Zahl der Einbürgerungen erreicht historischen Höchststand

Wiesbaden (red) – Im Jahr 2024 haben so viele Menschen wie noch nie zuvor die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten: Knapp 292.000 Ausländer wurden eingebürgert – ein Plus von 46 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Hauptgründe sind die Reform des Staatsangehörigkeitsrechts mit kürzeren Mindestaufenthaltszeiten und die Möglichkeit, die bisherige Staatsangehörigkeit zu behalten. Besonders viele Syrer, Russen und Türken nutzten die neuen Regelungen – allein aus Syrien kamen über 83.000 neue Staatsbürger. Das Bundesamt spricht von einem historischen Höchststand seit Beginn der Erhebung im Jahr 2000.

Am häufigsten wurden im Jahr 2024 Syrer eingebürgert. Mehr als jede vierte eingebürgerte Person (83.150 oder 28 Prozent) war im Besitz der syrischen Staatsangehörigkeit. Danach folgten mit großem Abstand Personen mit türkischer (22.525 oder acht Prozent), irakischer (13.545 oder fünf Prozent), russischer (12.980 oder vier Prozent) und afghanischer (10.085 oder drei Prozent) Staatsangehörigkeit.

Unter den fünf am häufigsten vertretenen Staatsangehörigkeiten stieg die Zahl der Einbürgerungen von Russen prozentual am stärksten: Während im Jahr 2023 nur etwa 1.995 Personen mit russischer Staatsangehörigkeit eingebürgert wurden, waren es 2024 mit 12.980 Personen mehr als sechsmal so viele (+551 Prozent). Die Zahl der Einbürgerungen türkischer Staatsangehöriger hat sich im Vorjahresvergleich mehr als verdoppelt (+11.790 oder +110 Prozent) und stieg damit absolut gesehen noch stärker als die Zahl der Einbürgerungen von Russen. Die Zahl der Einbürgerungen syrischer Staatsangehöriger stieg gegenüber dem Vorjahr um 7.665 oder zehn Prozent.

Bei der Interpretation der Ergebnisse sind rechtliche Änderungen an den Einbürgerungsvoraussetzungen zu berücksichtigen, die mit dem Gesetz zur Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts (StARModG) am 27. Juni 2024 in Kraft getreten sind. So ist nach neuer Rechtslage eine Einbürgerung bereits nach einer Aufenthaltsdauer von fünf statt bisher acht Jahren möglich. Bei besonderen Integrationsleistungen wie zum Beispiel guten schulischen oder beruflichen Leistungen kann die Mindestaufenthaltsdauer auf bis zu drei Jahre statt wie bisher sechs oder sieben Jahre verkürzt werden. Zudem ermöglicht das Gesetz generell den Beibehalt der bisherigen Staatsangehörigkeit.

Im Jahr 2024 waren Einbürgerungen nach § 10 Abs. 1 StAG zusammen mit den Miteinbürgerungen von Ehegatten und Kindern mit einem Anteil von 86 Prozent aller Einbürgerungen mit Abstand die häufigsten Einbürgerungsformen. Etwa sieben Prozent der Einbürgerungen erfolgten nach einer verkürzten Aufenthaltsdauer durch besondere Integrationsleistungen.

Im Jahr 2023, als noch durchgängig längere Mindestaufenthaltsdauern für den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit vorausgesetzt wurden, hatten 67 Prozent der Eingebürgerten die deutsche Staatsangehörigkeit nach § 10 Abs. 1 StAG oder als Miteinbürgerung erhalten. Demgegenüber erhielten 22 Prozent der Eingebürgerten die deutsche Staatsangehörigkeit aufgrund des Nachweises besonderer Integrationsleistungen.

Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer in Deutschland zum Zeitpunkt der Einbürgerung lag im Jahr 2024 bei 11,8 Jahren und somit leicht über dem Vorjahreswert von 10,9 Jahren. Bei syrischen Staatsangehörigen betrug die durchschnittliche Aufenthaltsdauer 7,4 Jahre (2023: 6,8 Jahre). Damit setzte sich die Beobachtung aus den Vorjahren fort, dass Syrer, die während der Fluchtmigration in den Jahren 2015 und 2016 nach Deutschland kamen, häufig eine Einbürgerung beantragen, sobald sie die Voraussetzungen erfüllen.

