingestellt. Mittlerweile wurde der Betrieb wieder aufgenommen.

AfD verklagt Verfassungsschutz – Eilantrag eingereicht

Die AfD geht juristisch gegen ihre Einstufung als „gesichert rechtsextremistisch“ vor und hat beim Verwaltungsgericht Köln Klage gegen den Verfassungsschutz eingereicht – samt Eilantrag. Die Partei spricht von einem „Angriff auf die Demokratie“ und will die Entscheidung kippen. Doch das Bundesamt bleibt bei seiner Einschätzung:

Köln (red) – Wie bereits angekündigt, hat die AfD vor dem Verwaltungsgericht Köln Klage gegen den Verfassungsschutz eingereicht. Die Klage sei mit einem Eilantrag verbunden, teilte die Partei am Montag mit.

Hintergrund der Klage ist die Hochstufung der AfD zur “gesichert extremistischen Bestrebung” durch das Bundesamt. Diese hält die Partei für rechtswidrig und einen Eingriff in den demokratischen Wettbewerb. Man werde “alle juristischen Mittel ausschöpfen”, sagten die Parteichefs Tino Chrupalla und Alice Weidel.

Der Verfassungsschutz hatte am Freitag die Einstufung mit “der die Menschenwürde missachtenden, extremistischen Prägung der Gesamtpartei” begründet. “Das in der Partei vorherrschende ethnisch-abstammungsmäßige Volksverständnis ist nicht mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung vereinbar. Es zielt darauf ab, bestimmte Bevölkerungsgruppen von einer gleichberechtigten gesellschaftlichen Teilhabe auszuschließen, sie einer nicht verfassungskonformen Ungleichbehandlung auszusetzen und ihnen damit einen rechtlich abgewerteten Status zuzuweisen”, hieß es weiter.

Konkret betrachte die AfD zum Beispiel deutsche Staatsangehörige mit Migrationsgeschichte aus muslimisch geprägten Ländern nicht als gleichwertige Angehörige eines durch die Partei ethnisch definierten deutschen Volkes. “Dieses ausgrenzende Volksverständnis ist Ausgangspunkt und ideologische Grundlage für eine kontinuierliche Agitation gegen bestimmte Personen oder Personengruppen, mit der diese pauschal diffamiert und verächtlich gemacht sowie irrationale Ängste und Ablehnung ihnen gegenüber geschürt werden”, so der Verfassungsschutz.

Neues Kabinett: Wer bei der SPD aufsteigt – und wer nicht

Die SPD hat ihr Personal für die neue Bundesregierung vorgestellt – mit einem klaren Signal: Lars Klingbeil übernimmt das Finanzministerium und wird Vizekanzler. Saskia Esken hingegen bleibt ohne Ministeramt. Auffällig ist die starke Präsenz ostdeutscher Stimmen – und ein Verteidigungsminister, der bleibt.

 Berlin (red) – Die SPD hat ihre Minister für die künftige schwarz-rote Bundesregierung benannt. Parteichefin Saskia Esken geht demnach in der Ressortverteilung leer aus.

Ihr Co-Vorsitzender Lars Klingbeil wird Finanzminister und Vizekanzler. Die einzige Konstante zur vorherigen Regierung ist Boris Pistorius, der weiterhin Verteidigungsminister bleibt. Das Arbeitsministerium übernimmt derweil Bärbel Bas von Hubertus Heil. Der bisherige Ostbeauftragte der Bundesregierung, Carsten Schneider, wird Umweltminister.

Die zweite Ostdeutsche in der SPD-Riege wird Reem Alabali-Radovan. Sie war zuvor Integrationsbeauftragte und wird nun Entwicklungsministerin. Für dieses Amt war auch Esken kolportiert worden, die aber offenbar gegenüber Alabali-Radovan den Kürzeren zog. Justizministerin wird Stefanie Hubig, die bereits unter dem ehemaligen Ressortchef Heiko Maas als Staatssekretärin tätig war. Um das Bauwesen darf sich künftig hauptverantwortlich Verena Hubertz kümmern.

Beauftragte der Bundesregierung für Ostdeutschland wird die Thüringerin Elisabeth Kaiser, während Natalie Pawlik zukünftig als Staatsministerin für Migration, Flüchtlinge und Integration arbeitet.

“Widerlich”: Gewerkschaft der Polizei reagiert scharf auf Höckes Aussage zur AfD-Einstufung

Nach der Einstufung der AfD als gesichert rechtsextrem reagiert Thüringens AfD-Chef Björn Höcke mit Drohungen gegen den Verfassungsschutz – und löst empörte Reaktionen aus. Die Gewerkschaft der Polizei warnt vor gezielter Einschüchterung staatlicher Institutionen und stellt sich demonstrativ hinter die Arbeit der Behörde. 

