Das dürfte Signalwirkung haben: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat bestätigt, dass Schlüsselnotdienste, die die Notsituation von Verbrauchern mit weit überzogenen Rechnungen ausnutzen, Wucher betreiben. Damit dürfte zumindest das Vorgehen Geschädigter gegen kriminelle Firmen vereinfacht werden, hoffen Verbraucherschützer.
Denn strafrechtliche Verurteilungen der Täter wegen Wuchers waren bislang rechtlich umstritten. Jetzt wurde ein Prozess abgeschlossen, in dessen Verlauf der Bundesgerichtshof das Ausgesperrtsein aus der eigenen Wohnung als Zwangslage definiert und damit die Verfolgung der Täter in Zukunft vereinfacht hat.
“Damit der Tatbestand von Wucher erfüllt ist, sieht das Gesetz das Vorliegen einer sogenannten Zwangslage vor”, erklärt Annalena Marx, Referentin bei der Verbraucherzentrale Brandenburg (VZB). Bis zu dem Urteil des BGH hatten nicht alle Gerichte das Ausgesperrtsein allein aus der eigenen Wohnung als eine solche Zwangslage anerkannt. Dazu mussten weitere Gründe wie etwa ein in der Wohnung zurückgelassener Säugling vorliegen. Das ist inzwischen anders, der BGH hat das Vorliegen einer Zwangslage aufgrund des Ausgesperrtseins an sich ausdrücklich bestätigt.
Das Urteil geht auf einen Rechtsstreit in Kleve zurück. Dort fand in den letzten Jahren ein Prozess gegen die Betreiber eines Schlüsselnotdienst-Netzwerks statt, der Mitte Januar 2021 zu einer Verurteilung wegen gewerbsmäßigen Bandenbetrugs, Steuerhinterziehung und Wuchers führte. Dieses Urteil verdeutlicht auch: Wer in einer Notsituation überhöhten Preisforderungen ausgesetzt ist, hat allen Grund, die Polizei zu rufen.
Andreas Reiners / glp