Türkische Staatsangehörige hielten sich hingegen zum Zeitpunkt der Einbürgerung im Durchschnitt bereits 23,1 Jahre in Deutschland auf (2023: 23,3 Jahre). Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer russischer Staatsangehöriger lag bei 14,5 Jahren (2023: 14,4 Jahre). Zusammen mit dem vergleichsweise geringen Anteil an Einbürgerungen, die im Jahr 2023 unter Beibehalt der bisherigen Staatsangehörigkeit erfolgt sind (23 Prozent), lässt dies vermuten, dass weniger die für eine Einbürgerung erforderliche verkürzte Aufenthaltsdauer, sondern eher die Neuregelung zum Beibehalt der bisherigen Staatsangehörigkeit zum deutlichen Anstieg von Einbürgerungen russischer Staatsangehöriger im Jahr 2024 beigetragen hat. Irakische und afghanische Staatsangehörige hielten sich zum Zeitpunkt der Einbürgerung durchschnittlich 8,7 beziehungsweise 8,9 Jahre (2023: 8,8 bzw. 9,2 Jahre) in Deutschland auf.

Die Einbürgerungsquote zeigt, welcher Anteil der in Deutschland lebenden Menschen mit einer bestimmten Staatsangehörigkeit im jeweiligen Jahr eingebürgert wurde. Von den fünf häufigsten Staatsangehörigkeiten unter allen Einbürgerungen wiesen Syrer 2024 die höchste Einbürgerungsquote auf: Neun Prozent der zu Jahresbeginn in Deutschland lebenden syrischen Staatsangehörigen erwarben im Laufe des Jahres die deutsche Staatsangehörigkeit. Auf einem niedrigeren Niveau lagen die Einbürgerungsquoten der Iraker (sechs Prozent) und Russen (fünf Prozent). Obwohl Personen mit türkischer Staatsangehörigkeit die zweitgrößte eingebürgerte Gruppe darstellen, wiesen diese nur eine Einbürgerungsquote von zwei Prozent auf.

Die höchste Einbürgerungsquote wies die Gruppe der staatenlosen Personen auf. Über ein Fünftel (22 Prozent oder 4.130) der zu Beginn des Jahres 2024 in Deutschland lebenden staatenlosen Personen erwarben bis Jahresende die deutsche Staatsangehörigkeit.

Sabotage, Spionage, Desinformation – Innenminister plant KI-Offensive gegen Angriffe auf Deutschland

Energieversorgung, Bahnnetz, Kasernen – laut Innenminister Dobrindt geraten zunehmend zivile und militärische Ziele ins Visier fremder Akteure. Der CSU-Politiker setzt im Kampf gegen hybride Bedrohungen auf Künstliche Intelligenz und eine bessere Ausstattung der Sicherheitsbehörden. 

Berlin (red) – Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) will im Kampf gegen hybride Bedrohungen aus dem Ausland stärker auf den Einsatz von sogenannter “Künstlicher Intelligenz” setzen.

“Künstliche Intelligenz muss in den Nachrichtendiensten bei der Abwehr hybrider Bedrohung stärker zum Einsatz kommen als bisher”, sagte Dobrindt den Tageszeitungen der Funke-Mediengruppe (Dienstagausgaben). “Wir müssen in Deutschland technisch, juristisch und organisatorisch aufrüsten.” Dafür werde es “starke finanzielle Ausstattung” für die Sicherheitsbehörden geben, hob der Minister hervor.

Die hybriden Bedrohungen durch Sabotage und Spionage steigen laut Dobrindt ständig an. “Wir spüren das sehr stark bei Angriffen auf unsere Infrastruktur. Angreifer versuchen sowohl zivile Ziele wie Energieversorgung und Schienennetze zu stören als auch militärische Ziele wie Kasernen ins Visier zu nehmen”, sagte der CSU-Politiker.

Auch auf der am kommenden Mittwoch beginnenden Innenministerkonferenz (IMK) in Bremerhaven diskutieren die Länder mit dem Bund über die bessere Abwehr hybrider Bedrohungen. Das geht aus einem Entwurf für die Beschlussvorlage zur IMK hervor, über den die Funke-Zeitungen berichten. Die Maßnahmen gegen Sabotage, Spionage und Desinformation von Bund und Ländern müssten “zielgerichteter” und “effizienter” gestaltet werden, heißt es darin.