Berlin (red) – Nach den Äußerungen führender AfD-Politiker und den Drohungen des thüringischen AfD-Landesvorsitzenden Björn Höcke gegen den Verfassungsschutz stellt sich die Gewerkschaft der Polizei (GdP) demonstrativ vor die Mitarbeiter der Behörde. GDP-Chef Jochen Kopelke sagte der “Rheinischen Post” (Montag): “Wir verurteilen die versuchte Einschüchterung und Mobilisierung gegen die Institution aufs Schärfste.”

Kopelke sagte weiter, die Arbeit des Verfassungsschutzes sei “unerlässlich für die Sicherheit und Stabilität unseres Landes”. Vor allem die Äußerungen Höckes seien aus Sicht der Gewerkschaft “widerlich”. Der Thüringer hatte gesagt, die Verfassungsschützer sollten sich eine neue Arbeit suchen. “Am Ende wird es wie immer in der Geschichte heißen: mitgehangen – mitgefangen”, so Höcke.

Die Bewertung von Extremismus sei keine willkürliche Erfindung des Verfassungsschutzes, so Kopelke weiter. Auch erfolge die Arbeit der Behörde nicht nach politischer Einflussnahme, sondern sei an Recht und Gesetz gebunden. “Das ist der AfD bewusst, verlangt sie doch ein stärkeres Einschreiten gegen Linksextremismus und islamistischen Terrorismus”, sagte Kopelke.

AfD geht juristisch gegen Verfassungsschutz vor

Nach der Einstufung als „gesichert rechtsextrem“ greift die AfD zu rechtlichen Mitteln: Mit einer scharfen Abmahnung fordert sie den Verfassungsschutz zum Rückzug – sonst droht Klage. Die Behörde hatte ihre Bewertung mit verfassungsfeindlicher Ideologie innerhalb der Partei begründet.

Berlin (red) – Nach ihrer Einstufung als gesichert rechtsextremistisch hat die AfD eine Abmahnung an den Verfassungsschutz geschickt. Das teilte die Partei am Sonntag mit.

Darin wird der Verfassungsschutz vom Parteivorstand aufgefordert, sich zu verpflichten, “es zu unterlassen, die AfD als `gesichert rechtsextremistische Bestrebung` einzustufen und/oder einzuordnen und/oder zu beobachten und/oder zu behandeln und/oder zu prüfen und/oder zu führen und/oder dies öffentlich bekanntzumachen und/oder dies durch Dritte geschehen zu lassen”. Sollte die Erklärung nicht bis Montag um 8 Uhr unterzeichnet werden, werde man Klage gegen das Bundesamt einreichen, so der AfD-Bundesvorstand.

Der Verfassungsschutz hatte am Freitag die Einstufung mit “der die Menschenwürde missachtenden, extremistischen Prägung der Gesamtpartei” begründet. “Das in der Partei vorherrschende ethnisch-abstammungsmäßige Volksverständnis ist nicht mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung vereinbar. Es zielt darauf ab, bestimmte Bevölkerungsgruppen von einer gleichberechtigten gesellschaftlichen Teilhabe auszuschließen, sie einer nicht verfassungskonformen Ungleichbehandlung auszusetzen und ihnen damit einen rechtlich abgewerteten Status zuzuweisen”, hieß es weiter.

Konkret betrachte die AfD zum Beispiel deutsche Staatsangehörige mit Migrationsgeschichte aus muslimisch geprägten Ländern nicht als gleichwertige Angehörige eines durch die Partei ethnisch definierten deutschen Volkes. “Dieses ausgrenzende Volksverständnis ist Ausgangspunkt und ideologische Grundlage für eine kontinuierliche Agitation gegen bestimmte Personen oder Personengruppen, mit der diese pauschal diffamiert und verächtlich gemacht sowie irrationale Ängste und Ablehnung ihnen gegenüber geschürt werden”, so der Verfassungsschutz.

Verfassungsschutz stuft AfD als gesichert rechtsextrem ein

Der Verfassungsschutz hat die AfD erstmals als gesichert rechtsextremistisch eingestuft – ein Schritt mit weitreichenden Konsequenzen. Nach jahrelanger Beobachtung sieht das Amt zentrale demokratische Prinzipien verletzt. Das Urteil markiert einen Wendepunkt in der Debatte um die Partei und ihre Rolle im politischen System.

Köln (red) – Der Verfassungsschutz stuft die AfD nun als “gesichert rechtsextremistische Bestrebung” ein. Das teilte das Bundesamt am Freitag mit.

Bislang galt die Partei als “rechtsextremistischer Verdachtsfall”. Die Heraufstufung begründete der Verfassungsschutz mit “der die Menschenwürde missachtenden, extremistischen Prägung der Gesamtpartei”. Anhaltspunkte zu von der AfD ausgehenden Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung hätten sich in der Prüfung “zur Gewissheit verdichtet”.