Trump schickt weitere Truppen nach Los Angeles – Kalifornien klagt gegen Bundeseinsatz

Die Spannungen zwischen Bundesstaat und Bundesregierung spitzen sich zu: Nach den Migranten-Razzien und tagelangen Protesten in Los Angeles setzt Präsident Trump auf militärische Härte – und entsendet weitere Nationalgardisten gegen den Willen Kaliforniens. Die Regierung in Sacramento reagiert mit einer Klage. Der Konflikt offenbart die tiefen Risse in der amerikanischen Migrations- und Machtpolitik.

Los Angeles (red) – Vier Tage nach dem Ausbruch heftiger Proteste in Los Angeles gegen das Vorgehen der Behörden gegen Migranten hat US-Präsident Donald Trump weitere 2.000 Nationalgardisten nach LA geschickt. Das teilte das Pentagon mit. Zuvor waren bereits 700 US-Marines nach Los Angeles entsandt worden.

Eine Entspannung der Lage vor Ort ist unterdessen derzeit nicht in Sicht. Die Behörden setzten am Montag unter anderem Gummigeschosse und Blendgranaten ein, um protestierende Mengen zu zerstreuen. Trump hatte sich über die anhaltenden Einwände des kalifornischen Gouverneurs Gavin Newsom gegen den Einsatz von Bundestruppen in seinem Bundesstaat hinweggesetzt. Der Bundesstaat reichte deswegen am Montagnachmittag Klage gegen die Trump-Regierung ein.

Die Proteste, die als Reaktion auf Razzien gegen Einwanderer und die Festnahme von Dutzenden Menschen begannen, finden unterdessen zunehmend Nachahmer in anderen Regionen. Unter anderem gab es Kundgebungen in New York City, Atlanta, Louisville und Dallas.

Moderator Carlo von Tiedemann ist tot – NDR-Urgestein stirbt mit 81 Jahren

Er war jahrzehntelang eine Stimme und ein Gesicht des Nordens: Carlo von Tiedemann prägte mit Charme und Spontanität das Programm des NDR. Nun ist er in Hamburg verstorben.

Hamburg (red) – Der Moderator Carlo von Tiedemann ist tot. Er starb am Sonntag im Alter von 81 Jahren in Hamburg, wie der NDR unter Berufung auf seine Familie berichtet.

Seit den frühen 70ern prägte von Tiedemann als Moderator zahlreiche Sendungen im Radio und Fernsehen des NDR. Intendant Joachim Knuth würdigte ihn als “NDR-Urgestein” und sagte, dass von Tiedemann mit “seiner flapsigen, spontanen und herzlichen Art” über Generationen hinweg das Publikum begeistert habe.

Von Tiedemann begann seine journalistische Karriere unter anderem beim Springer Auslandsdienst in Buenos Aires, bevor er 1971 als Reporter beim NDR-Hörfunk einstieg. Ab 1976 führte er gemeinsam mit Alida Gundlach und später Victoria Voncampe durch die bundesweit ausgestrahlte “Aktuelle Schaubude”. Zudem moderierte er weitere Talk- und Quizformate im Norden. Daneben war auch noch weiterhin im Radio tätig.

Innenminister Dobrindt verteidigt Grenzpolitik – EuGH soll über Zurückweisungen entscheiden

Trotz eines Berliner Gerichtsurteils hält Bundesinnenminister Dobrindt an der Zurückweisung von Asylbewerbern an der Grenze fest – und setzt auf den Europäischen Gerichtshof. Die Überforderung vieler Kommunen sei ein „gesellschaftlicher Kipppunkt“, sagt der CSU-Politiker.

Berlin (red) – Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) will die Entscheidung über die Zurückweisung von Asylbewerbern an deutschen Grenzen dem Europäischen Gerichtshof überlassen und trotz des Urteils des Berliner Verwaltungsgerichts an seinem Kurs festhalten.

Letzteres habe “angemerkt, dass unsere Begründung für die Anwendung von Artikel 72 – einer Ausnahmeregel im Europäischen Recht – nicht ausreichend ist”, sagte der CSU-Politiker den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Samstagausgaben). “Wir werden eine ausreichende Begründung liefern, aber darüber sollte der Europäische Gerichtshof entscheiden.”

Dobrindt bekräftigte, dass er sich von der Eilentscheidung des Berliner Verwaltungsgerichts nicht beirren lassen will. “Wir halten an unserem Kurs und den verstärkten Grenzkontrollen fest.”

Er sei “der Überzeugung, dass wir uns mit unseren Maßnahmen innerhalb des europäischen Rechts bewegen”, so Dobrindt. “Wir müssen die Migrationswende auch deswegen herbeiführen, um zu vermeiden, dass politische Kräfte wie die AfD in die Lage kommen, radikale Lösungen umzusetzen.”

Auf die Frage, worin die Notlage bestehe, antwortete Dobrindt, es gehe “darum, dass Deutschland in so vielen wichtigen Lebensbereichen überfordert ist”. Städte, Gemeinden und Landkreise seien am Limit. “Der Wohnungsmarkt, Kindergärten und Schulen, unser Gesundheitssystem – die Überforderung ist an vielen Stellen sehr konkret. Wir stehen an einem gesellschaftlichen Kipppunkt”, sagte er. Daraus entstehe eine Notwendigkeit zum Schutz der öffentlichen Ordnung. “Ich halte die Anwendung von Artikel 72 für begründet.”

Scharf kritisierte Dobrindt die Drohungen gegen die Berliner Verwaltungsrichter. Kritik an Gerichtsentscheidungen sei in einem Rechtsstaat durchaus möglich. “Absolut nicht akzeptabel ist aber, wenn Gewaltandrohungen und Einschüchterungsversuche gegenüber Richtern stattfindet”, so der Minister. “Das kann ich nur verurteilen.”

Das Berliner Verwaltungsgericht hatte sich in seinem Urteil bereits auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs bezogen, in dem dieser genauer definiert, wie die in Artikel 72 AEUV genannte “Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung” und der “Schutz der inneren Sicherheit” auszulegen sind. Der Begriff “öffentliche Ordnung” setze voraus, dass eine “erhebliche Gefahr” vorliegt, die ein “Grundinteresse der Gesellschaft berührt”. Die öffentliche Sicherheit könne durch “die Beeinträchtigung des Funktionierens der Einrichtungen des Staates und seiner wichtigen öffentlichen Dienste sowie das Überleben der Bevölkerung ebenso wie die Gefahr einer erheblichen Störung der auswärtigen Beziehungen oder des friedlichen Zusammenlebens der Völker oder eine Beeinträchtigung der militärischen Interessen” berührt werden.

Klimaforscher sieht Weltmeere in kritischem Zustand

Vor dem Weltozeantag und der UN-Ozeankonferenz schlägt Klimaforscher Mojib Latif Alarm: Der Zustand der Weltmeere sei besorgniserregend, die internationale Zusammenarbeit in der Umweltpolitik so schlecht wie nie. Besonders beim Plastikproblem plädiert Latif für klare Verbote – doch mächtige wirtschaftliche Interessen stehen dagegen.

Kiel (red) – Vor dem Weltozeantag an diesem Sonntag und der UN-Ozeankonferenz ab Montag in Nizza hat der Klimaforscher Mojib Latif den Zustand der Weltmeere als “besorgniserregend” bezeichnet. “Die Ozeane wurden lange Zeit schlichtweg vergessen”, sagte Latif den Zeitungen der Mediengruppe Bayern (Samstagausgaben). “Erst in den letzten Jahren ist ihr beklagenswerter Zustand in den Vordergrund gerückt.” Der Trend der Meereserwärmung sei kurzfristig nicht zu stoppen. Er sei “eher skeptisch”, was zählbare Ergebnisse der UN-Konferenz angeht.

Latif schlägt angesichts der mangelnden internationalen Kooperation Alarm. “Wir haben derzeit wohl die denkbar schlechtesten Voraussetzungen, die wir jemals für den Umweltschutz hatten”, sagte er. Mehr denn je stehe nur noch das Profitstreben im Vordergrund. “Das hat vor allem damit zu tun, dass wir zuletzt eine Veränderung der politischen Landschaft erlebt haben, mit dem Vordringen autokratischer Systeme, wie jetzt auch in den USA”, erklärte er. “Internationale Kooperation ist derzeit nicht gerade die Königsdisziplin der Weltpolitik.”

Beim Problem des steigenden Plastikmülls in den Weltmeeren spricht sich der Klimaforscher für Verbote aus. “Das riesige Plastik-Problem ist meiner Meinung nach nur noch mit Verboten in den Griff zu bekommen”, sagte er. “Dem stehen aber mächtige Lobby-Interessen, nicht zuletzt der mächtigen Ölindustrie, und die betreffenden Länder entgegen. Denn der Grundstoff für Plastik ist nun mal Rohöl.”