“Das in der Partei vorherrschende ethnisch-abstammungsmäßige Volksverständnis ist nicht mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung vereinbar. Es zielt darauf ab, bestimmte Bevölkerungsgruppen von einer gleichberechtigten gesellschaftlichen Teilhabe auszuschließen, sie einer nicht verfassungskonformen Ungleichbehandlung auszusetzen und ihnen damit einen rechtlich abgewerteten Status zuzuweisen”, hieß es weiter.

Konkret betrachte die AfD zum Beispiel deutsche Staatsangehörige mit Migrationsgeschichte aus muslimisch geprägten Ländern nicht als gleichwertige Angehörige eines durch die Partei ethnisch definierten deutschen Volkes. “Dieses ausgrenzende Volksverständnis ist Ausgangspunkt und ideologische Grundlage für eine kontinuierliche Agitation gegen bestimmte Personen oder Personengruppen, mit der diese pauschal diffamiert und verächtlich gemacht sowie irrationale Ängste und Ablehnung ihnen gegenüber geschürt werden”, so der Verfassungsschutz.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sprach von einer “klaren und eindeutigen” Bewertung. “Ihre völkische Haltung zeigt sich in rassistischen Äußerungen vor allem gegen Zugewanderte und Muslime”, sagte die Ministerin. “Das widerspricht klar der Menschenwürdegarantie des Artikels 1 des Grundgesetzes.” Die Ministerin stellte klar: “Die neue Einstufung ist das Ergebnis einer umfassenden und neutralen Prüfung, die in einem 1100-seitigen Gutachten festgehalten ist. Es hat keinerlei politischen Einfluss auf das neue Gutachten gegeben.”

Pressefreiheit unter Druck – Deutschland rutscht aus den Top Ten

Die Pressefreiheit in Deutschland steht unter Druck – von wirtschaftlicher Not, politischem Misstrauen und zunehmender Gewalt gegen Journalistinnen und Journalisten. Im neuen Ranking von Reporter ohne Grenzen fällt die Bundesrepublik aus den Top Ten. Eine Entwicklung, die nicht nur Medienschaffende betrifft, sondern das Fundament einer offenen Gesellschaft.

Paris (red) – Deutschland rangiert in der weltweiten Rangliste der Pressefreiheit nicht mehr in der Top 10. Weltweit befindet sie sich auf einem historischen Tiefstand.

Wie die Menschenrechtsorganisation “Reporter ohne Grenzen” (RSF) am Freitag mitteilte, liegt Deutschland mittlerweile nur noch auf dem elften Platz. Zur Begründung hieß es, das Arbeitsumfeld für deutsche Medienschaffende sei “zunehmend feindlich”.

Journalisten – gerade wenn sie sich mit rechtsextremen Milieus und Parteien wie der AfD beschäftigten – würden immer häufiger bedroht und beleidigt. Außerdem gebe es in zahlreichen Fällen unverhältnismäßig hohe Hürden bei der Berichterstattung zum Nahostkonflikt.

Weitere alarmierende Entwicklungen betreffen laut RSF die wirtschaftliche Situation für Medienhäuser. Diese habe sich in den vergangenen Jahren spürbar verschlechtert: Der Rückgang klassischer Einnahmequellen, insbesondere im Printbereich, treffe vor allem Lokal- und Regionalzeitungen. Deren Zahl nehme seit der Wiedervereinigung stetig ab. Inzwischen gälten fast die Hälfte aller Landkreise als Einzeitungskreise.

Gleichzeitig dominierten große US-Plattformen wie Google, Facebook und Instagram den digitalen Werbemarkt. Sie bänden einen Großteil der Einnahmen und der Aufmerksamkeit, vor allem in jüngeren Zielgruppen, die Informationen zunehmend kostenfrei über Soziale Medien konsumierten. Auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk gerate unter politischen und finanziellen Druck: Die geplante Beitragserhöhung wurde bis 2027 ausgesetzt, ein Sparkurs drohe besonders Kultur- und Regionalprogramme zu treffen.

Um der negativen Entwicklung entgegenzuwirken, fordert RSF eine steuerliche Förderung für gemeinnützigen Journalismus, eine plattformunabhängige Unterstützung für Medien sowie eine Reform des Medienkonzentrationsrechts. Zudem müssten Journalisten und Reporter besser vor Übergriffen geschützt werden, insbesondere am Rande von Kundgebungen oder bei investigativen Recherchen.

Auch brauche es einen wirksameren Schutz vor Einschüchterungsklagen (sogenannten SLAPPs). “Bei der Umsetzung der EU-Anti-SLAPP-Richtlinie brauchen Betroffene nicht nur verbesserte rechtliche Rahmenbedingungen, sondern auch einfachen Zugang zu Beratung und Unterstützung”, so “Reporter ohne Grenzen”.