AfD-Verbotsantrag: Mindestens 124 Abgeordnete würden dafür stimmen

Immer mehr Abgeordnete unterstützen einen AfD-Verbotsantrag – mindestens 124 Parlamentarier würden zustimmen. Doch vor allem in der Union herrscht Zurückhaltung.

Berlin (red) – Einem Antrag zur Einleitung eines AfD-Verbotsverfahrens würden im Bundestag mindestens 124 Abgeordnete zustimmen. Das hat eine Abfrage der “Frankfurter Allgemeinen Zeitung” (Samstagausgabe) bei allen Bundestagsabgeordneten, die nicht der AfD-Fraktion angehören, ergeben.

13 weitere Abgeordnete zeigten sich unter gewissen Bedingungen offen für ein Verbotsverfahren, etwa, wenn sich der Bundestag hierzu in einer Arbeitsgruppe mit den Ländern abstimmen würde. Von 479 Abgeordneten haben sich 176 zu dem Thema geäußert.

Um ein Verfahren zur Feststellung der Verfassungswidrigkeit der AfD vor dem Bundesverfassungsgericht über den Bundestag einzuleiten, bräuchte es eine einfache Mehrheit. Bei voller Anwesenheit wären das 316 Stimmen.

Ob diese Mehrheit zu erreichen ist, hängt wie schon in der vergangenen Legislaturperiode vor allem an der Haltung der Unionsfraktion. In den Fraktionen von SPD, Grünen und Linken sprach sich eine deutliche Mehrheit derjenigen Abgeordneten, die sich zu dem Thema äußern wollten, für einen Verbotsantrag aus. In der CDU/CSU-Fraktion war hingegen wenig Zustimmung zu vernehmen: Von 208 Abgeordneten kündigten drei an, die Einleitung eines Verbotsverfahrens zu unterstützen. Die meisten Abgeordneten wollten keine Tendenz mitteilen.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Steffen Bilger (CDU), sagte, er strebe in dieser Frage eine gemeinsame Haltung der Fraktion an. “Die Wähler sollen wissen, woran sie sind, wenn sie CDU/CSU wählen”, sagte er der FAZ. “Die überaus große Mehrheit der Unionsfraktion ist sicherlich weiterhin gegen ein Verbotsverfahren.” Eine Abfrage habe es in der laufenden Legislaturperiode allerdings noch nicht gegeben. Er sehe keinen Anlass dafür, den Abgeordneten die Abstimmung als “Gewissensentscheidung” freizugeben.

Bilger schloss nicht aus, dass sich die ablehnende Haltung zu einem Verbotsverfahren noch ändern könnte. Die Bewertung des Verfassungsschutzes, der die AfD kürzlich als gesichert rechtsextremistisch eingestuft hat, nehme er zur Kenntnis. “Wir erleben, dass die AfD immer extremer wird”, sagte Bilger. “Ich würde nicht für alle Zeiten ausschließen, dass wir zu einer anderen Haltung kommen.”

Nach Artikel 21 des Grundgesetzes sind Parteien, die “nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden”, verfassungswidrig. Über die Frage der Verfassungswidrigkeit entscheidet das Bundesverfassungsgericht. In einem Bundesgesetz ist geregelt, dass der Verbotsantrag dazu von Bundestag, Bundesrat oder Bundesregierung gestellt werden kann.

Verteidigungsausschuss-Chef fordert allgemeine Dienstpflicht

Wird das Pflichtjahr für alle kommen? CDU-Verteidigungsexperte Thomas Röwekamp fordert eine allgemeine Dienstpflicht für Männer und Frauen – nicht nur für die Bundeswehr, sondern auch im sozialen Bereich. Seine Begründung: Freiheit brauche Einsatz, nicht nur von einigen wenigen.

Berlin (red) – In der Debatte um die Personallücken in der Bundeswehr hat der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Thomas Röwekamp (CDU), die Einführung einer allgemeinen Dienstpflicht gefordert.

“Von den rund 700.000 Schulabgängern entscheiden sich zurzeit weniger als zehn Prozent für freiwillige Dienste und nur 10.000 für den Dienst in der Bundeswehr. Wer sein Leben in Freiheit und Wohlstand führen will, kann sich nicht nur auf das Engagement anderer verlassen”, sagte Röwekamp der “Rheinischen Post”.

“Deshalb fordere ich die Einführung einer allgemeinen Dienstpflicht – für Männer und Frauen gleichermaßen. Diese Pflicht soll nicht nur dem Militär dienen, sondern kann auch in sozialen oder zivilgesellschaftlichen Bereichen erfüllt werden”, sagte Röwekamp. “So stärken wir nicht nur unsere Verteidigungsfähigkeit, sondern auch den gesellschaftlichen Zusammenhalt”, sagte der CDU-Politiker. Ein verpflichtendes Dienstjahr sei auch Ausdruck eines neuen Staatsverständnisses und ein Bekenntnis zu Solidarität und Engagement, sagte Röwekamp.

Bericht: Ex-Wirtschaftsminister Habeck geht als Gastdozent an US-Elite-Universität

Robert Habeck könnte bald an der renommierten Universität Berkeley lehren. Gemeinsam mit Ökonomin Ulrike Malmendier soll der ehemalige Wirtschaftsminister eine Vorlesungsreihe zu globalen Krisen halten – offiziell bestätigt ist der Wechsel bislang nicht.

Berlin (red) – Ex-Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) soll offenbar als Gastdozent an die US-Eliteuniversität Berkeley gehen. Das berichtet der “Focus”.

Die Leitung der Universität in Kalifornien hat den prominenten Gast aus Deutschland demnach bereits intern angekündigt. An der Hochschule lehrt unter anderem die deutsche Wirtschaftsweise Ulrike Malmendier, die Ökonomieprofessorin ist seit 2022 Mitglied im Sachverständigenrat. Mit ihr soll Habeck eine Vorlesungsreihe zum Thema Krisen halten, hieß es. Eine Anfrage des “Focus” ließ der Grünen-Politiker unbeantwortet.

Mit dem Engagement in Berkeley würde Habeck dem Beispiel von Joschka Fischer (Grüne) folgen. Der ehemalige Außenminister war nach dem Ende der rot-grünen Koalition für einige Zeit als Gastprofessor an die Universität Princeton, USA, gewechselt.

Tiefgaragen, Tunnel, U-Bahnhöfe: Bund will zivile Schutzräume massiv ausbauen

Angesichts wachsender Bedrohungslagen plant das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) die zügige Schaffung von einer Million Schutzplätzen in Deutschland. Präsident Ralph Tiesler will vor allem bestehende Infrastruktur wie Tunnel und Tiefgaragen als Notunterkünfte ertüchtigen. Hintergrund sind strategische Risiken im Zuge der europäischen Sicherheitslage – verbunden mit einem Investitionsbedarf von bis zu 30 Milliarden Euro in den kommenden zehn Jahren.

Bonn (red) – Der Präsident des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) kündigt den raschen Ausbau von Schutzräumen in Deutschland an. “Neue Bunkeranlagen mit einem sehr hohen Schutzanspruch kosten viel Geld und Zeit”, sagte Ralph Tiesler der “Süddeutschen Zeitung” (Freitagausgaben). “Wir benötigen eine schnellere Lösung. Daher wollen wir Tunnel, U-Bahnhöfe, Tiefgaragen und Keller öffentlicher Gebäude zu Schutzräumen ertüchtigen. Wir werden so schnell eine Million Schutzplätze schaffen.”

Die Pläne der Bevölkerungsschützer sehen vor, dass Menschen in diesen öffentlichen Räumen notfalls auch über Nacht bleiben können. Es soll Nahrung, Toiletten, vielleicht auch Feldbetten geben. “Wichtig ist, dass die Menschen schnell erfahren, wo sie Schutz finden”, sagte Tiesler weiter. Darauf sollten künftig Apps und Schilder hinweisen. “Im Sommer werden wir ein Schutzraumkonzept vorstellen”, kündigte der BBK-Präsident an.

Hintergrund der Pläne sind die wachsenden Sorgen, Russland könne in einigen Jahren Nato-Gebiet angreifen. “Lange war in Deutschland der Glaube weit verbreitet, dass Krieg kein Szenario ist, auf das wir uns vorbereiten müssen”, sagte Tiesler. “Das hat sich geändert. Uns treibt das Risiko eines großen Angriffskriegs in Europa um.”

Der BBK-Präsident rechnet angesichts des geplanten Ausbaus und weiterer Pläne wie der Modernisierung des Alarmsystems mit Milliardenkosten “Die Aufgaben im Zivilschutz sind enorm”, stellte Tiesler klar. “Wir brauchen in den nächsten vier Jahren mindestens zehn Milliarden Euro. In der nächsten Dekade liegt der Bedarf sogar bei mindestens 30 Milliarden Euro.”